Perry Rhodan 3316: Welt der Rebellen (eBook)
64 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
9783845363165 (ISBN)
»Ich bin eine Ausgestoßene. Ein Ton ohne Konzertstück.
Es gibt nur eines, das ich will:
Ich will nach Hause!
Zurück in den Gleichklang.«
Shrell
Fluch
Sie nennen es das Brennende Nichts.
Ist es entfacht, kann kein Dompteur es bändigen, keine Mauer es halten.
Weder Stahl noch Formenergie kann ihm begegnen.
Es ist wie ein Feuer, das lodert und frisst.
Es kennt keine Rast, keine Grenzen, kein Erbarmen.
Sein Atem ist ewig, denn es muss ihn nie holen.
Es beraubt Dich: Deiner Heimat. Deiner Freunde. Deines Lebens.
Es wächst unaufhaltsam, verschlingt ganze Welten.
Wuchernde Schwärze, dunkles Verwehen.
Weh dem, dessen Planeten es befällt.
Es ist der Fluch der Leun.
1.
Mentatron
An Bord der ELDA-RON
Vor Sichu Dorksteiger schälte sich eine kleine, runde Gestalt aus dem Nichts, die einem Kind in einem Kostüm ähnelte. Sie hatte zwei Arme und Beine, braunrotes Fell, große, runde Ohren, eine spitze Schnauze und einen abgeplatteten Biberschwanz. Die Wissenschaftlerin blinzelte. Die Last eines ganzen Maschinenparks schien von ihren Schultern zu fallen. Das war Gucky. Ihr Freund. Er war gekommen, um sie zu retten. Endlich würde Sichu von Shrell fortkommen. Ihre Gefangenschaft war vorbei.
Gucky streckte die pelzbedeckte Hand aus und zeigte den Nagezahn. »Komm! Ich hole dich hier raus! Wir springen zu den anderen. Perry wartet auf dich!«
Etwas an dem Bild stimmte nicht. Da war zu viel Licht, zu wenig Umgebung. Es gab weder Schatten noch Wind. Gucky stand mitten in einer Art weißem Nichts. Er strömte nicht den vertrauten, beruhigenden Geruch nach Mausbiber aus. Das konnte nur eines bedeuten: Der Ilt war überhaupt nicht da!
Sichu hob die Hand und betrachtete ihre Finger. Sie verschwammen wie eine störanfällige Holoprojektion. Es war ein Signal, das ihr zeigte: Sie war nach wie vor an Bord der ELDA-RON und lag im Mentatron. Entstofflicht. In Wahrheit hatte sie keinen Körper, dessen Finger sie hätte betrachten können. Sie träumte in einer Übergangsphase von da nach dort. Einer Art Oszillation, die sie nicht näher erforschen konnte, weil ihr die Messinstrumente fehlten.
Gucky sah sie treuherzig an. Er streckte ihr die Hand entgegen. »Na auf! Worauf willst du warten? Eine Haluterparade mit Atomexplosionen?«
»Verschwinde, Gucky! Du bist eine Illusion.«
»Frechheit! Und das mir! Da rette ich Tag für Tag das Universum, und das ist der Dank. Aber bitte. Wer bin ich, den Wünschen des erhabenen Hyperphysik-Genies Sichu Dorksteiger im Weg zu stehen?« Der Mausbiber senkte gekränkt den Kopf und löste sich in Luft auf.
Damit lieferte er den endgültigen Beweis. Es war, wie Sichu vermutet hatte: Sie träumte.
Shrell, die Kommandantin der ELDA-RON, war dazu übergegangen, Sichu im Mentatron zu verwahren, wenn sie fürchtete, gestört zu werden. Die Leun brauchte Sichu, weil sie ohne andere Lebewesen verrückt wurde. Doch eine Weile hielt Shrell es ohne Gesellschaft aus. In dieser Zeit verwahrte sie ihre Gefangene wie einen Vibro-Handschneider in einem Antigravfach. Nur mit dem Unterschied, dass sich der Handschneider im Fach entstofflichte.
Es kostete Sichu Kraft, klar zu denken. Im Mentatron driftete ihr Geist immer wieder fort. Sie sah Gucky, Perry, Atlan und andere Freunde, die ihr wahlweise helfen wollten oder sie verspotteten und ihr sagten, sie sei nutzlos und alt geworden.
»Ich bin im Mentatron«, sagte Sichu und musterte die verschwimmenden Finger. »Das ist ein Traum, und ich nutze meine Zeit. Ich kann sie nicht verschwenden.«
Sie war mit Shrell auf Narrios gewesen, einem Planeten, von dem Shrell gehofft hatte, dort den Widerstand und andere Wüko-Leun zu finden. Diese Hoffnung hatte sich zerschlagen. Auf Narrios hatte Shrell mehr schlecht als recht versucht, Sichu enger an sich zu binden. Auch mit Gucky hatte Shrell das probiert. Die Leun fühlte sich im Recht und wollte, dass Sichu ihre Einschätzung der Lage teilte oder wenigstens verstand. Eigentlich machte Shrell das sehr terranisch.
Wer wusste, ob sich die Wüko-Leun und die Lemurer nicht eine Herkunft teilten? Je mehr die Terraner über die Vergangenheit wussten, desto mehr Fragen tauchten auf. Ja, man wusste von Entwicklungslinien wie jener der V'Aupertir und anderer Völker. Aber das blieben grobe Raster, und je enger die Fragen wurden, desto eher glitten sie durch die Maschen des Netzes aus Wissen und Erkenntnis.
Sichu schob den Gedanken beiseite. Keine Ablenkung. Sie musste fokussiert bleiben. Shrell hatte ihr auf Narrios das Armbandgerät gelassen, mit dem Sichu übersetzen konnte und das sie mit nur wenig Aufwand zu einem Sprachlerntrainer umfunktioniert hatte. Daher beherrschte sie das Thoiko, die Sprache der Leun, bereits leidlich. Und sie konnte sich auch im Mentatron die Zeit damit vertreiben, selbst wenn sie später davon nichts mehr wissen würde. Denn eines wusste sie: Sie vergaß. Das Leben im Mentatron hatte keinen Bestand und keine Wirkung im Universum außerhalb.
»Sprachlehrerin«, sagte sie, und eine jüngere, lächelnde Version ihrer Selbst erschien aus dem Weiß, so, wie zuvor Gucky aufgetaucht war.
»Zur Stelle!«, sagte die Traum-Illusion auf Thoiko. »Erinnerst du dich an die letzten zwanzig Wörter und Wendungen, die du dir merken wolltest?«
»Potko, Daun, Neuk, Whanka, Trohir, Resh, Sontho, Zhak, Zhakthar, Lüntho, Lünthodal, Phokü, Lacor, Kzarr, Kzarrthar, Shnirr, Foiko, Peut, Peuthar, Svraliathar. Planet, Sonne, Mond, Energie, Frage, Wissenschaft, Tag, Verrat, unser Verrat, Widerstand, dein Widerstand, Freundschaft, Ankunft, Schiff, unser Schiff, Bruderkrieg, Schwester. Tag und unser Tag im Sinne von ›Guten Tag‹. Und das letzte heißt ›unsere Einheit‹ und bedeutet Gleichklang. Wobei es für Gleichklang mehrere Wörter gibt.«
Ihre jüngere Version lächelte und zeigte dabei goldene Zähne. »Sehr gut. Nun lass uns die Agglutination der Wörter genauer betrachten. Wie du gelernt hast, kleben die Leun im Thoiko Affixe an. Durch diese Endungen drücken sich ...«
Die jüngere Version verblasste. Es wurde hell um Sichu. Sie biss die Zähne zusammen, obwohl sie wusste, dass sie gar keine Zähne hatte: Shrell holte sie zurück!
*
Die Übergänge waren nicht im eigentlichen Sinn schmerzhaft, aber wann immer Shrell sie zurückholte, hatte Sichu das Gefühl, weniger zu werden. Der Aufenthalt im Mentatron laugte aus. Jedes Mal wenn Shrell sie wiederverstofflichte und aus der rätselhaften Maschine holte, meinte Sichu, ein Teil ihrer Kraft würde darin zurückbleiben. Vielleicht war das auch wirklich so – schließlich ging alles, was immer im Mentatron geschah, wieder verloren. Während des Verblassens war das Empfinden des Verlusts schmerzlich, aber am Ende des Prozesses gab es nur noch eine vage Erinnerung an den Schmerz und einen unspezifischen Verlust. Womöglich war es gerade dieser Effekt, den Shrell nutzen wollte, nachdem es ihr nicht gelungen war, Sichu auf ihre Seite zu ziehen oder sie zu brechen. Auf diese perfide Weise schwächte sie ihre Gefangene.
Sichu blinzelte und erkannte die Decke des Maschinenparks über sich. Rillen, die an die Struktur eines dunklen Webteppichs erinnerten, verschwammen vor ihren tränenden Augen. Die Helligkeit reizte sie, dabei war es düsterrot.
Probehalber hob Sichu den Arm. Es gelang, auch wenn es sich anfühlte, als trüge sie Bleigewichte an den Handgelenken.
Sie warf einen Blick auf das Multifunktionsgerät. Auf Terra schrieben sie den 11. August 2250 NGZ. Sichu war nur wenige Stunden im Mentatron gewesen, und doch kam sie sich deutlich gealtert vor.
Wie als Nachhall der verwehenden Erinnerung ließ Sichu sich fünf Wörter auf Thoiko zeigen, um sie sich einzuprägen: Potko, Whanka, Zhakthar, Lüntho, Kzarrthar ... Gegen das Vergessen! Im Gegensatz zu ihrem Körper war ihr Verstand hellwach.
Die Liege glitt weiter in den Raum, hielt an und stieg in die Höhe. Keinen halben Meter entfernt stand Shrell neben dem flexiblen Bedienpult. Sie schaute zum zylinderförmigen Mentatron und Sichus Antigravliege. Die Kommandantin der ELDA-RON trug ihren schwarzen Kampfanzug. In dem schmalen Gesicht mit den roten, schräg stehenden Augen lag Spott. »Es ist Zeit, mit mir in die Zentrale zu kommen.«
Zwei schwarze Kugelroboter sirrten auf Sichu zu. Sie projizierten ein Fesselfeld, das sich wie ein konturnaher Schutzschirm um Sichu legte.
Langsam kehrte die Kraft in Sichus Glieder zurück. Der Unteranzug des SERUNS unterstützte sie, indem er ihre Muskeln stimulierte. Trotzdem blieb sie liegen. Sie wusste aus Erfahrung, dass sie in den ersten Minuten nach der Wiederverstofflichung zu Krämpfen und Schwindelanfällen neigte. Beinahe beneidete sie Alcot, den wurmartigen Kheti-Leun, der die meiste Zeit über auf einer Schwebeplattform gelegen hatte. Von ihr erwartete Shrell, dass sie selbst ging.
Als Sichu keine Anstalten machte, sich zu erheben, zog sich das Fesselfeld stärker zusammen. Einen Moment kam Unruhe in Sichu auf. Es war widerlich, derart eingeengt zu sein. Das Feld hatte nun die Struktur eines Prallfelds, und es hob Sichu an. Shrell ließ sie von den Robotern wie eine Puppe waagrecht durch die heruntergekommen Gänge und Lifte in die zornrote Zentrale tragen. Dort durfte Sichu sich auf einen Sessel setzen, der deutlich niedriger war als der Shrells.
Die Kommandantin setzte sich...
| Erscheint lt. Verlag | 6.3.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Perry Rhodan-Erstauflage |
| Verlagsort | Rastatt |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
| Schlagworte | Erstauflage • Perry Rhodan • Science Fiction |
| ISBN-13 | 9783845363165 / 9783845363165 |
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