Harvey Metcalfe ist hochintelligent, reich - und ein Betrüger. Sein jüngster Coup: Mit leeren Versprechungen und vorgetäuschten Geschäften hat er vier wohlhabende Männer über Nacht um ihr Vermögen gebracht. Doch diesmal hat er sich die Falschen ausgesucht. Seine Opfer haben sich verbündet, um Metcalfe mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Gemeinsam wollen sie ihn exakt um den Betrag erleichtern, den sie zuvor verloren haben: eine Millionen US-Dollar. Ein gewagtes Spiel beginnt.
Jeffrey Archer, geboren 1940 in London, verbrachte seine Kindheit in Weston-super-Mare und studierte in Oxford. Archer schlug zunächst eine bewegte Politiker-Karriere ein. Weltberühmt wurde er als Schriftsteller, 'Kain und Abel' war sein Durchbruch. Mittlerweile zählt Jeffrey Archer zu den erfolgreichsten Autoren Englands. Seine historischen Reihen 'Die Clifton-Saga' und 'Die Warwick-Saga' begeistern eine stetig wachsende Leserschar. Archer ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in London, Cambridge und auf Mallorca.
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Auf legale Weise in den Besitz einer Million zu gelangen, ist seit jeher schwierig gewesen. Auf illegale Weise zu einer Million zu kommen, war immer schon etwas leichter. Eine Million zu behalten, nachdem man sie einmal gemacht hat, dürfte wahrscheinlich das Schwierigste sein. Henryk Metelski gehörte zu den wenigen Männern, die alle drei dieser Kunststücke fertiggebracht hatten. Die legal erworbene Million folgte allerdings erst auf die Million, zu der er illegal gekommen war. Aber was ihn allen anderen meilenweit voraus sein ließ, war die Tatsache, dass es ihm gelang, alles zu behalten.
Henryk Metelski war am 17. Mai 1909 in der Lower East Side von New York geboren worden und erlebte die Depression in seinen entscheidenden Entwicklungsjahren. Seine Eltern waren um die Jahrhundertwende nach Amerika ausgewanderte Polen. Henryks Vater war von Beruf Bäcker und hatte in New York, wo die polnischen Einwanderer sich darauf spezialisiert hatten, dunkles Roggenbrot zu backen und kleine Restaurants zu unterhalten, rasch Arbeit gefunden. Beide Eltern hätten es so gern gesehen, wenn Henryk mit Erfolg ein Studium absolviert hätte, aber er zeigte keinerlei Begabung in dieser Hinsicht und hatte sich an seiner Highschool nie durch besondere Leistungen hervorgetan. Er war ein durchtriebener, aufgeweckter kleiner Bursche, jedoch wenig geschätzt von seinen Lehrern wegen seiner völligen Gleichgültigkeit gegenüber den bewegenden Geschichten vom Unabhängigkeitskrieg und von der Freiheitsglocke und wegen der Kontrolle, die er über den schwarzen Markt in leichtem Rauschgift und Alkohol unter den Schülern ausübte. Klein-Henryk teilte nicht die Ansicht, dass die besten Dinge im Leben umsonst zu haben seien, und die Jagd nach Geld und Macht war für ihn etwas so Natürliches wie das Jagen von Mäusen für eine Katze.
Als Henryk zu einem pickeligen Vierzehnjährigen erblüht war, starb sein Vater an einer Krankheit, die wir heute unter dem Namen Krebs kennen. Seine Mutter überlebte den Tod ihres Mannes nur um wenige Monate, und dem einzigen Kind blieb es nun überlassen, sich selbst großzuziehen. Henryk hätte eigentlich im Bezirkswaisenhaus für mittellose Kinder untergebracht werden sollen. Aber in den Zwanzigerjahren war es nicht schwer für einen Jungen in New York, von der Bildfläche zu verschwinden – sehr viel schwieriger dagegen war es zu überleben. Henryk wurde ein Meister in dieser Disziplin – ein Training, das ihm in seinem späteren Leben sehr zustattenkommen sollte.
Er trieb sich in New Yorks East Side herum, mit eng geschnalltem Gürtel und weit offenen Augen, putzte hier Schuhe, spülte dort Geschirr und hielt unermüdlich Ausschau nach einem Einstieg in das Labyrinth, in dessen Innerstem Reichtum und Prestige lagen. Er entdeckte schließlich auch einen, als sein Zimmergenosse, Jan Pelnik, ein Botenjunge an der New Yorker Börse, sich durch den Genuss einer mit Salmonellen gespickten Wurst zeitweise selbst außer Gefecht gesetzt hatte. Henryk, entsandt, um den Chefboten von diesem Missgeschick zu unterrichten, stapelte die Lebensmittelvergiftung zu einer Tuberkulose hoch und empfahl sich selbst als Anwärter auf die somit frei gewordene Stelle. Dann suchte er sich ein anderes Zimmer und nahm, angetan mit seiner neuen Uniform, seine Arbeit auf.
Die meisten Botschaften, die er in den frühen Zwanzigerjahren auszutragen hatte, waren mit der Empfehlung »Ankauf« versehen. Viele von ihnen wurden umgehend befolgt, denn damals herrschte eine Zeit des Booms. Henryk sah Männer von geringen Fähigkeiten Vermögen machen, während er nur ein Beobachter war. Sein Instinkt trieb ihn zu jenen Leuten, die in einer Woche an der Börse mehr Geld machten, als er mit seinem Lohn in einem ganzen Leben würde verdienen können.
Er machte es sich zur Aufgabe zu lernen, wie die Börse funktionierte, belauschte Gespräche, las Botschaften und brachte heraus, welche Zeitungen man lesen muss. Als Achtzehnjähriger verfügte er über vier Jahre Erfahrung in Wall Street – vier Jahre, die für die meisten Botenjungen nichts weiter bedeutet haben dürften, als durch Flure zu hasten und Papiere zu überbringen. Für Henryk Metelski hingegen kamen diese vier Jahre praktisch einem Magistergrad von der Harvard Business School gleich (damals konnte er nicht ahnen, dass er eines Tages Vorträge vor diesem erlauchten Gremium halten würde).
Im Juli 1927 sollte er eines Vormittags eine Botschaft bei Halgarten & Co., einer angesehenen Maklerfirma, abliefern, und machte dabei seinen üblichen kleinen Umweg über die Toilette. Er hatte ein System entwickelt, das darin bestand, sich in einer der Kabinen einzuschließen, die Mitteilung, die er überbringen sollte, zu lesen, zu überlegen, ob sie für ihn wertvoll sein könnte, und wenn das der Fall war, Witold Gronowich anzurufen, einen älteren Polen, der eine kleine Versicherungsmaklerfirma für seine Landsleute betrieb. Nach Henryks Schätzung nahm er selbst durch die Informationen, die er auf diese Weise übermittelte, pro Woche 20 bis 25 Dollar zusätzlich ein. Gronowich, der ohnehin nicht in der Lage war, größere Summen auf dem Markt zu investieren, ließ niemals etwas über seinen jungen Informanten durchsickern.
In der Kabine dämmerte es Henryk, dass er dabei war, eine Mitteilung von beachtlicher Bedeutung zu lesen. Der Gouverneur von Texas stand im Begriff, der Standard Oil Company die Erlaubnis zu erteilen, eine Pipeline von Chicago nach Mexiko fertigzustellen, nachdem alle anderen betroffenen Behörden diesem Vorschlag bereits zugestimmt hatten. An der Börse wusste man, dass die Gesellschaft diese letzte Erlaubnis fast ein Jahr lang zu erhalten versucht hatte. Die Botschaft sollte unmittelbar John D. Rockefellers Makler, Tukker Anthony, übermittelt werden, und zwar sofort. Die Bewilligung dieser Pipeline würde automatisch den gesamten Norden einer Belieferung mit Öl erschließen, und das würde erhöhte Gewinne bedeuten. Henryk begriff sofort, dass die Standard-Oil-Aktien auf dem Markt unaufhaltsam steigen würden, sobald die Neuigkeit eingeschlagen hätte – umso mehr, als Standard Oil bereits 90 Prozent der Ölraffinerien in Amerika kontrollierte.
Normalerweise würde Henryk diese Information sofort an Mr Gronowich weitergegeben haben – und er war auch drauf und dran, dies zu tun –, als er bemerkte, wie ein ziemlich übergewichtiger Mann, der die Toilette ebenfalls gerade verließ, einen Zettel verlor. Da im Augenblick niemand sonst anwesend war, hob Henryk das Papier auf und zog sich erneut in seine Kabine zurück, überzeugt, es handle sich bestenfalls um eine weitere Information. Tatsächlich war es ein Scheck über 50 000 Dollar zur Barauszahlung an eine Mrs Rose Rennick.
Henry überlegte blitzschnell. Eiligst verließ er die Toilette und stand bald darauf mitten in der Wall Street. Er ging zu einem kleinen Café in der Rector Street, wo er sorgfältig seinen Plan ausarbeitete und ihn sogleich in die Tat umzusetzen begann.
Zunächst löste er den Scheck bei einer Zweigstelle der Morgan Bank auf der südwestlichen Seite der Wall Street ein; er wusste, dass man ihn, da er die schicke Uniform eines Boten der Börse trug, für nichts anderes als für den Austräger irgendeiner distinguierten Firma halten würde. Sodann kehrte er zur Börse zurück und kaufte von einem auf eigene Rechnung arbeitenden Makler 2500 Standard-Oil-Aktien zu 19,85 Dollar pro Stück, wobei ihm nach Abzug der Maklergebühren 126,61 Dollar übrig blieben. Diese 126,61 Dollar zahlte er auf ein Depositenkonto bei der Morgan Bank ein. Schwitzend vor gespannter Erwartung einer Bekanntgabe durch das Gouverneursbüro, verrichtete er weiterhin die gewohnten Handlungen seines normalen Arbeitstages, war jedoch innerlich zu sehr mit Standard Oil beschäftigt, um mit den auszutragenden Botschaften noch seine Umwege über die Toilette zu machen.
Aber er wartete vergebens auf eine Bekanntgabe. Henryk konnte nicht wissen, dass diese bis zum offiziellen Börsenschluss um 16 Uhr zurückgehalten wurde, da der Gouverneur selbst überall Aktien aufkaufte, wo immer er sie nur mit seinen schmutzigen Fingern erwischen konnte, und damit den Kurs bis Geschäftsschluss auf 20,25 Dollar hochtrieb, ohne dass irgendeine offizielle Bekanntgabe erfolgt wäre. Henryk ging an diesem Abend nach Hause, völlig versteinert vor Angst, einen katastrophalen Fehler begangen zu haben. Er sah sich bereits im Gefängnis landen, seine Stellung verlieren und alles, was er sich in den letzten vier Jahren aufgebaut hatte.
In dieser Nacht konnte er keinen Schlaf finden und wurde zunehmend unruhiger in seinem kleinen Zimmer. Um ein Uhr morgens hielt er es nicht mehr länger aus, stand auf, rasierte sich, zog sich an und nahm einen Zug zur Grand Central Station. Von dort lief er zu Fuß zum Times Square, wo er mit zitternden Händen die erste Ausgabe des »Wall Street Journal« kaufte. Und da stand es in schreienden Schlagzeilen: GOUVERNEUR BEWILLIGT ROCKEFELLER ÖLPIPELINERECHTE; und darunter eine Zwischenüberschrift: Standard-Oil-Aktien – Lebhaftes Geschäft erwartet.
Völlig benommen ging Henryk in das nächste 24-Stunden-Café in der östlichen 42. Straße, bestellte einen enormen Hamburger mit Pommes frites und verschlang beides wie ein Mann seine Henkersmahlzeit vor dem Gang zum elektrischen Stuhl und nicht etwa wie sein Antrittsmahl auf dem Weg zu Glück und Erfolg. Er las sämtliche Einzelheiten auf Seite eins und deren Fortsetzung auf Seite 14, und um vier Uhr früh hatte er die drei ersten Ausgaben der »New York Times« und die ersten zwei Ausgaben der »Herald Tribune« gekauft. Henryk eilte nach Hause, schwindelig...
| Erscheint lt. Verlag | 11.9.2024 |
|---|---|
| Übersetzer | Suzanne Gangloff |
| Sprache | deutsch |
| Original-Titel | Not A Penny More, Not A Penny Less |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Schlagworte | 2024 • Clifton-Saga • Debüt-Roman • eBooks • Harry Clifton • Ken Follett • Neuerscheinung • Roman • Romane • Spiegel Bestseller Autor • William Warwick |
| ISBN-10 | 3-641-21798-9 / 3641217989 |
| ISBN-13 | 978-3-641-21798-3 / 9783641217983 |
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