Reif genug für einen Mord (eBook)
260 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-06192-8 (ISBN)
Erwin Sittig wurde 1953 in Güstrow geboren. Sein Studium an der TU Dresden schloss er 1977 als Dipl.-Ing. für Informationstechnik ab. Heute lebt der Schriftsteller mit seiner Frau in Ludwigsfelde. Da er auch Hobbyfotograf ist, erstellt er gelegentlich seine Cover selbst.
Erwin Sittig wurde 1953 in Güstrow geboren. Sein Studium an der TU Dresden schloss er 1977 als Dipl.-Ing. für Informationstechnik ab. Heute lebt der Schriftsteller mit seiner Frau in Ludwigsfelde. Da er auch Hobbyfotograf ist, erstellt er gelegentlich seine Cover selbst.
5
Da sie schon vor einer gefühlten Ewigkeit die Schulzeit hinter sich gebracht hatten, fühlten sie sich, als würden sie ein Museum aufsuchen.
Leni und Henk näherten sich der Schule, die Carina besucht hatte, mit gemischten Gefühlen. Was würde sie hier erwarten? Der Schulhof war wie leergefegt. Ein kleiner Mann, der wackelnd über den Hof ging, um für Ordnung zu sorgen, erweckte ihre Aufmerksamkeit. Er hatte scheinbar Schmerzen beim Laufen.
„Verzeihen Sie. Wir würden gern den Sportlehrer sprechen. Wissen Sie, wo wir ihn finden können?“
„Wo schon. Er ist im Unterricht. Was wollen Sie von ihm?“
Den Mann hatte eine gewisse Unruhe erfasst. Er musterte sie skeptisch.
Leni und Henk wiesen sich aus.
„Wir sind von der Kriminalpolizei und haben ein paar Fragen zum Mordfall, von dem Sie bestimmt schon gehört haben. Sie sind der Hausmeister?“
„Der bin ich. Und was hat der Mordfall mit Herrn Grebe zu tun? Der tut keiner Fliege was zuleide.“
„Wir haben ihn auch nicht beschuldigt. Mit wem müssten wir denn Ihrer Meinung nach reden? Mit Ihnen? Vor Ihnen müssen sich die Fliegen bestimmt fürchten.“
„Was wollen Sie mir unterstellen?“, rief er und trat nervös von einem Bein aufs andere.
„Nur, dass Sie hier den Dreck wegmachen, wie es sich für einen Hausmeister gehört“, entgegnete Henk. „Wie ist Ihr Name?“
Er wurde nun noch nervöser.
„Harald Luders. Mein Name ist Harald Luders. Was wollen Sie denn wissen?“
„Kannten Sie Carina Möwius näher?“
„Wie man eben die Kinder seiner Schule so kennt. Nur was man in den Pausen so mitbekommt.“
„Sie soll ja sehr beliebt gewesen sein. Mochten Sie das Mädchen auch?“
„Beliebt? Vielleicht bei ihren Gaken, mit denen sie sich umgab. Sie war ein Miststück. Keine Achtung vor niemanden. Nur wenn sie etwas wollte, kehrte sie das liebe Mädchen heraus.“
„Ist sie Ihnen auch zu nahe getreten?“
„Sie schauten mich stets abwertend an und machten dumme Sprüche über mich. Wahrscheinlich, weil ich nicht ihrem Schönheitsideal entspreche.“
„Worum ging es konkret?“
Er hatte sich während seiner Rede erregt, und auch jetzt wurde jedes Wort von hasserfüllten, angewiderten Gesichtszügen begleitet.
„Sie machten sich darüber lustig, dass ich so klein bin und wegen meines Hüftleidens immer ein Bein nachziehe. Dabei gaben sie sich nicht mal Mühe, leise zu sprechen. Ich sollte es hören und die anderen Kinder auch. Spacko haben sie immer gesagt.“
„Dann trauern Sie dem Mädchen vermutlich nicht nach.“ Seine Mine schaltete sofort um, als er erkannte, wie seine Worte auf die Kripobeamten gewirkt haben mussten. Sein Gesicht wurde milde, fast freundlich.
„Ich würde doch niemals einem Kind etwas Schlechtes wünschen. Sie sind eben so. Die Schuld sehe ich eher bei den Eltern. Achtung und Mitgefühl werden heute kaum noch vermittelt.“
„Und der Sportlehrer, Herr Grebe, machten sie sich über den auch lustig?“
„Was haben Sie denn immer mit Herrn Grebe? Fabian ist ein ganz feiner Mensch. Bei ihm haben sie sich eher eingeschleimt. Er sieht gut aus und hat eine sportliche Figur. So etwas mögen diese kleinen aufgemotzten Zicken.“
Ihm fiel nicht mal auf, dass er erneut zu seinen Hasstiraden zurückkehrte.
„Hat Herr Grebe die Nähe der Mädchen gesucht, da er so verehrt wurde?“
„Nein, wo denken Sie hin. Der Mann ist immer korrekt. Der hat sie immer auf Distanz gehalten.“
Er musste einen Narren an dem Mann gefressen haben, so wie er sich für ihn ins Zeug legte.
„War es denn nötig, sie auf Distanz zu halten? Wurden sie anzüglich?“
„Nein. So war das nicht“, sagte er nun fast verlegen.
„Ich sage am besten gar nichts mehr. Fragen Sie ihn selbst. In zehn Minuten ist Pause. Warten Sie vor der Turnhalle auf ihn.“
„Danke, Herr Luders. Gab es andere Lehrer, die ein Problem mit Carina hatten?“
„Ich habe schon zu viel gesagt. Schönen Tag noch.“ Er nahm seine Arbeit wieder auf, ohne sie weiter zu beachten.
Kurz darauf kamen die ersten Kinder aus der Turnhalle. Fabian Grebe kam nicht heraus, also gingen sie hinein. Er war mit dem Wegräumen der Sportgeräte beschäftigt.
„Herr Fabian Grebe?“, riefen sie ihm zu.
Er schaute sie an, legte ein erzürntes Gesicht auf und kam auf sie zu.
„Bleiben Sie stehen! Bitte nicht mit den Schuhen aufs Parkett. Ich komme zu Ihnen.“
Sie stellten sich vor und kamen gleich zur Sache.
„Sie wissen, weswegen wir hier sind?“
„Ist nicht schwer zu erraten. Aber wieso befragen Sie nicht Carinas Klassenlehrerin? Ich war nur ihr Sportlehrer.“
Henk sah sich den Lehrer etwas intensiver an. Der durchtrainierte Körper war schon beeindruckend. Aber auch sonst legte er wert aufs Äußere. Ein gepflegter Schnurrbart, der nicht unbedingt trendy war und ein kleiner spitzer Zickenbart zierten sein Gesicht. Dieser Spitzbart wurde von vielen Männern als Zeichen der Dominanz getragen. Davon hatte er schon gehört. Was könnte das für den Fall bedeuten? Dass er bei Frauen stets den Ton angeben will? Doch als Lehrer ist man immer die dominante Person. Es war wohl nur ein Symbol, das seine Eitelkeit befriedigte.
„War Carina ein sportliches Mädchen?“, fragte Leni.
„Das hielt sich in Grenzen. Bei den Sportarten, in denen sie ihre Show abziehen konnte, gab sie sich Mühe. Sobald es aber um Kraftsport oder Teamgeist ging - Fehlanzeige.“
„Hat sie sich auffällig benommen? Hat sie versucht, Sie anzumachen?“
„Sie denken an einen Sexualmord? Carina war zwar etwas frühreif, doch über verklemmte anzügliche Gesten ging es nie hinaus.“
„Was meinen Sie mit anzüglichen Gesten?“
„Blickkontakte mit betontem Lächeln, Strecken des Körpers, wenn sie fühlte, dass sie jemand beobachtete oder das Werfen der Haare über die Schulter. Alles Sachen, die sie sich wahrscheinlich aus dem Fernsehen abgeschaut hat.“
„Denken Sie, dass sie schon auf sexuelle Erlebnisse aus war?“
„Keineswegs. Sie lechzte einfach nach Bewunderung. Sie fühlte sich dann aufgewertet. Darum bemühte sie sich, stets im Mittelpunkt zu stehen. Ohne diese Anwandlungen, wäre sie ein nettes Mädchen.“
Sie hatten inzwischen den Weg zum Schulhof eingeschlagen, wo die Kids in Gruppen beieinanderstanden.
„Wie sah es mit ihren schulischen Leistungen aus?“
„Keine Ahnung. Ich habe mich nie mit den Kollegen über sie unterhalten. Warum auch? Soweit ich weiß, hat sie sich im Computerkabinett engagiert. Habe sie mal gesehen, als sie dort hinging. Ob das aber auf gute Leistungen schließen lässt? Vielleicht fragen Sie mal Elias Reiber, der leitet das Computerkabinett. Der kann Ihnen sicher mehr zu ihrem Intelligenzquotienten sagen.“
„Man sagt, dass Carina mit Leonardo Hansen zusammen war. Wie intim war ihre Beziehung? Würden Sie die als kindlich einstufen?“
„Kann mir schon vorstellen, dass sie auch mal geknutscht haben. Mehr aber nicht. So frühreif war sie nun auch wieder nicht. Da hinten steht übrigens Leonardo.“
Mit seinen halblangen schwarzen, gegelten Haaren wäre er als Sohn von Leni durchgegangen, dachte Henk belustigt. Leonardo war im Gespräch mit ein paar Mädchen vertieft. Sie lachten viel. Offenbar berührte ihn der Tod seiner Freundin nicht besonders, wenn er jetzt schon neue Netze auswarf.
„Wir können ja ein paar Worte mit ihm wechseln, bevor die Pause vorbei ist“, sagte Leni zu Henk.
„Da wäre ich an Ihrer Stelle vorsichtig. Eine Befragung, ohne Erlaubnis der Eltern, könnte Sie in Schwierigkeiten bringen. Ganz besonders bei den Hansens, die sich ihr Kind durch den Allerwertesten ziehen.“
„Der Junge sieht außergewöhnlich muskulös aus, für einen 13-Jährigen. Über ihn werden Sie sich im Sportunterricht nicht beklagen können, oder?“
„Leonardo ist unser Vorzeigesportler. Bei Schulwettkämpfen räumt er für uns regelmäßig die Preise ab. Ist eine sichere Bank.“
„Würden Sie es für möglich halten, dass er die Kraft besäße, Carina erwürgt zu haben?“
„Allein von der Kraft her, wäre es schon denkbar. Sie war seine Freundin. Sie waren sich nahe. Einem überraschenden Angriff hätte sie kaum etwas entgegenzusetzen gehabt. Aber er ist ein Kind. Meinen Sie, es gibt so kranke Kinderhirne? Sie sind die Spezialisten.“
„Nicht vorsätzlich. Eher eine Situation, die ihm aus dem Ruder gelaufen ist, die er nicht...
| Erscheint lt. Verlag | 13.11.2023 |
|---|---|
| Illustrationen | Sascha B. Riehl |
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Achtung • Aufklärung • Hass • Hilflosigkeit • Integration • Kinder • Krimi • Liebe • Missbrauch • Mobbing • Respekt • Schule • Spannung • Überraschungen |
| ISBN-10 | 3-384-06192-6 / 3384061926 |
| ISBN-13 | 978-3-384-06192-8 / 9783384061928 |
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