Mut ist die Blume in der Finsternis (eBook)
392 Seiten
MartaWalden (Verlag)
978-3-68995-562-5 (ISBN)
Marta Walden ist das Pseudonym der deutschen Autorin Marte Cormann, die sich durch zahlreiche Romane und Drehbücher einen Namen gemacht hat. 'Mut ist die Blume in der Finsternis' ist ihr erster historischer Roman, dem weitere folgen sollen.Marta Walden lebt mit ihrer Familie am Niederrhein.
Marta Walden ist das Pseudonym der deutschen Autorin Marte Cormann, die sich durch zahlreiche Romane und Drehbücher einen Namen gemacht hat. "Mut ist die Blume in der Finsternis" ist ihr erster historischer Roman, dem weitere folgen sollen.Marta Walden lebt mit ihrer Familie am Niederrhein.
Prolog
Herbst 1880
Italien, am Rande von Tivoli, auf dem Gut des Padrone Massimo Valioni
»Feuer! Die Scheune brennt!«
Mitternacht war längst vorbei, als der schrille Alarmruf die nächtliche Stille zerriss, in der Massimo Valioni und Anna ihr heimliches Glück teilten. Sekunden später war Massimo auf den Beinen, das Herz hämmerte wild in seiner Brust. Die Fensterläden schlugen krachend gegen die Hauswand, als er sie aufstieß und der Anblick des infernalischen Feuers ihm den Atem nahm.
Die hintere Scheune brannte lichterloh. Die Flammen verschlangen alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Die Nacht war erfüllt vom beißenden Gestank des Rauches, der in sein Zimmer drang und ihm die Tränen in die Augen trieb. Massimos Herz krampfte sich zusammen, als er sah, wie aus allen Richtungen Menschen herbeieilten, ängstlich und entschlossen zugleich, um denen zu helfen, die im Schlaf von den Flammen überrascht worden waren. Ihre verzweifelten Schreie vermischten sich mit den Befehlen seines Verwalters zu einem schrecklichen Chor. Massimo lehnte sich weit aus dem Fenster, um sich Gehör zu verschaffen und seine Befehle zu rufen.
»Achtet darauf, dass das Feuer nicht auf die benachbarte Scheune übergreift!«, schrie er mit brüchiger Stimme, das Licht des Feuers warf gespenstische Schatten auf sein Gesicht. Er dachte an die Weizenernte, die in den letzten Tagen mühsam eingebracht worden war. Der Gedanke an den nahenden Winter, seine Familie und alle, für die er Verantwortung trug, schnürte ihm die Kehle zu. Ohne den Erlös aus dem Verkauf würde es schwierig werden, über den Winter zu kommen.
Im Haus hörte er das leise Weinen der kleinen Elisa, seiner Tochter. Der Klang schnitt ihm ins Herz.
»Schnell, Anna. Ich will nicht, dass Giulia merkt, dass du bei mir bist«, murmelte er nervös, während seine Gedanken zu der Frau schweiften, mit der er verheiratet war. Ein flüchtiger Blick zurück ins Zimmer verriet ihm, dass Anna ihn bereits verlassen hatte, diskret und ohne ein weiteres Wort. Sie war gut im Verstecken. Für einen Moment spürte er schmerzhaft die Kluft zwischen ihnen. Aber die Dringlichkeit der Situation ließ ihm keine Zeit für Sentimentalitäten. Hastig schlüpfte Massimo in seine Hose, bevor er hinaus eilte, um die Löscharbeiten zu überwachen.
Zu den Tagelöhnern, die in dieser Nacht im Schlaf vom Ausbruch des Feuers überrascht wurden, zählte auch Giuseppe Lotti, ein Arbeiter aus den Abruzzen. Seine Angewohnheit, sich stets einen Schlafplatz in der Nähe des großen Scheunentores zu suchen, wurde häufig belächelt. Die meisten der Tagelöhner zogen es vor, ihr Lager im hinteren Teil der Scheune aufzuschlagen, dort, wo es wärmer war als unmittelbar vorne am Eingang, wo der Wind durch die Ritzen pfiff. Ihm machte die frische Luft nichts aus, im Gegenteil. Sie belebte seinen Geist und bereitete ihn darauf vor, die Arbeit auf den Feldern zu meistern.
In dieser schrecklichen Nacht war es das unheimliche Knistern der Flammen, die sich von der Rückseite der Scheune ihren Weg zu ihm bahnten, das Giuseppe aus dem Schlaf riss. Beißender Rauch raubte ihm den Atem und die Sicht. Er wusste, dass er keine Zeit zu verlieren hatte. Der Schlafplatz in unmittelbarer Nähe des Tores war jetzt sein größter Vorteil. Mit einem Satz sprang er von seinem improvisierten Lager auf die Beine. Als er die Klinke des Tores ergriff, war der Raum hinter ihm bereits von dem bedrohlichen Feuer erfüllt. Giuseppe stieß die Tür auf. Er spürte die Hitze der Flammen hinter sich, die mit jedem frischen Windstoß an Kraft gewannen. Hustend und blind vor Rauch stolperte er ins rettende Freie, wo er sich ins feuchte Gras fallen ließ und frische Luft in seine schmerzenden Lungen zog. Erst jetzt nahm er die Todesschreie der Menschen wahr, die wie er in der Scheune Schutz gesucht hatten. Noch vor wenigen Stunden hatten ihn ihr Lachen und ihre Geschichten in den Schlaf begleitet. Sein Entsetzen trieb ihn wieder auf die Beine.
Giuseppe kämpfte sich durch die erstickende Luft voll mit giftigem Rauch und dem Gestank von verbranntem Fleisch, während er versuchte, anderen zu helfen. Um ihn herum herrschte Panik und Verzweiflung. Das Bild der Menschen, die schockiert und verwirrt aus dem brennenden Gebäude stürzten, nur um von den Flammen erneut erfasst zu werden, brannte sich schmerzhaft in sein Gedächtnis ein. Er sah einen Mann, der in dem verzweifelten Versuch, seine Frau zu retten, zurück in das lodernde Inferno stürzte.
»Komm zurück!«, rief Giuseppe, doch seine Stimme wurde von dem infernalischen Lärm erstickt. Und da war das Kind, dessen weinendes Flehen er hörte, ein zartes Wesen, das verloren und allein durch die Nacht irrte. Giuseppe brach es das Herz.
»Nicht das Kind!«, rief er, aber es war schon zu spät. Die Flammen schlugen hoch und schienen alles zu verschlingen, was sich ihnen in den Weg stellte. Unfähig, mehr zu tun als hilflos zuzusehen, fühlte er sich wie in einem Alptraum gefangen, aus dem es kein Entkommen gab.
»Was kann ich tun?«, murmelte er zu sich selbst. Er packte sich den leblosen Körper eines jungen Mannes, der viel zu nah an der brennenden Scheune lag und schleppte ihn in die Sicherheit der feuchten Grasnarben. Seine eigene Hilflosigkeit erdrückte ihn.
Die Scheune war nicht mehr zu retten. Mehr als zwei Drittel der Menschen, die dort, dankbar für die kostenlose Unterkunft, übernachtet hatten, waren umgekommen. Giuseppe Lotti zählte zu den wenigen, die überlebt hatten. Gierig griff er nach dem Becher mit Wasser, den man ihm reichte, stellte ihn aber schnell wieder weg. Seine zitternden Hände konnten das Getränk kaum zu den Lippen führen, und jeder Schluck verursachte ihm höllische Schmerzen. Nur undeutlich nahm er wahr, was um ihn herum geschah. In seinen Ohren hallten die Schreie der Unglücklichen wieder, die es nicht geschafft hatten, sich zu retten. Mit aufgewühltem Blick starrte er zu dem leblosen Burschen hinüber, der nur wenige Schritte von ihm entfernt im Gras lag. Vom Alter her könnte er einer seiner eigenen Söhne sein. Giuseppe hatte es nicht über sein Herz gebracht, ihn seinem Schicksal zu überlassen. Doch mehr konnte er nicht für ihn tun.
Erschöpft schloss Giuseppe die Augen. Er dachte an Pietro, Luigi und die kleine Rosetta, seine Kinder, und an Rosa, seine tapfere Ehefrau. Gleich am Morgen würde er seinen Lohn beim Verwalter abholen und danach sofort aufbrechen. Er hatte die Warnung des Schicksals verstanden. Ein zweites Mal würde es ihn nicht verschonen. Er gehörte zu seiner Familie in die Berge, wo sie sicher schon sehnsüchtig auf ihn warteten. Er würde sich eine andere Arbeit suchen, näher an seinem Heimatdorf, um mehr Zeit mit seinen Kindern verbringen zu können. Vor allem Pietro, sein Ältester, war in einem Alter, in dem er seinen Vater brauchte.
»Was ist passiert? Wer von euch hat das Feuer zu verantworten?« Herrisch schallte die Stimme des Padrone über den Hof.
Mit Anstrengung hob Giuseppe die schweren Augenlider. Verschwommen nahm er Massimo Valioni wahr, der sich mit schnellen Schritten der kleinen Gruppe von Überlebenden näherte. Giuseppe spürte die Schmerzensqualen in seinem Körper – jeder Atemzug war eine Herausforderung, als ob unsichtbare Ketten ihn daran hinderten, sich zu bewegen. Er fühlte sich wie ein Vogel mit gebrochenen Flügeln, hilflos und verloren.
Im Schein der Laternenleuchten kam Massimo Valioni heran, gefolgt von seinem Verwalter und anderen Männern, die tagsüber auf den Feldern die Arbeiter beaufsichtigten. Einer von ihnen trug ein Gewehr über der Schulter. Als ob die Toten und Verletzten noch eine Gefahr darstellten. Mit finsterer Miene betrachteten sie den Schaden, den das Feuer angerichtet hatten.
Das Atmen fiel Giuseppe schwer. Aufsteigende Übelkeit überwältigte ihn und zu entkräftet, um sich rechtzeitig zur Seite zu drehen, erbrach er sich auf seine rußgeschwärzte Kleidung. Ekel durchfuhr ihn, verstärkt durch die Scham, in einem solch erbärmlichen Zustand vor seinem Padrone zu liegen.
»He, du!«, rief der Mann mit dem Gewehr und richtete dessen Lauf auf Giuseppe. »Der Padrone hat euch etwas gefragt. Antworte gefälligst!«
Giuseppe starrte ihn verständnislos an, sein Verstand verweigerte ihm den Dienst. In seinen Ohren rauschte das Blut wie ein reißender Wildbach. Wieder drehte sich ihm der Magen um. Alles schwirrte vor seinen Augen, die Gesichter seiner Familie blitzten vor seinem inneren Auge auf - Rosa, die ihn liebevoll ansah, und die Kinder, die in den vertrauten Winkeln ihres Hauses spielten.
Ein paar Schritte von ihm entfernt tauschte Massimo ein paar leise Worte mit seinem Verwalter aus. Sie betrachteten die vom Feuer gezeichneten Menschen. Männer und Frauen, die mehr tot als lebendig zu sein schienen. Giuseppe war der Einzige, der noch halbwegs ansprechbar schien. Aber auch von ihm würden sie keine Antwort auf Massimos Frage erhalten, so viel begriffen sie.
»Ich habe nach dem Arzt rufen lassen. Er wird sich eure Verletzungen ansehen und medizinisch versorgen, sofern es notwendig ist. Auch mit Essen und Trinken werdet ihr reichlich versorgt«, kündigte der Verwalter an. Ihm war nicht wohl bei dem, was er als Nächstes zu sagen hatte, doch ein Blick auf Massimos grimmige Miene ließ ihm keine Wahl.
»So ein Feuer entsteht nicht ohne Grund«, fuhr er fort.
»Der Padrone hat euch selbstlos in der Scheune übernachten lassen, ohne dass ihr dafür zahlen musstet. Durch den Brand ist ihm ein hoher Schaden entstanden. Eine neue Scheune muss aufgebaut werden.«
»Lohn?« Nur ein röchelndes Krächzen kam über Giuseppes Lippen, während sich das Bild seiner Familie erneut vor seine...
| Erscheint lt. Verlag | 1.3.2025 |
|---|---|
| Verlagsort | Vachendorf |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Schlagworte | 1. Weltkrieg • berührendes Frauenschicksal • Drama • dramatisches Familienschicksal • Frau und Kinder • Historischer Roman • Italien • schwierige Liebe • Spannung |
| ISBN-10 | 3-68995-562-9 / 3689955629 |
| ISBN-13 | 978-3-68995-562-5 / 9783689955625 |
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