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Fun (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2025
298 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-32781-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fun - Bela B Felsenheimer
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Fünf Musiker, drei Konzerte, eine Stadt in der Provinz. Eine Woche im Leben der erfolgreichen Band nbl/nbl. Eine Woche, nach der nichts mehr so ist, wie es war.

Der große neue Roman von SPIEGEL-Bestsellerautor Bela B Felsenheimer.

Bela B Felsenheimer, geboren 1962 in West-Berlin, ist Schlagzeuger, Gitarrist, Komponist, Sänger, Schauspieler, Synchron- und Hörbuchsprecher, war Comicbuch-Verleger und hatte eine eigene Radiosendung. Bekannt ist er vor allem als Mitglied der Punkrock-Band die Ärzte. Sein Debütroman Scharnow stieg sofort auf Platz 2 der SPIEGEL-Bestsellerliste ein und wurde von der Presse gefeiert. Fun ist sein zweiter Roman.

1

»Na du süßes Stück, wie perfekt siehst du denn aus? Fast zu gut, um dich zu essen. Aber wir wissen beide, dass das dein Schicksal ist. Es wäre auch schade um deine weiche weiße Sahnefüllung. Auf die musst du doch ganz besonders stolz sein.« Zärtlich betrachtet Liane das Gebäck auf dem Küchentresen vor ihr. »Genauso stolz wie auf deine Schokoglasur, was?«

Ihr Zeigefinger nähert sich langsam dem braunen Überguss. Soll sie? Nur einmal kosten. Es wird niemand merken. Ihr Finger ist nur noch Millimeter entfernt. Sie ist wie hypnotisiert vom Anblick der süßen Verheißung.

Da hört sie Schritte die Treppe herunterkommen. Guido. Die Geräusche lösen Liane aus ihrer Starre, und sie fährt sich mit der Hand durch ihr halblanges, dunkles Haar.

»Guten Morgen, meine Koalita, gibst du mir die Lunchbox?«

Sie mag es, wenn er sie so nennt, und würde ihm gern mit einem Kuss antworten, aber sie will die Überraschung nicht verderben. Also bleibt Liane mit dem Rücken zu ihm stehen, um das Gebäck vor ihm zu verbergen.

»HALT! Nimm dir einen Kaffee und bleib da stehen!«, kommandiert sie über die linke Schulter hinweg, »und komm erst näher, wenn ich es dir sage!«

Sie ist extra eine halbe Stunde früher aufgestanden, um ihm eines von den Eclairs in der französischen Bäckerei zu kaufen, die er so liebt. Die Überraschung ist fürs Büro gedacht, und sie freut sich schon auf seinen Dankesanruf, der darauf folgen wird. Und Guido wird dankbar sein. Er wird diese süße Sünde lieben, die er sich mit Blick auf seine Figur nicht sehr oft gestattet. Ihr Mann gönnt sich sowieso zu wenig, findet Liane, und wenn es anders wäre, würde sie ihn hierfür auch nicht kritisieren. Es gibt an diesem Gesamtpaket Guido so gut wie gar nichts auszusetzen. Vielleicht liebt sie ihn nicht so, wie er es verdient hätte, aber sie bewundert ihn. Seine Disziplin und Umsicht, seine Werte. Sie sind ehrlich zueinander, und sie haben immer noch regelmäßig Sex. Welches Paar kann das nach fünfundzwanzig gemeinsamen Jahren von sich behaupten?

In ihren Augen ist Guido ein großartiger Mensch, und darum hat er sich hin und wieder ein Mehr an Aufmerksamkeit absolut verdient.

Mit einem Lächeln übergibt sie Guido die Lunchbox, nimmt ihm den Kaffeebecher aus der Hand und verabschiedet ihn wie jeden Morgen mit einem Kuss auf sein Kinn.

Sie geht nach oben und klopft an die Zimmertür ihrer Tochter.

»Was denn? Es ist noch mitten in der Nacht.«

Den genervten Tonfall kennt Liane und zuckt trotzdem zusammen.

Ihre Hand sucht die kleine Verletzung am Oberschenkel, die sie sich gestern auf der Arbeit an einer Buchseite zugezogen hat, wie auch immer ihr das gelungen ist. Sachte drückt sie darauf. Gern würde sie sich zu ihrer Tochter legen und gegenfragen: »Was ist denn mit dir, mein Schatz?« Aber diese Zeiten sind vorbei. Bei dem Gedanken drückt sie etwas fester auf die schmerzende Stelle. Sie weiß nicht, warum, aber es beruhigt sie.

Maila ist zweiundzwanzig Jahre alt. Eine Frau, kein Mädchen mehr und doch noch verhältnismäßig orientierungslos. Maila würde sie für diesen Gedanken sicher hassen. Liane bewundert ihre Tochter für die selbstbewusste Wildheit, die hedonistische Lebenseinstellung, früher mal war sie auch so.

Bis Maila kam.

Liane hat ihr Muttersein trotzdem nie bereut. Sie liebt ihre Tochter. Es ist eine pure, tiefe Liebe. Diese Liebe gibt ihr Halt.

Sie nimmt die Hand von ihrem Oberschenkel und ordnet ihre Gedanken.

»Ich muss jetzt los, lass uns heute Abend etwas zusammen machen, ja?«, ruft Liane durch die Tür. Sie wartet kurz, bevor sie »Ich küsse dich!« hinterherschiebt.

»Warte, Mum!«

Die Tür geht auf. Verschlafen und umso schöner steht Maila vor ihrer Mutter und gibt ihr einen Kuss auf den Mund, während sie die Arme um sie schlingt.

»Bis heute Abend, Mum. Ich hab eh keine Vorlesungen. Ich glaub, ich tanke mal ganz chillig Kraft zu Hause.«

Liane fährt wie meistens mit dem Fahrrad zur Arbeit. Sie atmet tief ein, trinkt förmlich die frische Luft des Frühsommers. Ihr ist, als würde jeder Vogel nur für sie singen.

Sie ist ein positiver Mensch, und sie weiß, warum. Sie braucht keine Überraschungen mehr im Leben, kein Risiko und erst recht kein Adrenalin. Davon hat sie mehr als genug gehabt, als sie mit ihrer Tochter schwanger wurde. Es waren komplizierte Zeiten damals, die sie einiges an Kraft gekostet haben. Da war sie so alt wie Maila heute.

Ihr Mobiltelefon vibriert. Liane stoppt ihr Rad an einer Ampel, obwohl die eben erst auf Grün gesprungen ist. Hinter ihr hupt ein Auto.

Sie dreht sich um. Am Steuer des teuer aussehenden SUVs gestikuliert wütend der genervte Fahrer. Sie schaut ihn herablassend an.

»VOM HUPEN WIRD DEIN PIMMEL AUCH NICHT GRÖSSER, DU CRO-MAGNON-MENSCH!«, brüllt sie ihm zu. Ein älterer Mann auf dem Gehweg zuckt zusammen und erhöht merklich das Tempo seiner Schritte.

Liane wendet sich ihrem Telefon zu und liest seelenruhig die Nachricht.

Schätzchen, ich kann dir das Geld für das Boot erst nach unserem Trip geben. Is das okay?
Timo hat mal wieder Geldsorgen. Mann ey, bin ich froh, wenn ich mal rauskomme. So was von keinen Bock auf Typen mehr. Huggies Selina

Die Ampel springt auf Grün, der SUV kurvt um sie herum und fährt mit quietschenden Reifen weg.

Liane beachtet ihn nicht weiter und denkt an ihre Freundin. Sie freut sich auf den gemeinsamen Bootstrip am Wochenende mit ihr und der toughen Frankie. Mit Selina ist sie schon ewig befreundet, war es schon lange vor Mailas Geburt, und sie hat sich nicht wirklich verändert in all den Jahren. Selinas Kraft kommt aus dem Chaos, denkt Liane. Und ist froh, dass es bei ihr selbst heute anders ist.

Na klar ist das okay. Ich kenn dich doch. Aber lass dich nicht mehr von Timo ausnehmen! Kisses, L.

Sie kommt wie immer zu früh. Liane liebt die kurze Zeit der Stille, bevor die ersten Kollegen eintrudeln und mit der umfangreichen Arbeit beginnen, die getan werden muss, bevor die Bibliothek öffnet.

Als sie nach ihrem Studium zur Bibliothekarin den Job annahm, fühlte es sich wie ein Heimkommen an, hier hatte sie so viele Stunden ihrer Kindheit verbracht. Damals war es eine wenig frequentierte Kleinstadtbibliothek gewesen, die sie erst einmal auf Vordermann hatte bringen müssen – sowohl das Programm als auch die Räumlichkeiten. Zu ihrem Glück war ihr Chef sehr offen für ihre Vorschläge, und so entstand unter ihrer Anleitung ein Ort der Kommunikation, zu dem die Leute wieder gerne kommen. Ob eine bessere, lesegerechte Beleuchtung, genügend Sitzgelegenheiten oder die in freundlichem Pfirsichton gestrichenen Wände – das alles geht auf ihr Konto. Auch die Kaffeestube im Eingangsbereich, das Café Ankommen, ist ihr zu verdanken.

Besonders aber liebt sie ihren Job wegen der Menschen, den Nutzerinnen und Nutzern der Bibliothek. Eine Klientel, die so bunt wie interessant ist. Alte Leute, die etwas Gesellschaft suchen, treffen hier auf die ein, zwei Obdachlosen der Gegend, von denen der eine allerdings regelmäßig über seinem Buch einschläft, Studenten und Jugendliche, die zu Hause nicht die nötige Ruhe zum Lesen haben, und Geflüchtete aus dem nahe gelegenen Containerdorf, die hier Platz zum Lernen finden. Jeder Tag ist anders, herausfordernd und spannend.

Bevor sie ihren Arbeitstag beginnt, gönnt sich Liane wie immer ein kleines Ritual. Einen Milchkaffee in der Teeküche. Den Nachrichten im Radio zuhören, während die warme Flüssigkeit langsam Koffein in ihren Kreislauf spült. Schön zu wissen, was kommt.

Die Anschaffung des Radios hat sie einige Überredungskunst gekostet. Derart geräuschvolle Medien sind selbst in den Büroräumen einer Bibliothek eigentlich ein No-Go, aber nachdem sie auch die IT-Abteilung zum Laufen gebracht hatte, konnte ihr Chef es ihr nicht abschlagen.

Der Kaffeevollautomat ist gut, wenn nicht perfekt eingestellt. Sie hat vor Kurzem ihre Kollegen dazu gebracht, Hafer- statt Kuhmilch zu akzeptieren, was die Zubereitung eines Milchkaffees, wie Liane ihn liebt, ohne das lästige Schlauchwechseln und Durchspülen der organischen Reste, deutlich beschleunigt. Wer auf Kuhmilch besteht, kann ja ins Ankommen gehen.

Sie hält die bauchige Tasse mit beiden Händen. Die Küche ist leer, das Radio läuft.

Life is good.

Die Signalmelodie der halbstündlichen Nachrichten holt sie aus ihren Gedanken.

»Es ist acht Uhr dreißig. Hier ist Radio Crash mit dem Nachrichtenüberblick. Ausdiskutiert: Zoff in der Koalition wegen geplanter Grundgesetzreform, die Opposition erhebt derweil schwere Vorwürfe. – Ausgezockt: Eine weitere Hamburger Privatbank meldet Insolvenz an. – Ausgerockt: Ambivalente Äußerungen des Sängers der Rockband nbl/nbl, Maler Meister, haben einen massiven Shitstorm in den sozialen Medien ausgelöst. Die umstrittene Band befindet sich derzeit auf ihrer Wunder-Wear-Tour und wird kommendes Wochenende ganze drei Shows im Hockeystadion von Sasenheim spielen, die alle bereits ausverkauft sind.«

In Lianes Schläfen beginnt es unangenehm zu pochen. Sie schließt die Augen und reibt die Stelle, bis das Pochen nachlässt.

»Verdammt noch mal«, entfährt es ihr leise. Sie öffnet die Augen, lässt einen Stoßseufzer los, geht zum Radio hinüber und schaltet es aus. »Einmal ein...

Erscheint lt. Verlag 27.1.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aftershow • eBooks • Familie • Gesellschaftsroman • Konzert • Musik • Mutter-Tochter-Beziehung • Patriarchat • Roman • Romane • Scharnow • Spiegel Bestsellerautor • toxische männlichkeit • Vaterschaft
ISBN-10 3-641-32781-4 / 3641327814
ISBN-13 978-3-641-32781-1 / 9783641327811
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