Schöne Lügen (eBook)
295 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3107-9 (ISBN)
Sylter Lügen.
Warum wird ein harmloser junger Polizist kurz vor seiner Hochzeit in den Sylter Dünen erschossen? Und was hat das mit Drohnen und verschwundenen Hündchen zu tun? Ihr dritter Fall auf Sylt führt die Kommissarin Neele Eriksson nicht nur von einer Verwicklung in die nächste, sondern auch in die Abgründe der menschlichen Psyche. Während sie sich durch die Lügengespinste der Sylter kämpft, gibt es eine noch düsterere Wendung: Die Verlobte des ermordeten Polizisten begibt sich auf einen gefährlichen Rachefeldzug und verschwindet spurlos.
Wird Neele rechtzeitig herausfinden, was wirklich geschehen ist, bevor es zu spät ist?
Gabi Jacobi, geboren 1956 in Landau, hat in Frankfurt/Main als Werbetexterin und Creative Director bei verschiedenen Werbeagenturen gearbeitet und übernahm dann die Werbeleitung von Ferrero Deutschland, bevor sie sich nach Sylt zurückzog und die Krimiserie um die Hauptkommissarin Neele Eriksson ins Leben rief. Der Auftakt der neuen Krimireihe überzeugt nicht nur mit einem vielschichtigen und spannenden Plot, sondern auch mit nordisch-herben Charakteren, feiner Ironie und Insiderwissen über die berühmteste Insel Deutschlands.
Tag 2
Montag, 1. Oktober
Am nächsten Morgen sammelte ich meinen Kollegen Amar Gosh ein und war schon um acht auf dem Autozug nach Sylt. Amar war mein bester Mitarbeiter, schnell, zuverlässig und im Gegensatz zu mir ein Digital Native, für den das Internet kein Buch mit sieben Siegeln darstellte. Seine Recherchefähigkeiten hatten unsere Ermittlungen schon oft entscheidend vorangebracht.
Obwohl Amar jetzt schon zum dritten Mal zu einem Fall auf die Insel mitkam, zeigte er immer noch eine erfrischende Begeisterung, als unser Auto auf dem Zug über die Nordsee rollte. »Ist das nicht toll, dass wir wieder einen Fall auf Sylt haben?« Er strahlte voller Vorfreude.
»Lass das bloß nicht die Kollegen auf Sylt hören, die gerade einen ihrer Männer verloren haben«, erwiderte ich.
»Klar, so hab ich das ja nicht gemeint«, sagte er, »aber nett ist es trotzdem, wieder nach Sylt zu kommen.«
Das wird sich noch zeigen, dachte ich und vertiefte mich in die Fallunterlagen, nicht ohne Amar darauf hinzuweisen, dass er besser auch in sein Notebook statt aufs Wasser starrte.
Der sechsundzwanzigjährige Polizeimeister Jon Sörensen, las ich in der Fallakte, setzte seinen Kollegen Moritz König am Sonntag, den 30. September, nach Beendigung seiner Nachtschicht um sechs Uhr dreißig in List ab und fuhr weiter Richtung Westerland zum Revier.
Erst sechsundzwanzig, mein Gott, so jung.
Amar, dessen Laptop inzwischen ebenfalls aufgeklappt war, hatte anscheinend den gleichen Gedanken. »Der war ja genauso alt wie ich«, meinte er betroffen.
Ich hatte schon weitergelesen und murmelte: »Und er wollte nächste Woche heiraten und in die Flitterwochen reisen. Was für ein Elend.«
»Außerdem ist seine Verlobte schwanger, das ist ganz schön krass«, fügte Amar betreten hinzu. »Er ist mit seiner eigenen Dienstwaffe getötet worden«, fuhr er kurz darauf fort. »Meinst du, der hat sich selbst umgebracht?«
»Unwahrscheinlich«, erwiderte ich, »hier steht, er hat über den Dünen vor Kampen eine Drohne gesehen und auf einem Parkplatz angehalten. Dort muss etwas passiert sein. Aber die Waffe wird ja gerade untersucht. Danach wissen wir mehr.«
Kurz darauf parkte ich meinen Audi vor dem Notrevier auf dem Telekomgelände.
Als wir ausstiegen, pfiff uns der kalte Wind ordentlich um die Ohren. Ich mochte die frische Brise. Wenn ich den Wind im Gesicht spürte, empfand ich so eine Art Heimatgefühl. Amars Begeisterung hielt sich jedoch in Grenzen. Nun ja, er kam aus Leverkusen und war auch nach zwei Jahren im Norden noch nicht ganz wetterfest.
»Scheißkälte«, meckerte er, »außerdem sitzen sie immer noch in den Baracken. Wird die richtige Wache irgendwann in diesem Leben noch fertig?«
Ich zuckte mit den Schultern. Woher sollte ich das wissen? Das Gebäude der Sylter Polizei war aus dem Jahre 1908 und wurde nun schon seit mehreren Jahren saniert, wobei die Kosten Jahr für Jahr anstiegen. Solange war die Polizei eben in Containern untergebracht.
Michael Müller, der Leiter des Westerländer Kommissariats, öffnete selbst die Tür. Nicht wie sonst in Jeans, weißem Hemd und mit flapsigen Sprüchen auf den Lippen, sondern in schwarzer Hose, dunkelgrauem Pulli und mit ernstem Gesicht. Irgendwie wirkte er ganz ungewohnt.
»Gut, dass ihr da seid«, begrüßte er uns knapp, »wir können gleich loslegen.«
Die Kollegen von der Sylter Kripo hatten sich schon im Besprechungsraum versammelt. Mittlerweile waren es alte Bekannte für mich:
Müller, der Leiter der Dienststelle, sowie die Kommissare Jan Hagen und Marieluise Kleinschmidt, die heute ganz fremd aussah, in ungewohntem Schwarz.
Außerdem ein uniformierter Kollege, den ich noch nicht kannte. Ich erfuhr, dass er Albert Mingens hieß, ein etwa fünfzigjähriger, korpulenter Polizeihauptmeister mit dem typischen von blauen Äderchen durchzogenen, geröteten Gesicht, das auf Bluthochdruck oder eine Schwäche für Bier und Korn schließen ließ, oder sogar beides.
Selbst ergänzt durch Amar und mich war das eine sehr überschaubare Soko für eine so brisante Ermittlung.
Müller bemerkte anscheinend meinen skeptischen Blick, denn er sagte: »Tja, eine kleine Runde, aber morgen kriegen wir Verstärkung aus Flensburg. Ihr kennt ihn sicher, ein Kriminaloberkommissar Achim Geerst, er hat Erfahrung im Profiling, hat man mir gesagt.«
»Soviel ich weiß, hat er ein Semester Psychologie studiert, bevor er sein Studium abgebrochen hat und bei der Polizei eingestiegen ist«, konnte ich mir nicht verkneifen zu bemerken.
Müller zog daraufhin nur die Augenbrauen hoch und meinte: »Aha, na, sehen wir mal.« Dann griff er nach seinen Notizen. »Also …«
In dem Moment unterbrach ihn Marieluise. »Leute, ich brauche erst mal etwas zu essen. Heute früh bin ich beim Bäcker vorbeigefahren …« Sie sprang auf und lief in die Kochnische auf dem Flur. Amar starrte ihr begeistert nach, wobei ich mich fragte, was ihn mehr beeindruckte, ihre enge schwarze Lederhose oder die Aussicht auf Gebäckteilchen.
Müller dagegen verdrehte wegen der Unterbrechung ungehalten die Augen, griff aber wie alle anderen zu, als Marieluise kurz darauf mit einem zufriedenen Lächeln eine Platte mit Franzbrötchen auf den Tisch stellte. Offensichtlich hatte er seine Diät wieder aufgegeben, mit der er sich noch im Sommer abquälte. Ich fand sowieso, dass ihm die etwas rundliche Figur ganz gut stand, so hatte er etwas von einem gemütlichen Bären, was allerdings ganz und gar nicht zutraf.
Mingens war einer der Kollegen, die nach dem Notruf zum Ort des Verbrechens geeilt waren und dort den toten Sörensen vorgefunden hatten.
Er berichtete von dem Einsatz. Die Entdeckung des toten Kollegen war natürlich ein Schock gewesen.
»So ein Elend«, sagte Mingens, »ich kann es immer noch nicht fassen. Es war grauenhaft. Auf alle Fälle war klar, dass jemand ganz schnell seiner Verlobten Bescheid geben musste, ich meine, gerade mal ein paar Tage vor der Hochzeit … Na ja, ich bin also mit Moritz, das war sein Schichtkollege, nach Niebüll gefahren, zu Jasmin. Wie ihr wisst, ist sie eine Kollegin, sie arbeitet auf dem Revier in Niebüll, und Moritz kannte sie. Deshalb ist er mitgekommen, obwohl er eigentlich freihatte nach der Nachtschicht. Es war schlimm, ganz schlimm. Die Arme ist im Wohnzimmer hin und her gerannt und hat am ganzen Körper gezittert. Plötzlich ist sie umgekippt. Wir haben ihre Mutter angerufen und den Notarzt, der hat sie sofort ins Krankenhaus gebracht. Anschließend sind wir los, wir konnten sowieso nichts mehr tun.« Er blickte in die Runde. »Übrigens, vorhin hat mich Hartwigsen angerufen. Hauptkommissar Hartwigsen, der die Niebüller Dienststelle leitet. Jasmin Helbig hatte heute Nacht eine Fehlgeburt. Wir haben also schon zwei Opfer!« Nach diesen Worten presste Mingens die Lippen zusammen und ballte die Fäuste.
Das wurde ja immer besser, dachte ich, eine fatale Kettenreaktion. Die arme Frau, jetzt hatte sie auch noch ihr Kind verloren.
Das mussten wir erst mal verdauen.
»Was ist eigentlich mit der Waffe?«, fragte ich nach. »Gibt es da schon Ergebnisse?«
Müller nickte. »Ich habe erste Infos von der KTI. Wir wissen alle, dass Jon Sörensen Linkshänder war, die Waffe wurde aber in seiner rechten Hand gefunden. Außerdem ist sie abgewischt worden, und sie lag völlig falsch zum berechneten Einschusswinkel in der Hand.«
»Das Thema Suizid können wir also schon mal streichen«, sagte ich, »außerdem scheint der Täter Sörensen nicht gekannt zu haben, wenn er nicht wusste, dass er Linkshänder war.«
»Genau«, stimmte mir Müller zu, »das passt auch zu der Drohnengeschichte. Jon Sörensen war nach Dienstende auf dem Weg von List nach Westerland, als ihn seine Verlobte anrief. Und zwar um sechs Uhr achtundvierzig, die genaue Zeit haben wir aus seinem Mobiltelefon.
Gemäß Aussage von Jasmin Helbig befand er sich da in der Nähe von Kampen und hatte vor, den Zug um sieben Uhr achtundzwanzig von Westerland nach Niebüll zu erreichen. Er wollte zu Hause mit seiner Verlobten frühstücken und bat sie, ihm drei Brötchen vom Bäcker mitzubringen. Alles bestens also....
| Erscheint lt. Verlag | 1.4.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Neele Eriksson ermittelt |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Schlagworte | Ben Kryst Tomasson • Dünen • Eva Almstädt • Gisa Pauly • Hallig • Insel • Katharina Peters • Klaus-Peter Wolf • Kriminalfall • Kriminalroman • Küste • Meer • Morden im Norden • Nordfriesland • Nordsee • Nordseeinsel • Nordsee Krimi • Nordseeküste • Regionalkrimi • Sommer • Spannung • Strand • Sylt • Sylt Krimi • undercover • Urlaubsbuch • Urlaubskrimi • verdeckte Ermittlerin • Verdeckte Ermittlung • weibliche Ermittlerin • Westerland |
| ISBN-10 | 3-8412-3107-1 / 3841231071 |
| ISBN-13 | 978-3-8412-3107-9 / 9783841231079 |
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