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Die Holzschnitzerei vom Süßenbachhof (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Aufl. 2023
321 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-4337-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Holzschnitzerei vom Süßenbachhof - Kerstin Sonntag
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Freiburg, 1957: Die junge Leni hat die Frauenfachschule abgeschlossen und soll ihren Verlobten heiraten. Er ist Anwalt und kann ihr eine gesicherte Zukunft bieten. Doch die Aussicht auf Bügeln, Bohnern und Kochen macht die lebenshungrige Frau nicht glücklich.

Als ihr Onkel im Schwarzwald nach kurzer, schwerer Krankheit stirbt, beschließt Leni, auf seinem Süßenbachhof zu bleiben. Sie will etwas mit ihren Händen schaffen, etwas, was bleibt, und die Holzwerkstatt ihres Onkels wiederbeleben. Lenis Familie ist entsetzt. Mit allen Mitteln versucht sie, Leni ihre Idee auszureden.

Doch sie bleibt im Schwarzwald. Endlich sieht sie eine Chance, sich und anderen zu beweisen, dass sie auf eigenen Beinen stehen kann. Denn die Sehnsucht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ist groß.

Mutig nimmt Leni den Kampf gegen alle Widrigkeiten auf. Ihr Kindheitsfreund Thomas steht ihr dabei zur Seite. Wird sie sich den Konventionen der Zeit widersetzen können und ihren Traum verwirklichen? Und wird sie vielleicht sogar die wahre Liebe finden?

Die Holzschnitzerei vom Süßenbachhof ist eine wunderbare Reise in den Schwarzwald der 50er-Jahre.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



<p>Kerstin Sonntag lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Ort an der Bergstraße. Hier entstehen die Ideen für ihre herzerwärmenden, gefühlvollen Geschichten, die vom Leben und der Liebe erzählen. Sie ist selbst begeisterte Leserin, liebt lange Spaziergänge, ihre Ukulele und gemütliche Abende vor dem Kamin. Mehr über die Autorin: <a href="https://kerstinsonntag.de/">https://kerstinsonntag.de</a></p>

Kapitel 1


Freiburg im Breisgau, März 1957

Onkel Peter ist tot.«

Leni fiel der Löffel aus der Hand. Klirrend krachte er gegen die Glasschale. Rote Grütze spritzte hoch und benetzte ihre Sonntagsbluse. Ihr war, als hätte ihr jemand den Boden unter den Füßen weggerissen. Das Herz stolperte in ihrer Brust, sie schnappte nach Luft. Als sie den Blick hob, registrierte sie, wie alle Anwesenden ihre Mutter Margarete fassungslos anstarrten.

»Mein Gott, Mama!« Lenis ältere Schwester Christa streckte sofort ihre Hand nach dem Rundfunkempfänger aus, doch ihr Arm reichte nicht bis an die Aus-Taste. Da eilte Lenis Schwager Dieter ihr zu Hilfe, und Caterina Valentes Ich wär so gern bei dir verstummte augenblicklich.

Unterdessen reichte Christa Leni geistesabwesend ihre Serviette, damit sie sich die Kirschgrütze von der Bluse tupfen konnte, verkniff sich aber ihre übliche Nörgelei, denn ein »Pass doch auf, Helene« wäre durchaus angebracht gewesen. Wofür Leni ihrer Schwester in diesem Moment dankbar war. Warum sie gerade jetzt überhaupt einen Gedanken daran verschwendete, dass Christa die Einzige in der Familie war, die sie zuweilen bei ihrem vollen Namen ansprach, war ihr schleierhaft.

»Wann hast du von seinem Tod erfahren, Mama?« Leni bemühte sich, die aufsteigenden Tränen wegzublinzeln, die das Bild ihrer Mutter immer wieder verschwimmen ließen. Deshalb also war Mama während des Essens so still gewesen.

Wie jeden Sonntagmittag hatte sich die Familie in der Wohnung ihrer Mutter, in der auch Leni ihr eigenes Reich besaß, zum gemeinsamen Essen eingefunden. Hier in der guten Stube hatten die gerahmten Hochzeitsbilder ihrer Eltern und Fotos von Lenis gefallenem Vater einen Ehrenplatz an der Wand. Genauso wie die Alpenveilchen, deren herzförmige Blätter Leni so liebte, immer ihren festen Platz auf dem Fenstersims haben würden.

Wortlos zog die Mutter ein Telegramm aus der Tasche ihrer karierten Kittelschürze, glättete das Papier auf dem Tisch und reichte es an sie weiter. »Das kam gestern Abend. Als du mit deiner Freundin unterwegs warst«, ergänzte sie mit einem Hauch von Vorwurf in der Stimme.

»Du warst aus?«, schaltete sich Lenis Verlobter Hannes mit hochgezogener Braue ein. Im Hintergrund schlug der Gong der Pendeluhr.

»Ich bin nur kurz mit Inge auf eine Bananenmilch in die Milchbar gegangen«, erwiderte Leni rasch. Dass sie im Hinterzimmer der Bar ausgelassen zu einem wilden Bill-Haley-Song aus der Jukebox getanzt hatte, erwähnte sie lieber nicht. Ihre Mutter bekäme einen Herzanfall, wüsste sie davon.

Leni warf einen Blick auf das Telegramm. Deutsche Bundespost. Empfänger: Margarete Schumann. Sie las weiter. Onkel Peter ist tot, hallte es durch ihren Kopf. Nach dem ersten Schock fühlte sie eine entsetzliche Leere in sich aufsteigen. Der ältere Bruder ihrer Mutter hatte zeit seines Lebens an einem Herzfehler gelitten, was ihn »kriegsverwendungsunfähig« gemacht hatte. Erst am Ende des Krieges wurde er für wenige Wochen zum Volkssturm eingezogen. Vor Kurzem war er an einer Lungenentzündung erkrankt, und obwohl sie es alle gehofft hatten, hatte er sich nicht mehr davon erholt.

Leni hatte den Onkel schon eine ganze Weile nicht gesehen. Die traurige Nachricht traf sie wie ein Schlag. Sie hatte Onkel Peter geliebt. Er war der Held ihrer Kindheit. Mit seiner Frau Elfriede hatte er im Schwarzwald bis vor wenigen Monaten eine kleine Holzschnitzerei und Modelmanufaktur betrieben, wobei die Tante sich vorwiegend um die Buchführung gekümmert hatte. Als Kind war Leni dort auf dem Süßenbachhof, dem Elternhaus ihrer Mutter, öfter und lange gewesen. Im Oktober 1943 brachte Mama Christa und Leni das erste Mal in den Schwarzwald, damit die Kinder ein paar unbeschwerte Tage fernab des Kriegsgeschehens erleben konnten. Das zweite Mal verließen sie Freiburg im Spätherbst 1944, rechtzeitig vor der verheerenden Bombennacht, und suchten erneut Zuflucht auf dem Land. Diesmal blieben sie zwei ganze Jahre.

In der Zeit besuchten Christa und sie die knapp sechs Kilometer entfernt gelegene und aus einem einzigen Klassenraum bestehende Dorfschule. Nach Schulschluss sausten sie im Winter unter hellem Juchzen und aufgeregtem Rufen mit dem Schlitten die verschneiten Hänge hinunter. Im Sommer half Leni, mit einem Kopftuch gegen die pralle Sonne geschützt, auf dem Feld bei der Heuernte. Mit Tante Elfriede sammelte sie Pfifferlinge im nahen Wald. Auch beim Kühemelken auf den Nachbarhöfen war sie begeistert dabei, wohingegen sie sich vor dem Ausmisten der Schweineställe lieber drückte.

Am eindringlichsten waren Leni jedoch die Erinnerungen an die besonderen Momente geblieben, in denen sie dem Onkel bei seiner Arbeit in der Werkstatt über die Schulter hatte schauen dürfen. Wenn er mit seinen geschickten Händen ihre Finger geführt und ihr gezeigt hatte, wie er mit dem Stecheisen die Motive in die Springerle-Modeln schnitzte. Und vor allem, wenn sie sich anschließend selbst im Schnitzen versuchen durfte. Auch der wunderbare Duft nach Wald und Harz, der aus dem Sägemehl hochstieg, war ihr noch gegenwärtig. Und wie sich die Späne in die Holzpantinen verirrt und ihre nackten Fußsohlen gekitzelt hatten, wenn sie durch die Werkstatt lief. Oftmals hatte sie nach dem Schnitzen auf einem Schemel in Tante Elfriedes Küche gestanden und den Teig in den kleinen Holzblock mit dem Schnitzmotiv für das Festtagsgebäck drücken dürfen.

»Möchtest du nicht noch deinen Nachtisch aufessen, Leni?« Die Stimme ihrer Mutter holte sie zurück in die Gegenwart.

Leni schüttelte den Kopf. »Ich bringe nichts mehr hinunter.« Sie gab ihrer Mutter das Telegramm zurück. Dankbar nahm sie das Stofftaschentuch entgegen, das Hannes ihr reichte, und putzte sich geräuschvoll die Nase. »Ich esse später auf«, fügte sie geistesgegenwärtig hinzu.

Ihre Mutter konnte es nicht mitansehen, wenn Essen übrig gelassen oder weggeworfen wurde. Im Krieg und in den Jahren danach hatten sie oftmals vor Hunger Bauchweh gehabt. Mama hatte nicht selten erfinderisch sein müssen, um sie und Christa halbwegs satt zu bekommen.

»Wann werden wir zur Beerdigung in den Schwarzwald fahren?«, wollte Leni mit erstickter Stimme wissen.

»Ende nächster Woche.« Mama gab sich Mühe, gefasst zu erscheinen. Ihre veilchenblauen Augen, die denen von Christa so ähnelten, schimmerten dunkel vor Kummer.

»Ich müsste mir eigentlich einen neuen Mantel besorgen.« Christa tupfte sich kurz die Augenwinkel mit der Serviettenspitze. »Meiner hat einen Riss am Saum.«

Dieter lockerte seine Krawatte, als würde er nicht genügend Luft bekommen. Bei dem Gedanken an eine neuerliche Ausgabe für seine Frau schien ihm der Atem wegzubleiben.

Mama legte Christa beschwichtigend eine Hand auf den Arm. »Ich flicke ihn dir«, erklärte sie tonlos.

Sie wirkt um Jahre gealtert, dachte Leni. Mit Sorge betrachtete sie das vom Leben gezeichnete Gesicht ihrer Mutter. Seit dem Tod ihres Vaters, der bereits wenige Monate nach Kriegsbeginn gefallen war, hatte Mama keine Zeit für Tränen gehabt. Schließlich war es ums nackte Überleben gegangen. Mama hatte Christa und Leni allein durch die harten Jahre bringen müssen. Auch die Arbeit als Näherin im Hinterzimmer der Schneiderei um die Ecke war kein Zuckerschlecken. Doch Mama beklagte sich nie, und Leni gab inzwischen ihr Bestes, die Mutter finanziell zu unterstützen. Neben ihrer Tätigkeit als Bürogehilfin in einem Bettwarengeschäft in der Schusterstraße verdiente sie sich zusätzlich ein Taschengeld mit gelegentlichem Putzen in der Nachbarschaft, damit ihre Mutter nicht jeden Pfennig zweimal umdrehen musste.

»Lass nur, ich übernehme das.« Eilig sprang sie auf, da ihre Mutter Anstalten machte, aufzustehen, um das Geschirr abzuräumen. Wie gern hätte sie Mama in den Arm genommen und getröstet. Umarmungen waren in ihrer Familie jedoch nicht üblich, und sie wollte ihre Mutter nicht in Verlegenheit bringen.

In der Küche stellte sie die Dessertschalen neben der Spüle ab. Anstatt Wasser ins Becken einlaufen zu lassen, blieb sie regungslos stehen. Sie starrte die Stubenfliege, die sich auf einem Sonnenfleck an der Kachelwand ausgiebig putzte, so lange an, bis ihr Tränen in die Augen stiegen.

Hastig wischte Leni sich mit dem Handrücken über die nassen Wangen, als sich die Küchentür mit einem dezenten Quietschen öffnete. Es war Christa, die das Milchkännchen und die Zuckerdose zum Spülen brachte.

»Alles in Ordnung?« Ihre Schwester musterte sie aufmerksam.

»Klar.« Leni versuchte sich an einem Lächeln, das jedoch misslang.

»Das mit Onkel Peter ist traurig, nicht wahr? Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie schrecklich es für Tante Elfriede sein muss, jetzt ganz allein auf dem großen Hof in dieser fürchterlichen Einöde wohnen zu müssen.« Christa strich sich eine Strähne ihres blonden Haares, das sie im Stil von Grace Kelly trug, hinters Ohr, ehe sie für eine Sekunde eine Hand auf Lenis Schulter legte. Eine seltene Geste der Geschwisterliebe. Genau wie Lenis Mutter umgab auch Christa stets ein Hauch von Unnahbarkeit.

»Wir sitzen noch ein bisschen drüben in der Stube zusammen, um Mutter Gesellschaft zu leisten«, erklärte Christa dann.

Mit anderen Worten, sie lässt mich mit dem Abwasch allein. Doch das war Leni ganz recht. Von all den ungeliebten Haushaltspflichten war ihr der Abwasch die angenehmste, denn er hatte fast etwas Meditatives an sich. Sie konnte dabei wunderbar ihren Gedanken freien Lauf lassen. Leni wollte mit sich und ihrer Trauer allein sein. So nickte sie nur und drehte den Wasserhahn auf, um ihrer Schwester zu bedeuten, dass sie sich nun um das Geschirr kümmern würde. Als...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Deutschland • Elain Winter • Eva Völler • Familiengeschichte • Familiensaga • Holzschnitzerei • Miriam Georg • Modelmanufaktur • Saga • Schwarzwald • Selbstverwirklichung • Starke Frauen
ISBN-10 3-7517-4337-5 / 3751743375
ISBN-13 978-3-7517-4337-2 / 9783751743372
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