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Lieber tot als Sklave (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
480 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3576-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lieber tot als Sklave - Udo Weinbörner
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1746: Hark Nickelsen, ein Mann, der von den düsteren Erinnerungen an seine Zeit in algerischer Sklavenschaft gezeichnet ist, erhält das Kommando über ein neues Schiff - ein Sklavenschiff. Seine Mission: Sklaven von der Goldküste Afrikas nach Westindien zu transportieren und sie dort zu verkaufen. Doch die Reise wird schnell zum Albtraum. Hark sieht sich nicht nur mächtigen Schiffseignern und stolzen afrikanischen Fürsten gegenüber, sondern auch einer aufgebrachten Crew, deren Loyalität ihm entglitten ist.

Während er gegen Meutereien und Intrigen ankämpft, wird das Schiff von Seuchen heimgesucht, und die gnadenlose See fordert ihren Tribut ...

1. Schrecken der Vergangenheit


Seit zwei Tagen tobte das Meer und ließ den Dreimaster Santa Esmiralda auf den weißen Wellenkronen tanzen und in immer neue Schreckenstäler hinabstürzen. Alle Luken waren geschlossen, die Segel gerefft. Ein jeder, der über zwei Hände verfügte, kämpfte gegen eindringendes Wasser oder packte an, die Ladung zu sichern. Der zur Mannschaft gehörige Kalfatermeister, für das Abdichten der hölzernen Schiffsteile verantwortlich, tauchte sogar im Schiffsbauch in Wasseransammlungen ab, um drohende Wassereinbrüche vor allem im Bugbereich mit Werg so gut es ging zu verhindern. Die Santa Esmiralda führte nur noch das Focksegel1 und lief schon seit Tagen nur noch vor dem Wind. Immer höher türmten sich die Wellen. Einen Schiffsjungen hatte es aus den Rahen2 am Vormarssegel3 geweht. Sie hatten längst nicht mehr genug einsatzfähige Seeleute für die Arbeit der Mastgasten4 an den Segeln. Den Dritten Steuermann hatte es über Bord gespült, und Hark Nickelsen, der an Bord des Schiffes der mächtigen Niederländischen Ostindien-Kompanie unter dem Niederländern und Dänen gleichermaßen geläufigeren Namen Hendrik Cornelissen angeheuert hatte, kam nun die zweifelhafte Ehre zuteil, den Mann ersetzen und dem Rudergänger zur Seite springen zu dürfen. Hart hatte er an Bord geschuftet und jede Gelegenheit genutzt, Navigation und Schiffsführung zu erlernen. Verflucht noch mal, ja, er wollte, musste Steuermann und Kapitän werden! Aber seine Beförderung hatte er sich wirklich anders vorgestellt.

Zusammen mit dem Zweiten Steuermann, einem Spanier, stand er fest verzurrt und kämpfte bis zur Erschöpfung, um die sich inzwischen häufig widersprechenden Befehle seines übermüdeten und ratlosen Kapitäns van Riebeck und des Ersten Offiziers van Santen auszuführen. Die nackte Angst saß ihm im Genick und längst hatte er sich in die Hosen gepisst. Ihr ursprünglicher Kurs: Kap der guten Hoffnung! Welch eine bittere Ironie für jemanden, dem alles Hoffen abhandengekommen war! Er schuftete wie noch nie in seinem Leben und hatte immer wieder das Gefühl, keine Luft zu bekommen, wenn ihn eine Windböe voll traf. Er flennte wie ein Schlosshund, schrie wütend und heulte auf, wenn er den Muskelschmerz nicht mehr aushielt.

Immer höher türmten sich die Wellenberge auf und schleuderten sie in immer grausigere Tiefen. Kaum war eine Sturzsee von Backbord über das Achterdeck gegangen, hob die Dünung von unten her den Achtersteven. Der Sturm peitschte die Gischt über das Deck. Die Planken ächzten und stöhnten. Die Wellen folgten einander, größer und höher, in langen gebirgsartigen Ketten mit furchtbaren Tälern. Wenn einmal auf einem Wellenkamm einen Moment lang der Blick über die Reling in die Weite gelang, nahm man nichts als die dichten Wolken wahr, die mit rasender Geschwindigkeit vom Sturm über die Meeresfläche dahingejagt wurden. Und dann auf den nächsten Wellenberg zu, der das Schiff zu zerschmettern drohte. Fernando, der Zweite Steuermann, ein Spanier, begann zu schreien, als ihm mit unglaublicher Gewalt das Ruder aus den Händen gerissen wurde. Nickelsen spürte, wie sich die Seile, mit denen er gesichert worden war, immer straffer spannten und jetzt in die Haut von Armen und Beinen schnitten. Das Schiff begann zu schlingern, geriet in eine gefährliche Seitenlage. Kapitän und Erster Offizier schrien, trieben die Männer am Ruder wieder auf die Beine und stemmten sich gemeinsam mit ihnen gegen den sicheren Untergang. Geteerte Kleider, hart und glänzend wie Haifischhaut, schützten sie. Beim Ansturm besonders starker Sturzwellen machte Nickelsen den Rücken krumm, damit er nicht umgeworfen werden konnte. Die Gesichter brannten allen und das Seewasser tropfte den Männern von ihren Barthaaren. Doch weiter und weiter führten sie mit blauen Händen und verkrampften Fingern unter äußerster Muskelanstrengung die Griffe aus, die getan werden mussten. Keine Zeit, keine Kraft mehr, einen klaren Gedanken zu fassen. Mit einem flüchtigen Blick über die rechte Schulter sah Nickelsen riesige Wassermassen über das Deck auf sich zustürzen. Wassermassen von unvorstellbarer Größe und mit einer Kraft, die alles zertrümmern zu wollen schienen. Fernando bemerkte die Panik in dem Gesicht seines jungen Gegenübers. »Schrei! Schrei, so laut du kannst! Lass sie raus, diese gottverdammte Angst! Aber lass nicht los! Lass nicht los!« Dann erstickte seine Stimme in den tosenden Elementen. Nickelsen schrie aus Leibeskräften und warf seinen Körper in das Ruder, dass er meinte, die Muskeln müssten reißen. Das Schreien half wirklich! Einen Moment vergaß er die Angst. Die Wasserberge krachten auf das Schiff und flossen wieder weg, während die Santa Esmiralda den nächsten Wellenberg hinaufstampfte. Das konnte, durfte nicht sein Ende sein! Die nächste Welle raubte ihm erneut die Sicht. Inzwischen schrie er anhaltend, wie toll geworden, ließ aber nicht los.

Als die Wassermassen verebbten, blickte er in die verzerrte Fratze seines Kapitäns, der nicht mehr von dieser Welt zu sein schien. Der schlug um sich, schrie und drohte, sich von seinem Gürtel loszuschneiden, was sein sicheres Ende bedeutet hätte. Jetzt erkannte Nickelsen die Ursache dieser verzweifelten Reaktion. Die Stelle, wo der Erste Offizier van Santen gestanden hatte, war leer. Auch van Santen hatte es irgendwo über die Reling gespült. Nur noch Fernandos Kommandos und sein Faustschlag ins Gesicht seines Kapitäns retteten die Situation im Moment. Ein Faustschlag, der in jeder anderen Situation ein Todesurteil wegen Meuterei nach sich gezogen hätte … Und jetzt? Wen kümmerte es im Moment, sie wollten überleben und ihr Kampf ging weiter! Nickelsen schrie den Himmel an.

Wann genau das Unwetter abgezogen war, wussten sie nicht zu sagen. Sie machten einfach weiter und weiter und dachten an nichts mehr. Überrascht stellten sie fest, dass es aufgehört hatte zu regnen und dass die Wellenberge kleiner geworden waren. Fernando und Nickelsen sanken kraftlos hinter dem Ruder auf die Planken. Wie lange sie dort so gelegen hatten? Das Zeitgefühl war ihnen abhandengekommen. Stimmen drangen irgendwann wie aus einer unendlichen Ferne bis zu ihnen auf das Achterdeck. Dann tauchten einzelne Gesichter der Mannschaft auf. Gemeinsam schaffte man den Kapitän in seine Kajüte. Er war noch nicht ganz bei Sinnen, schien sich einiges gebrochen zu haben. Der Schiffsarzt versorgte ihn. Irgendein Instinkt warnte Nickelsen, dass die Gefahr noch nicht vorüber sei. Schließlich fuhr er seit seinem zwölften Lebensjahr zur See. Er suchte in der Kapitänskajüte nach den Seekarten. Der Kapitän van Riebeck befahl von seinem Lager aus, alle verbliebenen Segel zu setzen und Kurs auf die Küste zu nehmen.

Doch in Nickelsen kam ein schrecklicher Verdacht auf. Fernando ist ein erfahrener Seemann, dachte er sich, als er die Kapitänskajüte verließ. Ein Seemann, der hier nicht seine erste Äquatortaufe bekommt. Wenn Fernando sich dem Kapitän gegenüber nicht den Luxus einer eigenen Meinung leistet, will ich an seinen zähen Überlebenswillen appellieren. Zugleich fühlte er sich besser bei dem Gedanken, seine Befürchtungen mit jemandem teilen und von ihm gegenprüfen lassen zu können. Er ließ die Seekarte unter seinem nassen Hemd verschwinden und passte die nächste Gelegenheit ab, um mit Fernando allein in dem Gang vor den Kajüten auf dem Achterdeck zusammenzutreffen. Nickelsen deutete auf den Landstrich, der ihm Sorgen bereitete. Es war der Teil der afrikanischen Küste, wo die Wüste Namib verzeichnet war. Er machte nicht viele Worte, da sein Spanisch und Englisch nicht das Beste war, und schloss knapp: »Die Portugiesen gaben dieser Küste den Namen Das Tor zur Hölle, weil sie hier so viele Schiffe und Menschen verloren haben. Gerät ein Schiff in den Sog der Skelettküste, ist es mitsamt Mannschaft unrettbar verloren. Kann einer, der dort Schiffbruch erleidet, trotz Strömung und Klippen das Land erreichen und sich retten, findet er nichts als eine Wüste vor. Eine Wüste, aus der es kein Entrinnen gibt. Weder zu Wasser noch zu Land. Es ist die Hölle, glaube mir, Fernando! Und wenn wir nicht aufpassen, segeln wir mit voller Fahrt genau dorthin.« ...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Afrika • Amrum • Kapitän • Schiffbau • Schiffe • Seefahrt • Sklavenhandel • Sturmlegende • Westindien
ISBN-10 3-8412-3576-X / 384123576X
ISBN-13 978-3-8412-3576-3 / 9783841235763
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