Jerry Cotton 3529 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7739-1 (ISBN)
In Brooklyn wurde ein Geldtransporter brutal überfallen, der dritte nach dem gleichen Muster, nach dem Andy Marmone mit seinem Partner sieben Jahre zuvor schon mehrere Überfälle durchgeführt hatte. Marmone hatte damals als Kronzeuge gegen seinen Komplizen und Auftraggeber ausgesagt und war anschließend ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden. Hatte der ehemalige Kleinkriminelle genug von diesem beschaulichen Leben? Oder steckte etwas ganz anderes hinter den Taten?
Zeit der Rache
»Pass auf dich auf, Bro!«
»Stay fresh, Homie!«
»Vergiss uns nicht!«
Die Stimmung im Speisesaal war prächtig, obwohl der gefürchtete Gemüseeintopf auf den Tisch kam. Dreihundertzweiundzwanzig Häftlinge spachtelten, was das Zeug hielt.
Und Oscar Summer strahlte. Morgen wurde er entlassen. Nach sieben Jahren Rikers Island.
Er würde Marge wiedersehen, seine Frau, und seine Tochter Hattie. Summer fühlte sich wie ein Stück Alpenvollmilchschokolade.
Da erhob sich Teiresias, der blinde Grieche, der acht junge Frauen aufgeschlitzt hatte und hier nur Terry gerufen wurde. Terry deutete Träume für selbst gedrehte Zigaretten und sagte die Zukunft voraus, wobei er fast nie falsch lag.
Obwohl er blind war, baute er sich genau vor Summer auf und starrte ihn aus leeren Augenhöhlen an. Als er seine dröhnende Stimme erhob, war es urplötzlich mucksmäuschenstill im Saal.
»Da draußen, mein Sohn, wartet die Hölle auf dich!«
Andy Marmone hatte schlecht geträumt. Und wie üblich folgte dann ein Tag zum Vergessen.
Es fing an mit der ersten Tasse Kaffee in seinem Stammcafé.
»Das ist kein Kaffee! Das ist Pferdepisse!«, fluchte er.
»Entschuldigung, Sir?«
»Ich hatte Kaffee bestellt! Also bringen Sie mir Kaffee! Und keine gottverdammte Rattengülle!«
In dem Stil ging es weiter. Eine Mahnung vom Finanzamt, ein widerlicher Haufen Hundedreck auf dem Bürgersteig, den er exakt mittig traf. Und eben wäre ihm um ein Haar ein Blumentopf auf den Kopf gefallen, den irgendein vertrottelter Hobbygärtner vom Balkon gestoßen hatte.
Jetzt saß er schon seit zwanzig Minuten in seinem Lincoln MKZ auf dem Standstreifen der Morris Avenue, während draußen ein Wolkenbruch XXL die Straßen der Bronx in reißende Gebirgsbäche verwandelte.
»Immer noch nichts?«
»Negativ.«
»Wir sind jetzt zwölf Minuten über der Zeit.«
Keine Antwort.
»Bist du dir sicher, dass du die Zeiten richtig gestoppt hast?«
»Hab ich schon mal daneben gelegen?«
Der gereizte Unterton seines Partners war nicht zu überhören.
Die wenigen Autos, die bei diesem Wetter unterwegs waren, fuhren Schritttempo. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lief eine Frau hastig auf die Kreuzung zu. Mit der einen Hand hielt sie ihre Einkaufstüte über den Kopf, an der anderen zerrte sie ein kleines Mädchen hinter sich her.
Andy Marmone starrte teilnahmslos in den Regen hinaus. So musste sich ein Goldfisch im Aquarium fühlen.
»Dreizehn Minuten.«
Plötzlich zerriss ein greller Blitz die Dunkelheit und tauchte die Szene für einen Moment in ein unwirkliches Licht. Im nächsten Augenblick krachte ein Donnerschlag vom Himmel, und Marmones Herz setzte für zwei Sekunden aus.
Unwillkürlich schlug er ein Kreuz über der Brust. Schon als kleiner Junge hatte er panische Angst vor Gewittern gehabt. Und dieses Entsetzen angesichts der bedrohlichen Naturgewalten hatte er bis heute nicht verloren.
»Es geht los!« Lenny Todd meldete sich über die Freisprechanlage. Sein Ram ProMaster stand zweihundert Yards hinter Andy Marmone auf der Morris Ave. Offenbar hatte sein Partner den verspäteten Geldtransporter entdeckt.
Marmone streifte die schwarze Sturmhaube über den Kopf, startete den Lincoln und schaute angespannt in den Rückspiegel. Als er die Scheinwerfer des Loomis Cash Management Trucks sich nähern sah, lenkte er den Wagen aus der Parktasche auf die Straße und fuhr langsam auf die Kreuzung zu.
Sie hatten sich sehr kurzfristig und ohne größere Vorbereitung für einen Überfall auf diesen Transport entschieden. Vor drei Tagen war hinter der Kreuzung Morris Ave und Mount Eden Parkway eine unterirdische Glasfaserleitung beschädigt worden. Wegen der komplizierten Reparaturarbeiten wurde der Verkehr über kleinere Seitenstraßen umgeleitet, was ihrem Geschäftsmodel entgegenkam.
Andy Marmone setzte den Blinker und bog rechts in den Mount Eden Parkway ein. Der Loomis folgte ihm, und dahinter würde Lenny in seinem Ram den Rückweg abschneiden.
Außer diesen drei Fahrzeugen war weit und breit niemand zu sehen, als die kleine Kolonne nach links in die Selwyn Ave einbog. Die Selwyn war eine ruhige Einbahnstraße mit einer Mischung aus Wohn- und Bürogebäuden. Um diese Zeit waren die meisten Fenster dunkel.
Etwa hundert Yards vor der Einmündung zurück auf die Morris Avenue verlangsamte Marmone das Tempo. Als der Geldtransporter herangekommen war, stellte er den Lincoln quer, griff nach dem Barrett M82 auf dem Beifahrersitz und sprang aus dem Auto.
Im nächsten Moment war er nass bis auf die Knochen. An der Fahrertür des Transporters brachte er das Gewehr in Anschlag und richtete es auf die Panzerglasscheibe.
»Aufmachen! Los!«, brüllte er.
Die beiden Männer in der Fahrerkabine starrten ihn ungläubig an. Offenbar wühlten sie tief in den Erinnerungen an die entsprechende Lektion ihrer Ausbildung und fragten sich, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten mussten.
»Los! Tempo, Tempo! Mach die verdammte Tür auf!«
Aus dem Augenwinkel sah Marmone seinen Partner herankommen, auch mit einer Sturmhaube über dem Kopf und die schwere Beretta APX in der rechten Hand.
Die beiden Securitymänner in der Fahrerkabine des Geldtransporters sprachen miteinander. Eine heftige Sturmböe warf Marmone eine Ladung Wasser ins Gesicht. Reflexartig riss er das Gewehr hoch und feuerte auf die Seitenscheibe.
Das Panzerglas zerbarst in tausend Stücke. Panisch rissen die Männer in der Kabine die Hände hoch. Einige Splitter hatten den Fahrer getroffen, von seiner Stirn rannen Blutfäden übers Gesicht.
»Raus jetzt! Los! Los! Los!«
Umständlich kletterten die Männer mit erhobenen Händen aus der Kabine.
»Den Tresorraum öffnen! Schnell, schnell!«
Andy Marmone wies mit dem Barrett M82 hektisch nach hinten. Doch die Männer von der Sicherheitsfirma rührten sich nicht.
»Was ist los? Worauf wartet ihr? Aufmachen! Los!«
Der Fahrer wischte sich mit dem Ärmel seiner Uniformjacke das Blut aus dem Gesicht. »Wir haben den Alarm ausgelöst. In zwei Minuten sind die Cops da.«
Marmone starrte ihn ungläubig an. Das war sein siebter Überfall auf einen Geldtransporter, aber so viel Dreistigkeit war ihm noch nicht begegnet.
»Entweder du schließt uns jetzt den Tresorraum auf, du kleine Ratte, oder ich mache Matsch aus deiner Birne!«
Der Beifahrer wurde langsam unruhig. »Mach keinen Scheiß, Pat! Gib ihm den verdammten Code!«
»Du kapierst es nicht, oder?«, erwiderte sein Kollege ruhig, während ihm das Blut in die Augen lief. »Sobald er den Code hat, bläst er uns das Licht aus.«
Lenny trat vor und verzog zynisch lächelnd die Lippen. »Hübsche Frau hast du. Wär doch schade, wenn ihr was passiert.«
Gegenüber wurde im zweiten Stock plötzlich Licht gemacht, und der Schattenriss eines Mannes erschien im Fenster.
Die Miene des Fahrers blieb ungerührt. »Netter Versuch. Nelly ist heute zu ihren Eltern nach Montana gefahren. Pech gehabt, ihr könnt ihr gar nichts anhaben.«
Andy Marmone warf einen unsicheren Blick zu Lenny, aber sein Partner ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
»Ein paar hübsche rosa Ohren fehlen mir noch in meiner Sammlung«, erklärte er zynisch grinsend, ohne Nellys Mann aus den Augen zu lassen, »oder ich schneide ihr einfach das Tattoo aus ihrer linken Schulter. Du weißt schon, der kleine Amor mit Pfeil und Bogen.«
Der Angesprochene runzelte irritiert sie Stirn. Bevor er etwas sagen konnte, war in der Ferne eine Polizeisirene zu hören, die sich rasch näherte.
»Scheiße, du verdammtes Arschloch!«, schrie Marmone und zog ihm mit Gewalt den Gewehrkolben über den Schädel.
Augenblicklich sackte der Mann zusammen und fiel der Länge nach auf den nassen Asphalt, der sich unter seinem Kopf rot färbte.
Zehn Minuten später jagte der Loomis Cash Management Truck auf dem Cross Bronx Expressway in östliche Richtung. Inzwischen hatten sich auf der Fahrbahndecke große Wasserlachen gebildet. Aber die Gefahr von Aquaplaning war gering, dafür war der Transporter schlicht zu schwer.
Andy Marmone hatte das Steuer übernommen, neben ihm drückten sich Lenny und die beiden Fahrer des Geldtransporters in die Sitze. Den Dodge und den Lincoln hatten sie einfach in der Selwyn Avenue zurückgelassen.
»Schläft er noch?«, wollte Marmone wissen.
»Wie ein Baby«, erwiderte Lenny.
Denn der Mann, dem Marmone sein Barrett M82 über den Schädel gezogen hatte, war immer noch bewusstlos.
»Weck ihn auf, verdammt noch mal! Wir brauchen den fucking Code!«
Sein Kollege arbeitete erst seit zwei Wochen für die Sicherheitsfirma. Und Leute in der Probezeit bekamen die Codes für die Tresorräume grundsätzlich nicht mitgeteilt.
Inzwischen war vermutlich das ganze NYPD hinter ihnen...
| Erscheint lt. Verlag | 1.2.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner |
| ISBN-10 | 3-7517-7739-3 / 3751777393 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-7739-1 / 9783751777391 |
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