Lassiter 2752 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7944-9 (ISBN)
Zwei Morde geschahen jede Nacht in den Spielhöllen, Saloons und Bordellen von Frisco. Sie betrafen die Arbeiter aus den Eisenminen, die sich am Pokertisch in die Haare gerieten, die Minenbesitzer, die über ihre Anteile stritten, oder die Huren, die sich bestechen ließen, um gegen missliebige Kontrahenten zu intrigieren. Die Stadt war ein Vorhof zur Hölle. Das Gesetz lag damals in den Händen von Marshal Pearson. Der US-Marshal aus Pioche in Nevada war angeheuert worden, nachdem der Sheriff des Beaver County aus Furcht um sein Leben Frisco gemieden hatte. Noch vor seiner Ankunft hatte Pearson erklärt, dass er jeden Gesetzesbrecher, der ihm über den Weg liefe, töten würde, statt ihn ins Gefängnis zu bringen. Sechsmal hielt er in seiner ersten Nacht Wort ...
Zu Asche
sollen sie
werden
von Marthy J. Cannary
Zwei Morde geschahen jede Nacht in den Spielhöllen, Saloons und Bordellen von Frisco. Sie betrafen die Arbeiter aus den Eisenminen, die sich am Pokertisch in die Haare gerieten, die Minenbesitzer, die über ihre Anteile stritten, oder die Huren, die sich bestechen ließen, um gegen missliebige Kontrahenten zu intrigieren. Die Stadt war ein Vorhof zur Hölle.
Das Gesetz lag damals in den Händen von Marshal Pearson. Der US-Marshal aus Pioche in Nevada war angeheuert worden, nachdem der Sheriff des Beaver County aus Furcht um sein Leben Frisco gemieden hatte. Noch vor seiner Ankunft hatte Pearson erklärt, dass er jeden Gesetzesbrecher, der ihm über den Weg liefe, töten würde, statt ihn ins Gefängnis zu bringen.
Sechsmal hielt er in seiner ersten Nacht Wort ...
Der beißende Rauchgeruch aus den Schmelzöfen und Kohlemeilern brachte die Männer um den Verstand. Sie husteten sich an diesem Abend die Lunge aus dem Leib. Einige hockten sich unter das Vordach von Mr. Slaughters General Store. Andere flüchteten sich ins Cape Luck und ins Frisco Land, in denen ihnen die rotgeschminkten Mädchen aus der Hand fraßen.
Der Minenarbeiter Jasper Hayes hatte anderes im Sinn.
Fast den ganzen gottverdammten Tag lang hatte er auf der Krankenbahre von Doc Johnson zugebracht. Er hatte dessen Elixier eingenommen, von dem es hieß, dass es ihn wieder auf die Beine bringen würde. Die Arznei hatte so übel geschmeckt, dass Hayes geglaubt hatte, Johnson hätte ihm gekochtes Rattenfell gebracht.
Geholfen hatte die Mühe nicht.
Das quälende Fieber saß Hayes in den Knochen, peinigte ihn mit jeder Stunde schlimmer. Die Glieder schmerzten ihm, sein Hals war zugeschwollen, seine Augen tränten und juckten. Er war ein verfluchter Kranker, der in Frisco noch weniger galt als ein Tagelöhner.
Bald musste Hayes zur Armenküche.
Er würde sich einreihen zwischen den alten Goldgräbern, die sich mit ihren Claims übernommen hatten, und bei den renitenten Minenarbeitern, die man rausgeworfen hatte. Er würde um Almosen betteln müssen, um einen Teller Suppe und eine frische Unterhose. Die Leute von der Horn-Silver-Mine würden vorbeikommen und über den zerlumpten Haufen am Suppentopf feixen.
Hayes hatte das Gleiche getan.
Noch vor einem Monat war er einer jener Kerle gewesen, die vor Kraft strotzten und bei Horn Silver gutes Geld verdienten. Er hatte seine Dollars im Saloon verspielt oder sich ein Mädchen gekauft, das ihm für einen Abend vorgegaukelt hatte, dass er ein Mann von Welt war. Kein schlechtes Leben hatte Hayes geführt.
Bis ihm das Fieber in den Leib gekrochen war.
Gleich zu Anfang hatte es sich mit einem leichten Frösteln angekündigt, über das Hayes und sein bester Freund Edward Sutton noch gescherzt hatten. Sie hatten sich gegenseitig damit aufgezogen, dass ihnen in den aufgeheizten Stollen kalt wurde. Sutton hatte sich breitbeinig vor ihn gestellt, einen fahrenlassen und ihn gefragt, ob es ihm immer noch zu kühl wäre.
Rasch war es danach ernst geworden.
Nach zwei Tagen hatte Sutton bei Doc Johnson im Zimmer gelegen, war von der Minengesellschaft gefeuert worden und hatte geklagt, dass ihm die Sicht verschwamm. Am nächsten Morgen war er tot gewesen. Er hatte mit weit aufgerissenen Augen neben seinem Bett gelegen.
Wenigstens das Leben hatte Hayes bisher retten können.
Er würgte den Husten herunter, klemmte das Brecheisen unter die Tür und hebelte daran. Das Holz gab knackend nach und barst am Schloss auseinander. Das geschliffene Eisen rutschte heraus und schlug Hayes gegen den Oberschenkel.
Der Minenarbeiter fluchte leise.
Das Grocery Store von John Rosenberg lag abgelegen am Stadtrand und verschwand des Öfteren im Qualm des nahen Schmelzofens. Von der Mainstreet und den meisten Bordellen aus war es zu diesen Zeiten höchstens als blasse Silhouette auszumachen. In der Stadt gab es kein Gebäude, das Hayes geeigneter für einen Einbruch vorgekommen wäre.
Er wollte kaum etwas stehlen.
Ein paar Dollars aus der Kasse, um Doc Johnson zu bezahlen, und ein paar Tinkturen gegen das Rheuma, das viele Männer in den Silberminen plagte. Hayes würde es unter der Hand verkaufen, bis er wieder gesund genug war, sich bei der Minengesellschaft vorzustellen.
Drinnen war es stockduster.
Der Besitzer John Rosenberg war ein Deutscher, der es mit der Ordnung genau nahm und jeden Abend die Jalousien an den Schaufenstern schloss. Er räumte die Auslagen herein, was Hayes vom gegenüberliegenden Saloon aus beobachtet hatte, und schloss die Tür mit einem großen Schlüsselbund ab. Die Tageseinnahmen schien er fast eine ganze Woche lang in der Kasse zu belassen.
Steif tastete sich Hayes an der Wand entlang.
Er drückte sich mit dem Rücken an den hervorstehenden Schmucksäulen vorbei, die Rosenberg von einem mormonischen Handwerker hatte anfertigen lassen, und erblickte die Messingkasse im Laden. Die Schublade daran war mit einem Vorhängeschloss gesichert.
Abermals setzte Hayes das Brecheisen an.
Er bog den Bügel des Schlosses ein Stück auseinander, als er in der Schwärze eine Gestalt bemerkte. Sie stand fünf Yards von ihm entfernt an einer Vitrine, in der Rosenberg verschiedene Lampenöle aufbewahrte.
»Keine Bewegung«, sagte eine Stimme düster. »Oder ich pumpe dich voll Blei.«
Jäh fuhr Hayes zusammen und ließ das Brecheisen fallen. Er kniff die Augen zusammen und starrte auf den Unbekannten, der langsamen Schrittes auf ihn zukam.
Es war Marshal Pearson.
Der Gesetzeshüter aus Pioche in Nevada war erst seit ein paar Wochen in Frisco und galt als unerbittlicher Verteidiger des Gesetzes. Sechs Männer hatte er in seiner ersten Nacht getötet. Hayes fürchtete, dass er deren Schicksal teilen würde.
»Sir«, flüsterte Hayes und entfernte sich von der Kasse »Ich bin krank ... Ich bin schwerkrank. Ich musste ... Ich brauche ein paar Dollars.«
»Gibt dir Krankheit das Recht zu stehlen?«, fragte Pearson und trat in den schmalen Streifen Mondlicht, der durch die offene Hintertür hereindrang. Er war ein kräftiger Mann mit grauem Schnurrbart und dichten Brauen. »Gestattet uns die Ungerechtigkeit, selbst Unrecht zu tun?«
Der strafende Tonfall des Marshals versetzte Hayes in Furcht. Er spürte ein Zittern in den Beinen und wich vor Pearson weiter zurück. »Bitte, Sir ... Ich flehe Sie an ... Ich hätte Mr. Rosenberg nicht viel geraubt. Nur das Nötige ... Nur das Nötige zum Leben.«
»Du bist ein Dieb«, sagte Pearson und kniff die Lippen zusammen. »Ich muss diejenigen außer Gefecht setzen, die in Frisco Missetaten begehen. Zu diesem Zweck hat man mich gewählt und eingesetzt.«
»Aber Sir!«, bettelte Hayes und hob beide Hände. »Ich komme mit Ihnen! Sie müssen mich nicht –«
»Sei still.« Pearson wies mit dem Colt zur Theke. »Geh darüber. Ich will nicht, dass Rosenberg das Blut von der Kasse waschen muss.« Er lächelte schmal. »Ich werde dich umlegen, Jasper Hayes.«
Bei diesen Worten begriff Hayes, dass er sich um sein Fieber nicht mehr sorgen musste. Er würde in diesem Grocery Store den Tod finden, wie die Mörder und Störenfriede auf der Mainstreet den Tod gefunden hatte, die Marshal Pearson aufgespürt hatte. »Bitte, Sir, ich gehe zu Ihnen ins Jail. Ihnen wird kein Ärger durch mich drohen.«
»Dafür werde ich sorgen, Jasper«, entgegnete Pearson. »Die Rechnung ist einfach. Ich stelle der Stadt für jeden Toten ein Kopfgeld in Rechnung.« Er schritt an der Theke entlang, den Revolver stets auf Hayes gerichtet. »Ich wüsste nicht, weshalb ich dich verschonen sollte?«
Hayes wusste nichts darauf zu sagen.
✰
Der Mann im seidengefütterten Gehrock aus Kammgarn schritt forschen Schrittes an der Pferdebahn entlang und winkte dem Schaffner zu. Er wollte um jeden Preis zusteigen, obgleich das Gespann den letzten Halt bereits verlassen hatte. Der Schaffner schüttelte energisch den Kopf und geriet ins Lamentieren, als der gutgekleidete Herr dennoch an Bord kam.
Auf der hintersten Sitzbank unterdrückte Lassiter ein Lächeln.
Das Hauptquartier hatte ihm den hinzugekommenen Passagier als eigenwillige Persönlichkeit beschrieben, die sich in ihrem ganzen Leben kaum je an eine Konvention gehalten hatte. Die Episode mit dem Schaffner bestätigte die Einschätzung der Brigade Sieben.
Jay Cooke war ein Mann des Abenteuers.
Geboren in Ohio, hatte er sich einen Namen als Inhaber des Bankhauses Jay Cooke & Company gemacht, war im Bürgerkrieg an der Finanzierung etlicher Militärausgaben für die Unionsstaaten beteiligt gewesen und hatte sich am Bau der Northern Pacific Railway versucht. Durch letzteres Unterfangen war Cooke beinahe in den Bankrott geraten. Er hatte sein Vermögen daraufhin konsolidiert, indem er in eine Silbermine investiert hatte.
»Himmel aber auch!«, sagte Cooke und ließ sich neben Lassiter auf die Sitzbank fallen. Er hatte offensichtlich keinen Zweifel, dass er neben seinem Kontaktmann zur Regierung Platz nahm. »Ich...
| Erscheint lt. Verlag | 12.4.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g-f • GF • g f barner • g f unger • Indianer • jack-slade • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • lucky-luke • Männer • martin-wachter • Nackt • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • sonder-edition • Unger • Western • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp |
| ISBN-10 | 3-7517-7944-2 / 3751779442 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-7944-9 / 9783751779449 |
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