Lassiter Sonder-Edition 72 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-8037-7 (ISBN)
Lassiter stand an der Palisadenwand. Gefesselt. Heiß brannte die Sonne. Dumpfer Trommelwirbel durchbrach die Stille. Dann das Kommando: 'Legt an!' Sechs Gewehrmündungen zielten auf Lassiter. Warum war er nur in dieses verdammte Fort gekommen? Jetzt war alles aus. Die Gewehre donnerten, die Mündungsflammen verschmolzen zu einem einzigen grellen Feuerblitz, und im selben Moment verspürte Lassiter den unbarmherzigen Schlag der Kugeln gegen seine Brust ...
SECHS KUGELN
FÜR LASSITER
von Jack Slade
Als Lassiter den Fluss zur Hälfte durchquert hatte, erkannte er jäh die Gefahr. Er sah die Bewegung auf der anderen Seite zwischen den Uferbüschen, sah funkelnden Stahl im Sonnenlicht. Lee Hanack und Joe McBride hatten also geahnt, dass er noch immer auf ihrer Fährte war, und sie hatten sich die beste Stelle für einen Hinterhalt ausgesucht. Hier war Lassiter völlig ungeschützt, konnte er nicht die geringste Deckung finden.
Diese Gedanken durchzuckten Lassiter in einem Sekundenbruchteil. Gleichzeitig stieß er einen wilden Schrei aus und warf sich seitwärts aus dem Sattel ins Wasser, das seinem Pferd bis zum Bauch reichte. Schüsse peitschten auf, während das Wasser über ihm zusammenschlug. Eine Kugel riss eine Schramme über seinen Rücken, aber er bemerkte den brennenden Schmerz kaum.
Jetzt hatte er andere Probleme. Das war ein Kampf ums nackte Leben. Er musste versuchen, so lange wie möglich unten zu bleiben und so weit wie möglich wegzukommen von dieser Stelle.
Er schwamm mit langen Zügen, und die schnelle Strömung unterstützte ihn. Nur die Kleidung war ein großes Hindernis, besonders die Stiefel, die immer schwerer wurden.
Jetzt hörte er keine Schüsse mehr. Konnten sie ihn bereits nicht mehr sehen, oder hielten sie ihn für tot?
Er befand sich noch immer unter Wasser, als er die scharfe Flusskrümmung erreichte, die sich etwa dreißig Schritt unterhalb der Furt befand. Hier war das linke Ufer felsig, und im Wasser lagen große, vom Wasser umgischtete Steine.
Die Stelle war gut für Lassiter. Endlich konnte er auftauchen und wieder Luft in seine Lungen pumpen.
Die wirr aufgetürmten Felsen boten ihm ausreichend Deckung. Die tiefhängenden Zweige einer Trauerweide gaben ihm zusätzlichen Schutz vor den Blicken seiner Jäger.
Vorläufig wenigstens. Denn sie hatten bestimmt noch nicht aufgegeben.
Er kannte Hanack und McBride verdammt gut. Das waren zwei ausgekochte, hinterhältige Schufte, die jedem offenen Kampf aus dem Wege gingen. Feiglinge, die sich nicht auf das geringste Risiko einließen.
Deshalb würden sie erst dann die Jagd einstellen, wenn sie wussten, dass er wirklich tot war.
Diese Gewissheit aber konnten sie noch nicht haben. Erst wollten sie seine Leiche sehen.
Unwillkürlich griff Lassiter nach seinem Holster, dann grinste er erbittert über sich selbst. Das Holster war leer, aber selbst dann, wenn er die Waffe nicht verloren hätte, würde sie ihm jetzt nichts nützen.
Er besaß als einzige Waffe noch sein Messer, ein langes, zweischneidiges Bowiemesser. Aber damit war er genauso wehrlos wie ein Puma mit seinen starken Pranken und spitzen Zähnen, wenn er einem gut bewaffneten Jäger gegenüberstand.
Bisher war Lassiter der Jäger gewesen, jetzt war er zum Wild geworden, das sie erbarmungslos hetzen würden. Sie hatten es teuflisch geschickt angefangen.
Vor zwei Stunden hatte Lassiter ihre Fährte südlich des Flusses entdeckt. Sie führte in gerader Linie auf die Furt zu und vom Nordufer aus weiter nach Norden in die Hügel hinein.
Lassiter kannte tausend Tricks, und ganz besonders kannte er sich aus in der Mentalität von Halunken wie Lee Hanack und Joe McBride. Deshalb hatte er gewartet. Zwei Stunden lang hatte er das andere Ufer beobachtet und war dann erst auf die Furt zugeritten. Genau in die Falle hinein.
Er konnte von Glück reden, dass er die Bewegung zwischen den Büschen buchstäblich im allerletzten Augenblick entdeckt hatte. Um Haaresbreite war er dem Tod entgangen.
Aber auch jetzt hatte er kaum eine Chance. Und hier durfte er auf keinen Fall festwachsen.
Im hüfthohen Wasser bewegte er sich langsam auf das Ufer zu. Das monotone Rauschen und Plätschern waren die einzigen Geräusche, die ihn umgaben. Wenn sich die Jäger näherten, würde er ihre Schritte nicht hören können. Die Geräusche des Wassers waren stärker.
Jetzt hatte er das Ufer erreicht. Abgeflachte Steine, hin und wieder von Wasser überspült und von glitschigem Moos bewachsen, bedeckten das letzte Stück vor dem zerklüfteten Felsufer. Lassiter nahm das Messer zwischen die Zähne und bewegte sich auf allen vieren weiter. Aufrechtes Gehen war unmöglich. Auf diesen tückischen Steinen würde man unweigerlich ausrutschen.
Plötzlich hielt er inne, kauerte völlig reglos da, schien eine Einheit zu bilden mit dem graugrünen, moosbedeckten Gestein.
Er hatte Stimmen gehört. Jetzt konnte er schon die ersten Wortfetzen verstehen.
»Ich bin fast sicher, dass wir ihn erwischt haben«, meinte Lee Hanack. »Lass uns abhauen, Joe. Die verdammte Sucherei ist völlig sinnlos.«
»Ich will die Leiche sehen.« McBride beharrte auf seinem Standpunkt. »Warum jetzt noch ein Risiko eingehen, Lee? Wenn wir erst wissen, dass er wirklich erledigt ist, haben wir nichts mehr zu befürchten. Er ist der einzige Bursche, der uns je gefährlich werden kann. – Pass auf, du wartest hier und hältst die Augen offen! Ich gehe inzwischen bis zum Ende der Krümmung, wo die Felsen aufhören. Von dort aus gehe ich dicht am Steilufer entlang wieder zurück. Ich werde zwar nasse Stiefel bekommen, aber das macht mir nichts aus. Entweder ich finde da unten irgendwo seine Leiche, oder aber er lebt noch und hat sich versteckt.«
»Und wenn er noch lebt?«
»Dann erledige ich ihn endgültig«, knurrte McBride. Dann lachte er bösartig. »Das ist wie eine Hasenjagd, Lee. Hoffentlich wird mir dieser Spaß noch vergönnt sein.«
»Hasenjagd!«, sagte Hanack skeptisch. »Ich würde das eher als Pumajagd bezeichnen.«
Wieder lachte McBride. »Umso besser. Ich habe mir schon immer gewünscht, mal 'nen Puma erledigen zu können. – Warte also hier und drück mir die Daumen ...«
Mit den letzten Worten entfernte er sich bereits, und seine Stimme wurde immer leiser.
Lassiter blickte nach oben. Die Felswand war hier etwa vier Meter hoch und war vom Wasser so ausgespült worden, dass sie ziemlich stark überhing. Aus diesem Grunde konnten die beiden Halunken von oben nicht richtig den Fluss überblicken.
Die Art, wie sie jetzt vorgingen, bewies wieder einmal die Gerissenheit der beiden. Wenn sich McBride gleich hier unten am Fuße des Steilufers entlangbewegte, konnte er Lassiter in die Enge treiben wie ein Wild auf der Treibjagd.
Dann würde er sich sogar noch an seinem Triumph weiden können, bevor er Lassiter den tödlichen Schuss versetzte.
Es war eine Art sadistischer Hinrichtung, die Lassiter bevorstand, wenn er nichts unternahm.
Er musste weg von hier.
Wieder blickte er nach oben. Die Felsen waren teilweise steil und stark zerklüftet, aber sie bildeten kein unüberwindbares Hindernis.
Lassiter überlegte nicht länger. Er musste handeln. Jede Sekunde war von jetzt an äußerst kostbar.
Er kroch noch weiter bis unmittelbar an die Felswand. Als er sich aus seiner Kriechlage aufrichtete und den ersten Schritt machte, hörte er fast überlaut das schwabbernde Geräusch des Wassers in seinen Stiefeln. Dieses Geräusch würde ihn verraten, bevor er überhaupt am Ziel war, das er erreichen wollte, sogar erreichen musste.
Er zog sich die Stiefel aus, die Socken. Mit nackten Füßen fand er auf dem glatten Gestein besseren Halt. Das Messer hielt er zwischen den Zähnen.
Er dachte an McBride und überlegte, wo der Jäger jetzt sein konnte. Wenn er sich beeilte, konnte er unten sein, bevor Lassiter den schwierigen Aufstieg geschafft hatte.
Nur noch wenige Fuß bis zum Rand der Klippen. Schon berührten seine Finger den oberen Rand der Felskante, und mit einem letzten Schwung wollte er sich nach oben ziehen und Lee Hanack mit einem überraschenden Angriff niederkämpfen.
In diesem Augenblick hörte er den scharfen Ruf. Es war die Stimme von Joe McBride.
Lassiter blickte sich nicht um. Alles stand für ihn auf des Messers Schneide. Er kämpfte sich weiter nach oben.
Zwei Schüsse fielen schnell hintereinander. Die Kugeln schlugen eine Handbreit neben ihm gegen das Gestein, heulten als Querschläger davon, und Lassiter warf sich keuchend über den Rand des Steilhangs.
Unten am Fluss brüllte McBride wütend auf, als er sah, dass er nicht getroffen hatte. Er hatte sich im Winkel verschätzt und Lassiters rasche Seitwärtsbewegung nicht mit einkalkuliert. Außerdem hatte er viel zu überhastet geschossen. Die Überraschung war daran schuld.
Die Schüsse und das Gebrüll hatten Hanack bereits gewarnt. Trotzdem war dieser Bandit genauso überrascht wie sein Kumpan, als Lassiter sich plötzlich über die Felskante schwang und vor ihm auftauchte.
Hanack riss das Winchestergewehr an die Hüfte. Lassiter packte das Bowiemesser und schleuderte es auf den Gegner.
Der Bandit schrie gellend. Die schwere Klinge blieb in seiner Brust stecken. Seine Gewehrmündung zeigte nach oben, und die Kugel, die Lassiter zugedacht war, jagte in den blauen Himmel hinauf.
Zu einem zweiten Schuss kam er nicht. In seinen Händen war nicht mehr die Kraft, den Repetierbügel zu betätigen. Er stand schwankend da. In...
| Erscheint lt. Verlag | 10.5.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • Cassidy • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Laredo • Männer • Nackt • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wyatt-Earp |
| ISBN-10 | 3-7517-8037-8 / 3751780378 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-8037-7 / 9783751780377 |
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