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Der Baum der verborgenen Erinnerungen (eBook)

Roman - Der Wohlfühlroman aus dem Literaturland Japan – bewegend, inspirierend und wunderschön.

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025
351 Seiten
Limes Verlag
978-3-641-32625-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Baum der verborgenen Erinnerungen - Keigo Higashino
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Der Feelgood-Bestseller aus dem Literaturland Japan – bewegend, inspirierend und wunderschön.

In einem entlegenen Shinto-Schrein nahe Tokio findet ein geheimnisvolles Ritual statt: Während der Neumondnächte darf ein einzelner Gast mit einer Kerze das Innere eines hohlen Baumes betreten – und an diesem Ort eine Erinnerung hinterlassen. Diese besitzt die Kraft, die Zukunft eines Mitglieds seiner Familie zu verändern. Der junge Reito kennt das Geheimnis des Schreins zuerst nicht. Doch indem er beobachtet, welche Wunder des Nachts im Inneren des Baumes geschehen, erfährt auch er mehr über sich selbst, seine Herkunft und was es bedeutet, einer Familie anzugehören ...

Eine inspirierende Geschichte über drei zerbrochene Familien, die wieder ganz werden. Nach »Kleine Wunder um Mitternacht« der neue Roman des japanischen Bestsellerautors.

Keigo Higashino wurde 1958 in Osaka, Japan geboren und ist ein mit zahlreichen Preisen ausgezeichneter Bestsellerautor. Nach seinem Studium an der Osaka Prefecture University und einer Tätigkeit als Ingenieur begann er, Romane zu schreiben – und zwar mit sensationellem Erfolg. Er wurde jüngst für sein Lebenswerk mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet – allein in Japan hat Higashino 100 Millionen Bücher verkauft und ist auch international bekannt für seine Krimis (z.B. die bekannte Reihe über den Physikprofessor Yukawa) sowie für seine inspirierenden Feelgood-Romane, darunter die Bestseller »Kleine Wunder um Mitternacht« und »Der Baum der verborgenen Erinnerungen«. Higashino lebt zurückgezogen in Tokio.

Kapitel 1


Dumpf und rostig hallte der Klang der alten Schreinglocke durch die Stille. Reito unterbrach sein Game und ließ den Blick nach oben aufs Display wandern. Die Uhr seines Smartphones zeigte 22 : 05. Er schloss die App und ließ das Handy in der Innentasche seines Samue verschwinden. Er verrenkte den Kopf ein paarmal. Es knackte trocken. War er nun wirklich über zwanzig Minuten in dieses Spiel versunken gewesen? Gefährliche Sache.

Reito erhob sich und schob den Vorhang des Fensters neben ihm etwas zur Seite. Er blickte durch den schmalen Spalt nach draußen, als er im verhaltenflackernden Licht der Steinlaterne einen stämmigen Mann in einer Fliegerjacke stehen sah. Der Mann hatte kurzes Haar und ein markant zerfurchtes Gesicht. Er mochte etwa Mitte fünfzig sein.

Reito schlüpfte auf dem gestampften Boden im Eingangsbereich in seine Turnschuhe und griff nach der Papiertüte, die er dort bereitgestellt hatte. Er öffnete die Schiebetür und verließ das Schreinbüro.

Der Mann zog überrascht die Augenbrauen hoch, als er Reito erblickte.

»Sind Sie Herr Toshiaki Saji?«

»Ja, korrekt. Aber …«

»Freut mich. Ich habe Sie schon erwartet.«

Herr Saji musterte Reito prüfend. »Du bist also der Neue?«

»Ja. Ich bin seit diesem Monat für den Kampferbaum zuständig. Mein Name ist Naoi.«

»Ja. Frau Yanagisawa hat etwas erwähnt … Du bist ein Verwandter von ihr?«

»Ich bin ihr Neffe.«

»Alles klar.« Herr Saji überlegte kurz. »Wie heißt du noch mal?«

»Naoi. Reito Naoi.«

»Naoi-kun. Werde ich mir merken«, sagte Herr Saji, ohne den Blick von Reito zu wenden. Seine Neugierde war unverkennbar. Wie kam dieser unschuldige junge Kerl zu einem solchen Job, fragte er sich. Reito hätte es ihm wohl erzählen können. Aber das hätte zu lange gedauert.

»Bitte sehr«, sagte dieser stattdessen nüchtern und hielt Herrn Saji die Papiertüte hin. »Die Kerzen. Sie brennen etwa zwei Stunden. Reicht Ihnen das?«

»Danke, ja. Bis Mitternacht bin ich durch. Wie gewohnt.«

»Streichhölzer haben Sie?«

»Habe ich dabei, danke.«

»Alles klar. Achten Sie bitte sorgfältig auf das Feuer.«

»Ja, das weiß ich langsam. Ihr warnt mich jedes Mal.«

»Verzeihung. Und gehen Sie vorsichtig, es ist dunkel. Möge der Kampferbaum Ihr ›Nen‹ erhören.« Zu Beginn hatte sich Reito hier jedes Mal verhaspelt. Endlich ging ihm der Spruch etwas leichter über die Lippen. Herr Saji bedankte sich und knipste die Taschenlampe an. Dann drehte er Reito den Rücken zu und lief langsam in Richtung des Dickichts, das sich am rechten Ende der Schreinanlage befand. Jetzt in der Dunkelheit konnte man es von hier aus nicht sehen, aber Herr Saji müsste schon bald auf ein hölzernes Schild mit der Aufschrift Kampferbaum Andachtsstätte stoßen. Dort begann, auf beiden Seiten von wucherndem Gestrüpp gesäumt, ein schmaler Pfad.

Reito kehrte ins Schreinbüro zurück. Er schnappte sich seine Taschenlampe und den Klappstuhl, der an der Wand stand, und ging gleich wieder nach draußen. Gerade wollte er es sich auf dem Stuhl neben der Eingangstür bequem machen, als er in der Dunkelheit am Rande seines Blickfelds auf einmal eine Bewegung wahrnahm. Erschrocken drehte er den Kopf. Im Gebüsch am oberen Ende der Schreinanlage bemerkte er etwas Graues. Eine streunende Katze oder irgendein anderes Tier konnte es nicht sein, dafür war es zu groß. Es war ein Mensch … Jetzt sah Reito den Lichtstrahl, der im Takt der Bewegungen hinter den Büschen aufblitzte. Der Eindringling leuchtete sich mit einer Taschenlampe den Weg. Wer konnte das um diese Uhrzeit nur sein? Ein Dieb bestimmt nicht. Wertvolle Gegenstände, für die sich eine solche Aktion lohnte, gab es hier im Schrein keine, Geld schon gar nicht. Es gab ja nicht einmal einen Opferkasten in diesem Schrein, der diese Bezeichnung vielleicht gar nicht mehr verdiente.

Ganz vorsichtig, um möglichst jedes Knacken unter seinen Füßen zu vermeiden, näherte sich Reito dem nächtlichen Besucher. Seine Taschenlampe schaltete er nicht ein.

Der Eindringling war an etwa der Stelle stehen geblieben, an der Herr Saji im Dickicht verschwunden war – also kurz vor dem Eingang zur Andachtsstätte im Kampferbaum – , und spähte angestrengt ins Gebüsch. Reito erkannte einen weißen Kapuzenpulli. Von hinten sah er, dass der Typ ziemlich klein war. Er schien so vertieft in sein Vorhaben, dass er sich nicht beobachtet fühlte.

»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, fragte Reito schließlich laut und knipste die Taschenlampe an. Die Gestalt vor ihm schrie kurz auf und zuckte erschrocken zusammen. Als sie sich zögernd umdrehte, sah Reito, dass es sich um eine junge Frau handelte. Ihr Gesicht war winzig … Umso beeindruckender waren ihre großen, weit aufgerissenen Augen, mit denen sie ihn anstarrte. Geblendet vom Licht der Taschenlampe, hielt sie sich schützend eine Hand vors Gesicht.

»Wer bist du?«, fragte Reito und senkte die Taschenlampe ein bisschen. »Was machst du hier?«

Die junge Frau schien etwas sagen zu wollen. Sie schnappte kurz nach Luft, brachte aber kein Wort heraus.

»Eine Bekannte von Herrn Saji?«, fragte Reito weiter.

Wie versteinert stand die Frau da.

»Hey, hör mal zu, um diese Uhrzeit darf man hier nicht einfach rein, verstehst du? Wenn du zum Kampferbaum willst, musst du dich vorher anmelden.« Doch Reito hatte kaum zu Ende gesprochen, als die junge Frau einen Satz machte und mit kleinen, flinken Schritten davonlief. Ihr Smartphone warf einen fahlen Lichtstrahl auf den Boden vor ihr. Es war vorhin also ihr Handy gewesen, das er gesehen hatte, keine Taschenlampe …

Etwas war hier faul, daran bestand kein Zweifel. Aber der Frau nachzulaufen und sie ins Kreuzverhör zu nehmen, fand Reito dann doch übertrieben. Allein schon die Tatsache, dass es eine junge Frau war, könnte ihn in unnötige Schwierigkeiten bringen, und darauf hatte er keine Lust. Reito beschloss, sich wieder auf seinen Stuhl vor dem Büro zu setzen. Er zog das Handy wieder aus der Innentasche seines Samue und begann, einen Science-Fiction-Film zu gucken. Ab und zu schaute er vom Bildschirm hoch und ließ den Blick über die Schreinanlage schweifen, aber dort regte sich nichts mehr. Die junge Frau von vorhin musste abgehauen sein.

Kurz nach Mitternacht trat Toshiaki Saji wieder aus den Büschen. Reito stand auf und ging auf ihn zu.

»So, ich bin fertig für heute«, sagte Herr Saji.

Reito nickte. »Sie sind bestimmt müde.«

»Ach, geht schon. Für morgen Abend müsste ich auch eingetragen sein.«

»Ja, das haben wir so notiert. Dann bis morgen, kommen Sie gut nach Hause.« Reito zögerte kurz und überlegte, ob er Herrn Saji von der jungen Frau erzählen sollte, ließ es dann aber bleiben. »Gute Nacht!«

Auch Herr Saji verabschiedete sich.

Reito erleuchtete sich mit der Taschenlampe den Weg und ging den schmalen Pfad entlang, der vom Eingang der Andachtsstätte aus ins Dickicht führte. Das wuchernde Gestrüpp zu beiden Seiten machte den Pfad so eng, dass zwei Menschen darauf gerade noch aneinander vorbeipassten. Wenn man am Ende des Pfads angelangt war, lichtete sich das Gestrüpp, und man konnte direkt auf den Baum blicken, der einem riesigen Ungeheuer glich – den Kampferbaum. Mit seinen mindestens fünf Meter Durchmesser war er ein Koloss. Er war über zehn Meter hoch. Dicke Äste, die sich am Stamm entlang in die Höhe wanden, erinnerten an ineinander verschlungene Riesenschlangen. Damals, als er den Baum zum ersten Mal zu Gesicht bekommen hatte, war Reito so überwältigt gewesen, dass es ihm die Sprache verschlagen hatte. Die fleischigen, fest im Boden verankerten Wurzeln bildeten über- und untereinander verlaufend ein kompliziertes Muster. Man musste sorgfältig darauf achten, wohin man trat, um nicht zu stolpern.

Reito umrundete den Stamm einmal von links. Auf der einen Seite befand sich eine riesige Öffnung. Sie war so groß, dass sich ein erwachsener Mensch nur leicht bücken musste, um hindurchzugehen. Behutsam setzte Reito zunächst einen Fuß hinein und betrat dann ganz den Hohlraum im Innern des Baums, dessen Fläche etwa drei Tatamimatten groß war. Ein Teil der Innenwand war eingekerbt und bildete einen knapp fünf Zentimeter breiten Sims. Zweifellos war dieser von Menschenhand gemacht, von wem genau, wusste jedoch niemand. Auf dem Sims stand der Kerzenständer, den Reito am frühen Abend für Herrn Saji bereitgestellt hatte. Die Kerzen, die darin steckten, waren nur noch kleine, etwa einen Zentimeter lange erloschene Stummel. Vor dem Kerzenständer lag ein weißes Kuvert. »Beitrag für die Kerzen« stand darauf. Reito schielte hinein und fand einen 10 000-Yen-Schein darin. Wer gibt denn 10 000 Yen für so etwas aus, fragte er sich. Aber gut, dann war es Herrn Saji das eben wert. Jeder hatte seine eigenen Prioritäten. Reito steckte das Kuvert in den Schlitz seines Samue und griff nach dem Kerzenständer. Nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass alles in Ordnung war, verließ er die Höhle wieder. Draußen blickte er wie zufällig in den Nachthimmel hinauf. Der Mond stand groß über ihm. Täuschte er sich, oder war er heute noch ein Stück runder als gestern? Morgen wäre endlich Vollmond.

Reito kehrte ins Büro zurück und machte sich ans Aufräumen. Als das Gröbste erledigt war, schielte er kurz zum kleinen Kühlschrank hinüber. Nein, von den Chûhai-Dosen wollte er heute die Finger lassen. Morgen ging es früh los, Alkohol würde ihn jetzt nicht weiterbringen. Er putzte sich am Waschbecken des...

Erscheint lt. Verlag 16.4.2025
Übersetzer Yukiko Luginbühl
Sprache deutsch
Original-Titel Kusunoki no Bannnin 『クスノキの番人』(Camphor Tree Guardian)
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Asiatische Literatur • Bestseller • bevor der kaffee kalt wird • Beziehungen • die katze, die von büchern träumte • Die Telefonzelle am Ende der Welt • eBooks • Erinnerungen • Familie • Fantasy • Frau Komachi empfiehlt ein Buch • Geschenk für die Freundin • healing fiction • Inspirational • Japan • Japanische Literatur • japanisches Buch • kleine wunder um mitternacht • Laura Imai Messina • Lebenshilfe • Lebensweg • Magischer Realismus • Michiko Aoyama • Neuerscheinung 2025 • Roman • Romane • Shinto • Sosuke Natsukawa • Tokio • Toshikazu Kawaguchi • Wohfühlbuch
ISBN-10 3-641-32625-7 / 3641326257
ISBN-13 978-3-641-32625-8 / 9783641326258
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