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Hotel Ritz. Träume von Glanz und Glück (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
473 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-27221-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hotel Ritz. Träume von Glanz und Glück - Annette Fabiani
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9,99 inkl. MwSt
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Venetia Grey, Sekretärin des Direktors, ist die gute Seele des Londoner Hotel Ritz. Sie hat Könige und Schauspielerinnen, Politiker und Prinzessinnen kommen und gehen sehen. Sie war vor Ort, als in den Hinterzimmern Geschäftsverhandlungen geführt und politische Verschwörungen geplant wurden. Doch niemand weiß, dass auch Venetia ein Geheimnis hat: eine uneheliche Tochter aus einer leidenschaftlichen Liebesaffäre mit dem Adligen Bertie Townsend. Während des Ersten Weltkriegs begegnet Venetia Bertie nach langer Zeit wieder und muss feststellen, dass sie noch immer Gefühle füreinander haben. Doch er ist verheiratet, und der Krieg droht sie erneut auseinanderzureißen ...

Annette Fabiani ist eine erfolgreiche deutsche Autorin, die unter ihrem Namen Sandra Lessmann mit zahlreichen historischen Kriminalromanen um den Pater Jeremy Blackshaw für literarische Hochspannung gesorgt hat. Sie lebte fünf Jahre in England, ehe sie – zurück in Deutschland – Geschichte, Anglistik und Kunstgeschichte studierte. Heute arbeitet sie am Universitätsklinikum Düsseldorf.

Prolog

Scarborough, November 1895


Der Sturm hatte nachgelassen. Noch immer brachen sich die schäumenden Wellen an der Mauer der Foreshore Road und spritzten wie jäh aufsteigende Geiser fauchend vor Venetia in die Höhe. Doch das war nur ein schwacher Abklatsch, verglichen mit der gewaltigen Sturzflut, die kaum ein paar Stunden zuvor über den nordenglischen Badeort hereingebrochen war. Das Meer war ein einziges aufgewühltes, schneeig weißes Gebirge gewesen, das ständig seine Form veränderte, ein brüllendes, tosendes Ungeheuer, das selbst für die Jahreszeit, zu der Herbststürme nicht selten waren, mit ungewöhnlicher Gewalt gewütet hatte.

Venetia trat einige Schritte von dem eisernen Geländer zurück, das die Straße säumte, um dem aufsprühenden Tropfenregen zu entgehen, den der Wind gegen die Küste blies. Sie schmeckte das salzige Wasser auf den Lippen und bemerkte, dass sie schneller atmete. Die starken Böen schienen ihr die Luft vom Mund wegzureißen, bevor sie sie inhalieren konnte. Doch sie dachte nicht daran, sich in die warmen und trockenen Wände der kleinen Pension zurückzuziehen, in der sie mit ihrer Mutter abgestiegen war. Um der bedrückenden Atmosphäre dort zu entfliehen, war sie trotzig in die Nachwehen des Sturms hinausgegangen. Und obwohl Venetia rasch festgestellt hatte, dass ihr Regenschirm bei dem starken Wind nutzlos war, hatte sie ihren Weg am Hafen entlang fortgesetzt, war am Fischmarkt vorbeigegangen, wo die Händler ihre Buden mit Brettern vernagelt hatten, und der Foreshore Road Richtung Kurbad gefolgt, um sich von dem erhöht gelegenen Aussichtspunkt das beeindruckende Wogen der Wellen anzusehen. Im Sommer bei Sonnenschein funkelte das Meer wie Geschmeide auf blaugrünem Grund, im Herbst und Winter war es von einem düsteren Bleigrau. An diesem Tag erschienen die Wellentäler unter ihren schneeigen Kämmen jedoch tiefschwarz, noch dunkler als die Wolkenberge über ihnen.

Venetia genoss das ungemütliche, trübe Wetter. Es spiegelte ihre momentane Stimmung wider, die zwischen Wut und Enttäuschung schwankte. Als einzelnes Mädchen, das mit drei Brüdern aufgewachsen war, hatte sie sich früh daran gewöhnen müssen, zurückzustehen. Während ihr Vater George, Lawrence und Ned schon in jungen Jahren ins Theater und Varieté mitgenommen hatte, obwohl sie wenig Wert darauf legten, war es Venetia erst anlässlich ihres achtzehnten Geburtstags das erste Mal gestattet gewesen, ein Bühnenstück von Shakespeare zu sehen. Ihre Brüder hatten von klein auf die Schule besucht, doch Venetia war bis zu ihrem elften Lebensjahr von ihrer Mutter zu Hause unterrichtet worden. Damals hatte ihr das nichts ausgemacht, auch wenn der Lehrstoff ein wenig einseitig gewesen war. Mama hatte ein Talent für das Erlernen von Sprachen. Und da sie in ihrer Jugend einige Zeit als Kammerzofe bei einer wohlhabenden Dame gearbeitet hatte, die die Winter in Südfrankreich verbrachte, sprach Margaret Grey fließend Französisch sowie ein wenig Italienisch und Latein. Überdies besaß sie eine künstlerische Ader und war eine begabte Zeichnerin. Rechnen lag Mama dagegen gar nicht, und so waren Venetias Kenntnisse in Arithmetik eher begrenzt gewesen, als sie endlich eine Schule besuchen durfte. Zum Glück hatte ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Ned ihr das Rechnen beigebracht, wofür er eine besondere Begabung besaß. Eigentlich hatte Venetia sich trotz ihrer behüteten Kindheit nicht sonderlich gegrämt, dass sie als Mädchen vieles nicht tun durfte und zu Hause mit der Mutter in der Bibel lesen musste, während die Brüder durch die Straßen zogen und mit den Nachbarsjungen im Park Kricket spielten. Ned und Larry hatten sich stets bemüht, ihre Schwester zu unterhalten, und ihr von ihren Erlebnissen erzählt. Nur mit Georgie war Venetia nie besonders gut ausgekommen, denn der Älteste war sich immer zu fein gewesen, um sich mit einem kleinen Mädchen abzugeben. Er hatte das Elternhaus verlassen, um in Cambridge zu studieren. Ihr Vater, der in der City im Büro einer Versicherungsgesellschaft gearbeitet hatte, war nach deren Konkurs eine Zeit lang erwerbslos gewesen, und die Familie hatte den Gürtel enger schnallen müssen. Ned und Larry war nichts anderes übrig geblieben, als früh eine Stelle anzutreten. Erst als es Papa gelungen war, bei einer anderen Versicherung unterzukommen, hatten sie ein Studium beginnen können. Venetia hatte eine weiterführende Schule besucht und eine Ausbildung zur Lehrerin absolviert. Das North London Collegiate war eine der angesehensten Mädchenschulen in England und wurde mit strenger Disziplin geführt. Zu ihrem Verdruss wäre Venetia beinahe bei der Aufnahmeprüfung durchgefallen, da sie zwar ausreichende Kenntnisse in Französisch, Arithmetik und Geographie besaß, aber nie gelernt hatte, ein Knopfloch zu nähen. Zum Glück hatte sie diesen Teil der Prüfung am folgenden Tag nachholen können, nachdem ihre Mutter ihr diese für eine Frau unverzichtbare Fertigkeit rasch beigebracht hatte. Mit neunzehn Jahren hatte Venetia schließlich ihr Abschlussexamen mit Bravour bestanden. Dies war im Sommer gewesen. Eigentlich hatte Venetia sich auf die Suche nach einer Stellung machen wollen, doch dann war Mamas Vater überraschend gestorben, und die Familie hatte sich in Trauer befunden. Als pflichtbewusste Tochter war Venetia bei ihrer Mutter zu Hause geblieben, während ihre Brüder weiterhin ihr Junggesellenleben genossen.

Anfang November war nun auch noch Tante Lizzie, die eine kleine Pension in Scarborough führte, erkrankt. Venetia und ihre Mutter waren hingefahren, um sie zu pflegen. Seitdem stritten in der jungen Frau widerstrebende Gefühle miteinander: das Pflichtbewusstsein, das ihr anerzogen worden war, und das leidenschaftliche Verlangen nach einem eigenen Leben, nach Unabhängigkeit … Allerdings musste sie sich eingestehen, dass sie sich noch nicht ganz im Klaren darüber war, welche Art Stellung sie anstreben sollte. War der Beruf der Lehrerin tatsächlich das, was sie sich erträumt hatte? Seit ihrem Abschluss hatte Venetia von ihren Mitschülerinnen erfahren, dass einige von ihnen lieber als Schreibkraft in ein Büro gegangen waren. Stenotypistinnen wurden immer mehr nachgefragt, da viele Geschäftsleute, die früher Dokumente von Hand hatten kopieren lassen, zunehmend Schreibmaschinen anschafften und sogenannte Tippfräulein einstellten. Auf diesem Weg, so hofften viele Mädchen, würden sie eher einen geeigneten Ehemann finden. Lehrerinnen starben meist als alte Jungfern, denn kein Mann wollte eine altkluge Gattin, die alles besser wusste als er. Venetias Freundin Doreen hatte es sich in den Kopf gesetzt, Journalistin zu werden, und wollte sich nach Abschluss eines Sekretärinnenkurses bei einer der aufkommenden Frauenzeitschriften bewerben. Inzwischen war auch Venetia unsicher geworden, ob sie an einer Stelle im Büro nicht mehr Freude haben würde. Zumal sie aufgrund ihrer Unerfahrenheit wahrscheinlich nur einen Posten in einer Provinzschule bekommen würde. Viel lieber würde sie jedoch in London bleiben, denn trotz ihrer strengen Erziehung war Venetia forsch und abenteuerlustig. Von Doreen hatte sie sich während ihrer gemeinsamen Schulzeit zu manchem Schabernack verleiten lassen und dies nie bereut, auch wenn die Mädchen einige Male ertappt und bestraft worden waren. Venetia hätte die aufregenden Erfahrungen nicht missen wollen.

Während sie Zukunftspläne schmiedete, wanderte Venetia durch die schmalen, verwinkelten Gassen der Altstadt. Sie begegnete keiner Menschenseele. Die Einwohner des Orts waren vor dem Sturm in ihre Häuser geflüchtet, und Badegäste verirrten sich zu dieser Jahreszeit nur vereinzelt hierher. Instinktiv machte Venetia einen großen Bogen um die Princess Street, auf der die Pension ihrer Tante lag, und ging weiter nach Norden. Eine Weile spazierte sie gedankenverloren durch die Clarence Gardens, die zum Nordstrand abfielen. Da der Wind nachgelassen hatte und der Himmel in der Ferne ein wenig aufgeklart war, entschied Venetia nach kurzer Überlegung, dem gewundenen Pfad die Klippen hinauf zu folgen. Auf einer Erhebung der Landzunge ragte die Ruine von Scarborough Castle auf, ein halb verfallener Bergfried mit den Resten eines recht imposant wirkenden Mauerrings. Die hellen Steine kontrastierten mit dem Dunkelgrau der Wolken und den einzelnen himmelblauen Flecken im Hintergrund. Venetia hielt einen Moment inne, um sich vorzustellen, wie sie die Szene skizzieren und dann die Farben auswählen würde, um sie auf die Leinwand zu bannen. Mit dem bedrohlich aufgewühlten Meer am Fuß der steil abfallenden Klippen würde es eine sehr dramatische Komposition werden.

Ein wenig entfernt am Rand des Felsvorsprungs außerhalb der Burgmauern gewahrte Venetia auf einmal eine Gestalt. Ein einzelner Wanderer, der anscheinend wie sie die Einsamkeit suchte. Da sie niemandem begegnen wollte, verlangsamte Venetia ihre Schritte. Zur Not konnte sie den Pfad verlassen, um dem Mann auszuweichen, doch das Gras war vermutlich glatt, und sie hätte es vorgezogen, auf dem ausgetretenen Weg zu bleiben. Zu ihrer Erleichterung schien der Fremde sich zu entfernen, denn er verschwand aus ihrem Blickfeld, als sie dem Pfad in eine Einbuchtung folgte, den die Brandung in den Felsen gefressen hatte. Hier brachen sich die Wellen mit ohrenbetäubendem Getöse, prallten mit zerstörerischer Gewalt gegen das Gestein und sprühten schäumend in die Höhe. Einen Moment lang beobachtete Venetia die hochwirbelnden Schaumfetzen, die Spitzentüchern glichen und kurz darauf wieder in die dunklen Täler der zurückflutenden Wellen hinabfielen. Sie hätte sich stundenlang an diesem Schauspiel erfreuen können.

Ohne den Blick von den Wogen abzuwenden, ging sie weiter, bis der Pfad erneut eine Biegung machte und steil anstieg. Widerwillig...

Erscheint lt. Verlag 20.11.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • Die Champagnerfürstin • Downton Abbey • eBooks • Familiensaga • Frauenromane • Frauenunterhaltung • Generationenroman • Glamour • heimliche Affäre • Historiendrama • Historischer Roman • Jahrhundertwende • London • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2023 • Romane für Frauen • upstairs-downstairs
ISBN-10 3-641-27221-1 / 3641272211
ISBN-13 978-3-641-27221-0 / 9783641272210
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