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Gezeiten der Erinnerung (eBook)

Nach den Tagebüchern eines evangelischen Pfarrers
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
652 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-04928-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gezeiten der Erinnerung -  Helmuth Reske
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Was ich geschrieben habe, ist wohl der unmögliche Versuch, mein Leben so darzustellen, dass darin 'alles' seinen Platz hat: Liebe und Tod, Familie und Beruf, Irrtümer und Erfolge, Freude und Leid, Höhepunkte und Niederlagen, spannende Projekte und stressige Alltagssorgen, Erfüllungen und Enttäuschungen, Glaube und Zweifel und das Wagnis, einer erfahrenen Berufung durch alle Berufsphasen eines Pastors zu folgen.

Helmuth Reske wurde 1934 in Neumühl Kreis Deutsch-Krone in Westpreußen als Ältester von 4 Kindern des Müllermeisters Friedrich Reske und seiner Ehefrau Amanda geboren. Er erlebte 1945 mit seiner Mutter und den drei Geschwistern die Flucht aus Schlesien und sie fanden mit dem Vater ,der inzwischen aus russischer Gefangenschaft entlassen worden war, eine neue Heimat in Niedersachsen. Schon als 14-jähriger schrieb er kleine Abenteuergeschichten auf dem Papier von Düngemitteltüten. Nach dem Abitur studierte er zunächst Germanistik und Theologie, wobei allerdings die Berufung zum Pastor und zur Theologie das Hauptthema seines Lebens wurde. Im Ruhestand organisierte er mit einem Freund literarische Seminare- vor allem über russische Literatur z.B. über Boris Pasternak, Solschenizyn und Anna Achmatowa, aber auch über deutsche Autoren wie Johannes Bobrowski, Edzard Schaper und Peter Huchel. Er gehört seit Jahren einer Schreibgruppe mit 4 Frauen an - den Schreibweisen. . Neben unveröffentlichten Kindheitserinnerungen und der Herausgabe der Tagungsaufzeichungen eines verstorbenen Freundes über die Stille hat er ein "Büchlein" über den Dichter Jochen Klepper geschrieben: "In seinem Wort mein Glück."

Helmuth Reske wurde 1934 in Neumühl Kreis Deutsch-Krone in Westpreußen als Ältester von 4 Kindern des Müllermeisters Friedrich Reske und seiner Ehefrau Amanda geboren. Er erlebte 1945 mit seiner Mutter und den drei Geschwistern die Flucht aus Schlesien und sie fanden mit dem Vater ,der inzwischen aus russischer Gefangenschaft entlassen worden war, eine neue Heimat in Niedersachsen. Schon als 14-jähriger schrieb er kleine Abenteuergeschichten auf dem Papier von Düngemitteltüten. Nach dem Abitur studierte er zunächst Germanistik und Theologie, wobei allerdings die Berufung zum Pastor und zur Theologie das Hauptthema seines Lebens wurde. Im Ruhestand organisierte er mit einem Freund literarische Seminare- vor allem über russische Literatur z.B. über Boris Pasternak, Solschenizyn und Anna Achmatowa, aber auch über deutsche Autoren wie Johannes Bobrowski, Edzard Schaper und Peter Huchel. Er gehört seit Jahren einer Schreibgruppe mit 4 Frauen an - den Schreibweisen. . Neben unveröffentlichten Kindheitserinnerungen und der Herausgabe der Tagungsaufzeichungen eines verstorbenen Freundes über die Stille hat er ein "Büchlein" über den Dichter Jochen Klepper geschrieben: "In seinem Wort mein Glück."

I. Kindheit und Jugend

Wie ich wurde

Mein Vater Friedrich Reske und meine Mutter Amanda, geborene Herrling, stammen beide aus Familien, die schon Mitte des 19. Jahrhunderts aus Deutschland nach Russland (Wolhynien) ausgewandert waren. Am 14.7.1933 haben sie in Neumühl, Kreis Deutsch-Krone (Grenzmark Posen-Westpreußen) geheiratet. In diesem winzigen Ort, der nur aus ein paar Häusern, einem Gut und einer Mühle bestand, war mein Vater als Müllergeselle tätig. Dort wurde ich am 21.5.1934 an einem Pfingstmontag geboren. Am 1. Juli 1935 kam mein Bruder Sieghard auf die Welt und wurde zum ständigen Begleiter meiner Kindheit. Im Herbst 1935 zogen wir nach Schertendorf, Kreis Grünberg (Schlesien), wo mein Vater eine Wassermühle erwarb und sich als Müller selbstständig machte.

Wann begann ich bewusst zu leben? Als ich zum ersten Mal „ich“ sagte oder als ich zum ersten Mal darüber staunte, dass ich ein eigenes Wesen war. Ich kann mich an einen bestimmten Tag erinnern. Es war an einem Septembermorgen 1939 in Schertendorf. Ein einmalig blauer Himmel leuchtete über mir. Ich stand neben dem Hauklotz auf unserem Hühnerhof und sah mich um, horchte und blickte erstaunt in die Welt, als wäre ich gerade erst geboren. Da war ich ganz allein, nur Hühner waren neben mir und scharrten gemütlich im Sand. Vögel tönten und zwitscherten über mir. Der Himmel noch immer strahlend hellblau. Eine lächelnde, freundliche Welt umgab mich von allen Seiten. Ich lebte und jubelte, war lebendig und voller Lebenslust, erwartungsvoll auf das, was noch kommen sollte, und das Leben war schön.

Davor aber gab es nur winzige, verschwommene Erinnerungen. Ein Weg zum nahen Friedhof mit den Eltern. Plötzlich begann es zu regnen. Ich weinte. Das Wasser des Regens erschien mir bedrohlich fremd. Mein Patenonkel Karl nahm mich auf den Arm und lief mit mir nach Hause.

Ein dunkler Keller mit kahlen Wänden, es war die Küche im alten Wohnhaus neben der Mühle; es wurde später zum Getreidesilo umgebaut. Ich ging tapsend auf eigenen Füßen und tastend an der Wand entlang. Oh weh! Ein heftiger Schmerz durchzuckte mich und warf mich um. Ich war an ein offenes Stromkabel geraten. Jemand hob mich auf. Es war vorbei.

Gegenüber unserer Mühle wohnte eine andere Familie. Wir hatten einen gemeinsamen Hof. Mit der Tochter Christa, ja, diesen Namen weiß ich noch, konnte ich manchmal spielen. Aber sie kam nicht immer zu mir. Einmal rief ich mehrmals Christa, komm spielen!, aber Christa hatte keine Lust. Da wurde ich wütend und nahm einen Stein. Ich weiß nicht mehr, wie ich mich fühlte, aber ich muss wütend gewesen sein. Man hat es mir später erzählt. Der Stein flog wirklich auf das Küchenfenster zu und zerschlug die eine untere Scheibe über der Fensterbank. Später erschrak ich darüber, als man mir sagte, was ich getan hatte. Eine Scheibe war kaputt. War oder bin ich wirklich so jähzornig? Ich mag es nicht glauben. Einige Jahre später wohnten wir in diesem Haus und aßen in dieser Küche. Sieghard und ich saßen an diesem Fenster und hielten im Winter unsere Finger an das Fensterglas, wo zwei neu eingesetzte Scheiben kühle Luft hereinließen und mich an meine einmalige Tat erinnerten.

Die Atmosphäre in meinem Elternhaus war christlich geprägt. Meine Eltern hatten eine Verbindung zur Landeskirchlichen Gemeinschaft und hatten sich im Jugendbund für entschiedenes Christentum (EC) kennengelernt. In unregelmäßigen Abständen kamen „Brüder“ aus der Landeskirchlichen Gemeinschaft in unser Haus und hielten eine Bibelstunde. Ich hätte mit meinen beiden jüngeren Brüdern (inzwischen war 1938 Bruder Edwin dazugekommen) still auf der Ofenbank gesessen und brav zugehört, obwohl es bestimmt für uns Kinder langweilig war. Einer dieser „Brüder“, die aus Grünberg kamen, hieß Bertram. Ein anderer „Bruder“ mit Namen „Gärtner“ bekam erst später eine besondere Bedeutung für mich. Ich habe den Namen „Bertram“ behalten, weil er mit Sieghard und mir ein Ritual praktizierte, das uns Spaß machte. Er hatte an einer Stelle der Küchenwand Bleistiftstriche angebracht, mit denen er unsere Größe markierte. Jedes Mal, wenn er wiederkam, mussten wir uns an die Wand stellen, und er stellte fest, wie viele Zentimeter wir größer geworden waren.

Das Tischgebet war für uns selbstverständlich. Es war natürlich, für das Essen, das wir jeden Tag einnahmen, Gott zu danken, ganz egal, wie es uns schmeckte. Unsere Mutter brachte uns mit einem Gebet zu Bett. Zuerst war es wohl das kindliche Gebet: Ich bin klein. Mein Herz ist rein. Soll niemand drin wohnen als Jesus allein. Als ich älter wurde, habe ich manchmal gedacht, dass in meinem Herzen noch andere Menschen wohnen, wie meine Eltern und meine Geschwister.

Wer dieser Jesus war und warum er in meinem Herzen wohnen sollte, erzählte uns meine Großmutter, die seit Beginn meines Lebens bei uns wohnte und zur Familie gehörte. Sie erzählte uns biblische Geschichten. Zuerst waren es Wundertaten aus dem Alten Testament, Geschichten von David, wie er den Riesen Goliath mit einer Steinschleuder besiegte, und dann die Geschichten von dem unbesiegbaren Simson, der mit dem Kinnknochen eines Esels 100 Philister – die ständigen Gegner der Israeliten – erschlagen konnte. Diese Moritaten gefielen mir am besten. Die Jesusgeschichten machten mich meistens traurig, weil er am Karfreitag von den „bösen Juden“, wie ich sie erlebte, ans Kreuz geschlagen wurde. Dass es eigentlich die Römer waren, verstand ich noch nicht. Dass Jesus später auferstanden ist, bekam ich noch nicht mit. Dafür war aber die Geburt Jesu und die gesamte Weihnachtszeit für mich und uns alle die wichtigste und schönste Zeit des Jahres.

Schon die Adventszeit war wunderbar, eine spannende Zeit der Erwartung und der Vorbereitung. Plätzchen wurden gebacken, doch vor Weihnachten durften sie noch nicht gegessen werden. Mein Bruder Sieghard und ich warteten immer darauf, die Teigschüssel auskratzen zu dürfen. Der Teig schmeckte schon vor dem Backen. Sieghard hatte eine besondere Gabe, schnell einen Finger in den Teig zu stecken, etwas Teig herauszuholen und rasch in den Mund zu stecken und hinterher ganz unschuldig zu gucken.

Aufregend waren die Stunden am Heiligen Abend vor der Bescherung. Wir durften nicht in die gute Stube, wo der Weihnachtsbaum aufgebaut wurde. So warteten wir unruhig und liefen in der Küche aufgeregt hin und her, stellten dumme Fragen, bis unsere Oma uns einen Groschen versprach, wenn wir eine Stunde ruhig blieben. Das wollte ich auch und so gelang es mir schließlich, diesen Groschen zu bekommen.

Wenn die Tür zum Weihnachtszimmer geöffnet wurde, sangen unsere Eltern „Ihr Kinderlein kommet“ und gingen mit uns hinein. Wir sangen viele Weihnachtslieder, begleitet von dem Geigenspiel meiner Mutter, das mich mit Stolz erfüllte. „Der Christbaum ist der schönste Baum“, „Süßer die Glocken nie klingen“, „Am Weihnachtsbaume die Lichter brennen“ und „Stille Nacht“ gehörten unbedingt dazu. Als wir älter wurden, sollten wir Gedichte aufsagen. Das machte mir Freude. Nur einmal ist bei uns ein Weihnachtsmann aufgetreten, der die Geschenke brachte. Wir erkannten ihn an seinen Schuhen. Es war der Müllerlehrling meines Vaters. Sonst war es immer das Christkind, das auf geheimnisvolle Weise durch das Fenster geflogen kam und die Geschenke unter den Christbaum legte.

Was mich am stärksten am Verhalten meines Vaters berührte, war sein Verhalten nach den Liedern und Gedichten. Er bat uns, mit ihm niederzuknien und für das Wunder der Geburt „unseres Heilands“ zu danken. Dabei war unser sonst herber Vater fast zu Tränen gerührt und bat im Gebet um Vergebung für alles, was er im Jahr an Liebe gegenüber seiner Frau und seinen Kindern hatte fehlen lassen.

Eines meiner ersten Fotos zeigt mich als stolzen Abc-Schützen, der eine riesige Schultüte trug, wie sie damals bei der Einschulung überreicht wurden.

Ich ging meistens gern zur Schule. Fräulein Müller war nach meinem Empfinden keine besondere Pädagogin, aber sie unterrichtete uns mit Sorgfalt und einer herben Freundlichkeit, die sich gelegentlich in einem leichten Lächeln zeigte. Nicht geliebt wurde von uns das Kopfrechnen mit Kettenaufgaben, die dazu führten, dass alle aufstehen mussten und man sich erst setzen durfte, wenn man die Aufgabe gelöst hatte. Das Lesen fiel mir leicht. Deshalb war ich immer begierig, neuen Lesestoff zu entdecken.

Meine Oma, die Mutter meiner Mutter, erzählte uns gern biblische Geschichten. Als ich schon lesen konnte, wollte ich von ihr wissen, ob diese Geschichten von ihr erfunden worden waren oder ob sie aus der Bibel stammten. Und so bat ich sie, mir die Stellen zu zeigen, wo ich sie finden konnte. Das tat sie gern. Und so fing ich mit sieben oder acht Jahren schon an, in der Bibel zu lesen, zuerst Geschichten von David und Simson, meinen...

Erscheint lt. Verlag 27.10.2022
Mitarbeit Sonstige Mitarbeit: Angelika Fleckenstein
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Berufung • Bibelkreis • Biografie • Caring Community • Erinnerungen • Familie • Freundschaft • Gebet • Gezeiten • Glauben • Gottesdienst leben • Helmuth Reske • Kirche • Kirchenkreis • Lebensweg • Lobetal-Arbeit • missionarischer Dienst • Pfarrer • Prediger • Predigerseminar • Religion • Sonderprojekt Südafrika • Superintendent • Tagebücher • Theologie • Theologiestudium • USA • Vikariat
ISBN-10 3-384-04928-4 / 3384049284
ISBN-13 978-3-384-04928-5 / 9783384049285
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