Schwieriger Friede (eBook)
200 Seiten
tredition (Verlag)
9783384057679 (ISBN)
Gundula Wessel, geboren 1960 in Hamburg, wuchs als jüngeres von zwei Kindern dort auf, machte Abitur und begann eine Ausbildung als Versicherungskauffrau und arbeitete mehr als dreißig Jahre in diesem Beruf. Schon seit eh und je an Geschichte interessiert, begann sie bereits während ihrer Schulzeit Romane mit historischem Hintergrund zu schreiben. Die Bandbreite reicht inzwischen vom Mittelalter bis zum 2. Weltkrieg.
Gundula Wessel, geboren 1960 in Hamburg, wuchs als jüngeres von zwei Kindern dort auf, machte Abitur und begann eine Ausbildung als Versicherungskauffrau und arbeitete mehr als dreißig Jahre in diesem Beruf. Schon seit eh und je an Geschichte interessiert, begann sie bereits während ihrer Schulzeit Romane mit historischem Hintergrund zu schreiben. Die Bandbreite reicht inzwischen vom Mittelalter bis zum 2. Weltkrieg.
Prolog
Man schrieb das Jahr 1205. Seit dem Friedensschluss zwischen Wengland und Scharfenburg war ein halbes Jahr vergangen. Nach ihrer Hochzeit auf der Alvedrainsel waren Prinz Martin von Wengland und Prinzessin Regina von Scharfenburg mit Herzog Ludwig von Scharfenburg nach Stolzenfels gereist. Martin sollte als Wenglands Gesandter dort dafür sorgen, dass es nicht wieder zu solchen Missverständnissen und hinterhältigen Intrigen kommen würde wie jenen, die dazu geführt hatten, dass Wengland sich Wilzariens Eroberungsfeldzug gegen Scharfenburg angeschlossen hatte.
Nach dem Waffenstillstand hatten Herzog Ludwig und König Rudolf von Wengland eigentlich mit den Verrätern in den jeweils eigenen Reihen abrechnen wollen, doch war dies nur zum Teil erfolgreich gewesen. Richard von Rebmark, dem ehrgeizigen Markgrafen der Rebmark, war ebenso die Flucht gelungen wie dem wenglischen Verräter Graf Aribert von Karlsfeld. Auch Owan von Aldaron, König Rudolfs Doppelgänger, der ihn mithilfe der wenglischen Verräter eine Zeitlang als König ersetzt hatte, hatte sich ebenfalls erfolgreich absetzen können. Gleichwohl hatten die Herrscher die Lehen der Verräter eingezogen. Herzog Ludwig hatte Rupert von Wasserhofen mit der Rebmark belehnt, der als neuer Markgraf seinen Geburtsnamen Vinzenz wieder angenommen hatte. Rupert stammte aus der ehemaligen Grafschaft Löwenstein, war eigentlich deren rechtmäßiger Erbe gewesen, aber schlicht um sein Erbe betrogen worden, als sein Vater Guido bei einem Turnier tödlich verunglückt war, seine Mutter von Markgraf Balduin II. noch vor Ruperts Geburt ins Kloster gesteckt worden und die Grafschaft als angeblich erbenlos an die Rebmark gefallen war. Erst viele Jahre später hatte Alwin von Falkenstein mithilfe von Wenzel von Löwenstein Ruperts wahre Identität aufgedeckt und ihn – um ihn vor Markgraf Richard zu schützen – unter seinem zweiten Vornamen mit Wasserhofen belehnt.
Wengländer und Scharfenburger konnten nur mutmaßen, dass die Verräter nach Wilzarien geflohen waren, dem einzigen Land, das ihnen Zuflucht gewähren würde, denn Fürst Gregor von Breitenstein hatte mitgeteilt, dass keiner von ihnen in Dominiksburg um Asyl gebeten hatte. Und da Breitenstein ein kleines Land war, in dem ohne Wissen des Fürsten kein Fremder dauerhaft bleiben konnte, mussten sie wohl König Havarik von Wilzarien um Aufnahme gebeten haben. Ob er mit ihnen sanftmütig umgehen würde, war eine andere Frage. Schließlich hatten die dafür sorgen sollen, dass Wilzarien sich Scharfenburg und Wengland untertan machte. Doch abgesehen von Dunkelfels, das seit 1199 auch ohne ihre Hilfe in wilzarischer Hand war, hatte Wilzarien nichts von seinen Kriegszielen erreichen können.
Dunkelfels war die einzige Provinz Scharfenburgs, die südlich des Alvedra lag. Herzog Ludwig wollte sie nach sechs Jahren wilzarischer Besatzung zurückhaben, doch ihm war klar, dass nach dem Krieg, den Wilzarien vom Zaun gebrochen hatte und in den es Wengland mit List und Tücke auf eigener Seite hineinmanövriert hatte, an eine Rückeroberung ohne Hilfe Wenglands nicht zu denken war. König Rudolf war zu einem Bündnis bereit, doch auch seine Truppen hatten Verluste erlitten; weniger als Scharfenburg, aber genug, um sich nicht sofort in ein neues Abenteuer stürzen zu können.
Ein Problem war, dass die Bauern grundsätzlich ihre Felder bestellen sollten und wollten. Die Herrschaft des Adels in beiden Landen beruhte darauf, dass der Adel die Bauern beschützte und dafür mit dem Zehnt – zehn Prozent der Ernte und sonstigen Einkünften des so genannten gemeinen Volkes – entlohnt wurde. Die Aufgebote, die die Adligen zum Schutz ihrer Bauern benötigten, mussten bezahlt, verpflegt und ausgerüstet werden. Keiner der Adligen, ob Graf einer Provinz oder Baron eines Landkreises, hielt sich deshalb eine größere Truppe, als unbedingt notwendig war.
Doch es gab einige wenige Ausnahmen – und das waren Roland von Ibelin, gebürtig aus dem Königreich Jerusalem, ehemals Baron von Ibelin im Heiligen Land und Baron von Saint-Martin-au-Bois in Frankreich, Graf von Hirschfeld, Schwager von König Rudolf und Onkel und Erzieher von Prinz Martin, die Grafen der anderen kleinen Grafschaften Wenglands und Prinz Martin selbst.
Roland hatte sowohl in seinem Jerusalemer Lehen als auch später in Frankreich ein neues Verteidigungssystem genutzt, das er nach Wengland mitgebracht hatte: Er hatte alle wehrfähigen Männer zwischen 17 und 45 Jahren erfassen lassen und jedem dieser Untertanen, der fähig und willens war, angeboten, sich zum Reisigen* ausbilden zu lassen. Wer das tat, bekam eine Ausrüstung von ihm gestellt, hatte im Jahr einen Monat Dienst zu leisten, für den ihm dann der Zehnt für seine Person erlassen wurde. Von jeder Familie durfte jeweils nur ein Mann zur selben Zeit fort sein, damit die Feldarbeit, das Handwerk oder das Geschäft nicht brach lag.
Sein wenglisches Lehen, die Grafschaft Hirschfeld, hatte etwa 20.000 Einwohner, von denen etwa die Hälfte männlich und die andere Hälfte weiblich war. Von den männlichen Bewohnern war eine Hälfte zwischen 17 und 45 Jahren alt, die andere Hälfte älter oder jünger. So blieb etwa ein Viertel der Einwohner Hirschfelds, die als potenzielle Soldaten eingesetzt werden konnten, unter dem Strich rund 5.000 Männer. Sein Angebot hatten praktisch alle, die dazu in der Lage waren, angenommen. Hirschfeld verfügte damit über gute viereinhalbtausend Reisige.
Das Verhältnis von Männern und Frauen, von Wehrfähigen und Untauglichen war im Prinzip in jeder wenglischen Provinz gleich. Grob gerechnet konnte ein Graf ein Viertel seiner Untertanen als wehrfähig bezeichnen. Dennoch hatte nicht jeder Graf dieses System übernehmen wollen. Es gab durchaus welche, die meinten, dass es gefährlich sei, die eigenen Untertanen das Kämpfen zu lehren. Bewaffnete Untertanen konnten ja auf die Idee kommen, den Adel als nutzlose Kostgänger zu betrachten, wenn die eigentliche Funktion des Adels – der Schutz der Untertanen – wegfiel, weil sie sich selbst schützen konnten.
Von den großen Grafschaften, die den Thronrat stellten, war Steinburg die einzige, die Rolands System nutzte. Prinz Martin, der von seinem Onkel Roland zum Ritter erzogen worden war, hatte es im Jahr 1200 für seine Grafschaft Steinburg übernommen, als sein Vater ihn zum Grafen ernannt hatte, damit er als Graf von Steinburg auf den Kreuzzug hatte gehen können. Als größte Provinz Wenglands hatte Steinburg etwa 100.000 Einwohner. Martin konnte auf eine ständig unter Waffen stehende Streitmacht von 10.000 Kämpfern setzen. Theoretisch standen ihm im gleichen Wechselsystem wie in Hirschfeld sogar 25.000 Mann zur Verfügung.
Die Grafen von Bauzenstein, Oberwengland und Siebenberg hatten sich überzeugen lassen und beriefen ihre Truppen auf die gleiche Weise. Graf Eckart von Oberwengland hatte deshalb während des Krieges gegen Scharfenburg eine genügend große Truppe aufbieten können, um seine Grafschaft noch verteidigen zu können, obwohl die Hälfte seines Heeres sich am Krieg gegen Scharfenburg beteiligt hatte. Das hatte durchaus Eindruck gemacht.
Die so ausgehobenen Soldaten wurden in Vogteikompanien organisiert, so dass jede der zwölf Baronien zwölf Vogteikompanien aufbieten konnte. Drei Kompanien direkt benachbarter Vogteien bildeten ein Bataillon, vier Bataillone ergaben ein Regiment. Jede Baronie stelle so ein Regiment, von denen drei benachbarte Baronie-Regimenter zu einer Brigade zusammengefasst wurden. Da jede Grafschaft zwölf Baronien hatte, hatte sie vier Brigaden, die zusammen das Heer der Grafschaft ausmachten.
Zwar konnten diese Einheiten unterschiedlich groß sein – die Einwohnerzahl in den Vogteien war nicht unbedingt gleich – aber die Wehrleute konnten sich mit ihrer Kompanie und den nächsthöheren Einheiten identifizieren. Sie schützten ihr Dorf, ihre Vogtei, ihre Baronie, ihre Grafschaft und schließlich ihr Land.
Obwohl dem Prinzen und seinem Onkel durch den Verzicht auf einen Teil des Zehntes Geld hätte fehlen sollen, sparten sie unter dem Strich sogar, denn Söldner anzuwerben war letztlich teurer. Weil beide auch auf eine gute Ausbildung von Waffenschmieden setzten, die für sie arbeiteten, mussten sie die Waffen auch nicht teuer einkaufen. Martin hatte bei seinem Onkel eine Schmiedelehre gemacht, weil es ihn interessiert hatte. Sein Wissen gab er weiter und verpflichtete jeden Schmiedemeister seiner Grafschaft, jährlich wenigstens einen Lehrling anzunehmen und auszubilden. Die Lehrlinge waren gehalten, ihr Wissen zu erweitern und frühzeitig zu lernen, selbst auszubilden.
Die Prüfung der Lehrlinge sollte in den ersten sieben Jahren Roland von Ibelin vornehmen, den König Rudolf zum Obermeister der Schmiede in Wengland ernannt hatte. Nach spätestens zehn Jahren sollten alle Meister der Schmiedekunst sich zur Zunft zusammengeschlossen haben und auf der Basis von Rolands Ausbildung die drei besten Meister zu Obermeistern wählen.
Roland von Ibelin, der Graf...
| Erscheint lt. Verlag | 11.11.2023 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Chroniken der Verborgenen Lande | Chroniken der Verborgenen Lande |
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Fiktive Welt • Prinz Martin • Scharfenburg • Verborgene Lande • Wengland • Wilzarien |
| ISBN-13 | 9783384057679 / 9783384057679 |
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