G. F. Unger Sonder-Edition 313 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
9783751777728 (ISBN)
Es ist an einem späten Nachmittag, als sie sich vor dem großen Canyonmaul treffen, vor dem sich die Fährten vereinigen, denen sie folgten. Im Canyon liegt schon der tiefe Schatten. Die sinkende Sonne bescheint nur noch den oberen Ostrand der langen Felswand, die sich von Nord nach Süd zieht. 'Da sind wir also wieder beisammen', spricht Pat Lannogan ruhig. Die beiden anderen Reiter nicken. Nat Walker murmelt dann: 'Wir wussten ja, dass sich die Fährten irgendwann und irgendwo vereinigen würden, damit die Bande wieder beisammen ist. So machten sie es ja immer nach einem Coup.' Stud Blaisdell, der dritte Reiter, schweigt wie immer. Er ist ein verschlossen wirkender Mann, zäh, hart und erfahren, der niemals ein unnötiges Wort spricht. Vielleicht ist er so wie das Land, in dessen stiller Leere es tausend Geheimnisse gibt, die nur den Eingeweihten bekannt sind, ein Land, in welchem Jäger und Gejagte leben unter allen Lebewesen, von denen die meisten sich ständig verbergen.
Die drei Harten
Es ist an einem späten Nachmittag, als sie sich vor dem großen Canyonmaul treffen, vor dem sich die Fährten vereinigen, denen sie folgten. Im Canyon liegt schon der tiefe Schatten. Die sinkende Sonne bescheint nur noch den oberen Ostrand der langen Felswand, die sich von Nord nach Süd zieht.
»Da sind wir also wieder beisammen«, spricht Pat Lannogan ruhig. Die beiden anderen Reiter nicken.
Nat Walker murmelt dann: »Wir wussten ja, dass sich die Fährten irgendwann und irgendwo vereinigen würden, damit die Bande wieder beisammen ist. So machten sie es ja immer nach einem Coup.«
Stud Blaisdell, der dritte Reiter, schweigt wie immer. Er ist ein verschlossen wirkender Mann, zäh, hart und erfahren, der niemals ein unnötiges Wort spricht. Vielleicht ist er so wie das Land, in dessen stiller Leere es tausend Geheimnisse gibt, die nur den Eingeweihten bekannt sind, ein Land, in welchem Jäger und Gejagte leben unter allen Lebewesen, von denen die meisten sich ständig verbergen.
Pat Lannogan deutet in den Canyon hinein.
»Das wird ziemlich hart für uns«, murmelt er. »Sie sind in der Überzahl. Wir werden einige von ihnen töten müssen und selbst etwas abbekommen.«
»So war es fast immer«, spricht Nat Walker hart. Er ist von seiner Großmutter her zu einem Viertel ein Comanche. Und wären nicht seine hellen Augen, so könnte man ihn fast für einen Vollblut-Comanchen halten, der sich die Haare stutzen ließ und die Kleidung eines Weißen trägt.
Aber Comanchen haben nicht diese hellen Augen. Und überdies tragen sie auch keine sichelförmigen Schnurrbärte, deren Enden bis tief unter die Mundwinkel hängen. Es ist ein harter Mund, dessen Lippen oft so fest zusammengepresst sind, dass er wie eine Messernarbe wirkt.
»Ja, das war fast immer so«, murmelt er nochmals.
Sie blicken dann beide auf Lannogan. Das tun sie stets, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss. Dann hat er das letzte Wort. Dann verlassen sie sich auf seinen Instinkt.
Er erwidert ihre Blicke und spricht ruhig: »Wenn wir bei unserem Geschäft bleiben wollen, dürfen wir nicht kneifen. Denn tun wir es auch nur einmal, dann ...«
Er verstummt und winkt verächtlich mit der Hand.
»Ja, dann würden wir es immer wieder tun, wenn der Bissen uns plötzlich zu groß erscheint«, brummt Nat Walker.
Und Stud Blaisdell spricht wie immer gar nicht, nickt nur.
»Na gut, dann los«, entscheidet Lannogan nun und reitet wieder an und in den dunklen Canyon hinein.
Sie folgen ihm sofort und reiten rechts und links neben ihm Steigbügel an Steigbügel.
Man nennt sie im Umkreis von tausend Meilen »Die drei Harten«.
Und wer sie so reiten sieht, der spürt auch sofort ihre Härte. Alle drei strömen sie eine absolute Unerschütterlichkeit aus, als könnten sie niemals verlieren, ganz gleich, was sich ihnen in den Weg stellen mag.
Ihre Pferde sind besondere Tiere. Keines wäre für weniger als dreihundert Dollar zu kaufen. Und dabei bekommt man in diesem Land ein durchschnittliches Pferd schon für zwanzig Dollar.
Auch ihre Ausrüstung ist bestens, mag es sich um die Waffen, die Kleidung, die Sättel oder das Campgerät handeln.
Sie sind ein perfekt funktionierendes Trio, wenn es um Menschenjagd geht.
Denn sie sind Kopfgeldjäger.
Nun, sie reiten also in den Canyon hinein, in dem es immer dunkler wird, je weniger der Himmel von der untergehenden Sonne das letzte Licht des sterbenden Tages bekommt.
Der Canyon – man nennt ihn den Black Ghost Canyon – wird rechts und links von engen Schluchten durchbrochen und ist angefüllt mit Felsklötzen, die in grauer Vorzeit die jetzt bewaldeten Hänge herunterwuchteten und auf der Sohle ihre Plätze für die Ewigkeit einnahmen.
Dieser Canyon bietet viele Schlupfwinkel rechts und links, zu denen die engen Schluchten führen. In diesen verborgenen Camps leben Geächtete und Gejagte, die im beständigen Hass gegen die sogenannte menschliche Gemeinschaft leben, die in diesem Land immer noch zumeist vergeblich versucht, Recht und Ordnung einzuführen, Sicherheit und Schutz auch für die Schwachen und Friedlichen.
Und deshalb gibt es die Kopfgeldjäger.
Die drei reiten ruhig durch den Canyon, so als hätten sie es nicht eilig, zu einem Ziel zu kommen. Und dennoch strömen sie eine Unaufhaltsamkeit aus, die unbeirrbar ihren Weg geht.
Nach etwa drei Meilen – es wurde inzwischen Nacht – erblicken sie die Lichter des kleinen Ortes mitten in dem hier bauchigen Canyon.
Am Himmel kamen inzwischen blasse Sterne zum Vorschein, die mit zunehmender Dunkelheit immer klarer und stärker erstrahlen.
»Das ist es, dieses Nest«, murmelt Lannogan. »Ich denke, dass sie schon zu Abend gemampft, sich den ersten Rausch angetrunken haben und jetzt bei den Mädchen im Hurenhaus liegen. Das ist immer so, wenn diese Sorte einen gelungenen Coup feiert. Die müssen wir nicht lange suchen.«
Sie haben angehalten. Nun wittern sie hinüber zu den Lichtern von Ghost Lodge. Denn so heißt der kleine Ort, der aus einem einzigen Haus entstanden ist, um welches sich nun andere Häuser, Hütten, Corrals, Weidekoppeln und ein paar Äcker und Felder scharen.
Ghost Lodge ist ein böses Nest inmitten eines Landes von Geächteten und für diese sozusagen der Nabel der Welt.
Nun endlich spricht Stud Blaisdell.
»Na gut«, sagt er hart und reitet an. Aber sie bleiben nicht hinter ihm zurück.
Und so erreichen sie bald die ersten Hütten und Häuser. Es gibt eine Schmiede, einen Mietstall, einen Store und natürlich einen Saloon. Dieser Saloon war das erste Haus in Black Ghost Canyon und nannte sich Ghost Lodge.
Sie reiten daran vorbei.
Aber eine der Gestalten, die vor dem Saloon auf der Veranda herumlungern, ruft ihnen zu: »Ins Hurenhaus kommt jetzt keiner hinein! Dort hat sich Jed Mortimer mit seinen Jungs breitgemacht. Die werfen euch nur wieder raus. Bleibt hier, wenn ihr keinen Ärger wollt.«
Die heisere Stimme des Mannes verklingt mit einem wütenden Klang.
Die drei Harten halten an. Und Lannogan fragt ruhig: »Wie viele seid ihr überhaupt? Müssten wir euch kennen?«
»Nein«, antwortet Lannogan ruhig. »Wir sind schon lange nicht mehr hier durchgekommen. Damals war der Ort sehr viel kleiner. Aber Elviras Hurenhaus war schon vorhanden. Ohne dieses Haus wäre Ghost Lodge nicht gewachsen.«
Sie sind nach Lannogans Worten am Saloon vorbei. Rechts und links stehen noch einige Häuser, aus deren Fenstern Lichtbahnen fallen. Eines der Häuser ist eine Speiseküche. Dort tritt ein Mann, der sich eine Schürze umgebunden hat, beim Klang des Hufschlags aus der offenen Tür und ruft den drei Reitern zu: »Ich habe Hammelbraten für einen halben Dollar! Steigt ab und kommt herein.«
Aber sie reiten weiter, kommen an einem Sattlerladen und einem Waffengeschäft vorbei, dann an einem Sargladen und einem Barbier, der auch eine Badeanstalt unterhält, was im Lichtschein einer Laterne auf einer Tafel zu lesen ist.
Das Hurenhaus steht am Ende des Ortes etwas zurück.
Vor dem Eingang sind sechs Sattelpferde angebunden.
Sie werden gewiss dort die ganze Nacht am langen Tränketrog verbringen müssen, sich also in Bereitschaft halten, indes ihre Reiter drinnen die käufliche Liebe genießen.
Die drei Harten halten an, sitzen ab und binden ihre Pferde ebenfalls bei den Wassertrögen an.
Vor der Tür erhebt sich ein riesiger Schwarzer, dessen Stimme jedoch sehr höflich klingt, als er spricht: »Gentlemen, es ist alles besetzt von Jed Mortimer und dessen Jungs. Die wollen nicht gestört werden. Es geht heute nicht, Gentlemen.«
Als er verstummt, erwidert der sonst so wortkarge Stud Blaisdell mit seinem typischen Texanerslang: »Bimbo, mach dir keine Sorgen um uns. Wir kommen mit Mortimer gewiss zurecht.«
»Nein, ihr müsst erst einmal mit mir zurechtkommen«, erwidert der Schwarze. »Und mein Name ist Cäsar Bonaparte. Sie kommen hier nicht rein. Denn wenn euch die Mortimers rauswerfen, geht drinnen gewiss eine Menge zu Bruch. Also ...«
Er klatschte bei seinem letzten Wort in die Hände, so als könnte er auf diese Weise die drei Ankömmlinge verjagen.
Die drei Harten nahmen beim Absitzen auch ihre Gewehre aus den Sattelhalftern und halten diese in den Händen. Stud Blaisdell nickt dem Schwarzen zu, als dieser sich vor ihm aufbaut.
»Oh, mein Amigo Cäsar Bonaparte«, spricht er freundlich, »wenn das so ist ...«
Er macht einen Bewegungsansatz, so als wollte er sich abwenden, doch dann wirbelt er ganz herum wie ein Wildkater, dem jemand in den Schwanz beißen will.
Der Gewehrlauf trifft den Schwarzen quer über das Ohr und schlägt ihm fast den kugelrunden Kopf von den Schultern.
Sie steigen dann über die riesige Gestalt hinweg und betreten das Putahaus. Ja, es ist ein sogenanntes Putahaus, weil es im mexikanischen oder spanischen Stil eingerichtet ist, also nicht wie ein Etablissement oder ordinäres Hurenhaus.
In der Empfangshalle befindet sich die Bar, und hier sehen sie die Chefin...
| Erscheint lt. Verlag | 8.2.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • abenteuerromane kindle • abenteuerromane kindle deutsch • abenteuerromane kindle für erwachsene • alfred-bekker • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Cassidy • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • für Erwachsene • g f barner • gf unger • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Indianer • Jugend • karl-may • Karl May • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Romanheft • Roman-Heft • Serie • spannend • Western • western country • western country exklusiv • western deutsch • western ebook deutsch • western e books • western hefte • Western Klassiker • Westernreiten • Western-roman • Westernroman • Western Romane • western romane bastei • western romane deutsch • western romane kindle deutsch • western romanhefte • Wilder Westen • Wilder-Westen • Wild West • Wildwestromane • Wild West Romane • Winnetou • Wyatt Earp |
| ISBN-13 | 9783751777728 / 9783751777728 |
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