Loneliest Planet (eBook)
187 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
9783756566563 (ISBN)
Maximilian Sachs ist ein Gymnasiallehrer und wurde 1988 in Aalen im Ostalb Kreis geboren. Er wuchs in der Nähe von Karlsruhe und in Dinkelsbühl auf. Das Studium führte ihn nach Würzburg, wo er bis heute lebt und arbeitet. Seit 2017 schreibt er Romane über gegenwärtige gesellschaftliche und politische Themen, sowie über philosophische Fragen.
Maximilian Sachs ist ein Gymnasiallehrer und wurde 1988 in Aalen im Ostalb Kreis geboren. Er wuchs in der Nähe von Karlsruhe und in Dinkelsbühl auf. Das Studium führte ihn nach Würzburg, wo er bis heute lebt und arbeitet. Seit 2017 schreibt er Romane über gegenwärtige gesellschaftliche und politische Themen, sowie über philosophische Fragen.
Die Zeit in Los Angeles war von Anfang an zäh und deprimierend. Selbst als Komparse für irgendwelche Low-Budget-Filme wurde ich abgelehnt, was mich, nach meinen Erfahrungen in Thailand, komplett verunsicherte.
Deshalb dachte ich nach ermüdenden Wochen, in denen ich von einem erfolglosen Vorstellungsgespräch zum nächsten gereicht wurde, für kurze Zeit ernsthaft darüber nach, wieder nach Hause zurückzukehren. Es war lange her, seit ich mich daheim gemeldet hatte, und ich verspürte zu dieser Zeit eine Art von bedrückendem Heimweh, das mir neu war.
Dieser schwermütige Zustand hielt aber zum Glück nicht allzu lange an. So war es wohl Schicksal, dass nach einem weiteren glücklosen Vorsprechen ein verwirrter Typ an der Straßenkreuzung in der Nähe des Plummer Park in West Hollywood mein Interesse weckte.
Er hielt ein Schild in die Höhe. Darauf war in rotleuchtenden Buchstaben die Worte ‚PROTECT THE INNOCENT’ geschrieben. Außerdem trug er einen schwarzen Imkerhut, eine Bleischürze sowie Latexhandschuhe. Was mir ebenfalls auffiel, war, dass man unter den ausgefallenen Kleidungsstücken einen äußerst athletischen Körper erkennen konnte.
Das war verwirrend. Denn normalerweise präsentieren sich Bodybuilder in L.A. bei jeder sich bietenden Gelegenheit oben ohne und zeigen, was sie haben. Deswegen war auch meine erste Frage, ob ihm unter dem ganzen Blei und Latex nicht zu warm sei.
„What? No! I rather sweat to death than die of fucking radiation of these fuckers, you know.“
Er legte gleich mit dem für Amerikaner typischen Enthusiasmus los.
„Sorry, no. What radiation?“, fragte ich ahnungslos.
„Oh man, where are you from, my son?“
Ich log und erzählte, ich wäre aus Österreich.
„My name is Franz Beckenbauer from Austria. I just travel around in the US and actually I am on my way to find a new job in California.“
„Oh, hi... Franz, was it? Nice to meet you. My name is Tim, Tim Carter. I'm originally from New Jersey. But since I have left the army, I am here in California and try to lighten up the poor people that get manipulated by these fucking politicians.“
„Nice to meet you too, Tim.“
Er fragte mich, was für ein Job ich denn suchte, und ich antwortete ihm nur, dass ich das selbst nicht mehr so genau wüsste und ich mittlerweile fast alles machen würde.
Tim entschuldigte sich und meinte, dass er mir leider nicht bei meinen Jobproblemen helfen könne, da er selbst nicht mehr arbeite, seitdem er aus dem Irakkrieg zurückgekehrt sei, und nun von seiner spärlichen Veteranenrente lebe.
Er widme sich jetzt anderen Dingen, so erzählte er mir, und, dass er den Lendenschurz aus dem St. Catherine Hospital gestohlen habe, um sich vor gefährlicher Handystrahlung zu schützen.
Er faselte irgendetwas davon, dass die amerikanische Regierung versuche, die Geburtenrate durch Handystrahlung zu steuern, und so Menschen, die ihnen nicht passten, unfruchtbar zu machen.
Er empfahl mir deshalb, mir so schnell wie möglich auch einen bleiernen Schurz zu besorgen. Wohl aus reiner Langeweile frug ich damals weiter nach, wie er denn auf so Gedanken gekommen wäre. Aber seine Antworten waren wenig aufschlussreich.
„Why do you think everyone has a mobile phone these days? And why do you think Apple is the biggest company in the world?“
Ich antwortete nur das, was ich von anderen gehört hatte, dass es wahrscheinlich Dinge wären, wie telefonieren und sowas und Apple ziemlich visionär gewesen wäre für seine Zeit und eine gute Marketingabteilung hätten.
„That is what the people from the government want you to believe. Have you ever read ‘Brave New World’ by Aldous Huxley?“
„I think so, but that was in school, and I don't really remember what it is all about.“
„Well, if you remembered, you would know that there is a drug called ‚Soma‘ that makes people submit to the will of the government. But it's not like you can enslave so many people with just some pills. It's much smarter than this. It's the radiation waves that come from our phones and other technical devices. And c'mon, you don't have to be a scientist to realize that since the majority of people around the world have access to the internet and they get flooded with all kinds of useless laptops and smartphones the birth rate is falling tremendously.“
Da ich keine Ahnung hatte, was er mit ‚Soma‘ meinte und ich mich auch sonst nicht sonderlich gut mit Technik auskannte, wusste ich nicht wirklich, was ich sagen sollte.
„Isn't that crazy? And we think we have our own free will and stuff, fuck that Franz.“
Er steigerte sich immer mehr in seine eigene Gedankenwelt und riss dabei seine roten Augen immer weiter auf, so dass seine Augäpfel schon aus ihren Höhlen hervortraten.
Ich empfand das als sehr aufdringlich, war aber zu eingeschüchtert, um mich einfach umzudrehen und zu gehen.
„They control us with these fucking devices and our new gods are these fuckers like Apple or Google.“
Es war mir alles zu viel. Mittlerweile schwirrten mir auch Gedanken und Zweifel durch den Kopf. Was war, wenn er recht hatte?
„Throw these fucking iPhones, iPads, or whatever these fuckers calling them nowadays, away. Get back your own free will boy and stop getting fucked by these fuckers, HAHAHA!“
Ich war überfordert. Ich stellte mein Handy auf Flugmodus und bedankte mich für die Ratschläge.
„No problem my friend, we are in this together.“
Er umarmte mich, was ich nicht wirklich wollte, und wir verabschiedeten uns voneinander. Er erklärt mir noch den nächsten Weg zum Baumarkt, wo ich mir so schnell wie möglich eine bleierne Weste oder Lendenschurz besorgen sollte. Ich war froh, als ich um die Ecke biegen und mir eine Menthol-Marlboro anstecken konnte, ohne zugetextet zu werden über Strahlung, Samsung und Huxley. Das dachte ich zumindest.
Als ich den ersten Zug nahm, und der Rauch sich durch die Zusatzstoffe in der Zigarette besonders wohltuend auf meine Bronchien verteilte, kam zufällig ein joggendes Pärchen in meine Richtung gelaufen. Und ja, eventuell hätte ich mir die Mühe machen sollen, nicht direkt in dem Moment auszuatmen, als sie an mir vorbeikamen, aber ihre Reaktion fand ich dann doch ein bisschen übertrieben.
„Oh, sorry!“
Das war das Einzige, was ich noch sagen konnte. Es war ja wirklich nicht meine Absicht, sie mit Lungenkrebs anzustecken. Ich war einfach nur kurz unachtsam. Aber es wurde mir nicht verziehen.
Die Tatsache, dass sie einen Kinderwagen, der eher aussah wie ein tiefergelegter Sportwagen, vor sich herschoben, gab ihnen natürlich doppelten Anlass, mich zurechtzuweisen. Kinderlungen sind ja besonders gefährdet, nahm ich an.
„Smoking is not allowed here. Why can't you just go in one of the designated areas.“
In diesem Punkt hatte der das Rauchen hassende Marathonläufer recht, würde ich tippen. Der Mann war so Mitte 40, trug eine schwarze Sonnenbrille, weiße Turnschuhe von Nike und so ein schwarzes Muscle -Shirt, bei dem offensichtlich nachträglich die Ärmel weggeschnitten worden waren. Auf dem Shirt stand auf Brusthöhe in kleinen lilafarbenen Buchstaben der Satz ‚I would prefer not to.‘
Eigentlich wollte ich noch fragen, was das denn bedeute und was er denn am liebsten nicht machen würde, denn was mich anging, wäre es bei der gegenwärtigen Hitze ja ganz klar joggen gewesen. Er ließ mir aber keine Zeit und fragte mich, ob ich schon mal versucht hätte, mit dem Rauchen aufzuhören. Klar, wollte ich das, so wie wahrscheinlich jeder Raucher auf dieser Welt es schon versucht hatte.
Das erklärte ich ihm dann auch, während ich die Zigarette ein bisschen beschämt auf dem Boden ausdrückte. Seine Frau, auch mit Sonnenbrille, Cap und so einer Hüfttasche bekleidet, tänzelte das Gespräch über auf der Stelle und schaute dabei immer wieder auf ihre Trackinguhr.
Als die beiden dann aber aufgrund meines Akzentes merkten, dass ich Ausländer war, wurden sie auf einen Schlag sehr verständnisvoll und baten mich einfach, es nicht mehr zu tun.
„Look, you are new in this country, we understand that. But please try to smoke somewhere else. Smoking has bad effects on your body.“
Als ob ich das nicht gewusst hätte. Sie mussten mich für völlig minderbemittelt halten oder denken, ich wäre aus irgend so einem Ostblockland gekommen. Dabei war ich doch aus Deutschland, dem Land von Mercedes und Siemens, und, okay, soviel gab ich ihnen, auch anderen eher semitollen Exporten.
„You have a high risk of dying due to a heart attack or lung cancer“, schoben sie weiter nach.
Ich fragte mich ständig, was sie mit diesen Aussagen bezwecken wollten. Ich erklärte ihnen, dass ich das wüsste und dass ich deswegen ja schon oft versucht hätte, mir dieses Laster abzugewöhnen.
„Thank you. I know that. That is why I tried to quit a few times before.“
Da die tänzelnde Alte langsam genervt wirkte und sie ihren Mann in nobler Mission immer wieder anstupste, hoffte ich, ich würde diesem unangenehmen Gespräch endlich entgehen können. Aber der Typ ließ nicht locker.
„If you try to quit there are plenty of places you can go to and where you can ask for help.“
„Okay, Okay“, unterbrach ich ihn, was bestimmt wieder als unhöflich und als ‚German directness‘ angesehen wurde. Aber es ging mir langsam richtig auf den Sack. Erst sollte ich mein Handy wegwerfen und jetzt meine Kippen, geht's noch? Im Nachhinein, denke ich mir, hätte ich die Ruhe bewahren sollen und ihn einfach labern lassen, aber der Drang...
| Erscheint lt. Verlag | 3.11.2023 |
|---|---|
| Verlagsort | Berlin |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | Abenteuer • Belletristik • Bildungsroman • Coming-of-age • Faserland • Houellebecq • Humor • Kontrovers • Kracht • Simulation |
| ISBN-13 | 9783756566563 / 9783756566563 |
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