Vergessen (eBook)
304 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
9783841238313 (ISBN)
Im Schatten der Schuld
Kommissarin Verena Irlenbusch steht unter enormem Druck: Während sie einen hochintelligenten Psychopathen jagt, verschlechtert sich der Zustand ihrer an Alzheimer erkrankten Großmutter zusehends. Dazu wird ihr der mürrische Kollege Christoph Todt zur Seite gestellt, aus dem sie jede Information mühsam herauspressen muss. Doch Verena kämpft mit aller Kraft, ihre Rollen als liebevolle Enkelin und professionelle Ermittlerin zu vereinen - auch wenn sie innerlich fast daran zerbricht. Als sie dem Mörder immer näher kommt, verstrickt sie sich zusehends in einem Netz aus längst vergessener Schuld und neuem Hass ...
Der packende Auftakt der Krimi-Reihe mit Kommissarin Verena Irlenbusch
Elke Pistor, Jahrgang 1967, studierte Pädagogik und Psychologie und sammelte vielseitige berufliche Erfahrungen, unter anderem als Trainerin und in der Familienbetreuung. 2010 brachte sie ihren ersten Kriminalroman heraus und entdeckte dabei ihre wahre Leidenschaft: spannende Geschichten voller Nervenkitzel. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Köln und sorgt seitdem dafür, dass ihre Leser:innen mit ihren fesselnden Krimis nicht mehr loskommen.
Prolog
»Das ist unfair!« Mia stemmt die Hände in die Hüften und dreht sich einmal um sich selbst. »Wir haben gesagt, nur auf dem Weg!« Sie läuft ein Stück zurück und schaut hinter die Mauer. Nichts. Die Tür zum Fahrradschuppen des Mietshauses ist nur angelehnt. Sie legt ihre Hand darauf, drückt dagegen und blinzelt durch den Spalt. Ihre Augen brauchen einen Moment, um sich an die Dunkelheit in dem kleinen Raum zu gewöhnen. Ein Gestell für die Fahrräder steht an der Seitenwand, zwei Räder sind dort angekettet. »Paula?«, fragt Mia leise und lauscht. Auf ein Atmen oder ein Kichern. Stille. Sie zuckt mit den Schultern, tritt einen Schritt zurück und verschließt die Tür zum Schuppen. »Mäusedreck!« Wenn sie zu spät nach Hause kommt, wird es Ärger geben. Nicht rumbummeln, hat Oma ihr eingeschärft, weil ich mir sonst große Sorgen mache. Nein, wir trödeln nicht, hat Mia versprochen, und es stimmt ja auch. Sie trödeln nicht rum. Sie und Paula spielen Verstecken. Trotzdem muss sie jetzt weitergehen. Aber sie kann Paula auch nicht einfach sitzenlassen. Vielleicht ist ihr ja etwas passiert, vielleicht ist sie umgeknickt? Hockt im Gebüsch und kann nicht mehr laufen? Aber dann würde sie doch um Hilfe rufen? Oder sie ist gefallen, mit dem Kopf auf einen Stein geschlagen und liegt ohnmächtig da. »Paula?«, ruft Mia, diesmal lauter, legt eine Hand an ihr Ohr und horcht wieder. Nichts. »Paula, ich muss nach Hause. Komm endlich. Auf der Stelle.« Langsam wird sie wütend. Paula kennt ihre Oma doch und weiß, wie streng sie sein kann. Es ist schon so spät, dass sie heute Nachmittag sicher nicht mehr zum Spielen raus darf. »Okay, du hast gewonnen«, schreit sie so laut, wie es geht, damit Paula sie auf jeden Fall hören kann, egal, an welchem Ende der Straße sie ist. Sie schiebt die Daumen unter die Schulterriemen ihres Ranzens. »Ich gehe jetzt, Paula!«, droht sie, geht ein paar Schritte auf dem Weg und blinzelt. Hat sich in den Sträuchern dort hinten etwas bewegt? Etwas Rotes zwischen den Blättern? Paulas Jacke ist rot. Mia kneift die Augen zusammen und versucht, mehr zu erkennen. Dann schüttelt sie den Kopf. Nein, so schnell kann ihre Freundin nicht laufen. Das Gebüsch ist zu weit weg von der Stelle, an der sie mit geschlossenen Lidern an die Hauswand gelehnt, sich die Hände über das Gesicht gehalten und bis hundert gezählt hat. Sie hat nicht geschummelt. Das tut sie nie, auch wenn sie weiß, dass die anderen es manchmal machen. Aber wenn man pfuscht und deshalb ein Spiel gewinnt, ist es ja kein echtes Gewinnen, und man kann sich nicht richtig darüber freuen. Noch einmal schaut Mia auf das Gebüsch. Der kleine rote Fleck ist verschwunden. Sie hat sich sicher getäuscht. Obwohl: Die Stelle liegt hinter der Einfahrt zu dem Haus, in dem Paula wohnt, und sie müsste an ihrem eigenen Zuhause vorbeilaufen. Das wäre ja eine ganz gemeine Art, Mia in die Irre zu führen. Ob Paula auf so eine Idee kommt? Zuzutrauen ist es ihr. Paula ist schlau. »Ha, gleich hab ich dich«, murmelt Mia, grinst bei der Vorstellung, noch schlauer zu sein, und geht weiter auf das Gebüsch zu, als ob nichts wäre. Paula soll denken, dass sie auf ihren Trick reingefallen ist. Erst im letzten Moment wird sie zuschlagen und sie aus ihrem Versteck ziehen. Ein paar Meter noch bis zu Paulas Einfahrt. Wieder blitzt das Rote durch die grünen Blätter. Bewegt es sich? Mias Herz klopft so laut, dass sie es in ihren eigenen Ohren hören kann. Jetzt nur nicht verraten, dass sie weiß, wo Paula sich versteckt hat. Vor Paulas Haus ist alles leer. Die beiden Sträucher sind zu klein, um sich dahinter zu bücken und unsichtbar zu machen. Sie pfeift ein Lied und lockert die Riemen ihres Ranzens. Vielleicht wird sie ihn ausziehen müssen, um schneller zu sein und Paula zu erwischen, bevor sie an der Laterne ankommt, die sie zum Anschlagen bestimmt haben. Mia hält den Atem an. Die Blätter im Gebüsch sind dicht und grün, und sie sieht das Rot nicht mehr. Es verbirgt sich vor ihr. »Ich weiß, dass du da bist«, murmelt sie und macht sich bereit. Sie springt auf das Gebüsch zu, teilt es mit beiden Händen und bleibt stehen. Eine Plastiktüte fällt von dem Zweig, an dem sie sich verfangen hat. Sie ist rot und ganz neu. »Mist!«
»Ha!« Eine Hand schlägt ihr von hinten auf die Schulter. Mia fährt herum. Paula dreht ihr eine lange Nase, wendet sich um und rennt so rasch, wie sie kann, auf den Anschlag zu. Mia reagiert blitzschnell und folgt ihrer Freundin. Kurz bevor Paula ihre Hand an der Laterne anschlagen kann, erwischt Mia sie am Arm.
»Hab dich!«, ruft Mia triumphierend und bleibt, nach Luft ringend, stehen. Lachend halten die beiden sich fest.
»Da hab ich dich aber super drangekriegt«, meint Paula. »Du hast neben mir gestanden und mich nicht bemerkt.«
»Nie im Leben!«
»Doch. Im Fahrradschuppen. Ich hab mich hinter der Tür versteckt. Und du hast nicht mitbekommen, wie ich dir nachgeschlichen bin.« Sie stößt Mia mit dem Ellbogen in die Seite. »Jetzt du!«
»Ich muss heim. Oma wartet.«
»Na los. Noch ein Mal. Ich muss auch nach Hause, aber wir sind doch gleich da.«
»Ich kriege Ärger.«
»Komm schon. So schlecht, wie du dich immer versteckst, wird es keine Minute dauern, bis ich dich gefunden habe.«
»Los. Zähl bis zwanzig. Und wehe, du schummelst!« Mia wartet, bis Paula sich zur Laterne gedreht und die Hände über die Augen gelegt hat.
»Eins«, zählt Paula laut und langsam. Mia weiß, dass sie zum Ende hin immer hastiger werden wird.
»Zwei.«
Sie schaut sich um. Sie muss schnell ein Versteck finden. Nah und trotzdem gut. Wo Paula sie schlecht sehen, aber sie Paula gut beobachten kann. Die Stelle mit den Büschen. Sie rennt los. Die Bücher in ihrem Ranzen klappern laut.
»Drei.«
Da ist eine Lücke, wie ein kleiner Eingang. Sie quetscht sich hindurch und sieht über die Schulter zurück zu Paula. Die lehnt immer noch an der Laterne. »Vier, fünf, sechs, sieben.« Mia läuft schneller. »Acht.«
»Du schummelst«, ruft sie und schlägt sich auf den Mund. Wenn sie so laut ruft, wird sie sich verraten. Sie geht in die Hocke, duckt sich. Im gleichen Moment wird sie zurückgerissen. Eine Hand greift nach ihrem Handgelenk, umklammert es und zieht sie tiefer und tiefer in das Gebüsch. Sie verschluckt sich am eigenen Schrei, während Äste ihr auf den Kopf und ihre Wangen peitschen. Dornen bohren sich in ihre Haut. Sie kneift die Augen zusammen und legt den Arm schützend über das Gesicht. Erschrocken schnappt sie nach Luft, versucht, etwas zu erkennen und sich gegen den Griff zu wehren.
»Neun.« Paula betont die Zahl sehr deutlich und holt tief und hörbar Luft, bevor sie weiterzählt. Langsamer als vorher. Viel langsamer.
Die Hand fühlt sich hart an. Der Druck um ihren Arm tut ihr weh.
»Zehn«, ruft Paula an der Laterne.
Ihr Oberkörper wird nach unten gedrückt. Mia reißt die Augen auf. Dunkle Schuhe. Wanderschuhe. Darüber Jeans. Ein roter Schal vor einem Gesicht.
»Elf.«
Der Verschluss ihres Schulranzens löst sich, die Bücher und Hefte klatschen auf den Boden.
»Zwölf.«
Sie stolpert, wird aufgefangen, hochgerissen. Der Ranzen rutscht ihr von den Schultern. Sie will schreien. Sie will sich herauswinden, befreien und sich wehren gegen den Griff, der ihren Arm festhält, gegen die dunklen Schuhe, die ihre Hefte in den Schmutz treten. Aber sie schafft es nicht.
»Dreizehn.« Paulas Stimme wird leiser, je weiter sie von der Stelle weggezerrt wird.
Sie reißt den Kopf hoch, kracht gegen einen Kiefer. Sie hört ein unterdrücktes Stöhnen. Jetzt zutreten, denkt sie und erinnert sich daran, was der Sportlehrer in dem Selbstverteidigungskurs gesagt hat. Sie hebt den Fuß, stößt mit voller Wucht nach dem Schienbein ihres Angreifers. Flüche. Aber anders als in der Sportstunde kommt sie nicht frei. Der Sportlehrer hat gelogen.
»Vierzehn.«
Ihr Herz rast vor Anstrengung, und ihr wird heiß. Schweiß läuft ihr den Rücken hinunter.
»Fünfzehn.«
Noch einmal bäumt sie sich auf, knurrt und gibt alle Kraft in diese eine Bewegung. Die andere Hand, die zu dem gehört, der ihr weh tut, drückt etwas auf ihr Gesicht. Es ist weich und riecht seltsam. Süß und trotzdem widerlich. Sie versucht, nicht...
| Erscheint lt. Verlag | 1.5.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Ein Verena-Irlenbusch-Krimi |
| Sprache | deutsch |
| Original-Titel | Vergessen |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Schlagworte | Alzheimer • Christiane Dieckerhoff • Drogen • Ermittlerin • Katharina Peters • Kommissarin • Krankheit • Krimi • Kriminalfall • Polizei • Rache • Schuld • Vergangenheit • Vergessen |
| ISBN-13 | 9783841238313 / 9783841238313 |
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