Zum Hauptinhalt springen
Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Simli (eBook)

Ein Grenzlandroman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
506 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-4035-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Simli -  Eva-Maria Fontaine-Arnold
Systemvoraussetzungen
2,49 inkl. MwSt
(CHF 2,40)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Wer die Landschaft des Saar-Gaus kennt, findet sich wieder im klaren Licht über den sanften Hügeln, auf den Streuobstwiesen, in den verschlafenen Dörfchen. Im Sommer des Jahres 2010 geschehen hier seltsame Dinge, harmlos zunächst, und dann entsetzlich sich steigernd. Früchte werden gestohlen, kleine Tiere. Dann verschwinden kurz hintereinander zwei Babys und der fünfjährige Frederick Massonne. Die Spurenlage ist äußerst dürftig, es gibt keine Zeugen, und die Polizei scheint hilflos. Marie Rosselle, fünfundfünfzig Jahre alt, klug und sensibel, ahnt, dass all die rätselhaften Dinge zusammenhängen, und sie spürt intuitiv, dass die Landschaft dabei eine entscheidende Rolle spielt. Als ein Liebespaar nachts auf einer Streuobstwiese kleine zerlumpte Gestalten beim Äpfelklau beobachtet, scheint es so, als seien Kinder in die rätselhaften Vorgänge verwickelt.Dann findet Maries kleine Enkelin auf einem Spaziergang den Schädel eines Babys. Das Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung ist so grauenhaft, dass es nicht veröffentlicht wird. Der Winter kommt, und es kehrt Ruhe in den kleinen Dörfern ein. Aber sie ist trügerisch. Im April verschwindet wieder ein Baby, unter genauso mysteriösen Umständen wie die anderen Kinder. Angst und Misstrauen beherrschen die Menschen. Im August sind zwei Jäger in der Nacht auf der Pirsch, als ihnen ein Kind entgegenkommt. Es ist Frederick, der vor einem Jahr verschwunden ist. Er ist furchtbar verwahrlost, schwer traumatisiert, stumm. Er kann nichts beitragen zur Aufklärung der schrecklichen Ereignisse. Marie Rosselle liest ihm Märchen vor, und so kann sie seine Blockade aufbrechen. Er spricht sein erstes Wort, und Marie erkennt, wo er das letzte Jahr verbracht hat. Fast zeitgleich findet auch die Polizei diesen Ort. Was die Polizisten aber dort entdecken, ist verstörend, kaum vorstellbar und anders als alles, was sie bisher gesehen haben. Sie müssen erkennen, dass polizeiliche Mittel nicht geeignet sind, um diesen Fall aufzuklären.

Eva-Maria Fontaine- Arnold, geboren 1949 in Saarlouis, Studium der Germanistik und Geographie, Oberstudienrätin i.R., Dozentin für Sprach -und Integrationskurse an der VHS Saarlouis, Mutter zweier wunderbarer Kinder, weltweit gereist. 2011 Veröffentlichung des ersten Romans 'gerächt/gerecht' unter dem Pseudonym Maria Brünne. 2015 Abdruck eines Gedichts im 'Jahrbuch des zeitgenössischen Gedichts' (Frankfurter Bibliothek 2015) 2016 Abdruck von 5 kurzen Texten im Mundartbuch 'So schwäddse mir im Landkreis Saarlouis' des Kelkel Verlags. 2016 kurzer Auftritt auf der Online-Plattform des deutschen Literaturfernsehens (Lesung von sechs Limericks).

Eva-Maria Fontaine- Arnold, gebohren 1949 in Saarlouis, Studium der Germanistik und Geographie, Oberstudienrätin i.R., Dozentin für Sprach -und Integrationskurse an der VHS Saarlouis, Mutter zweier wunderbarer Kinder, weltweit gereist. 2011 Veröffentlichung des ersten Romans "gerächt/gerecht" unter dem Pseudonym Maria Brünne. 2015 Abdruck eines Gedichts im "Jahrbuch des zeitgenössischen Gedichts" (Frankfurter Bibliothek 2015) 2016 Abdruck von 5 kurzen Texten im Mundartbuch "So schwäddse mir im Landkreis Saarlouis" des Kelkel Verlags. 2016 kurzer Auftritt auf der Online-Plattform des deutschen Literaturfernsehens (Lesung von sechs Limericks).

KAPITEL 1


 

Das Dörfchen lag still, wie verlassen in der Sonntagnachmittagssonne.

Vor zwanzig Minuten ist das letzte Auto durchgefahren.

Sein Fahrer hätte schon nach ihm suchen müssen, wollte er den weißgrauen Hund sehen, der an einer Scheunenwand lag und döste. Wahrscheinlich hätte er auch die drei Jungen auf dem kleinen Platz nicht wahrgenommen, obwohl dieser direkt an der Straße lag, an der Hauptstraße des Dorfs, der Rue Principale.

Auch sie waren still. Sie taten nichts, waren einfach nur da mit ihren Fahrrädern. Sie lehnten am Rand des Brunnentrogs, in den sich aus einer alten eisernen Pumpe ein dünner Wasserstrahl ergoss.

Nichts übertönte dessen leises Plätschern.

Manchmal drehte einer der drei eine lautlose Runde auf dem kleinen Platz, manchmal balancierten zwei im Stand auf ihren Rädern, bemüht, so lange wie möglich einen Bodenkontakt ihrer Füße zu vermeiden. Danach standen sie wieder neben ihren Rädern, schauten auf die Erde zu ihren Füßen oder die Straße hinunter, so, als warteten sie auf das nächste Auto, das ja irgendwann kommen musste.

 

„An den See!“ Wer das Kommando gegeben hatte, war nicht auszumachen, möglicherweise war es Jean-Luc, mit dreizehn der älteste der drei. Er war schlank, dunkelbraune Locken fielen ihm in die Stirn. Als hätten sie nur auf den Entschluss gewartet, bestiegen sie ihre Räder und fuhren los, die Hauptstraße hinunter und hinter den letzten Häusern über die kleine Brücke mit dem leuchtend blauen Geländer. Für die überbordende Fülle der Blumenpracht, die in allen Farben aus den Kästen an diesem Geländer quoll, hatten sie keine Augen.

Sie waren noch zu jung.

 

Hinter der Brücke bogen sie nach links ab auf einen Weg, der parallel zu dem Flüsschen verlief, das hier eine weite Talmulde geschaffen hatte.

Der Weg war unbefestigt. Wenn es geregnet hatte, war er kaum zu begehen oder zu befahren. Der schwere Keuper-Lehm, der seine Oberfläche bildete, klebte sofort in dicken Klumpen an Schuhen und Reifen. Nur dort, wo das Kalkgestein des Untergrunds zutage trat, war der Weg dann noch fest.

Aber es hatte lange nicht geregnet, und die Sonne, die seit fast zwei Wochen aus einem wolkenlosen Himmel strahlte, hatte den Lehm ausgetrocknet und steinhart gebacken.

Die drei kamen flott voran.

Sie waren nun nicht mehr leise. Rufe, Gesprächsfetzen flogen hin und her, und wenn einer auf einer allzu glatten Kalkplatte ins Rutschen kam und beinahe oder tatsächlich stürzte, wollten die zwei andern sich kaputtlachen, so dass sie kaum noch geradeaus fahren konnten, auf ihren Rädern bedenklich schwankten und manchmal einander so ins Gehege kamen, dass ein Massensturz drohte.

Einmal hielten sie unvermittelt an, als hätte einer auch dazu das Kommando gegeben, versammelten sich auf dem Weg, besprachen sich ernsthaft über einen wichtigen Gegenstand, dann fuhren sie ebenso unvermittelt weiter. Für die Schönheit der Landschaft hatten sie keinen Blick.

Sie waren noch zu jung.

Der kleine Fluss floss in sanften Windungen. Buschwerk und Weiden säumten seine Ufer, manchmal so dicht, dass vom Wasser nichts zu sehen war, auch wenn der Weg dicht daneben verlief.

Dann verriet er sich nur durch sein Plätschern und Rauschen, dort, wo die Steine des Untergrunds ihm im Weg lagen, die Steine, die er selbst freigespült hatte. Aber jetzt war das Wasser nicht zu hören. Die Jungen übertönten sein Plätschern.

Sie hatten nun ihr Ziel bald erreicht. Noch ein Stück Weg, das gerade verlief, so dass sie kräftig in die Pedale treten konnten, und das, was sie ihren See nannten, lag vor ihnen.

Während der Weg weiter geradeaus führte, in die Talaue hinein, machte das Flüsschen hier eine Biegung nach rechts. Heftige Seitenerosion hatte einen Steilhang geschaffen, auf dessen Rand sie jetzt standen.

Auf einmal hatten sie wieder viel Zeit. Sie standen da, die Räder zwischen den Beinen, und blickten auf die Wasserfläche hinunter, die, einen guten Meter unter ihnen, das Innere der Flussbiegung ausfüllte.

Unter ihnen rauschte und gurgelte das Wasser, dort, wo es ans Ufer prallte, sich hineinbiss, hineinfraß und Erde herausriss und mit sich führte, so, als bedürfte es der Wegzehrung.

Am andern Ufer schien das flache Wasser stillzustehen. Es gab dort sogar einen kleinen Strand. Da wollten sie hin.

Und so, wie sie alles Wichtige gemeinsam taten, legten sie nun ihre Fahrräder ab, neben dem Weg, um eventuelle Spaziergänger nicht zu behindern. Sie waren gut erzogen.

 

Jean-Luc, der älteste, wandte sich einer Weide zu, deren Stamm fast waagerecht über den Fluss wuchs. Mit ein paar geschickten Bewegungen stand er auf dem Weidenstamm. Die ersten Schritte waren einfach, es gab einen Ast zum Festhalten. Dann galt es zu balancieren und mit einem kühnen Sprung das jenseitige Ufer zu erreichen. Sie hatten es schon oft getan, auch die jüngeren, die Brüder Pierre und Paul, acht und zehn Jahre alt.

Sie ließen sich auf ihrem Strand nieder. Dass er steinig war, störte sie nicht. Sie taten nichts. Eine Zeitlang genügte es ihnen, ihr Ziel erreicht zu haben und hier zu sitzen. Sie schauten aufs Wasser, folgten seinem Lauf mit den Blicken. Manchmal fuhr einer mit der Hand über den Boden, durch die Steinchen, die ihn bedeckten, und suchte eines heraus, das besonders rund oder besonders flach oder besonders gelb war. Dann warf er es ins Wasser.

Als sie endlich die kleinen Fischchen sahen, die eigentlich immer hier waren, standen sie auf und machten sich an die Arbeit.

Mit bloßen Händen gruben sie eine Mulde, ein kleines Stück oberhalb der Wasserlinie. Dann machten sie einen Graben, auf dass das Wasser in die Mulde floss. Als sie voll war, bauten sie einen Damm. Sie waren sehr zufrieden. Sie hatten einen See geschaffen.

Nun brauchten sie die kleinen Fischchen. Trotz der Übung, die sie bereits hatten, dauerte es lange, bis es einem von ihnen, Pierre, gelang, gleich zwei auf einmal in den hohlen Händen zu fangen. Stolz setzte er sie in den See.

Erst als jeder ein Fischchen gefangen und in dem winzigen See freigelassen hatte, hockten sie sich wieder hin und betrachteten ihr Werk. Sie waren sehr zufrieden.

Dann zog Jean-Luc ein kleines Notizbuch aus der Tasche. Es war schon arg mitgenommen. Er riss ein paar Blätter heraus und begann, Schiffchen zu falten. Er war der Einzige, der das konnte. Er musste doch wettmachen, dass der jüngste ihn beim Fischefangen übertroffen hatte.

Aber er war großzügig und gab jedem ein Schiffchen. Sie setzten sie ins flache Wasser, wo sie sich kaum bewegten. Sie lagen vor Anker. Als sie dort lange genug gelegen hatten, nahm jeder sein Schiff und bugsierte es in Richtung Flussmitte, ins Fahrwasser, wo es von der Strömung aufgenommen und mitgerissen wurde.

Sie blickten der kleinen Flotte nach, bis sie nicht mehr zu sehen war.

Nun brauchten sie neue Betätigung. Die Quelle? In der Wiese, in die ihr flacher Strand allmählich überging, entsprang eine Quelle. Sie war in ein Steinbecken gefasst, an dem die braunen Kühe ihren Durst stillten, die den ganzen Sommer über hier weideten und die auch jetzt da waren. Sie lagen dicht beisammen ein Stück flussaufwärts im Schatten einer Baumgruppe.

Die drei brachen auf zur Exkursion. Sie marschierten zur Quelle. Der Steintrog war noch gefüllt, aber aus dem rostigen Rohr floss das Wasser dünn und kraftlos, und entsprechend wenig ergoss sich aus der Rinne im Rand des Trogs in den kleinen Bachlauf, der durch die Wiese dem Flüsschen zustrebte. Es war nur noch ein Rinnsal. Aber es war fließendes Wasser, und damit konnte man etwas anfangen.

Sie folgten dem Rinnsal bis zu der Stelle, wo die Wiese in den steinigen Strand überging. Das spärliche Wasser erreichte den kleinen Fluss nicht. Es versickerte im Sand. Die drei blieben stehen. Hier musste etwas getan werden. Sie beratschlagten, erwogen, verwarfen. Sie zeigten mit ausgestrecktem Arm, schüttelten die Köpfe, nickten schließlich. Sie hatten jetzt aufgehört, Kinder zu sein. Sie waren Männer, die planten und ihren Plan in die Tat umsetzten. Sie arbeiteten.

Sie bauten einen Staudamm. Aus Erde errichteten sie einen halbkreisförmigen Wall, mit Steinen stabilisierten sie ihn. Sie schufen ein Becken, in dem sich das Wasser des Rinnsals sammelte. Und als das Becken voll war, machten sie einen Überlauf und gruben ein Flussbett, durch das das Wasser nun den Strand überwinden und in den Fluss münden konnte.

Sie standen auf und betrachteten ihr Werk. Sie hatten einen neuen Flusslauf geschaffen. Sie waren sehr zufrieden.

Und verwandelten sich wieder in Kinder, die es auf einmal eilig hatten, nach Hause zu kommen. Sie wandten sich ihrem ersten Werk zu, dem winzigen See, dessen Wasserspiegel schon bedenklich gesunken war, und setzten die kleinen Fischchen wieder in den Fluss. Sie hatten Achtung vor dem Leben. Sie waren gut erzogen.

Nur Jean-Luc, der älteste, schaffte es auf dem gleichen Weg zurück. Er trat auf einen großen Stein, der im flachen Wasser lag, und konnte dann den Stamm der Weide erreichen. Er war schon stark genug, um sich daran hochzuziehen, er konnte sich auch aufrichten und die Balance halten, bis er den Ast ergreifen konnte, der ihm sicheren Halt gab. Erst einmal war er bei diesem Manöver ins Wasser gefallen, so dass er mit nassen Kleidern nach Hause gekommen war. Nur dieses Ereignis hielt bis jetzt die zwei jüngeren davon ab, es Jean-Luc nachzumachen.

Sie liefen zu der seichten Stelle, knapp zweihundert Meter flussaufwärts, die die Kühe als Furt benutzten. Große flache Kalksteine, die hier aus dem Wasser ragten, ermöglichten es den beiden, das...

Erscheint lt. Verlag 13.7.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Angst • Gaulandschaft • Grauen • Kinder • rätselhaftes Verschwinden • Spannung
ISBN-10 3-7598-4035-3 / 3759840353
ISBN-13 978-3-7598-4035-6 / 9783759840356
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
CHF 9,75
Zärtlich ist die Rache. Thriller

von Sash Bischoff

eBook Download (2025)
Fischer E-Books (Verlag)
CHF 12,65