Blutgeld (eBook)
100 Seiten
Blattwerk Handel GmbH (Verlag)
978-3-69049-235-5 (ISBN)
Er ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde quasi als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Sein überragendes Werk beläuft sich auf 764 im Martin Kelter Verlag erschienene Titel. Seine Leser schwärmen von Romanen wie Torlans letzter Ritt, Sturm über Montana und ganz besonders Revolver-Jane. Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. So unterschiedliche Romanreihen wie U. S. Marines und Dominique, beide von ihm allein geschrieben, beweisen die Vielseitigkeit dieses großen, ungewöhnlichen Schriftstellers.
Er ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde quasi als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Sein überragendes Werk beläuft sich auf 764 im Martin Kelter Verlag erschienene Titel. Seine Leser schwärmen von Romanen wie Torlans letzter Ritt, Sturm über Montana und ganz besonders Revolver-Jane. Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. So unterschiedliche Romanreihen wie U. S. Marines und Dominique, beide von ihm allein geschrieben, beweisen die Vielseitigkeit dieses großen, ungewöhnlichen Schriftstellers.
»Joel«, sagt Jim Cerro flüsternd. »Joel, er steht vor der Tür, was?«
Joel Reeves dreht sich leicht um und nickt kurz.
»Ja, er steht draußen. Er hat gesagt, fünf Minuten, nicht mehr. Jim, was ist los?«
Jim Cerros Gesicht sieht bleich und abgezehrt aus. Hektische rote Flecken stehen auf der Gesichtshaut, und die Augen sind fiebrig und weit. Sie haben einen seltsamen Glanz, den Reeves schon bei mehreren Männern gesehen hat.
Und diese Männer starben alle.
Sie waren zwei lange Jahre zusammen. Diese Jahre zählen dreifach, wenn man in einem Jail sitzen muss. Jim Cerro starrt auf die Tür und winkt mit der Hand. Es ist eine so matte und zittrige Bewegung, dass Joel erschreckt den Atem anhält. Jim ist sterbenskrank. Er hat nicht mehr lange zu leben. Keine zwei Stunden mehr, vielleicht auch noch weniger. Und er war ein guter Partner, ein Mann, der alles teilte, der nichts für sich behielt.
»Joel, komm näher. Setz dich dort auf die Kante und rück ganz nahe heran. Hat er wirklich nur fünf Minuten gesagt?«
»Ja«, erwidert Joel gedämpft. »Der Doc ist zum Essen, und der Pfleger passt draußen auf. Nicht länger als fünf Minuten. Hast du ihn bestochen?«
Der Todkranke nickt schwach.
»Dreißig Zigarillos, ist auch egal, ich brauch’ sie nicht mehr.«
Er sieht Joel mit seinen dunkelbraunen Augen forschend an, als wenn er ihm bis auf den Grund der Seele sehen will. Dann lächelt er verzerrt.
»Du bist in Ordnung, Joel.«
»Also, was ist, Alter? Soll ich jemand was bestellen?«
»Ja, Joel. Du kommst in drei Tagen raus, du hast es besser. Versprichst du mir bei allem, was dir heilig ist, dass du den Mund hältst? Sie werden dich fragen, sie werden vielleicht auf dich Jagd machen. Hast du davor Angst?«
»Mich haben sie schon oft gejagt. Angst kenne ich nicht, das weißt du. Also los, ich verspreche dir, dass ich alles, was ich vergessen soll, vergessen werde. Ich werde zu niemand reden, wenn du es nicht willst.«
»Gut, gut«, sagt Cerro leise. »Joel, ich hab’ dir von der Erbschaft erzählt. Mit dem Geld wollten wir beide uns eine Ranch aufbauen. Ich verstehe ja nichts von Rindern, nicht genug, Joel …«
»Ja?«
»Es gibt keine Erbschaft, weißt du?«
»Ich weiß, ich habe es mir gedacht. War mir egal, ob es eine Erbschaft ist, oder …«
»Oder?«
»Eine Beute aus einem Überfall«, sagt Joel Reeves ruhig und sieht auf Jim hinab. »Es machte mir nichts aus, Jim. Wer einmal alles verloren hat, der fängt auch wieder an. Und es wird ihm ziemlich gleich sein, wie er es anfängt.«
Joel Reeves denkt einen Augenblick an die Tat, die Jim ausführte und die Jim in dieses Jail brachte. Jim hat einen Viehhändler ausgeraubt und erschossen, als der Mann aus dem Ärmel einen Derringer schnellen ließ. Er war um den Bruchteil einer Sekunde schneller, aber Überfall bleibt Überfall. Und Mord bleibt Mord. Dass er nicht gehängt wurde, verdankte er nur seinem Alter. Jim Cerro war zu dieser Zeit ganze siebzehn Jahre alt.
Und er sagte oft, noch einmal würde er es nicht tun. Das war, als er neunundzwanzig war. Und nun ist er zweiunddreißig. Sie fingen ihn, als er nach Mexiko flüchten wollte. Er verwundete einen Mann des Aufgebotes, das der Sheriff aus El Paso losgeschickt hatte. Und darum lochten sie ihn in Texas ein und nicht in New Mexico.
»Joel, hörst du zu?«
»Ja, ich höre, Jim. Ich dachte gerade an den Mann, den du vor dem Revolver hattest.«
»Das war ein Lump«, sagt Jim, und die Flecken auf seinem Gesicht werden dunkelrot. »Ich sage dir, er war ein Lump, ein verdammter, dreckiger Schuft. Er hatte uns betrogen, er betrog meinen Vater, meine Brüder. Und ich dachte, ich würde ihm schon zeigen, wer sich sein Geld von einem Betrüger abnehmen lässt. Da habe ich ihm eben aufgelauert. Und Marty war da.«
»Marty?«, fragt Joel überrascht. »Was sagst du? Du warst es nicht allein?«
»Sssst«, sagt der Fiebernde. »Schrei doch nicht so. Da bist du fertig, was?«
»Du hast doch gesagt, du warst es ganz allein, Jim. Marty war dabei? Welcher Marty?«
»Das haut dich um, was? Na gut, ich war nicht allein. Marty war dabei, Marty Dickson. Das war ein Bekannter von mir. Drei Jahre älter als ich und mit dem Colt verdammt schnell zur Hand. Der kam nur mit, weil ihn das Geld lockte. Und ich Narr dachte, er wäre ein feiner Kerl. Dachte ich wirklich. Sie haben sich gewundert, warum ich erst so spät hier unten aufkreuzte, das weißt du, was? Es lag an Marty.«
»Es lag also an Marty. Und du hast die ganzen Jahre geschwiegen?«
»Was denn sonst, ich hatte doch noch die Hoffnung, dass sie mich nach zwanzig Jahren begnadigen würden.
Also, Marty war dabei. Wir hatten das Geld und türmten beide. Ich war dämlich, das sage ich dir. Zwei Tage ging alles gut. Wir waren schon in der Gegend von Socorro und hatten dem Aufgebot eine Nase gedreht. Das Geld war in den Satteltaschen meines Gauls. Dann kam die dritte Nacht nach der Flucht. Na, ich wache auf und sehe mich um. Mein Pferd steht da, der andere Gaul ist weg. Ich hoch und sehe mich nach Marty um. Er ist weg. Und meine Satteltaschen auch.«
»Was? Du hattest geschossen, und er nimmt dir das Geld weg? Was hast du gemacht?«
»Hinterher, was sonst? Es war mondhell, so eine richtig helle Nacht in New Mexico. Wir wollten nach Westen, das hatten wir ausgemacht. Ich dachte gleich, dass der Halunke nach Süden gegangen war. Zuerst fand ich die Spuren. In den Lava-Gebieten bei der Jornada del Muerto, da verlor ich sie wieder. Aber die Richtung stimmte. Der Kerl merkte, dass ich ihm nachkam. Er wollte mich abhängen, aber mein Gaul war besser und ich vielleicht sogar widerstandsfähiger. Drei Tage hatten wir kaum geschlafen, ich wusste, einmal würde er ausruhen müssen.«
»Hast du ihn erwischt?«
»Ja, es war drei Tage später. Er hatte die Richtung wieder nach Westen geändert. Weißt du, wo die Mimbres Mountains sind?«
»Ja, ich weiß. Der Sierra Blanca Creek entspringt dort. Hast du ihn dort erwischt?«
»Es war in der Nacht, da fand ich ihn. Er wollte noch schießen, aber er hatte keine Kraft mehr dazu. Ich hatte selber auch kaum noch Kraft, aber ich schlug ihn um. Dann nahm ich das Geld wieder an mich und machte, dass ich weiterkam. Ich musste in die Berge, damit es keine Spuren gab. Das habe ich auch gemacht, genau das. Und dort habe ich das Geld vergraben.«
Joel Reeves starrt Jim an. Das war es also. Das ist Jim Cerros Erbschaft. Jim hat das Geld vergraben.
»Soll ich es holen?«
»Ja«, sagt Jim mit mühsamem Lächeln. »Du holst es und bringst es zu meinen Brüdern. Hörst du, Joel, du bringst es zu ihnen, versprichst du das? Ein Viertel für dich, klar?«
»Well, ich verspreche es. Ein Viertel will ich nicht. Wie viel Dollar sind es?«
»Zwanzigtausend, zwanzig schöne Päckchen zu je tausend Dollar und noch etwas an Hartgeld.«
»Viertausend, mehr will ich nicht. Das reicht für mich aus, Junge. Gut, ich bringe es hin. Wo finde ich es?«
»Hör gut zu und präge es dir ein, du darfst es nicht vergessen. Du kommst nach Hueco, das ist ein Nest, drei, vier Hütten. Von dort aus siehst zu zwei Berge, fast gleich hoch, der eine aber hat eine nach Süden geneigte Spitze. Sieht aus wie eine krumme Messerspitze. Ich war unterhalb dieses Berges in einer Schlucht. Merke dir nun die Schlucht. Sie läuft von Süden genau nach Norden. Bevor du in die Schlucht kommst, siehst du einen mächtigen Felsblock rechts liegen. Im Mondlicht sah er wie ein Schafskopf aus. Du siehst ihn genau von vorn am Eingang zur Schlucht.«
»Klar, das behalte ich. Wie nun weiter, Jim?«
»Ganz einfach, Bruder. Von diesem Felsen aus ritt ich genauso weit, wie ich langsam bis fünfzig zählen konnte. Langsam zählen.«
»In Ordnung, ich weiß Bescheid. Was dann?«
»Rechts kommt dann eine glatte Wand mit einem Felsspalt. Die Wand hängt hier über, der Felsspalt läuft nur halb die Wand hoch. Unter ihm liegen drei, vier fast runde Felsblöcke. Ich bin zwischen ihnen durch, an den Spalt heran. Im Spalt, von vorn gerechnet, ging ich zehn Schritte. In der Wand links war ein Loch, das räumte ich von Felsschutt aus und packte meine beiden Satteltaschen hinein. Ich wickelte sie in meine Ölhaut, die ich bei schlechtem Wetter trug. Dann legte ich Steine vor. Und da liegt es. Zwanzigtausend, Joel. Bring es zu meinem Bruder Ben. Und lass dir von ihm viertausend geben. Er gibt sie dir sicher.«
»Schon gut, ich werde mich an Ben halten. Jim, ist das alles?«
»Nein«, sagt Jim flüsternd. »Sage meiner Mutter, dass ich ein guter Sohn sein wollte, und dass ich zu jung war. Sag ihr, dass ich es bedauert habe, all die Jahre. Ich wollte den dicken Viehhändler nicht umbringen. Sag ihr, dass ich den Kopf verlor, als ich den Derringer sah. Ich wusste nicht einmal, dass ich abdrückte.«
Der Todkranke lächelt gequält.
»Meine Sachen, meine Uhr, das ist ein Geschenk von meiner Mutter, nimm sie mit, Joel. Und das Medaillon sollen sie dir aushändigen. Ich schreib das alles noch auf. Bring ihr meine Sachen.«
Er sieht Joel flehend an, und Joel nickt bitter.
»Ich brauche dir nichts vorzumachen, Jimmy, was? Es geht zu Ende. Nimm es leicht, Junge, da oben wird es besser sein. Hörst du, da oben ist es leichter als auf dieser Erde. Hast genug bezahlt.«
»Bezahlt«, sagt Jimmy Cerro mit einem wehmütigen Lächeln. »So dumm und so jung war ich. Und so viel muss man bezahlen.«
»Auf Wiedersehen, Jimmy.«
Und dann geht er. Er sieht sich nicht mehr um und hält den Kopf gesenkt. Nur nicht umdrehen, nur nicht zurücksehen müssen.
Der da liegt und auf den Sensenmann wartet, der war einmal ein...
| Erscheint lt. Verlag | 22.4.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Western Helden |
| Verlagsort | Hamburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Schlagworte | Abenteuer • Amerika • Colt • Cowboy • Cowboys • Geschichte • Kopfgeldjäger • Martin Kelter Verlag • Spannung • Western • Wilder Westen |
| ISBN-10 | 3-69049-235-1 / 3690492351 |
| ISBN-13 | 978-3-69049-235-5 / 9783690492355 |
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