Marzipan und Winterküsse (eBook)
304 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0930-8 (ISBN)
Linda ist leidenschaftliche Köchin und hat sich als Souschefin in einem Lübecker Spitzenrestaurant einen Namen gemacht. Als sie sich dort für die schüchterne Auszubildende einsetzt, verliert sie jedoch ihren Job. Aber statt aufzugeben, startet Linda als Privatköchin neu. In fremden Küchen zaubert sie Gerichte, die Herzen öffnen und Seelen wärmen. Mit jeder Begegnung taucht sie tiefer in die Leben ihrer Kunden ein, bis sie erkennt, dass ihre Schicksale eng miteinander verwoben sind.
Ein berührender Roman über Neuanfänge, gutes Essen und eine Liebe, die nur einen süßen Augenblick entfernt ist.
<p>Frieda Lamberti ist das Pseudonym einer gebürtigen Hamburgerin. Die Autorin lebt gemeinsam mit ihrer Golden-Retriever-Hündin Lotte in der Lüneburger Heide. Sie ist erst spät in ihrem Leben zum Schreiben gekommen und veröffentlichte ihr Debüt mit 50 Jahren. Inzwischen hat sie bereits mehr als fünfzig Romane veröffentlicht.</p>
Anfang November
Norddeutschland rüstet sich für den Winter. Dichter Nebel liegt wie ein Schleier über der Stadt. Die Morgenluft ist feucht und durchdringend, der Wind treibt die letzten Eichenblätter von den Bäumen und streut sie wie einen braunen Teppich an den Straßenrand. Nach einem fünfminütigen Fußmarsch durch die Lübecker Innenstadt erreicht Linda das historische Kaufmannshaus, in dem sich ihr Arbeitsplatz befindet. Im renommierten Gourmetrestaurant Petersen ist sie als Souschefin tätig. Schon beim Betreten des Gastraums ist die wohlige Atmosphäre zu spüren, die den Charakter des Gebäudes unterstreicht. Stilvolle Dekoration mit goldfarbenen Objekten setzt besondere Akzente und trotzt den grauen Außentönen.
An diesem Tag erscheint Linda früher als sonst im Lokal. Es ist ihr letzter Arbeitstag, bevor sie in ihre Heimat reist und ihren lang ersehnten Urlaub antritt. In Gedanken ist sie bereits zu Hause, umgeben von ihrer Familie, die sie viel zu selten sieht, verwöhnt von ihrer Mutter und begleitet von ihrer jüngeren Schwester auf langen Wanderungen durch den Thüringer Wald.
Langsam erweckt sie die Küche zum Leben. Der erste Funke des Gasherds, das rhythmische Klacken der Messer auf dem Schneidebrett, das gleichmäßige Summen des Lüftungssystems – all das vermischt sich zu einem vertrauten Konzert. Linda liebt diese Klänge. Kochen ist für sie weit mehr als nur ein Job, es ist ihre Passion. Trotz des ständigen Drucks findet sie tiefe Erfüllung in ihrem Beruf. Er gibt ihr die Möglichkeit, kulinarische Geschichten zu erzählen, und sie ist eine verdammt gute Geschichtenerzählerin.
Für die heutige Tageskarte hat Linda ein Hauptgericht geplant, das ihre Philosophie verkörpert: Grünkohl, nicht deftig und schwer wie die norddeutsche Tradition, sondern elegant interpretiert. Der Kohl dient als zartes Bett für einen kross gebratenen Zander, der um einen subtilen Weißweinschaum und Schalotten ergänzt wird. Der Gedanke daran zaubert ein Lächeln auf ihr Gesicht. Dieses Gericht vereint ihre Liebe zu regionalen Zutaten und moderner Kochkunst.
Allmählich treffen auch ihre Kollegen ein. Tim, der Patissier, begrüßt sie mit einem warmen Lächeln. Sophie, die gute Seele mit der längsten Betriebszugehörigkeit, ist für die kalte Küche zuständig. Wie jeden Morgen zückt sie eine Dose mit Hustenbonbons aus ihrer Jackentasche und bietet Linda einen an. Es sind diese kleinen Gesten, die ihr zeigen, wie sehr sie hier geschätzt wird. Bevor Linda nach Erfurt aufbricht, gilt es, noch einmal alles zu geben – kreativ, präzise und im eingespielten Rhythmus des Teams.
Auf dem Weg zum Kühlraum krempelt sie die Ärmel ihrer Kochjacke hoch und bemerkt, dass jemand fehlt. Die Auszubildende, Rosina, ist noch nicht da. Einen Moment lang wundert Linda sich, bis ihr einfällt, dass der Chef sie heute zum Einkaufen mitnehmen wollte. Ein kurzer Blick in den Kühlraum bestätigt ihre Vermutung – die beiden sind noch nicht zurück.
Linda nutzt die Zeit, um ins Restaurant zu gehen. Dort will sie Petersens Tochter Carla sprechen, die den Service leitet. In Lindas Augen ist sie eine komplette Fehlbesetzung. Erst kürzlich sind die beiden aneinandergeraten, als Gäste die bestellten Gerichte reklamierten. Linda hatte sich mit voller Überzeugung vor ihre Brigade gestellt. »Wir reißen uns hier einen Arm aus! Wenn das Essen nicht heiß serviert wird, dann liegt das nicht an uns, sondern an deinen Kellnern!«
Als Linda Carla findet, wird sie von einer ungewohnten Szene überrascht. Die Restaurantleiterin steht nicht kichernd mit ihrem Handy in der Ecke, wie so oft. Stattdessen hält sie es zitternd in der Hand, ihre Miene ernst und blass. »Mein Vater …«, beginnt sie und ringt nach Luft. »Er ist auf dem Großmarkt zusammengebrochen. Sie bringen ihn gerade ins Krankenhaus.«
Der Schock trifft Linda mit voller Wucht. Einen Moment lang sucht sie nach Worten. Doch Carla lässt ihren Emotionen freien Lauf. »Ich muss sofort zu ihm. Kannst du hier derweil die Stellung halten?«
Reglos steht Linda in der Mitte des Gastraums, das leise Klirren von Gläsern klingt wie ein Echo in ihrem Kopf. Die Neuigkeit über den Chef brennt in ihr nach, doch ihre Disziplin drängt sie, einen klaren Kopf zu bewahren. Jetzt ist keine Zeit für Panik.
Zurück in der Küche teilt Linda ihren Kollegen die Schreckensnachricht mit. Um die aufkeimende Unruhe im Team zu dämpfen, spricht sie ihre Hoffnungen laut aus. »Ihm geht’s bestimmt bald besser. Bis es so weit ist, machen wir, was wir immer tun. In die Hände spucken und abliefern.«
Tim nickt und widmet sich dem Teig für die Desserts, Sophie beginnt, Gemüse für die Vorspeisen zu schneiden. Linda spürt den Druck, der nun auf ihr lastet, ruft den Oberkellner zu sich und macht ihm eine Ansage. »Heute muss es laufen – für Jonas.«
Die Stunden vergehen schneller, als Linda erwartet hat. Die ersten Gäste treffen ein, der Gastraum füllt sich, und trotz der Anspannung in der Luft funktioniert ihre Crew wie ein Uhrwerk. Zwischendurch wandert ihr Blick immer wieder zum Telefon an der Wand – kein Anruf, keine Nachricht.
Als die letzten Hauptgerichte die Küche verlassen, überkommt Linda ein kurzer Moment der Erleichterung. Doch dann denkt sie an ihren Koffer, der gepackt in ihrer Wohnung steht, und an das Zugticket. Die Fahrt ist gebucht und bezahlt, doch das heiß ersehnte Wiedersehen mit ihrer Familie, die sie mit Vorfreude erwartet, fühlt sich in diesem Moment undenkbar an. Linda kann nicht einfach abreisen. Das Team braucht eine Führungsperson, die alles zusammenhält. Sie verspürt ein tiefes Verantwortungsgefühl, das sie dazu bringt, ihre Pläne über den Haufen zu werfen, und wählt die Nummer ihrer Mutter. Als die vertraute Stimme am anderen Ende erklingt, brechen plötzlich alle Dämme. »Mutti … Ich komme nicht nach Hause. Ich kann nicht«, sagt sie, die Worte schwer wie Blei. »Es tut mir wirklich leid, aber hier ist etwas passiert, und ich werde gebraucht.« In kurzen Worten erklärt sie, was geschehen ist.
Ihre Mutter schweigt einen Moment, dann spricht sie mit warmer Stimme, die Linda so gut kennt. »Schatz, du tust, was du für richtig hältst. Wir verstehen das. Aber vergiss nicht, auch auf dich zu achten.«
Als Linda auflegt, durchzieht sie ein bittersüßes Gefühl. Wieder einmal hat sie ihren Liebsten abgesagt. Doch tief in ihrem Inneren weiß sie, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat.
Plötzlich stürmt Rosina ins Lokal. Ihre Wangen sind gerötet, ihre Haare unordentlich vom Wind zerzaust. Sie ist außer Atem. »Linda!«, ruft sie, die Stimme hoch vor Aufregung. »Der Wagen vom Chef steht noch immer auf dem Großmarkt!«
Linda geht auf Rosina zu, nimmt sie bei den Schultern und versucht, sie zu beruhigen. »Hol erst mal tief Luft und setz dich. Ich kümmere mich darum.«
Erleichterung blitzt in den Augen der Sechzehnjährigen auf, als Linda ihr den Schlüssel zum Lieferwagen abnimmt. »Ich bin gleich wieder da«, ruft sie den Kollegen zu und wirft sich ihre dicke Winterjacke über.
Der Weg zum Großmarkt fühlt sich wie eine Ewigkeit an, während Linda die engen Gassen Lübecks hinter sich lässt. Als sie schließlich den vertrauten Transporter auf dem fast leeren Parkplatz entdeckt, hält sie kurz inne, bevor sie die Heckklappe öffnet. Die Ladefläche ist leer. Dann fällt ihr ein, dass die Einkäufe noch am Stand von Feinkost-Clausen sein könnten. Sie lässt den Wagen stehen und eilt zu ihm in die Halle.
»Na, endlich!«, ruft Henning Clausen, als er Linda kommen sieht. »Ich hab schon mehrmals im Restaurant angerufen. Was ist los?«
»Tut mir leid«, sagt Linda hastig. »Der Chef hatte einen Kollaps. Jonas ist im Krankenhaus. Seine Tochter ist bei ihm. Mehr weiß ich auch nicht.«
Tatsächlich findet sie die bestellten Waren, ordentlich gestapelt. Eine Frage brennt ihr unter den Nägeln. »Ist die Ware bezahlt?« Henning schüttelt den Kopf.
»Ich habe kein Bargeld dabei. Wie …«
Er winkt ab, greift wortlos zur Karre und schiebt sie durch den langen Gang zum Parkplatz. »Mach dir keinen Kopf. Das regeln wir später.«
Während sie gemeinsam die Kisten verstauen, spricht er weiter. »Ganz ehrlich, es wundert mich nicht, dass es Petersen erwischt hat. So wie er schuftet, war das irgendwann zu erwarten.«
Linda nickt nur, zu beschäftigt mit dem Beladen und ihren Gedanken. Als sie fertig sind, lehnt sie sich kurz an den Lieferwagen, um durchzuatmen.
»Und jetzt? Wirst du den Laden übernehmen?«
Die Frage trifft sie wie ein Schlag. »Es ist doch viel zu früh, um so etwas zu sagen.«
Henning neigt den Kopf. »Wenn einer den Laden führen kann, dann bist du das. Denk mal darüber nach.«
Sie sieht ihn an, überrascht von seiner Direktheit. »Es ist Jonas’ Restaurant«, sagt sie leise. »Und wir alle hoffen, dass er gesund zurückkommt.«
»Und wenn nicht? Dann musst du sehen, wie es weitergeht. Vielleicht ist das deine Chance, auf die du so lange gewartet hast.«
Linda ist zu perplex, um darauf zu antworten, und steigt in den Lieferwagen. Ihre Gedanken schwirren. Hennings Worte hallen in ihrem Kopf nach, während sie das Restaurant ansteuert.
Als sie das vertraute Gebäude erreicht und die Einkäufe ins Lager räumt, spürt sie die Last der Verantwortung schwerer denn je. Jonas Petersen könnte tatsächlich gezwungen sein, sich zurückzuziehen – und...
| Erscheint lt. Verlag | 26.8.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | Apfelzeit am Deich • Der Brieffreund aus Svealand • Frieda Lamberti • Gastronomie • Herbst • Kochen • Köchin • Kündigung • Liebe • Lübeck • Neue Freunde • neues Glück • Privatköchin • Schnee • tatsächlich liebe • Unterhaltung • Weihnachten • Winter |
| ISBN-10 | 3-7499-0930-X / 374990930X |
| ISBN-13 | 978-3-7499-0930-8 / 9783749909308 |
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