Perry Rhodan Neo 353: Das Zwottertracht-Paradoxon (eBook)
160 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
9783845355535 (ISBN)
2.
Perry Rhodan
15. Mai 2462
Die MAGELLAN durchstieß die zirkumstellare, normal- und hyperenergetisch brodelnde Wolkenschale aus Gas- und Partikelmassen, und vor ihnen lag der Überriese, den die Menschen Sher 25 nannten.
Der Stern strahlte wie ein blauer Feuerball. Durch Präzisionsoptiken und Filter sahen die Männer und Frauen in der Zentrale des terranischen Expeditionsraumers jedes Detail. In der Korona der Gigantsonne erhoben sich wie in Zeitlupe vermeintlich winzige Protuberanzen, die aussahen wie dünne Fäden. In Wahrheit waren es Materieströme aus dem Innern des Sterns. Sie waren teils Millionen Kilometer hoch und griffen mit der Geschwindigkeit eines Blitzes ins All. In ihrem rasenden Wirbel würde der Planet Jupiter vergehen wie ein Watteball in einem Waldbrand.
Perry Rhodan dachte darüber nach, dass das Universum nach der Symaios geheilt war. Das bedeutete, die Sonnentransmitter funktionierten wieder. Das zu wissen, war das eine. Einen Sonnentransmitter tatsächlich zu sehen, war eine ganz andere Sache. Er hatte schon einige davon mit eigenen Augen erblickt. Aber es war jedes Mal ein besonderes Erlebnis.
Der Stern Sher 25 war schon in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von einem Astronomen namens David Sher von der Erde aus katalogisiert worden. Er lag im galaktischen Emissionsnebel NGC 3603, etwa 25.000 Lichtjahre von Terra entfernt. Der Blaue Überriese hatte den vierzigfachen Durchmesser und die fünfundvierzigfache Masse der irdischen Sonne.
Was David Sher mit seinem vergleichsweise primitiven Teleskop jedoch nicht hatte erkennen können: Eng um das Zentralgestirn kreiste außerdem ein System aus sechs Weißen Zwergen, die als fester und exakt senkrecht zu ihrer Bahn ausgerichteter Sonnenring über den Äquator des Blauen Überriesen zogen. In der Mitte dieses Sechsecks spannte sich ein Transmitterfeld, das von der Energie des großen Sterns gespeist wurde. Gemeinsam bildeten die sieben Sterne einen Sonnentransmitter der Alten Straßen, die vor langer Zeit von den Memetern angelegt worden waren.
Rhodan war in das Sher-25-System gereist, um eine wichtige Frage zu klären. Waren die Hamamesch mit ihren Kosmischen Kontoren wirklich durch dieses Sternentor in die Milchstraße gekommen, wie Carembroich es behauptet hatte?
Die Passage durch die Gas- und Partikelwolke, die Sher 25 umgab, war nicht einfach gewesen. Der Nebel aus Sonnenmaterie und hyperdimensional aufgeladenen Teilchen hüllte als dichte Kugelschale das gesamte System ein und bildete eine tödliche, eigentlich unüberwindliche Barriere.
Nur dem Vincraner Carembroich war zu verdanken, dass die MAGELLAN in diesem Brodem aus Glut und Hyperraumenergien nicht verloren gegangen war. Er hatte sie zuverlässig durch das Labyrinth aus Halbraumröhren gelenkt, ein Geflecht tunnelartiger Verbindungen, die von überall in der Sperrwolke verteilten Projektorbojen nach einem unberechenbaren Muster als zeitweilige Pfade in der zirkumstellaren Sphäre aufgebaut wurden.
Rhodan sah zu dem hochgewachsenen, bleichen Mann hinüber, der sich der Schiffsführung der MAGELLAN auf Zalit als Lotse angedient hatte. Und Rhodan hatte gern jede Hilfe angenommen, die er bekommen konnte. Auch wenn der Vincraner nach wie vor viele Geheimnisse verbarg. Weder hatte er Rhodan und seinen Gefährten verraten, wer der mysteriöse Verfolger war, der sich ihm an die Fersen geheftet hatte, noch was sich in den beiden schwarzen Ledertaschen befand, die er ständig mit sich führte. Wie war Carembroich nach Zalit gelangt, und warum wollte er nun mithilfe der MAGELLAN unbedingt zurück ins Sher-25-System?
Auf Carembroichs kahlem Kopf hatte sich ein Netz aus Schweißtropfen gebildet. Man merkte es ihm an: Der Lotse war erschöpft.
Rhodan warf einen Blick zu Gucky. Der Mausbiber machte eine verneinende Geste. Er konnte Carembroichs Gedanken also weiterhin nicht lesen.
»Keine nennenswerte Raumflugaktivität im System«, meldete die Ortungschefin Zyrana da Othar, eine stämmige Arkonidin, mit der man besser keinen Streit anfing. »Jedenfalls keine großen Pötte. Hin und wieder flattern ein paar der kleinen Quappen rum, die wir von Carembroich kennen. Ich nehme an, die interessieren uns nicht besonders?«
Rhodan schüttelte gedankenverloren den Kopf, auch wenn die Arkonidin diese terranische Geste nicht verstehen mochte.
Quappe nannten sie das kleine Raumboot, mit dem der Vincraner an Bord gekommen war. Es war ellipsoid und hatte wie eine terranische Kaulquappe ein längliches Flagellum an der Rückseite, das während des Flugs hin- und herwedelte. Es bot kaum Platz für mehr als eine Person.
»Dafür orten unsere Hypertaster einen einzigen Planeten«, ergänzte da Othar. »Auf der von uns abgewandten Seite der Sonne.«
»Den schauen wir uns mal an!«, beschloss Thora Rhodan da Zoltral und gab mit ein paar eleganten Fingerbewegungen den entsprechenden Befehl an den Piloten der MAGELLAN in eine holografische Tastatur ein. Die Arkonidin, die auf dem Sitz der Schiffskommandantin Platz genommen hatte, war Perry Rhodans Ehefrau und wie er eine potenziell Unsterbliche.
Ebenfalls in der Zentrale versammelt hatten sich der Arkonide Atlan da Gonozal, Perry Rhodans ältester Freund Reginald Bull, die Mutanten John Marshall und Ras Tschubai sowie Aveline Celestaris, die sich Rhodans Gruppe auf Terra angeschlossen hatte. Alle wollten bei der Ankunft am Sonnentransmitter dabei sein. Nur Roi Danton hatte sich in seine Unterkunft zurückgezogen. Es nagte noch immer an seinem Selbstbewusstsein, dass sein Vario-500-Körper bei einem Angriff meuternder Mehandor beschädigt worden war.
»Wo sind die Hamamesch?«, murmelte Rhodan vor sich hin.
Gemächlich ging der riesige Kugelraumer, den Rhodan und sein Team nach Jahrhunderten in einem verlassenen Außendepot der Terranischen Flotte entdeckt und wieder in Betrieb genommen hatten, in eine Flugbahn, die ihn auf die andere Seite des Blauen Überriesen bringen würde. Nach allem, was sie über Sonnentransmitter wussten, musste sich auf dem dortigen Planeten die Steuerstation des Transmitters befinden. Rhodan fragte sich, ob dieser einsame Himmelskörper Sher 25 schon immer umkreist hatte oder ob er vor langer Zeit von den Memetern hierhertransportiert worden war.
Im Ortungsholo wurden zunehmend mehr Daten über den Planeten und das gesamte Sonnensystem angezeigt, die von den Fernerkundungssystemen und -sensoren der MAGELLAN stammten. Rhodan richtete den Blick lieber auf die normaloptische Sicht voraus, in das positronisch aufbereitete Außenbeobachtungshologramm. Darin leuchtete die fremde Welt wie ein galaktisches Juwel.
»Das sieht cool aus!«, rief Gucky vergnügt. »Wie der strahlt! Wie ein ... Wie ein Saphirplanet.«
»Das blaue Strahlen kommt von Wüstensand, der in großer Menge in die Atmosphäre geblasen wird«, erläuterte die Ortungschefin. »Überall auf dem Planeten herrschen starke Jetstreams, die Sand, Staub und andere Materieteilchen bis in höhere Atmosphäreschichten wehen. Die reflektieren das Sonnenlicht.«
»Das ist Zwottertracht«, flüsterte Carembroich. »Der Planet der Vincraner. Meine Heimat.«
Damit kannten sie den offiziellen Namen des Saphirplaneten, der in die Schiffsbücher der MAGELLAN eingetragen wurde.
»Weiterhin kaum Aktivität von Flugkörpern außerhalb der Atmosphäre«, informierte sie da Othar. »Und nur wenige Sendestationen, vor allem keine, die über den Planeten hinausstrahlen.«
»Haben die gerade alle Feierabend?«, kommentierte Reginald Bull knurrig. »Sitzen beim Bier und bekommen überhaupt nicht mit, dass wir angeschippert kommen. Wir könnten doch Piraten sein oder so etwas.«
»Wenn die Hamamesch tatsächlich hier reingekommen sind«, sinnierte Rhodan, »haben sie sich nicht lange aufgehalten. Ich sehe kein Kosmisches Kontor.« Er drehte sich zum Funkpult um. »Irgendeine Spur von Raumfahrzeugen der Hamamesch oder eine Erwähnung in den planetaren Kommunikationsnetzwerken?«
Ein junger arkonidischer Offizier, ein Essoya mit auffällig kurzen Haaren namens Tibur ruckte mit dem Kopf hoch. Offenbar war er derzeit damit betraut, den lokalen Funkverkehr auszuwerten. »Nichts, was auf die Hamamesch verweist«, sagte er.
Thora beugte sich in ihrem Sessel vor und wandte sich an Carembroich. »Sollten wir uns bei denen mal melden, oder kommen die von selbst drauf, dass wir hier sind?«
Bevor der Vincraner antworten konnte, ertönte es von der Funkstation: »Schon geschehen. Wir werden kontaktiert von einer ... Zentralen Zwotterei.«
Carembroich wischte sich über den Kopf und lehnte sich schlaff in seinem Sitz zurück. »Die Zentrale Zwotterei«, wiederholte er im seinem üblichen melodischen Singsang. »Die sind zuständig für die Außenkontakte. Können Sie es so einrichten, dass ich nicht zu sehen bin, wenn Sie mit denen reden? Ich bin bei den offiziellen Stellen nicht allzu beliebt, und ich will Ihre Mission nicht durch meine Gegenwart belasten.«
»Nur ich als Kommandantin werde zu sehen sein, wenn wir mit ihnen reden«, versicherte Thora.
Carembroich atmete erleichtert aus. War es der anstrengende Flug durch die zirkumstellare Barriere oder die Rückkehr zu seiner Heimat, die ihm so zusetzten? Rhodan nahm sich vor, ihn vorerst in Ruhe zu lassen und nicht nach Informationen über die vincranische Kultur zu drängen. Sie würden es selbst herausfinden müssen. Später war Zeit genug, ergänzend Carembroich zu befragen.
Zu Rhodans Überraschung gab der Lotse aus freien Stücken noch etwas preis. »Ich muss Sie warnen. Auf Zwottertracht leben nicht nur Vincraner wie ich, sondern auch die Zwotter. Sie werden Ihnen etwas eigensinnig vorkommen. Kann sein, dass...
| Erscheint lt. Verlag | 27.3.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Perry Rhodan Neo |
| Verlagsort | Rastatt |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
| Schlagworte | Neo • Perry Rhodan • Perryversum • Science Fiction |
| ISBN-13 | 9783845355535 / 9783845355535 |
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