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Stör meine Träume nicht (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 5. Auflage
346 Seiten
epubli (Verlag)
9783759838407 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Stör meine Träume nicht -  Olia Linnet
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Um der fürsorglichen Mutter zu entkommen, macht Nasira (16) eine Sprachreise nach England. Aus geplanten drei Monaten werden zwei Jahre. Nach ihrer Rückkehr ist sie nicht mehr dieselbe, langjährige Freundschaften zerbrechen. Dem schwulen Tänzer und Choreograph Mike läuft sie förmlich in die Arme und erfährt die magische Verbundenheit zu einem völlig fremden Menschen. Sie zieht in das frei gewordene Zimmer seiner WG. Die anderen Mitbewohner sind Medizinstudent Tim, BWL-Studentin Sylvia und der angehende Physiker Frank. Nasira, hoffnungslos verliebt, kämpft um Mikes Zuneigung und gibt sich die Schuld, als er tödlich verunglückt. Um Abstand zu gewinnen, fliegt Nasira erneut nach England, wo ihr ein junger Mann begegnet, der Mike zum Verwechseln ähnlich sieht. Sie glaubt an eine schicksalhafte Fügung und verrennt sich in die Idee, einen Toten auferstehen zu lassen. Was sie anzettelt geht gründlich schief und ist die Fortsetzung eines rastlosen Lebens, mit Tim und Frank als Wegbegleiter. Viele Jahre später erreicht sie ein verloren gegangener Brief, der ihren ewigen Traum, lange Zeit verschüttet, wie eine Seifenblase zerplatzen lässt. Schauplätze sind: München, England, Schottland, Französisch Guyana und Kenia

Schon früh trug Olia Linnet die Leidenschaft in sich, Gedanken in Worte zu fassen und Geschichten daraus entstehen zu lassen. Mit zwölf verfasste sie bereits kleine Erzählungen, später anspruchsvolle Kurzgeschichten und Dichtungen. Der Weg führte über zwei Kinderbücher schließlich zu Romanen. Mittlerweile sind es sechs Bücher im Bereich Belletristik - lebensnahe Geschichten mit Tiefgang und Humor. Jüngst vollendete die autodidakte Autorin eine Erzählung, sowie einen Bildband über Erlebniswandern, amüsant geschildert und kreativ illustriert. Als freie Künstlerin/Malerin lebt Olia Linnet in Rheinland-Pfalz.

Schon früh trug Olia Linnet die Leidenschaft in sich, Gedanken in Worte zu fassen und Geschichten daraus entstehen zu lassen. Mit zwölf verfasste sie bereits kleine Erzählungen, später anspruchsvolle Kurzgeschichten und Dichtungen. Der Weg führte über zwei Kinderbücher schließlich zu Romanen. Mittlerweile sind es sechs Bücher im Bereich Belletristik – lebensnahe Geschichten mit Tiefgang und Humor. Jüngst vollendete die autodidakte Autorin eine Erzählung, sowie einen Bildband über Erlebniswandern, amüsant geschildert und kreativ illustriert. Als freie Künstlerin/Malerin lebt Olia Linnet in Rheinland-Pfalz.

Kapitel 1 – Der lang ersehnte Brief


Eine Vierklang-Melodie beendete Nasiras Traum just in dem Moment, als ihr ein Unbekannter ein Bündel  Geldscheine in die Hand drückte. Was ihn zu der Großzügigkeit veranlasste, war mit dem ersten Augenaufschlag in Vergessenheit geraten. Mit einem müden Blinzeln schaute Nasira auf die rote Digitalanzeige der Weckuhr, streckte den Arm aus und schaltete auf stumm. Energisch warf sie sich herum und zog die Bettdecke halb über den Kopf, als es erneut klingelte. Nasira produzierte einen stimmhaften Seufzer, warme Atemluft hüllte ihr Gesicht ein. Sie schlug die Decke zurück und richtete sich halb auf. Nicht der Wecker war der Schlafräuber, sondern die Türklingel. Nur wer um alles in der Welt besaß die Frechheit...! Sie erschrak beim zweiten Blick auf die Uhr. „Verdammter Mist“, fluchte sie in der Annahme verschlafen zu haben. Sie sprang aus den Federn, lief zum Fenster und zog das Rollo hoch. Unten überquerte der Briefträger die Straße und verteilte die Post in den Briefkästen des gegenüberliegenden Neubaus.

  Ein Gedanke durchzuckte Nasira, der sie froh stimmte und den sie sogleich abschüttelte. „Hör auf damit!“, schallt sie sich. „Hör endlich auf zu glauben, es könnte je passieren.“ Als ob je etwas passierte, das gute Laune machte, fuhr sie im Geiste fort. Was außer Werbeblättchen, Rechnungen und Bankauszüge würde sie im Briefkasten vorfinden, das das Öffnen wert war!? Nichts und absolut nichts!

  Nasira kippte das Fenster, schlug die Bettdecke zurück, strich das Laken glatt und trottete lauthals gähnend ins Bad. „Jetzt bloß nicht in Hektik verfallen“, heiterte sie ihr Spiegelbild auf. „Auf ein paar Minuten mehr kommt es jetzt auch nicht mehr an.“ Sie zog das Nachthemd aus – ein zweckentfremdetes Herrenshirt – und hängte es an die Türklinke. Ihr lag die traditionelle Nachtwäsche nicht. Entweder kratzten die Mischgewebe oder sie fühlten sich beim Nachtschwitzen unangenehm an. Die Seidenstoffe rutschten hoch, bei sommerlichen Temperaturen fühlte man sich wie von Frischhaltefolie umwickelt.

  Nasira ließ knöchelhoch Wasser in die Wanne laufen, warf den Waschlappen hinein und stellte den Seifenspender auf den Rand. Bis vor kurzem noch hatte sie die Dusche vorgezogen und sich von einem Tag auf den anderen für die Badewanne entschieden. Sie schwang das linke Bein über den Rand und als ihr Fuß und Temperaturfühler sein Okay gab, setzte sie sich hinein. Sie seifte den Waschlappen ein, dann sich, zog den  Stöpsel und brauste sich kalt ab. Das Wasser verschwand glucksend im Abfluss.

  Mehr Zeit ließ sich Nasira für die Pflege mit Rosenöl, das sie sich in die tropfnasse Haut rieb, und bei der Suche nach Makel. In der linken Kniekehle entdeckte sie Besenreiser und auch über dem rechten Fußknöchel. Sogar auf der Brust, winzig klein nur, sah aus wie ein Fusel. Sie kratzte daran, als ließe er sich entfernen. So fängt's an, dachte sie. Kleine rote und blaue Äderchen, zunehmend ausbreitend und zu einem ernsthaften kosmetischen Problem ausartend. Hoffentlich blieben ihr größere Geflechte erspart, wie sie die Mutter oberhalb beider Fersenbeine und an den Schenkelinnenseiten hatte. Erinnerten an Flussverzweigungen oder an das Wirrwarr eines Schnittmusters. Dann, beim Zähneputzen, sah Nasira aus den Augenwinkeln heraus ein Aufblitzen in der geriffelten Fensterscheibe. Das Licht der Sonne hatte sich in den Fassetten des Glases gebrochen, das vom Spiegel reflektiert wurde und wie ein gleißender Minikomet aufgetaucht und verglüht war. Ein kosmisches Zeichen, eindeutig.

  Nasira spuckte aus, stellte das Zahnputzzeug zurück auf die Ablage und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Sie schlüpfte in den  Frotteemantel, schnappte sich den Schlüssel und lief ins Erdgeschoss. Das Schloss am Briefkasten klemmte. Nasira steckte die Finger durch die Einwurfklappe und drückte dagegen. Das Türchen sprang auf, die Post flog ihr entgegen, als hätte sie es eilig, gelesen zu werden. Sie überflog die Absender der Zuschriften, als ihr mit einem Mal der Atem stockte und die Schrift vor ihren Augen verschwamm. Kann nicht sein! 

  Nasira wurde heiß, im Kopf rauschte es. Das träumte sie nur! Sie schaute reihum. Da war die Haustür, die Treppe, der Abstreifer, die tiefen Kratzer in der Wand und sie im angegrauten Bademantel und Schlappen vor den Briefkästen. Sie schlug sich auf die Wange, rechts, links und begrüßte den Schmerz. Ihr Verstand spielte ihr keinen Streich. Tatsächlich und ganz real hielt sie diesen einen Brief in Händen, auf den sie so lange gehofft hatte. Nasira ließ alles andere zu Boden segeln, holte Luft und entließ einen spitzen Schrei, der durchs ganze Haus hallte.

 

Zwölf Jahre zuvor!

Die mittlere Reife war geschafft, ein dreimonatiger Sprachkurs in London lag vor ihr. Nasira sehnte den Tag herbei und schnitt für jeden der um war einen Zentimeter am Maßband ab, das sie mit einer Sicherheitsnadel an den Hosenschlaufen befestigte. Grönland wäre auch okay gewesen oder die Mongolei. Hauptsache weit weg von der Mutter, zu der sie von jeher ein kompliziertes Verhältnis hatte. Weil ständiges Nörgeln Teil ihrer Persönlichkeit war und auch übersteigerte Fürsorge, die schon Bruder Max und den Vater aus dem Haus getrieben hatten. Hamster, Meerschweinchen und Wellensittich sogar in den Tod, die wegen falscher Ernährung frühzeitig verendet waren.

  Max hatte mit zweiundzwanzig das Weite und seinen Platz in der Welt gesucht. Vater Eberhard hatte sich nach vierundzwanzig Ehejahren getrennt. Freunde, Bekannte und Nachbarn hatten ihm Torschlusspanik angedichtet, Hormonstau et cetera. Nasira wusste es besser.

  Die Scheidung war zur Schlammschlacht geworden. Selbst großzügiger Unterhalt und Zugewinnausgleich in fünfstelliger Höhe konnten nicht den Hass auf den Noch-Ehemann schmälern, dem die Mutter täglich neue Nahrung gab.

 

Über alle Maßen erleichtert, das Loch erwischt zu haben, lebte Nasira in der Weltstadtmetropole an der Themse auf. Selbstbestimmung, Unbeschwertheit und ein Gefühl von Leichtigkeit führten noch vor Abschluss des Sprachkurses zu dem Entschluss zu bleiben, ohne sich zeitlich festzulegen.

  Die Mutter erfuhr davon am Telefon. Gekränkt und verärgert wartete sie mit haltlosen Argumenten auf, die Tochter umzustimmen und drohte sogar mit rechtlichen Schritten. „Du bist noch keine achtzehn. Ich habe die Aufsichtspflicht und werde verantwortlich gemacht, wenn dir was zustößt.“

  „Passieren kann mir überall was“, wusste Nasira.

  „Wenn ich sage, du kommst heim, dann kommst du heim!“, erwiderte die Mutter herrisch. „Wir diskutieren das hier aus, von Angesicht zu Angesicht.“

  „Ich habe als Jugendliche das Recht auszuziehen, wenn ich die Notsituation begründen kann.“

  „Notsituation?“ Die Mutter schrie fast. „Und die ist wie begründet?“

  „Du versuchst jeden mit deinen Wahrheiten zu manipulieren. Bei sensiblen Menschen wie mich führt das langfristig zur Selbstentwertung. Ich lasse mich nicht länger auf dein Spiel ein, denn...“

  „Spiel? Nasira, ich glaube, der Smog dort vernebelt dir die Sinne. Ich erkenne dich nicht wieder.“

  „Wenn du den englischen Nebel meinst...“

  „Genau den meine ich. Daran sind haufenweise Leute gestorben.“

  „Das war in den 50ern. Die Londoner Luft ist nicht schlechter als die in München. Und es regnet hier auch nicht ständig, wie allgemein behauptet wird.“ Nasira hatte keine Lust weiter zu debattieren und legte mit einem 'Tschüss!' auf.

 

Eine Agentur vermittelte Nasira als Kindermädchen zu den Hubbards. Das Paar hatte zwei Söhne: quicklebendige Racker im Alter von sechs und acht Jahren, die die deutsche Nanny umgehend in ihr Herz schlossen und umgekehrt.

  Den Hubbards gehörte neben einem Haus im Stadtviertel Bloomsbury, das sich seinen dörflichen Charakter im Zentrum Londons bewahrt hatte, auch ein Cottage auf dem Land, wo die Familie die meisten Wochenenden und Kurzferien verbrachte. Dort entflammte auch in Nasira die Liebe für das ursprüngliche England mit einem verbindenden Empfinden, Teil eines Jahrhunderte alten Märchens zu sein. Zwei Jahre vergingen viel zu schnell, der Abschied von Land und Leute fühlte sich an wie loseisen aus einer wohligen Umarmung.

  Das Anknüpfen an das alte Leben war ernüchternd. Das Umfeld, die Menschen und ihre Sicht auf das Leben waren nicht länger kompatibel mit ihrer Philosophie. Nasira war reifer und nachdenklicher geworden, ihrem Alter um Jahre voraus.

  Wenige Wochen nach ihrer Rückkehr mietete Nasira eine Einraum-Altbauwohnung in München/Bogenhausen. Vater Eberhard, mit seiner neuen Frau mittlerweile nach Holland

verzogen, steuerte zum Unterhalt bei und verhalf seiner Tochter auch zu einer Stelle als Schreibkraft in einem Fünf-Sterne-Haus in der Maximilianstraße. Der Direktor, ein alter Spezi, tat ihm gern den Gefallen. Wieder kämpfte Mutter Marga mit Trennungsschmerz. Die Angst vor dem Alleinsein und nicht mehr gebraucht zu werden machten ihn aus. Vorgebrachte Argumente, die dazu nicht immer der Wahrheit entsprachen, ließ Nasira an sich abprallen. 

  „Man könnte meinen, du  fliehst  vor  mir“, sagte Marga, als die Tochter den letzten Karton für den Abtransport packte.

  „Stell dir vor, genauso ist es!“

  „Aber warum denn bloß?“

  „Wie oft musst ich es noch sagen? Ich möchte morgens furchtlos aufstehen, unverkrampft frühstücken und mich frei bewegen können, ohne...

Erscheint lt. Verlag 9.7.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Seelenkunde • Sinnsuche • Traumtänzerei • Unerfüllte Liebe
ISBN-13 9783759838407 / 9783759838407
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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