Jitu (eBook)
464 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-8192-5265-5 (ISBN)
Tudo ist das Pseudonym eines deutschen Schriftstellers. Geboren und aufgewachsen ist der Autor in Kranenburg, einer kleinen malerischen Gemeinde am Niederrhein. Seine kreative Seite zeigte sich früh, und so lebte er 14 Jahre lang seine Leidenschaft für Musik als Sänger und Songwriter in einer Rockband aus. Diese Erfahrung hat ihn nicht nur künstlerisch geprägt, sondern auch seine Fähigkeit zur Ausdrucksweise in der Literatur bereichert. Als Grafikdesigner führte ihn sein Weg nach Krefeld und später nach Köln, wo er heute mit seiner Frau lebt. Tudo über den Schreibprozess seines Buches: »Es war zwar sehr herausfordernd und hat viel Zeit in Anspruch genommen, doch gleichzeitig war es die bereicherndste Phase meines Lebens.«
Kapitel 4
Sie hatten den richtigen Moment abgepasst, um sich bei Belay zu sammeln, der sie aus sicherer Entfernung zu sich winkte. Ein letzter Blick auf die Gruppe zeigte die gesamte Familie vereint um Bibo und Tambu. Sie würden jetzt, ebenso wie sie selbst, etwas Zeit brauchen um das Geschehene zu verarbeiten.
Sie liefen hintereinander und folgten Belay, der sie wieder zurück ins Camp führte. Der Schrecken saß tief und sie setzten wie paralysiert einen Fuß vor den anderen, ohne einen Versuch zu unternehmen, die Fäden zu kappen, die sie wie Marionetten führten. Sie hatten sich so tief in ihren Gedanken verloren, dass sie nicht einmal den einsetzenden Schauer bemerkten, die den aussichtslosen Versuch unternahm, das Erlebte wegzuspülen. Die Ereignisse des heutigen Tages warfen einige Fragen auf, die es noch zu klären galt. Doch für den Moment zählte nur eins, alle hatten den Tag unbeschadet überstanden.
Endlich zurück im Camp, gingen sie schweigend auseinander. Jitu lief runter zum Fluss, was er meistens tat, wenn sie von einer Unternehmung zurückgekommen waren, warf Rucksack, Hose, Schuhe und seine Stimme, wie er seine Kommunikationseinheit nannte, ins Gras und sprang in das erfrischende, kühle Nass. Er hatte mal eine Meinungsverschiedenheit mit seinem Vater, der ihm einen langatmigen Vortrag über Verhaltensregeln hielt. Jitu tippte in das Gerät auf seinem Arm, „Weißt du, was der Unterschied zwischen meiner und deiner Stimme ist?“, fragte er, ohne eine Antwort abzuwarten. „Ich kann sie abnehmen und weglegen, damit ich gar nicht erst in Versuchung komme, jemanden vollzuquatschen.“ Harvey reagierte zunächst mit ernstem Blick, konnte sich aber kurz darauf vor Lachen nicht mehr halten und sie fielen sich beide in die Arme. Die Verbindung zwischen den beiden war so innig und liebevoll, wie sie zwischen Vater und Sohn nicht besser hätte sein können.
Harvey ging in sein Zelt, um sich erschöpft und gedankenversunken auf seine Pritsche fallen zu lassen, während Belay sich zurückzog und seiner heimlichen Leidenschaft dem Kochen nachging, worin er für sich die beste Ablenkung fand. Linda hingegen unternahm erst gar nicht den Versuch sich abzulenken. Sie ging zur Feuerstelle, ließ den Rucksack zu Boden sinken und setzte sich, mit den Ellenbogen auf ihre Oberschenkel gestützt, auf einen liegenden Baumstamm, der als Bank diente. Ihre Finger vergrub sie in ihr Haar und die Handballen verdeckten ihre Augen, die die gesammelte Tränenflüssigkeit mit einem Lidschlag freigaben und ins Gras tropfen ließ.
„Die Kamera ist wohl unwiederbringlich verloren“, brach John etwas unbeholfen die Stille. Linda hatte nicht bemerkt, wie er von hinten auf sie zukam und wischte sich mit den Handflächen die Tränen aus dem Gesicht.
„War sie denn teuer?“, fragte sie, ohne dem geringsten Interesse an einer ernsthaften Antwort. Erst jetzt bemerkte er die Traurigkeit in ihrer Stimme und ärgerte sich zugleich über seine unsensible Art.
„Tut mir leid. Wenn du jetzt lieber alleine sein möchtest, dann ...“
„... nein nein, ist schon gut. Es ist nur ...“, schluchzte sie, „... ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie so viel Angst. Ich war mir in diesem Moment sicher, wir würden sterben. Er war so nah, dass ich seinen Atem riechen konnte und sein Gebrüll ließ mich die Kontrolle über meinen Körper verlieren. Wenn es eine Chance gegeben hätte, mein Leben durch Wegrennen zu retten, wäre ich nicht dazu im Stande gewesen. Dieses Gefühl so ausgeliefert zu sein, kannte ich bisher nicht.“
Während sie diesen Moment schilderte, fing sie an zu zittern und die Tränen bahnten sich erneut ihren Weg. John setzte sich neben Linda und schloss sie fest in seine Arme, eine Umarmung, die ihr in diesem Moment den ersehnten Halt gab.
Jitu sprang aus dem Wasser und schnappte sich seine Klamotten. Im Lauftempo überwand er spielend den kleinen Anstieg zu dem Zelt, welches er sich mit seinem Vater teilte. Er nahm sich ein Handtuch aus dem Holzregal im Vorzelt, um sich abzutrocknen und sogleich in saubere Kleidung zu schlüpfen. Er schob den offenen Innenzelteingang zu Harveys Schlafbereich wie einen Vorhang beiseite. Harvey lag gedankenversunken auf dem Bett und fixierte reglos das Zeltdach. „Hey mein Junge, ich hab dich gar nicht gehört, du bist so leise wie ein Leopard auf Streifzug“, nahm er Jitus Gegenwart zur Kenntnis und richtete seinen Oberkörper mit nach hinten angewinkelten Armen auf, während Jitu sich ihm gegenüber in einen Klappstuhl setzte.
„Ich weiß, was ich gemacht habe war nicht in Ordnung und es tut mir leid“, kam er Harvey zuvor. „Ich habe heute Morgen das Gespräch zwischen dir und John mitbekommen und eigenmächtig beschlossen, die Einheit mitzunehmen. Ich wollte es drauf ankommen lassen und handeln, wenn sich die richtige Gelegenheit bietet. Ich wusste, dass Ihr Kima ausgewählt habt, da ihr sie für die Geeignetste in der Gruppe haltet.“
„Du weißt auch, dass ich die Leitung und Verantwortung für das Team habe“, entgegnete Harvey mit ruhigem aber bestimmten Ton und setzte sich auf die Kante des Bettes. „Du hättest meine Entscheidung abwarten müssen.“
„Du hättest mich doch nie darum gebeten ...“, flogen Jitus Finger über die Tastatur, „... obwohl ich Kimas vollstes Vertrauen habe und somit der Richtige bin, ihr die Einheit anzulegen.“
„Das hätte ich wahrscheinlich auch nicht“, sagte Harvey und sah die Enttäuschung in Jitus Gesicht, als er aufsprang und das Zelt verließ, „denn ich würde es mir nie verzeihen, wenn dir etwas zustoßen würde.“
Seine letzten Worte waren mehr gedacht, als ausgesprochen und blieben ungehört.
Nach einer Weile gingen Belays Rufe durch das ganze Camp: „Wer meinen berühmten Watzume-Eintopf nicht verpassen will, sollte seine müden Knochen rüber ins Küchenzelt bewegen.“
Linda hatte sich mittlerweile beruhigt und nahm eine Dusche in der Hütte unten am Fluss, als die Essensaufforderung zu ihr durchdrang.
Der Erste im Küchenzelt war Jitu. Er nahm sich eine Metallschale und ließ sie Belay mit dem wunderbar duftenden Eintopf füllen, den er nicht wie sonst mit strahlenden Augen, als vielmehr mit bedrückter Miene entgegennahm. „Was ist Kumpel? Wir waren heute ein großartiges Team und ich habe es dir zu verdanken, dass ich hier unverletzt den Kochlöffel schwingen kann“, versuchte Belay seine Stimmung zu verbessern, doch Jitu zog sich, ohne einen Mucks von sich zu geben, in sein Hängenetz zurück. Belay bemerkte, dass ihn irgendwas bedrückte und unternahm einen zweiten Anlauf.
„Egal was andere sagen oder denken, für mich warst du heute ein Held. Ich hab in meinem Leben schon verdammt viel Zeit im Dschungel verbracht und einiges erlebt, aber ein Junge ...“, verlangsamte er seine Ausführung mit bewunderndem Tonfall, „... der sich einem wütenden Silberrücken mit Drohgebärden entgegenstellt und bereit ist, diesen ungleichen Kampf aufzunehmen, um das Leben anderer zu schützen. Das war einfach unglaublich. Ich bin mir sicher, diese Geschichte werde ich noch sehr oft erzählen.“
Jitus Gesichtszüge schienen sich etwas zu entspannen und für einen kurzen Moment blitzten seine Augen voller Stolz. Dann nahm er einen weiteren Löffel von dem Eintopf, der nun besser und intensiver schmeckte als der Löffel davor.
Belay wandte sich zufrieden wieder seinem Eintopf zu und rührte darin, um zu verhindern, dass der Bodensatz anbrannte. In diesem Augenblick betrat John das Zelt, der sich auf die Bank an den Tisch setzte.
John und Belay hatten keinen großen Bezug zueinander. Für Belay war John einfach nur der Technik-Freak, den er im Dschungel für völlig deplatziert hielt. Ebenso sah John in ihn keinen, mit dem er einen Austausch auf tiefgründiger Ebene hätte führen können. Worüber auch? Sie waren zwei Gegensätze, die einfach nicht kompatibel waren. Deshalb gab es, bis auf wenige oberflächliche Worte, die unausgesprochene Regel des Schweigens, wenn sie aufeinander trafen. Belay reichte ihm eine volle Schale und einen Löffel, wofür er sich mit einem freundlichen Lächeln bedankte.
Kurz darauf betraten Harvey, mit Blick auf Jitu der ihn ignorierte und Linda, die sich ihre feuchten Haare zu einem Zopf zusammengebunden hatte, das Zelt. Linda setzte sich John gegenüber und Harvey nahm neben Linda Platz. Belay versorgte die beiden mit je einer Portion, bevor er sich selbst etwas nahm und dazu setzte.
Während des Essens blieb es noch recht ruhig, da alle sehr hungrig waren und sich lieber auf den Eintopf konzentrierten, doch sobald die Schalen geleert waren, ergriff Harvey das Wort.
„Ich bin sehr erleichtert und froh“, begann er, „dass wir alle wohlauf sind, denn es gab einen Moment, der in einer Katastrophe hätte enden können. Dass Belay mit dem Gewehr die Gefahr von uns abwenden konnte, dessen war ich mir sicher, aber wir hätten den Verlust von Bibo und damit einen schweren Rückschlag hinnehmen müssen. Dank John und...
| Erscheint lt. Verlag | 30.4.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| ISBN-10 | 3-8192-5265-7 / 3819252657 |
| ISBN-13 | 978-3-8192-5265-5 / 9783819252655 |
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