G. F. Unger Sonder-Edition 311 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7692-9 (ISBN)
Die Luft hier im Wyoming-Territorium ist so klar, dass Jim Clouds Augen ohne Fernglas erkennen können, wer da östlich der meilenlangen Hügelketten nach Norden fährt. Denn er kennt die sechs Planwagen und die dazugehörigen zwölf Männer gut genug. Den dreizehnten Mann, der diesen Wagenzug führt und auf einem wundervollen Fuchs an der Spitze reitet, kennt er noch sehr viel besser. Es ist Gordon Banner. Und Gordon Banner ist nun dabei, sechs Wagenladungen voll Handels-Whisky zu den Indianern zu bringen. Mit sechs Wagenladungen aber kann man einige große Indianer-Dörfer für viele Tage betrunken machen. Und was betrunkene Indianer alles anstellen können - nun, dies weiß Jim Cloud zu gut; er weiß es besser als jeder andere weiße Mann.
Fort Phil Kearny
Die Luft hier im Wyoming-Territorium ist so klar, dass Jim Clouds Augen ohne Fernglas erkennen können, wer da östlich der meilenlangen Hügelketten nach Norden fährt.
Denn er kennt die sechs Planwagen und die dazugehörigen zwölf Männer gut genug. Den dreizehnten Mann, der diesen Wagenzug führt und auf einem wundervollen Fuchs an der Spitze reitet, kennt er noch sehr viel besser.
Es ist Gordon Banner.
Und Gordon Banner ist nun dabei, sechs Wagenladungen voll Handels-Whisky zu den Indianern zu bringen.
Mit sechs Wagenladungen aber kann man einige große Indianer-Dörfer für viele Tage betrunken machen.
Und was betrunkene Indianer alles anstellen können – nun, dies weiß Jim Cloud zu gut; er weiß es besser als jeder andere weiße Mann.
Ja, Jim Cloud ist ein weißer Mann, aber eigentlich wirkt er fast wie einer der großen, sehnigen, zähen und stolzen Ur-Herren der Hochprärie, wie ein echter Lakota-Sioux vom Stamme der Oglala oder Hunkpapa. Sein Haar ist blauschwarz, sein Gesicht dunkel gebräunt; es ist ein scharfes und verwegenes Gesicht.
Er trägt Lederkleidung wie all die Angehörigen der sogenannten Hirschleder-Brigade, also die Jäger, Scouts und Bergläufer.
Und seine Augen sind grün. Sie haben stets einen ruhig und fest prüfenden Blick. Wie Jim Cloud dort so auf seinem schwarzen Wallach verhält, über das Land späht und dann wieder auf die sechs fahrenden Wagen niederblickt, da wirkt er ganz wie ein Mann, der auf die vollkommenste Weise in diese Welt hier gestellt wurde, in eine Welt, in der längst nicht jeder Mann sich behaupten könnte.
Denn es ist eine ganz besondere Welt hier am Bozeman-Weg zwischen Fort Laramie und dem Powder River.
Er macht nur eine leichte Körperbewegung, die das schwarze Pferd unter ihm jedoch sofort richtig deutet. Es wendet sich zur Seite und trägt den Reiter auf die andere Seite des Hügelkammes, sodass Jim Cloud nun zur westlichen Seite der Hügelkette niederblicken kann.
Was er dort kommen sieht, lässt seinen Gesichtsausdruck härter und bitterer werden. Seine Lippen pressen sich fest zusammen. Seine Augen werden schmal.
»O zum Teufel«, murmelte er, »was sind das für Dummköpfe dort in Washington, die eine Indianerpolitik machen, wie sie nicht dümmer und unglücklicher gemacht werden könnte! – Was sind das für Burschen dort in der fernen Hauptstadt?«
Er erinnert sich wieder scharf daran, wie es vor zwei Tagen bei Fort Laramie gewesen war.
Fünftausend Indianer waren rings um Laramie versammelt, und die großen Häuptlinge waren gekommen, um mit dem Regierungsbeauftragten über den Bozeman-Weg zu verhandeln.
Denn dieser Weg führt mitten durch das Indianerland hinauf nach Montana. Als man mitten in den Verhandlungen war, die den Weißen die Benutzung des Bozeman-Weges einbringen sollten, kam Colonel Henry B. Carrington anmarschiert, und er kam an der Spitze von siebenhundert Soldaten und vielen Wagen, Geschützen, ja sogar einem Musikzug, der mit klingendem Spiel an der Spitze zog. Und als einige Indianer jenen Colonel Carrington fragten, was er denn hier mit seinen vielen Soldaten wolle, da erwiderte dieser gradlinige Offizier schlicht, dass er gekommen wäre, um im Powder-River-Land einige Forts zu errichten.
Jim Cloud grinst jetzt bitter, als er daran denkt, was es für eine Aufregung unter den versammelten Indianern gegeben hatte.
Oh, die Verhandlungen waren sofort beendet.
Und Rote Wolke sagte mit der ganzen Verachtung, zu der ein Indianer fähig ist: »Wir sitzen hier, um über die Benutzung des Weges durch unser Land zu verhandeln. Doch indes man hier versucht, uns mit Worten eine Erlaubnis abzuringen, schickt der weiße Vater viele Soldaten, die uns einfach den Bozeman-Weg stehlen sollen, bevor wir überhaupt ›ja‹ oder ›nein‹ gesagt haben. – Es wird Krieg geben, wenn dieser ›Adler-Häuptling‹* mit seinen Soldaten ins Powder-River-Land kommt, um Festungen zu errichten. Es wird Krieg geben.«
Und nachdem Rote Wolke diese Worte gesprochen hatte, war alles vorbei und beendet.
Die fünftausend Indianer, die in vielen Dörfern rings um Laramie lagerten, zogen unheimlich schnell ab.
Am nächsten Morgen waren nur noch einige zahme, degenerierte und mehr oder weniger dem Suff verfallene Agentur-Indianer da.
Die Stämme der Sioux aber waren unterwegs ins Powder-River-Land, um dort auf den Adler-Häuptling Carrington und dessen Soldaten zu warten.
An diese Begebenheit erinnert sich Jim Cloud nun also wieder.
Denn was er dort westlich der Hügelkette kommen sieht, sind jene siebenhundert Soldaten mit Colonel Carrington an der Spitze.
Sie sind wahrhaftig zum Powder River unterwegs.
Oh, es ist ein langer Zug – meilenlang. Denn zwischen den einzelnen Kompanien sind weite Abstände. Obwohl es erst Ende Juni ist, ist der Bozeman-Weg schon wieder mit Staub bedeckt, den die Infanteristen mit ihren derben Stiefeln aufwirbeln, zu einer gewaltigen Staubwolke, die sich hoch gen Himmel hebt und die ihr Nahen deutlich genug verkündet. Zwischen dem marschierenden Fußvolk fahren die Maultierwagen, marschieren die Musiker, rollen die Kanonen. Es ist ein endloser, Staub aufwirbelnder und nur sehr langsam sich bewegender Wurm, der da zum Powder River kriecht.
Und diese Soldaten sind mit schlechten Gewehren bewaffnet und mit noch schlechterer Munition versehen.
Jim Cloud weiß das. Er war dort, sah und hörte.
Nun aber wird ihm klar, dass er hinunter muss zu diesem Colonel Carrington, um ihn um Hilfe zu bitten. Denn so furchtlos Jim Cloud auch ist und wie gut er auch kämpfen kann, so kann er es doch nicht mit dreizehn hartgesottenen Burschen aufnehmen, die mit sechs Wagenladungen Whisky zu den Indianern wollen.
Aber wird Colonel Carrington ihm helfen?
Was ist Carrington für ein Mensch – was für ein Offizier?
Jim Cloud seufzte. Er lebt schon seit seiner Kindheit hier im Lande. Er war schon mit seinem Vater hier, bevor die Armee kam und den indianischen Händlern Laramie abkaufte und ein Fort daraus machte. Das war im Jahre 1849. Vorher war Laramie nur ein Handelsposten.
Und nun schreibt man das Jahr 1866. Sein Vater lebt längst nicht mehr. Auch seine Mutter nicht.
Er aber wurde längst ein Mann.
Jetzt reitet er nach Westen zu dem Hang hinunter, um sein Glück bei Colonel Carrington zu versuchen.
Er hat keine sehr gute Meinung von der Armee, denn er sah diese Soldaten unter der Führung ihrer Offiziere schon oft genug schlimme Dinge tun. Er sah sie Frauen und Kinder töten, die friedlich in ihren Dörfern lebten, sah sie also morden, rauben und schänden, sich betrinken, und er weiß, dass diese Soldaten auch Skalpe nehmen und schlimmer sind als so mancher Indianer. Er weiß auch von Offizieren, die sich Indianermädels zu Frauen nahmen und diese dann wieder mit den Halbblutkindern zu ihren Stämmen zurücksandten.
Aber es ist nicht nur die Armee, die sich hier in diesem Lande schlimm benimmt, es gibt auch viele schurkische Händler. Gordon Banner, der auf der anderen Seite der Hügelkette mit sechs Wagenladungen Schnaps zu den Indianern unterwegs ist, gehört zu dieser schurkischen Sorte.
Jim Cloud kann nun erkennen, dass man ihn inzwischen bemerkt hat. Vorn beim Colonel reiten auch zwei weiße Scouts. Einer davon ist Büffel-Joe. Joe wird jetzt den Colonel gewiss schon über ihn, Jim Cloud, aufklären.
Der Colonel lässt seine kleine Armee nicht anhalten. Er sitzt kerzengerade und steif auf seinem Pferd. Nein, er ist ganz und gar kein Kavallerie-Offizier.
Er ist ein schon älter wirkender Mann, eisgrau an den Schläfen, hager, schmal, mit einem ruhigen Gesicht, in dem die stets mit Zurückhaltung prüfenden Augen eines bescheidenen Mannes das auffälligste Merkmal sind.
Dieser Colonel gehört nicht zu der forschen und vorwärtsdrängenden Sorte, die alle Hindernisse und Schwierigkeiten im ersten Ansturm zu überwinden versucht. Dieser Colonel Carrington gehört zu der stillen ruhig-vornehmen Sorte, die zwar pedantisch ist, doch auf irgendeinem bestimmten Gebiet erstklassige Leistungen vollbringen kann.
Dies alles spürt Jim Cloud instinktiv, indes er neben den Colonel reitet, höflich grüßt und ihn betrachtet und studiert, wie nur ein erfahrener Scout einen anderen Mann prüfen und studieren kann.
»Nun, Mr. Cloud«, sagt der Colonel mit präziser und zugleich unpersönlicher Höflichkeit. »Führt Sie ein besonderer Anlass zu uns?«
Jim Cloud nickt. Er blickt sich um, erwidert Büffel-Joes Nicken und blickt dann in die Augen eines Offiziers, der ein Stück seitlich hinter dem Colonel reitet.
Dieser Captain ist ganz und gar das Bild eines verwegenen und forschen Kavallerie-Offiziers. Jim Cloud kennt ihn vom Ansehen flüchtig. Es handelt sich um Captain William Fetterman, der während des Bürgerkrieges schon Oberstleutnant war und der dem Colonel als Kavallerie-Offizier beigegeben wurde. Er hat offensichtlich den Auftrag, unter dem Kommando von Colonel Carrington eine Kavallerieabteilung aufzustellen, sobald die Forts gebaut sind.
Der Blick des Captains ist eisig, abweisend und irgendwie etwas...
| Erscheint lt. Verlag | 11.1.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • abenteuerromane kindle • abenteuerromane kindle deutsch • abenteuerromane kindle für erwachsene • alfred-bekker • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Cassidy • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • für Erwachsene • g f barner • gf unger • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Indianer • Jugend • karl-may • Karl May • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Romanheft • Roman-Heft • Serie • spannend • Western • western country • western country exklusiv • western deutsch • western ebook deutsch • western e books • western hefte • Western Klassiker • Westernreiten • Western-roman • Westernroman • Western Romane • western romane bastei • western romane deutsch • western romane kindle deutsch • western romanhefte • Wilder Westen • Wilder-Westen • Wild West • Wildwestromane • Wild West Romane • Winnetou • Wyatt Earp |
| ISBN-10 | 3-7517-7692-3 / 3751776923 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-7692-9 / 9783751776929 |
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