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Chicken Impossible (eBook)

Ein Krimi aus dem Hühnerstall
eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
320 Seiten
Emons Verlag
978-3-98707-234-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Chicken Impossible -  Anne C. Voorhoeve
Systemvoraussetzungen
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Nur die Hühner waren Zeuge! Ein herrlich witziger Krimispaß. Der Mord einer alten Dame an ihrer eigenen Schwester erschüttert die beschauliche Waldsiedlung. Niemand will bemerkt haben, was hinter dem hohen Tor, das die Schwestern von der Außenwelt abschnitt, vor sich ging. Wirklich niemand? Nicht ganz: Vier Hühner haben sogar eine ganze Menge gesehen. Und eins von ihnen will reden.

Anne C. Voorhoeve, geboren 1963, hat sich nach rund 20 Jahren als Autorin historischer Romane für junge Leser von vier eigenen Gartenhühnern zu ihrem ersten Krimi inspirieren lassen. Schauplatz ist Spandau, der grüne, wasserreiche Berliner Stadtrand, wo sie selbst seit 2010 lebt, arbeitet und nicht mehr wegmöchte. Ihre All-Age-Romane wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Buxtehuder Bullen, dem Batchelder Award und einer Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis.

Anne C. Voorhoeve, geboren 1963, hat sich nach rund 20 Jahren als Autorin historischer Romane für junge Leser von vier eigenen Gartenhühnern zu ihrem ersten Krimi inspirieren lassen. Schauplatz ist Spandau, der grüne, wasserreiche Berliner Stadtrand, wo sie selbst seit 2010 lebt, arbeitet und nicht mehr wegmöchte. Ihre All-Age-Romane wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Buxtehuder Bullen, dem Batchelder Award und einer Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis.

1

Wir haben ja eine Weile gebraucht, um die Gesichter zu unterscheiden – vor allem, wenn nur eine der beiden vor uns stand. Sie sahen für uns so gleich aus, wie meine Schwester und ich für ihre Art schwer zu unterscheiden sind. »Diese Hühner ähneln sich wie ein Ei dem anderen«, hörten wir sie zu Beginn oft sagen.

Man muss genauer hinsehen, bei uns wie bei ihnen. Bei uns sind es kleine Details, die bald zu erkennen sind, wie etwa ein krummer Zacken im Kamm. Bei ihnen waren es vor allem die Stimmen, die ganz eigene Weise, sich zu bewegen, und eine unterschiedliche Ausstrahlung, die uns von Anfang an auffiel. Hinzu kam: Nur eine von ihnen redete mit uns. Das war die, die gleich bei unserer Ankunft von Namen sprach.

Einen Namen zu bekommen, war beruhigend. Wir wussten damals noch nicht, warum das so wichtig sein sollte, aber Mutter hatte es uns eingeschärft, und als sich die beiden fremden Gesichter über unseren Karton beugten, fiel es uns wieder ein: Wenn sie euch Namen geben, habt ihr gewonnen.

»Und hier«, begrüßte uns die hellere Stimme, »haben wir Rocky und Amy.«

Wir hatten gewonnen, noch bevor wir überhaupt aus dem Karton heraus waren!

Die Gesichter, die über uns schwebten – oder vielmehr die Hauben –, waren hingegen eine echte Überraschung. Mutter hatte uns von den Menschen erzählt, aber dass es unter ihnen Artverwandte der Rasse Paduaner gibt, hatte sie nicht erwähnt. Die Federn dieser beiden Exemplare waren eine echte Pracht. Sie standen in allen Richtungen vom Kopf ab. Die Farben Grau, Weiß und Braun überwogen.

Mutter, das wurde mir in diesem Augenblick klar, konnte nicht alles wissen. Sie war in ihrem Leben selbst nur auf zwei Höfen gewesen, und wir würden möglicherweise Dinge erleben, die sie nie gesehen hatte.

Auf der Stelle wollte ich Mutter erzählen, dass es unter den Menschen Hühnerartige gab – eine wichtige Information für künftige Generationen, die sie aufziehen würde! Aber dann fiel mir ein, dass ich Mutter nicht wiedersehen würde, nicht unser vertrautes Gehege und auch nicht die anderen Schwestern bis auf diese eine, mit der man mich – ruck, zuck von der Stange gegriffen, in der Reihenfolge, in der wir am vergangenen Abend schlafen gegangen waren – aus reinem Zufall in den Karton gesteckt hatte.

Erst im Karton hatten wir erkannt, wer die andere war, mit der wir unser restliches Leben teilen würden. Wir waren ganz zufrieden, nachdem wir einander identifiziert hatten. Sie stand in der Rangordnung ein klein wenig unter mir, ich würde das beim Fressen immer wieder verteidigen müssen, aber alles in allem würden wir gut miteinander klarkommen. Doch meine Lieblingsschwester war eine andere gewesen. Sie hatte zwar auch an meiner Seite gesessen, aber an der anderen, der falschen. Sie würde ich nicht wiedersehen.

Ein Anflug von Sehnsucht ergriff mich, der mich tief auf den Boden des Kartons drückte. Dabei hatte ich gewusst, dass auf Freundschaften unter Junghühnern keine Rücksicht genommen wird, wenn es um den Tiertransport geht. Der Tiertransport war kein Geheimnis; schon als Küken hatten wir erfahren, dass man die meisten von uns an andere, unbekannte Orte bringen würde, wenn wir vier Monate alt waren. Mutter hatte erklärt, dass das kein Grund zur Sorge sei, im Gegenteil. Alles, was sie uns beibrachte, bereitete uns darauf vor, woanders ein gutes Leben zu führen.

Wir lernten, Würmer und Käfer aufzuspüren und Insekten aus der Luft zu fangen. Wir lernten, die Formen der Schatten zu unterscheiden, die über uns auftauchen konnten, und auf jedes Geräusch, jede kleinste Veränderung in unserer Umgebung zu achten. Manchmal ist es nur ein Lufthauch, der den Fuchs ankündigt.

Wir lernten, wie die Welt beschaffen ist: Es gibt Oberhühner und Hühner, die ihnen Platz machen müssen. Es geht eigentlich immer um einen Platz. Den wärmsten Platz zwischen den Geschwistern, den besten Platz am Futtertrog, den gemütlichsten Platz auf der Stange … Darum zu kämpfen, lernten wir voneinander, nicht von Mutter. Sie half höchstens einmal nach, wenn eine von uns es übertrieb, und sorgte mit einem scharfen Schnabelhieb für Ordnung.

Wir lernten, dass es solche und solche Orte und Menschen gibt und dass wir auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein hatten. Ein Huhn weiß erst, welche seiner Fähigkeiten es brauchen wird, wenn es am Ort seiner Bestimmung angekommen ist. Dann gilt es, die Lage richtig einzuschätzen, sich auf das zu konzentrieren, was möglich ist … und alles andere am besten zu vergessen. Nur das Huhn selbst weiß, was es unter anderen Umständen noch draufgehabt hätte.

Was den Tiertransport betrifft, hatte Mutter uns geraten, darauf zu achten, mit wem wir abends auf die Schlafstange gingen. Ausgerechnet die Stange, der Platz, an dem wir uns am sichersten fühlten, würde der Ort sein, an dem sie uns packen würden, da wir schon im Halbdunkel nicht mehr genug sehen, um entwischen zu können. Meine Lieblingsschwester und ich hatten uns Abend für Abend eng aneinandergedrückt. Aber trotzdem hatte eine Hand dazwischengepasst und uns auseinandergeschoben, und das war das Letzte, was wir voneinander gespürt haben.

»Rocky und Amy?« Die Mundwinkel des zweiten Gesichts, das über uns schwebte, waren tief nach unten gezogen, die Stimme heiser und dunkel. »He, Lene! Jetzt mach dich nicht lächerlich. Du willst doch nicht ernsthaft nach ihnen rufen?«

»Wie wollen wir uns denn sonst mit ihnen verständigen?«, erwiderte die andere, und die beiden blickten einander auf eine Weise an, die ich später noch oft gesehen habe. Als spräche eine von ihnen eine Sprache, die die andere nicht kennt.

»Ich habe nicht die Absicht, mich mit einem Huhn zu verständigen, und ich hoffe, du ersparst mir diese Peinlichkeit ebenfalls. Man kann ›Tuck, tuck‹ rufen, wenn es unbedingt sein muss. Darauf hören sie.«

»Wir werden sehen«, erwiderte die Erste und griff in den Karton, um uns endlich herauszuheben.

Darauf hatten wir lange gewartet, trotzdem stimmte meine Schwester, die als Erste an der Reihe war, ein Riesengeschrei an. Und wenn Ihnen eine von meiner Rasse ins Ohr trompetet, spüren Sie das bis in die Zahnwurzeln, das kann ich Ihnen versichern! Dieses Überraschungsmoment wissen wir dann blitzschnell zu nutzen, um uns aus Ihrem vor Schreck gelockerten Griff zu befreien.

Klappt oft. Diesmal jedoch nicht. Das Flügelschlagen, das auf ein erfolgreiches Abhauen hingedeutet hätte, blieb aus, das Trompeten meiner Schwester entfernte sich. Wohin, konnte ich nicht erkennen, weil der Deckel über mir sofort wieder zugeklappt worden war und ich erneut im Dunkeln saß. Aus Leibeskräften begann nun auch ich zu brüllen, damit sie mich nicht etwa vergaßen. Die letzte Nacht saß mir noch ganz schön in den Knochen. Das Rumpeln des Transporters, das Schwanken der Kiste, der Geruch der Angst. Es waren noch andere Kisten dabei gewesen, aus denen gänzlich unbekannte Geräusche und Gerüche drangen; Stimmen, die wir nie zuvor gehört hatten. Die Transporte finden bei Nacht statt, weil wir dann angeblich nichts davon mitbekommen und »stressfrei reisen«. Pustekuchen! Wenn Sie nichts sehen, heißt das nicht, dass Sie keinen Stress haben, das können Sie sich ja wohl selbst ausmalen.

Ich blieb also im Karton zurück, hörte, wie die Stimme meiner Schwester sich entfernte – und vernahm plötzlich noch etwas anderes.

»Jessas, nai«, erklang eine Piepsstimme. »Sin des eddwa Amrocks?«

Stand da noch ein Karton? Ich verstummte, spitzte die Ohren und hörte, wie ein zweites Stimmchen ängstlich wisperte: »Oh nee! Bidde nee! Bidde koi Amrocks!«

Danach schrie auch ich, so laut ich konnte. Das mit den Namen mochte ja geklappt haben, aber dieser nächste wichtige Punkt ging eindeutig nicht an uns! Jedes Huhn träumt davon, mit seinesgleichen eine starke Schar zu bilden. Und uns, meine Schwester und mich, mussten diese Anfänger ausgerechnet mit zimperlichen Sundheimern zusammenstopfen?

Die Sundheimer jammerten mit. Da hatte, das war auch ihnen klar, jemand seinen Hühnerratgeber nicht sorgfältig gelesen, und welche weiteren Überraschungen daraus folgen konnten, wagte sich keine von uns auszumalen.

Der Boden vibrierte, die Frauen kamen zurück. »Ich glaube, sie streiten«, sagte die eine. »Von Karton zu Karton.«

»He-Lene«, antwortete die andere, »manchmal frage ich mich wirklich, was in deinem Kopf vorgeht.«

So hat es angefangen. Trotzdem soll keiner sagen, man hätte das Ende schon ahnen können.

Der Deckel klappte wieder auf, und zwei Hände packten mich, drückten meine Flügel fest an meinen Körper und hoben mich ins Freie. Sie müssen wissen: Wenn man uns so anfasst, ergeben wir uns fast sofort und fangen gar nicht erst an, uns zu wehren. Es ist ein Reflex, der uns nicht immer zum Vorteil gereicht.

Als Nächstes fühlte ich, wie man mich unter den Arm klemmte und an einem grauen Gebäude vorbeitrug; mehr konnte ich, geblendet von Sonnenlicht, nicht erkennen.

Die atemlos werdende Stimme der Missmutigen folgte uns. »Ein Fehler, ein ganz großer Fehler! Es gibt Eipulver, das hätten wir monatelang lagern können. Aber nein, meine Schwester bestellt Hühner!«

Die Schritte wurden schneller, als versuchte die Frau, die mich trug, der Stimme zu entfliehen. Schwestern waren sie also, genau wie wir! Und die Rangordnung unter ihnen schien geklärt, was ein friedliches Zusammenleben versprach. Das rangniedere Huhn weicht.

»So, da wären wir«, verkündete die helle Stimme.

Ich blinzelte – zuerst probehalber, dann voller Staunen. Meine Mutter hatte von den unterschiedlichsten Ställen berichtet, die auf uns warten konnten: von riesigen...

Erscheint lt. Verlag 27.2.2025
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Berlin • COSY • Cozy Crime • Cozy Krimi • Familiendrama • Heiter • Hühner • Hühner als Protagonisten • humorvoll • Krimi • Krimi mit Hühnern • Krimi mit Humor • lustig • Mord • Rentnerinnen • Spandau • tierische Ermittler • Tierkrimi • witzig
ISBN-10 3-98707-234-2 / 3987072342
ISBN-13 978-3-98707-234-5 / 9783987072345
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