Lassiter Sonder-Edition 70 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7957-9 (ISBN)
'Komm nur, Lassiter!', rief Savannah mit schneidender Stimme. 'Ich habe soeben Red John getötet. Und auch dich werde ich zur Hölle schicken. Ich bin hier die Herrin über Leben und Tod. Niemand wird meine Pläne durchkreuzen. Auch du nicht, Lassiter!' Lassiter stand reglos da und starrte auf die schöne Frau. Sie hielt den Revolver schussbereit in der rechten Hand, und hinter ihr lag Red John. Selbst jetzt war sie noch von faszinierender Schönheit, aber in ihren Adern floss das heiße Blut einer Wölfin.
LASSITER UND DIE FELSENHERRIN
Als Lassiter endlich den felsigen Hang erklettert hatte, fielen unten im Tal die letzten Schüsse.
Er hatte sich beeilt, aber er war zu spät gekommen.
Seinen Augen bot sich ein Bild des Grauens und der Verwüstung. Überall lagen tote Rinder und Pferde wie hingemäht in der grellen Sonne. Die Corallumzäunung war zerstört, die kleine Scheune stand in lodernden Flammen.
Nur das Blockhaus stand noch. Sieben Reiter hatten es umzingelt und beobachteten es mit dem lauernden Ausdruck hungriger Wölfe.
»Kommt endlich raus!«, rief einer der Belagerer. »Verlasst den Bau, oder wir zünden euch das Dach über dem Kopf an! Dann verbrennt ihr bei lebendigem Leibe!«
In der Hütte rührte sich noch immer nichts.
Lassiter glitt etwas weiter den Hang hinunter und ging schließlich zwischen einer Anhäufung großer Felsen in Deckung.
Gerade schwang die von Kugeln zerschossene Tür des Blockhauses nach außen auf. Eine Gestalt erschien in der Türöffnung und kam schwankend ins Freie.
Es war eine Frau mit langem schwarzem Haar. Eine Indianerin.
Einer der Reiter schwang sein Lasso, und im nächsten Augenblick zog sich die Schlinge um den Oberkörper der Frau zusammen.
Mit einem harten Ruck wurde sie zu Boden gerissen und ein Stück von der Hütte weggeschleift. Sie machte nicht den geringsten Versuch, sich zu wehren. Sie wusste, dass es zwecklos war. Es würde nur noch schlimmer für sie werden.
Lassiter presste die Lippen zusammen.
Zorn stieg in ihm auf, obwohl ihn dieser Kampf nichts anging. Er war fremd in diesen Bergen, kannte die Menschen dort unten nicht. Aber er wusste auch so, was dort unten los war.
Es war das alte Spiel.
Wieder einmal waren ein paar großspurige, gnadenlose Burschen dabei, einen der Kleinen zu erledigen. Einen Mann, der ihnen im Wege war für bestimmte Pläne. Es konnte sich bei dem Anwesen um den Rancho eines zivilisierten Apachen handeln, der sich in diesem kargen Tal sesshaft gemacht hatte. Vielleicht war es auch ein sogenannter Squawmann, einer jener seltenen Weißen, die sich eine Indianerin zur Frau genommen hatten und damit von der übrigen weißen Bevölkerung kaum noch respektiert wurden.
Das war dann auch der Grund dafür, warum sie sich in die Einsamkeit zurückzogen und kaum noch in einer Stadt blicken ließen.
Lassiters Aufmerksamkeit konzentrierte sich wieder auf die Tür des Blockhauses.
»Nicht schießen!«, rief eine helle Stimme.
Diesmal kam ein Junge aus der Hütte. Lassiter schätzte ihn auf ungefähr vierzehn Jahre. Er hatte eine fast dürre, schlaksige Gestalt. Blut klebte auf seinem Gesicht. Um den Kopf hatte er ein buntes Tuch als Verband gewickelt.
Es war ein Anblick, der einem leidtun konnte.
Der Junge hob die Hände in Schulterhöhe. Sein Gesicht war von einer Mischung aus Trotz und Angst gezeichnet.
Wieder flog ein Lasso durch die Luft. Die Schlinge senkte sich, und der Junge machte nicht die geringste Abwehrbewegung. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte.
Hart wurde er zu Boden gerissen und bis neben die Frau geschleift.
»Und jetzt zu dir, Raven!«, rief der Anführer der Horde. »Komm raus aus deinem Bau!«
Keine Antwort. In dem Blockhaus blieb es still.
»Mein Vater ist tot!«, schrie der Junge verzweifelt. »Ihr habt ihn ermordet! Was hat er euch Hundesöhnen getan?«
Die Reiter lachten rau.
Der Anführer nickte kurz seinen Leuten zu.
»Sherman und Baxter!«, sagte er. »Seht nach.«
Zwei Männer stiegen von den Pferden und näherten sich vorsichtig dem Eingang des Blockhauses. Die anderen hielten ihre Gewehre schussbereit und spähten wachsam auf Tür und Fenster.
Langsam drangen die beiden Männer vor und glitten über die Schwelle.
Sekundenlang herrschte gespannte Stille.
Dann krachten plötzlich mehrere Schüsse. Ein Mann schrie gellend auf. Schreiend und mit verzerrtem Gesicht taumelte er ins Freie. Er hielt die Hände verkrampft vor der Brust und brach langsam zusammen.
Die anderen brüllten wütend auf. Ihre Gewehre spuckten Feuer und heißes Blei, und der Kugelhagel fegte durch die Fenster und die offenstehende Tür.
Es wurde nicht zurückgeschossen.
In der Hütte schien endgültig alles Leben erloschen zu sein.
Der Anführer hob den Arm. Es wurde wieder still. Reglos lagen die Frau und der Junge zwischen Steinen und dornigem Gestrüpp und starrten voller Angst auf die Reiter.
Der Anführer saß ab, kam auf die beiden zu und blieb breitbeinig über ihnen stehen. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Hass und kalter Zorn.
»Verdammte Brut!«, knurrte er. »Du kleiner Bastard hast uns hereingelegt. Nur deshalb hat dein Alter noch zwei von uns erledigen können ...«
Er trat zu, und seine Stiefelspitze knallte dem wehrlosen Jungen gegen die Rippen. Der schlanke Körper bäumte sich auf, und ein erstickter Schmerzensschrei drang aus seiner Kehle.
Noch einmal trat der Mann zu. Der Junge wurde ein Stück zurückgeschleudert und blieb wimmernd liegen.
Der Anführer steigerte sich noch in seiner Wut. Er war ein hagerer Mann, ungepflegt und mit einem hässlichen Gesicht. Die gelbliche Haut spannte sich wie getrocknetes Leder über den Wangenknochen, und die Augen lagen tief und totenkopfähnlich in ihren Höhlen. Rötliches Bartgestrüpp wucherte um den schmalen Mund. Unter dem zerbeulten, breitkrempigen Hut fiel strähniges Haar bis über die Ohren.
In seiner gesamten Erscheinung wirkte er abstoßend.
»Wir werden euch hängen!«, schrie er den Jungen an. »Dich und deine verdammte rothäutige Mutter. Und wenn der alte Schuft noch lebt, wird er ebenfalls aufgeknüpft.«
Er wollte sie lebend haben, deshalb hatte er die Hütte noch nicht anzünden lassen. Nur die kleine Scheune brannte noch immer lichterloh. Sie stand weit genug von der Hütte entfernt, so dass das Feuer nicht überspringen konnte.
Der Anführer wandte sich wieder seinen Leuten zu.
»Jetzt gibt's kein Risiko mehr«, entschied er. »Steckt den Bau in Brand. Wenn der alte Satan noch immer leben sollte, wird ihn die Hitze schon raustreiben.«
Die Kerle trafen sofort ihre Vorbereitungen. Zwei von ihnen nahmen Blechkanister von ihren Sätteln und glitten damit von zwei Seiten auf die Hütte zu. Die anderen hielten die Tür und die Fenster im Auge, aber nichts rührte sich.
Lassiter wartete gespannt in seinem Versteck.
Die ersten Flammen züngelten an den ausgetrockneten Holzwänden empor und breiteten sich unheimlich schnell aus. Es dauerte nur Minuten, bis das ganze Blockhaus in lodernden Flammen stand.
Die Frau und der Junge wollten sich aufrichten. Aber als sie sich in ihren Fesseln bewegten, zogen die Reiter ihre Lassos sofort wieder stramm. Die zähen, struppigen Pferde führten die Seitwärtsbewegung schon mehr von selbst aus, denn sie waren als Rinderpferde darauf dressiert.
Und dann erscholl in dem brennenden Blockhaus ein markerschütternder Schrei.
Ein Mann tauchte mitten in den Flammen auf.
Er hielt einen Revolver in der Faust. Das Feuer hüllte ihn ein, und doch stand er noch auf seinen Beinen.
Die Waffe donnerte auf und brüllte ihr tödliches Lied hinein in die Hitze von Feuer und Sonnenglut.
Er schoss, bis keine Kugel mehr in der Trommel war. Er stand aufrecht bis zum letzten Moment, obwohl das sengende Feuer ihn einhüllte und er von mehr als einem halben Dutzend Kugeln getroffen worden war.
Jetzt brach er zusammen. Er blieb liegen auf der brennenden, von Flammen eingehüllten Schwelle der Blockhütte, und die Balken stürzten über ihm zusammen.
Er merkte nichts mehr von allem. Er konnte nichts mehr spüren von der sengenden Hitze, von der alles verzehrenden Höllenglut, die ihn einhüllte und nichts mehr von ihm übriglassen würde.
Vier Mann waren es jetzt noch. Denn einen hatte der bärenhaft wirkende Mann im Blockhaus noch mitnehmen können auf die lange Reise ohne Wiederkehr.
Die vier Halunken kümmerten sich nicht mehr um die brennenden Gebäude. Dieses Kapitel war für sie abgeschlossen. Es gab für sie nur noch eines zu tun.
Sie wollten einen Schlussstrich ziehen unter diesen grausamen, unerbittlichen Kampf.
Jetzt wollten sie sich nur noch rächen für den Tod ihrer Kumpane.
Für Lassiter gab es keinen Zweifel, was nun folgen würde. Und er machte sich Vorwürfe, dass er nicht schon längst in die Auseinandersetzung eingegriffen hatte.
Aber hatte er wissen können, dass der Mann im Blockhaus noch lebte? Hätte er ihn überhaupt noch retten können?
Lassiter war ein Außenstehender. Er hatte durch Zufall die Schüsse gehört. Und er hatte sich auf den Weg gemacht, um nachzusehen, was hinter dem steinigen Hang los war.
Er war Zeuge von Überfall und Mord geworden. Und er sollte auch noch Zeuge eines weiteren, noch grausameren Mordes werden.
Seine Ahnung wurde zur Gewissheit.
Die vier Kerle begannen bereits, ihre Vorbereitungen zu treffen. Zuerst fesselten sie den Jungen, bis er sich nicht mehr bewegen konnte. Er wehrte...
| Erscheint lt. Verlag | 12.4.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • Cassidy • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Laredo • Männer • Nackt • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wyatt-Earp |
| ISBN-10 | 3-7517-7957-4 / 3751779574 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-7957-9 / 9783751779579 |
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