Das Wintermärchen von Kerry (eBook)
320 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0909-4 (ISBN)
Weihnachtliches Irland und ein Tierarzt zum Verlieben
Eilis McCarthy hat ihr Leben lang von der Liebe geträumt, aber die Realität hat sie bisher nur enttäuscht. Als sie ihren Job als Anwaltsassistentin in einer namhaften Kanzlei in Chicago verliert, setzt sie alles auf eine Karte und kauft einen verlassenen Buchladen in Irland. Dort angekommen findet sie jedoch nicht nur Bücher vor, sondern eine Menagerie an Tieren und Cillian, einen gutaussehenden Tierarzt und Enkel des ehemaligen Besitzers. Gemeinsam suchen Eilis und Cillian ein neues Zuhause für jedes der Tiere, die er aus schlechter Haltung gerettet hat. Kurz vor der großen Wiedereröffnung des Ladens an Weihnachten scheint alles perfekt. Doch dann kommen ihnen ihre Ängste in die Quere ...
<p>Julie Larsen, Jahrgang 1979, liebt ihre Familie, Hunde, Katzen, Vögel und das Reisen. Nach dem Abitur in England studierte sie in Prag und München Kommunikation. Wenn sie nicht gerade unterwegs ist, um neue Abenteuer zu erleben, träumt sie sich mit ihren romantischen Geschichten an die schönsten Fleckchen dieser Welt.</p>
1
Ein feiner Sprühregen lag in der Luft, als Eilis McCarthy aus dem winzigen Bus kletterte, der Glensiveen mit dem Rest der Welt verband. Nach fast vierundzwanzig Stunden Reise war sie endlich da. Die Stadt wirkte wie aus einem Film: Farbige Häuser duckten sich aneinander, als müssten sie sich gegenseitig gegen Wind und Regen stützen. Leise klapperten die Schilder der kleinen Geschäfte, und aus der Richtung des Hafens drang das Knarzen von Booten, die unruhig an ihren Seilen zerrten. Über allem lag der salzige Geruch des Atlantiks, gemischt mit einer Spur von Torfrauch, der aus zahlreichen Schornsteinen drang. Kein Wunder, dass hier romantische Geschichten geboren wurden. An einem Ort wie diesem mussten die Menschen zusammenrücken, um Wärme zu finden. Sie mussten füreinander da sein und sich gegenseitig helfen, um in das Herz des Abenteuers vorzudringen, das sich Leben nannte. Genau das war es gewesen, was Nana und Grampa vor Jahrzehnten an diesen Ort geführt hatte. Genau das war es, was auch sie suchte.
Sie schob eine Hand in ihre Umhängetasche und tastete nach dem Zettel, auf den Nana ihr die Adresse geschrieben hatte. Vom häufigen Auf- und Zufalten war das Papier schon ganz weich. Bald würde man die Schrift nicht mehr lesen können, doch Eilis kannte die wenigen Worte ohnehin längst auswendig. Malachy Kavanagh stand in der krakeligen Handschrift ihrer Nana darauf. Und dann: Seaview Lane 3, Glensiveen, Co. Kerry, V94 K2Y4. Einfache Worte, schmucklos und funktional, und doch hatte Nana sie selbst nach all den Jahrzehnten noch immer auswendig gewusst. Nicht einmal in ihrem uralten Notizbuch hatte sie nachsehen müssen.
Als Eilis sie darauf angesprochen hatte, hatte Nana nur mit dem Kopf geschüttelt. »Wie sollte ich sie vergessen, Liebes? An diesem Ort hat meine Liebe zu deinem Grampa angefangen. Von dort aus hat sie Flügel bekommen und mich ans andere Ende der Welt begleitet. Bis heute spüre ich sie jeden Tag in mir, selbst jetzt, wo dein Grampa nicht mehr unter uns ist. Es ist wie ein warmes Leuchten, genau hier.« Ihre knochigen Finger hatten sich auf die Brust geklopft, an die Stelle, wo sie ihr Herz vermutete. Mit diesem Lächeln, das stets auch einen Hauch Trauer in sich trug, hatte sie Eilis tief in die Augen geschaut, und die hatte es nicht mehr ausgehalten, so intensiv war der Blick gewesen. »Ich wünschte, du könntest das auch einmal erleben, mein Mädchen.«
Ich mir auch, Nana, ich mir auch.
Erst als sie wieder sicher hatte sein können, nicht vor Sehnsucht in Tränen auszubrechen, hatte sie es fertiggebracht, Nanas Blick zu erwidern.
Und nun stand sie hier. Niemand in Chicago wusste von ihrer Reise nach Irland. Schlimm genug, dass sie selbst wusste, wie verzweifelt sie sich mittlerweile danach sehnte, nicht immer alles allein stemmen zu müssen, um überhaupt nur die Idee in Betracht zu ziehen, den berühmt-berüchtigten Matchmaker Malachy Kavanagh aufzusuchen.
Tief durchatmend schob Eilis den Zettel zurück in die Tasche, zog ihren Mantel enger um sich und blickte die Hauptstraße hinunter. Es würde nicht schwer sein, die Buchhandlung zu finden. In einem Ort wie diesem kannte vermutlich jeder Malachy Kavanagh.
Fündig wurde sie schließlich in einer schmalen Seitengasse, zwischen einem Café und einem Laden, der alles verkaufte, was man aus Wolle herstellen konnte: Socken, Pullover, Mützen und Schals, Pantoffeln, Babystrampler und sogar Schmuck. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee und einem Hauch Lavendelöl aus dem Café mischte sich mit dem subtilen Geruch nach Schafswolle. Im Vergleich zu seinen bunten, einladenden Nachbarn wirkte der Buchladen fast unscheinbar. Ein handgemaltes Schild, auf dem in geschwungener Schrift »Pages & Promises« stand, schwang leise im Wind. Die Buchstaben waren bereits ein wenig verblasst. Irgendwann hatte wohl mal jemand versucht, sie auszubessern, aber das Ergebnis war eher laienhaft ausgefallen. Bei der knorrigen, blau gestrichenen Tür darunter schimmerte an einigen Stellen das Holz unter der Farbe durch. Der Türgriff war aus schwerem Messing, und als Eilis ihn zog, begrüßte sie das sanfte Klingeln eines Glöckchens.
Drinnen schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Überall standen Regale, so dicht gefüllt, dass es wirkte, als würden sie sich leicht nach vorn neigen. Bis unter die Decke türmten sich in den Ecken Bücher. Von einer Lampe mit einem Schirm im Tiffany-Stil, die auf einem kleinen Tisch in der Mitte des Raums stand, ging warmes, goldenes Licht aus. Auf dem Tisch lag ein Stapel Lesezeichen, kunstvoll bemalt mit irischen Knotenmustern. Die einzige Quelle für Frischluft war ein Fenster mit abblätterndem blauem Lack, durch das zwei Katzen Eilis von draußen betrachteten. Eine dritte Katze hatte sich direkt unter dem Fenster auf einem alten Polsterstuhl zusammengerollt.
Über einer Holztreppe, die zu einem zweiten Stockwerk führte, war ein Schild angebracht. Bücher öffnen Türen zu Welten, die nur das Herz sehen kann, stand darauf. Von unter der Treppe klang das leise Rascheln von Papier und gelegentlich ein schweres, dumpfes Geräusch – vermutlich ein Buch, das von einem Stapel auf einen anderen gelegt wurde.
Eilis blieb einen Moment stehen und ließ den Raum auf sich wirken. Tief atmete sie den Duft nach Papier und Leder, nach Druckerschwärze und Fantasie ein. Schon immer hatte sie sich gerne in eine Welt aus Abenteuern und Magie geträumt. Wenn sie mit Harry Potter nach Hogwarts reiste oder mit Frodo durch Mittelerde, wenn sie mit Lou Clark um eine Liebe kämpfte, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, und dabei sich selbst fand, oder mit Clare und Henry wieder und wieder bewies, dass die Liebe weder Zeit noch Raum noch Logik kannte, dann fühlte sie sich so stark und geborgen wie selten im echten Leben, wo sie immer nur eine von vielen war. Unbedeutend und unscheinbar. Nun empfing sie dieser Raum wie eine Umarmung. Die Regale und hohen Türme aus Papier wirkten wie Adern, durch die Worte statt Blut flossen. Jeder Gegenstand – von der altmodischen Kasse auf dem Tresen bis zur verblichenen Weltkarte an der Wand – erzählte eine Geschichte. Ihr Puls beschleunigte sich, Aufregung kribbelte durch ihre Adern. Dies war das Herz all der Geschichten, die sie jemals gelesen hatte.
»Ah, eine neue Besucherin.« Die Stimme klang freundlich und ein wenig brüchig.
Eilis sah auf. Von unter der Treppe trat ein betagter Herr hervor. Er war kleiner, als sie ihn sich vorgestellt hatte, höchstens so groß wie sie. Sein Gesicht war schmal und von tiefen Falten durchzogen, und unter buschigen weißen Brauen blitzten graue Augen hervor, die selbst hinter den Gläsern einer Brille, die viel zu groß für sein Gesicht war, nichts von ihrer Lebendigkeit verloren. Sein Haar – oder besser gesagt: was davon noch übrig war – umspielte die Seiten seines Kopfs als dünne, silbrig-weiße Wolke. »Malachy Kavanagh«, stellte er sich vor, neigte leicht den Kopf und lächelte Eilis warm an. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Sie räusperte sich, schluckte an dem Knoten aus Rührung, der ihr plötzlich den Hals versperrte. Das also war Malachy Kavanagh, der Mann, von dem Nana ihr schon so viel erzählt hatte. »Ich bin Eilis McCarthy«, brachte sie schließlich hervor. »Wir hatten telefoniert.«
»Eilis McCarthy«, wiederholte er. »Caitlins und Padraigs Enkeltochter.«
»Sie erinnern sich an meine Großeltern?« Bei ihrem kurzen Telefonat vor einigen Wochen hatte sie Nana und Grampa mit keinem Wort erwähnt.
Malachy lächelte. »Aber natürlich! Sie sind der guten Caitlin wie aus dem Gesicht geschnitten. So eine Liebe war das, den Kopf voller großer Ideen. Sie müsste nur nach Amerika, hat sie gedacht, und dort würde sich alles zum Guten wenden. Damals war das noch ganz anders hier, müssen Sie wissen. Bevor die ganzen Touristen kamen. Da war das Leben hart und oft grau und voller Entbehrungen. Padraig war genau der Richtige für sie. Sie war der Wind in seinen Segeln, und er war ihr sicherer Hafen. Kein ganzes Jahr hat es gedauert, nach ihrer Hochzeit, da haben sie sich eingeschifft. Auf nach Amerika. Ich hoffe doch, es ist ihnen gut ergangen in der Ferne.«
Eilis’ Augen brannten, aber sie nickte tapfer dagegen an. »Grampa hat Arbeit beim Straßenbauamt in Chicago gefunden und war dort bis zu seiner Rente beschäftigt. Nana hat bei Macy’s gearbeitet.« Sie schüttelte den Kopf. »Gut, damals hieß das wohl noch Marshall Fields? Es ist das bekannteste Kaufhaus der Stadt, mit dieser wunderbaren, riesigen Tiffany-Glaskuppel. Nana war immer ganz fasziniert von ihren Schaufensterdekorationen. Vor allem zu Weihnachten. Da ist sie einfach hineinmarschiert. Zu Hause hat sie zu Grampa gesagt: ›Wenn wir schon kein Geld haben, uns all diese schönen Dinge zu kaufen, dann möchte ich wenigstens von ihnen umgeben sein.‹ Ihr irischer Akzent war noch so stark damals, dass die Schichtleiterin sie gar nicht verstanden hat und direkt wegschicken wollte. Aber die Abteilungsleiterin der Kosmetikabteilung hat alles mitbekommen, und sie hat Nana eingestellt. So viel Ehrgeiz und Eigeninitiative muss man fördern, hat sie gesagt. Als Nana in Rente ging, hat sie eine Urkunde bekommen. Für die einzige Mitarbeiterin, die in ihrer ganzen Karriere nicht einen einzigen Tag krank war.« Eilis hatte die Geschichte so oft gehört, dass sie nicht nachdenken musste, um sie Wort für Wort wiederzugeben. Nana war die beste Geschichtenerzählerin. Wenn sie von der...
| Erscheint lt. Verlag | 26.8.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | Advent • bookstore • Buchladen Books about Books • Chicago • Frauenunterhaltung Liebesroman Romance • herzerwärmend • Herzklopfen • Hoffnung • Irland Reise Small Town • Lebenstraum erfüllen • Liebe • liebesgeschichte romantisch • Neuanfang beruf • neuanfang leben • Schnee • Tierarzt • Tiere retten • Tierheim • Vorweihnachtszeit • Weihnachten Christmas Winter gemütlich • wholesome • Winter • Winterroman • Wunder |
| ISBN-10 | 3-7499-0909-1 / 3749909091 |
| ISBN-13 | 978-3-7499-0909-4 / 9783749909094 |
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