MEIN MANN ZUM LOSLASSEN (eBook)
252 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-00170-2 (ISBN)
Enrico
Wow! Was für eine Frau! Eigentlich wollte ich mich über ihr unvorsichtiges Verhalten empören, da sie beinahe einen Fahrradsturz verursacht hat, aber ihr Anblick hat mich augenblicklich verstummen lassen.
Von einem Moment auf den anderen war ich in ihren Bann gezogen. Sie entschuldigte sich bei mir, dabei trafen sich unsere Blicke das erste Mal. Ihre blauen Augen waren verschleiert, doch mit jeder weiteren Sekunde, in der wir Blickkontakt hielten, schien der Schleier zu verfliegen und sich in Luft aufzulösen.
Jetzt steht sie mir gegenüber, strahlt mich mit ihren kristallklaren, dunkelblauen Augen an. Ewig, unendlich lange, könnte ich in diesem Blau verweilen, das mich an einen naturbelassenen, unberührten Bergsee erinnert, dessen Wasser sich zum Stillen meines Durstes auf eine aufreizende und bezaubernde Art und Weise anbietet. Mit einem Kopfschütteln versuche ich verzweifelt, mich von meinen Phantasien und von ihren süchtig machenden Augen zu befreien.
Ich frage sie, ob sie verletzt ist. Sie verneint meine Frage. Um auf Nummer sicher zu gehen, lasse ich meine Augen über ihren Körper schweifen: keine Blessur zu sehen. Sie scheint tatsächlich wohlauf zu sein. Ihrer gebeugten Körperhaltung und ihren leicht schlotternden Lippen nach zu urteilen, ist ihr kalt. Nach Wärme sehnend kuschelt sie sich in ihren regenbogenfarbenen Schal. Ihre schmalen Lippen wühlen mein Inneres auf und sorgen für Furore. Stumm schreien sie mich an: Küss mich! Meine Mundwinkel fangen nervös zu zucken an.
»Wenn du nicht verletzt bist, dann ist ja gut. Schönen Tag noch«, höre ich mich sagen.
Ich verdammter Idiot! Warum habe ich das Gespräch nicht noch ein wenig ausgeschmückt, ihr Fragen gestellt, das Gespräch in die Länge gezogen?! Jetzt bleibt mir wohl nichts Anderes übrig, als mich auf mein Rad zu schwingen und in die Pedale zu treten. Dabei wäre ich viel lieber in den See ihrer Augen eingetaucht und dem stillen Verlangen ihrer Lippen nachgekommen.
»Okay, ciao«, verabschiedet sie sich.
»Ciao«, erwidere ich und radle davon.
Wie von einem magischen unsichtbaren Band angezogen drehe ich mich noch einmal zu ihr um. Yes! Unsere Blicke treffen sich erneut. Sie hat sich ebenso nach mir umgedreht! Röte steigt in ihr Gesicht. Womöglich aus Scham?! Wahrscheinlich fühlt sie sich ertappt, immerhin hat sie mir hinterhergeschaut … so wie ich ihr. Um aus dieser Pattsituation herauszukommen, fahre ich das kurze Stück des Weges wieder zu ihr zurück. Bei ihr angekommen, steige ich vom Rad.
»Hi! Ich habe das noch nie gemacht, das musst du mir glauben, aber ich bin ehrlich gesagt sehr … fasziniert von dir … äh …«, stottere ich recht unbeholfen, »hast du spontan Lust, mit mir auf einen Drink zu gehen?« »Ich bin übrigens Enrico«, schieße ich schnell nach.
Gespannt warte ich auf ihre Reaktion. Sie scheint von meiner Offenheit überrascht zu sein.
»Hi, Enrico. Ich bin Sansara. Es ist zwar auch nicht meine Art«, sie überlegt kurz, »aber da ich knapp am Erfrieren bin und mir ein warmer Ort jetzt sicher gut tut … ja gerne!«
Sofort legt sich ein Lächeln über mein Gesicht. Meine Freude über ihre zustimmenden Worte kann ich wohl kaum verbergen. Schnell überlege ich, wohin ich sie ausführen kann. Mir fällt spontan die Bar eines Freundes ein, die gleich um die Ecke liegt und über einen offenen Kamin verfügt, an dem sich Sansara - oh welch wunderschöner Name! - aufwärmen könnte. Allerdings ist es eine Bar, die erst zu späterer Stunde aufsperrt. Deswegen zücke ich rasch mein Handy und informiere meinen Freund. Da er mir ohnehin einen Gefallen schuldig ist, soll er seine Pforten für uns ausnahmsweise etwas früher öffnen.
»Komm, lass uns gehen!«, sage ich zu ihr.
An meiner rechten Seite schiebe ich mein Fahrrad und links neben mir geht Sansara. Obwohl ich sie nicht kenne, fühlt sich ihre Nähe vertraut und sehr angenehm an.
»Kommst du gerade von der Arbeit?«, frage ich sie.
»Nein, samstags arbeite ich nicht. Samstag ist mein Tag zum Ausschlafen und Entspannen. Wobei ich jetzt gerade höchst unentspannt bin.«
»Etwa meinetwegen?«, hake ich frech nach.
»Nein, nicht deinetwegen!«, sagt sie bestimmend und lächelt mich irritiert an. »Ich war gerade meine Mutter besuchen. Danach bin ich jedes Mal … ich weiß nicht, wie ich das erklären soll … total von der Rolle, nicht mehr ich selbst, … und total angespannt und verkrampft. Ich weiß, das hört sich sicher komisch an.« Verlegen spielt sie mit einer Haarsträhne. Ihr herzförmiges zierliches Gesicht wird von schulterlangen, brünetten Haaren umrahmt und ihre kleine Stupsnase sowie ihre hohe gewölbte Stirn vollenden ihr hübsches Antlitz und verursachen Herzklopfen bei mir.
«Nein, tut es gar nicht. Es gibt einfach Menschen, die einem nicht guttun und solche Reaktionen auslösen. Da ist es egal, ob es die eigene Mutter oder sonst irgendwer ist.«
Plötzlich bleibt Sansara stehen, hält inne, neigt ihren Kopf zu mir nach oben und schaut mich mit ihren wunderschönen dunkelblauen Augen eindringlich an. «Danke!«
»Ich weiß zwar nicht wofür, aber – bitte, gern geschehen!«, erwidere ich arglos und wir gehen weiter, bis wir schließlich vor den Toren der Buddha Bar stehen. Gott sei Dank hat er meine Nachricht erhalten! Die Bar ist geöffnet und gleich beim Hineingehen hören wir das heimelige Knistern des Feuers. Wir setzen uns an den Tisch, der am nächsten beim Kamin steht. Sansara und ich ziehen unsere Jacken aus und machen es uns gemütlich.
»Hey, Damaso!«, begrüße ich meinen Freund, der zu uns kommt und Sansara freudig interessiert mustert. Verständig zwinkert er mir zu.
«Servus, Enrico! Na, bist du wieder in Padua auf einen Heimatbesuch?«
»Ja«, antworte ich knapp, da ich in Sansaras Gesellschaft nicht so lange mit ihm quatschen will. Viel lieber möchte ich die Zeit mit Sansara nutzen, mit ihr plaudern, sie kennenlernen, sie küssen … Damaso schnallt Gott sei Dank sofort, dass ich nicht das Bedürfnis habe, mich lange mit ihm abzugeben.
»Was darf ich euch zu trinken bringen?«
«Für mich bitte einen warmen Kakao. Aber bitte keine Kuhmilch, sondern mit einem Haferdrink. Und dazu einen Cognac, bitte.»
Damaso schaut mich ein wenig belustigt an. Ich begegne ihm mit einem klaren und durchbohrenden Blick, der so viel ausdrückt wie: Egal, was sie bestellt, mach es! Und wenn du den Hafer dafür erst ernten und ausquetschen musst!
»Für mich bitte einen Whiskey«, sage ich.
»Ja, sehr gerne. Kommt sofort«, antwortet Damaso und eilt davon.
»Du bist also aus Padua, aber selten zuhause, wenn ich die Worte des Kellners richtig interpretiere. Bist du beruflich viel unterwegs?«, nimmt Sansara das Gespräch auf.
Sie ist eine aufmerksame Zuhörerin, das gefällt mir.
«Ja, genau. Ich bin tatsächlich viel unterwegs. Das bringt mein Beruf so mit sich.«
»Und was ist dein Beruf, wenn ich fragen darf?«
»Darfst du«, grinse ich sie an und erhasche ein Lächeln von ihr zurück. »Meine Geschwister und ich führen das Softwareunternehmen unserer Eltern. Als sie vor sechs Jahren überraschend gestorben sind, hat jeder von uns einen Unternehmensbereich übernommen. Ich bin für die Veranlagung und Verwaltung unserer Gewinne verantwortlich. Mein Bruder leitet den Entwicklungsbereich und meine Schwester hat das Marketing über.«
Was ich ihr allerdings verschweige ist, dass ich Teil eines einflussreichen Konsortiums bin. Das Konsortium besteht aus schwerreichen Frauen und Männern, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihr Geld für wohltätige Zwecke einzusetzen, ohne das jedoch in der Öffentlichkeit breitzutreten. Im Gegenteil, uns ist es wichtig, dass niemand von unseren Identitäten erfährt. Unserer Auffassung nach handeln wir entsprechend des natürlichen Kreislaufs von Geben und Nehmen. Hierfür braucht es keine Publicity. Wir zählen nicht zu den Menschen, die dafür ihre Visage der Kamera entgegenrecken und hinausposaunen, wie toll sie sind. Ein weiterer Grund ist, dass wir schlichtweg unerkannt und in Ruhe unser Leben weiterführen wollen. Das bietet auch unseren Familien ausreichend Sicherheit. Nicht jeder muss mit seinem Reichtum protzen, das finde zumindest ich. Deswegen wohne ich auch nicht in einer 300 m2 großen Penthouse-Wohnung, wie es viele meiner »Artgenossen« tun, für mich reicht mein Zweizimmerappartement. Okay, es liegt im Zentrum von Padua und hat eine große Dachterrasse mit einem traumhaften Panoramablick auf die Stadt, aber: Ein bisschen Luxus bin ich mir selbst auch wert.
»So, ihr Lieben, hier sind eure...
| Erscheint lt. Verlag | 19.7.2023 |
|---|---|
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | Begierde • Berührungen • Erotik • Fesselnd • Freiheit • Glück • Happy End • heiße Szenen • Hingabe • Leidenschaft • Liebe • Liebesroman • Loslassen und festhalten • Neue Liebe • Paradies • prickelnd • Roman • Romantik • Sanftheit • Traumfrau • Traummann • zeitgenössischer Liebesroman |
| ISBN-10 | 3-384-00170-2 / 3384001702 |
| ISBN-13 | 978-3-384-00170-2 / 9783384001702 |
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