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Im Lande der Mitternachtssonne (eBook)

Eine Reise in Schweden

(Autor)

Fritz Meichner (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
288 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3935-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im Lande der Mitternachtssonne - Hans Christian Andersen
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'Heimat der klaren Ströme, wo wilde Schwäne im Nordlichtschimmer singen!' H. C. Andersen.

Hans Christian Andersen war einer der großen Reisenden seiner Zeit und fuhr allein sechsmal nach Schweden. Sein poetischer Blick enthüllt die unberührte Schönheit der Natur und fängt Blitzlichter aus dem Alltag ein. Andersen führt uns vom Vänersee durch den Götakanal, die Schärengärten und blühende Wälder, nach Stockholm, Uppsala, in die Bergwerkstadt Falun und an die weiten Ufer des Dalälven. Er trifft Bettlerjungen, Bauern und Pfarrer, staunt über die schwedische Geschichte, Wissenschaft und neueste Technik. Und überall begegnet ihm das Märchen: Die verwitterten Felsen hüten Sagen von starken Wikingern, Feen verwandeln sich in Schwäne, um in den stillen Seen des Nordens zu baden, und die Porträts der Menschen werden zu Reflexionen über Leben und Tod.



Hans Christian Andersen, geboren am 2. April 1805 in Odense auf der dänischen Insel Fünen, wuchs in bescheidensten Verhältnissen auf. Nach dem Besuch der Armenschule ging der Vierzehnjährige nach Kopenhagen, wo ihn das Theater lockte. Gefördert durch staatliche und private Zuwendungen, absolvierte er die Lateinschule in Slagelse. Seine Romane, Reisebeschreibungen und Märchen brachten ihm ein jährliches Stipendium auf Lebenszeit ein, das seine Existenz als freier Schriftsteller sicherte. Reisefreudig wie kein anderer Autor seiner Zeit, war er besonders in den Adelskreisen von Paris, Rom, Berlin, Weimar, Oldenburg und München ein gerngesehener Gast. In seinem Heimatland verbrachte er viele Wochen auf den Landsitzen seiner Freunde und Gönner. Oft war das Vorlesen seiner Märchen der Dank an seine großzügigen Gastgeber. Andersen starb am 4. August 1875 auf einem Gut bei Kopenhagen.

Trollhättan


Wem begegneten wir bei den Trollhättan-Fällen? Es ist eine merkwürdige Geschichte. Ich will sie erzählen.

Wir stiegen bei der ersten Schleuse an Land und befanden uns gleichsam in einer weiten englischen Gartenanlage. Die breiten Fußwege sind mit Kies bestreut und steigen in niedrigen Terrassen durch grüne, sonnenbeleuchtete Matten empor. Hier ist es freundlich und anmutig. Will man einen gewaltigen Eindruck gewinnen, dann steige man höher bis nach den älteren Schleusen, die tief und eng in den harten Felsen gesprengt sind.

Die Natur ist großartig, die Gewässer brausen tief unten in dem dunklen Bett. Von oben sieht man über Tal und Fluss hinweg. Das jenseitige Ufer hebt sich mit grünen wellenförmigen Anhöhen, mit Gruppen von Laubwald und rot gestrichenen Holzhäusern, die von Felsen und Tannenwald begrenzt werden. Mithilfe der Schleusen steigen Dampf- und Segelschiffe empor, das Wasser ist der dienende Geist, der sie über den Felsen hinauftragen muss. Aus dem Wald summt, braust und lärmt es. Das Gedröhne der Trollhättan-Fälle mischt sich mit dem Tosen der Sägemühlen und der Hammerschmiede. »In drei Stunden sind wir durchgeschleust«, sagte der Kapitän, »während dieser Zeit können Sie die Wasserfälle besuchen. Oben im Wirtshaus treffen wir uns wieder.«

Wir gingen den Pfad entlang durch den Wald und Gebüsch. Eine Schar barhäuptiger Jungen umringte uns, jeder wollte den Fremdenführer machen. Der eine überschrie den andern, aber keiner stimmte mit dem anderen überein. Einer gab den Wasserstand an, der andere widersprach: So hoch sei er keinesfalls, aber er könne wohl einmal so hoch steigen – große Uneinigkeit herrschte unter den Gelehrten.

Bald machten wir halt auf einer großen, mit Heidekraut bewachsenen Felsklippe, einer Terrasse, deren Höhe schwindeln machte. Vor uns in der Tiefe schäumte ein tosendes Gewässer, der Höllenfall, und über ihm wiederum ein Wasserfall, ein mächtig dahinstürzender Fluss, der in den größten Landsee Schwedens mündet.

Welch ein Anblick, welch ein Brausen, oben und unten! Es ist wie das Wogen eines Meeres von schäumendem Champagner, von kochender Milch. Ganz oben umbrausen die Fluten zwei Felseninseln, der Wasserstaub erhebt sich wie Wiesennebel. Unten wird das tosende Wasser mehr zusammengedrängt, stürzt nieder, will weitereilen, wird in einem Strudel zurückgehalten, wälzt sich dann nach dem hohen wogenschweren Fall, dem Höllenfall. Wie das Brausen eines Orkans saust es in der Tiefe. Welcher Anblick! Man verstummt!

Selbst unsere schreienden kleinen Fremdenführer verstummten. Als sie ihre Erklärungen und Erzählungen wieder aufnehmen wollten, kamen sie nicht weit damit. Urplötzlich stand mitten unter uns ein geheimnisvoller alter Herr, den niemand zuvor bemerkt hatte. Er war wie ein Geist aus heiterem Himmel erschienen, war da und war es doch nicht, ein Deus ex Machina, dennoch war er, wie es uns schien, aus Fleisch und Blut. Seine gellende Stimme durchdrang den Lärm. Er erklärte die Örtlichkeit und erzählte von alten, längst dahingegangenen Tagen mit einer Lebendigkeit, als hätten seine Geschichten sich gestern zugetragen.

»Hier auf der Felseninsel«, berichtete er, »schlichteten in alten Zeiten die Kämpen ihre Streitigkeiten. Der Kämpe Stärkodder wohnte in dieser Gegend und liebte die schöne Maid Ogn, aber sie war dem Hergrimer zugetan. Der wurde von Stärkodder hier am Wasserfall zum Kampf gefordert, und Hergrimer fand dabei den Tod. Ogn eilte hinzu, ergriff das blutige Schwert ihres Geliebten und durchbohrte ihr Herz. Stärkodder bekam sie nicht! Hundert und wieder hundert Jahre verstrichen, der Wald war damals hier groß und dicht. Wolf und Bär trieben ihr Unwesen. Böse Räuber machten die Gegend unsicher. Niemand vermochte ihr Versteck ausfindig zu machen. Da drüben am Fall, auf der norwegischen Seite, jener Insel gegenüber, hatten sie ihre Höhle. Jetzt ist sie eingestürzt, der Fels ging darüber hin.«

»Ja, der Schneiderfelsen«, riefen die Jungen, »der stürzte im Jahre siebzehnhundertfünfundfünfzig ein.«

»Stürzte!«, rief grimmig der alte geheimnisvolle Herr, gleichsam verwundert, dass ein anderer außer ihm dies wissen konnte. »Einmal stürzt alles«, sagte er, »und der Schneider stürzte augenblicks. Die Räuber, die ihn gefangen hatten, stellten ihn auf den steilen Felsen und erklärten, wenn er von ihnen loskommen wollte, müsste er als Lösegeld dort oben einen Anzug fertig nähen. Er versuchte es denn auch, aber als er beim ersten Stich den Zwirn herauszog, schwindelte ihn, und er fiel in das brausende Gewässer. Und deshalb nannten sie die Klippe den Schneiderfelsen. Eines Tages fingen die Räuber ein junges Mädchen, es zündete in der Räuberhöhle ein Feuer an, der Rauch wurde gesehen, die Höhle konnte ausfindig gemacht werden. Die Räuber wurden gefangen und hingerichtet. Den Fall dort oben nennt man den Diebesfall, und dort unten, unter dem Wasser, ist noch heute eine Höhle. Der Fluss stürzt sich hinein und schäumt und siedet wieder heraus. Man sieht es von hier oben und hört es auch, aber besser vernimmt man es in der Höhle unter der steinernen Decke des Berggeistes.«

Wir gingen weiter am Wasserfall entlang auf die Topinsel zu, der Pfad war mit Sägespänen belegt bis nach der Polheims-Schleuse, einer Sprengung des Felsens für das zunächst beabsichtigte Schleusenwerk, das aber nicht fertiggestellt war. Durch die Sprengung ist der imposanteste Fall aller Trollhättan-Fälle entstanden, senkrecht in die Tiefe fallen hier die eilenden Gewässer. Der Felsenabhang ist durch eine leichte eiserne Brücke mit der Topinsel verbunden, es sieht so aus, als sei sie einfach über den Abgrund hingeworfen. Auf der schaukelnden Brücke geht man über die dahinbrausenden, zermalmenden Gewässer und steht dann auf der kleinen Felseninsel unter Fichten und Tannen, die aus den Spalten des Gesteins emporschießen. Vor uns wälzten sich die Wogen eines Meeres und zerschellten an dem Felsblock, auf dem wir wie von einem feinen ständigen Regen besprengt wurden. Zu beiden Seiten schoss der Strom dahin, als sei er von einer Riesenkanone ausgespien. Wasserfall bei Wasserfall. Wir blickten über sie hin, von ihrem seit Jahrhunderten ewig gleichen Dröhnen durchbebt. »Nach der Insel dort drüben kann wohl niemand hinüber«, meinte einer aus unserer Gesellschaft und zeigte auf die große Insel über dem obersten Wasserfall.

»Ich kenne einen, der dort gewesen ist«, erwiderte der Alte und nickte mit einem eigentümlichen Lächeln. »Ja, mein Großvater ist da gewesen!«, jubelte der größte der Jungen. »Aber sonst wird wohl kaum einer in den nächsten hundert Jahren dorthin gelangen. Das Kreuz, das dort drüben steht, hat mein Großvater aufgerichtet. Es war in einem harten Winter, der ganze Vänersee war zugefroren. Das Eis dämmte den Fluss ein, und für einige Stunden konnte man hinübergehen. Großvater hat es selbst erzählt. Er und zwei andere gingen hinüber und richteten das Kreuz auf und kamen dann zurück. Bald darauf knallte es so fürchterlich, als seien viele Kanonen abgefeuert. Das Eis brach auf, und das Wasser ergoss sich über Wiese und Wald. So ist es wirklich und wahrhaftig gewesen.«

Einer der Reisenden zitierte Tegnér:

»Der wilde Göta stürzt vom Felsen nieder,

des Trolles wüster Schrei durchs Brausen gellt,

doch Geisteskraft zersprengte das Gestein,

das nun ein Schiff in seinem Schoße hält.«

»Armer Berggeist«, fuhr er fort, »es geht rückwärts mit deiner Macht und Herrlichkeit. Du bist jetzt vom Menschen überflügelt, du kannst bei ihm in die Lehre gehen.«

Der vorher so gesprächige Alte machte eine Grimasse, brummte etwas in seinen Bart – wir aber befanden uns gerade an der Brücke vor dem Wirtshaus, unser Dampfer glitt durch die geöffnete Schleuse. Jeder beeilte sich, an Bord zu kommen, und sogleich schoss unser Schiff durch die Schleuse dahin, als gäbe es keinen Fall hinter uns.

»Und so was ist möglich!«, sagte staunend der Alte. Er wusste nichts von Dampfschiffen, hatte bis heute nie eins gesehen. Deshalb war er bald oben, bald unten im Schiff. Nun stand er bei der Maschine und starrte ihre Konstruktion an, als müsste er jeden Bolzen und jede Schraube zählen. Dann wieder war er oben bei dem Steuerhaus oder lehnte sich...

Erscheint lt. Verlag 15.7.2025
Übersetzer Gerda Meichner, Fritz Meichner
Sprache deutsch
Original-Titel I Sverrig
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Reisen Reiseberichte Europa
Reisen Reiseführer Europa
Schlagworte 19. Jahrhundert • Alltagsgeschichte • Bauernleben • Dichter • Europa • Folklore • Geschenkbuch • Hans Christian Andersen • klassische Reiseliteratur • Lebensbeschreibung • Märchen • Naturliebhaber • Reisebeschreibung • Reisegeschichten • Reisen • Schären • Schiffreisen • Schweden • Stockholm • Uppsala
ISBN-10 3-8412-3935-8 / 3841239358
ISBN-13 978-3-8412-3935-8 / 9783841239358
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