Dornbirner Abgründe (eBook)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-962-9 (ISBN)
Schreiben war von Kindesjahren an schon eine glühende Leidenschaft von Daniela Wetzel. Nachdem sie ihre Texte über viele Jahre nur im privaten Rahmen verfasst hatte, konnte die gebürtige Feldkircherin später mit diversen Sportberichten erstmals ein breiteres Publikum von ihren Schreibkünsten überzeugen. Mit "Dornbirner Abgründe - Wenn Albträume erwachen" veröffentlicht Daniela Wetzel nun ihren ersten Roman und betritt somit auch die Autorenbühne. Bei Daniela Wetzel steht der Schreibtisch im Rampenlicht und so will sie mit ihrem Erstlingswerk durch ihre geschriebenen Zeilen quasi schwarz auf weiß für Begeisterung sorgen und ihre Leser mit auf eine spannungsgeladene und fesselnde Reise nehmen.
Goldener Samstag
… Bumm! Tatsächlich, sie hatte es geschafft! Erleichtert, aber ziemlich benommen stellte Maria fest, dass sie ihr Bett einmal mehr zurückerobert hatte. Wie schon so oft hatte sie in der Nacht halbe Lebensgeschichten und ewig erscheinende Psychothriller durchlebt. Obwohl diese im Moment allesamt absolut real erschienen, merkte sie spätestens beim Aufwachen, wie sinnfrei, abstrakt und absonderlich sie waren. Oft stieg Maria die Schamröte ins Gesicht, wenn sie feststellte, welche kranken Gespinste ihr Hirn im Dunkel der Nacht gewoben hatte. Das eben Erlebte war der Showdown einer unübersichtlichen Irrfahrt durch die wohl staubigsten Ecken ihrer Psyche. Niemand wollte genau wissen, was in diesen versteckten Sektoren des Gehirns alles an Schund für den nächsten grauenhaften Albtraum schlummerte. Dennoch drängten sich gerade diese Elemente ungefragt und detailverliebt Nacht für Nacht ins Rampenlicht.
Mit einem Kopfschütteln erhob sie sich aus ihrer zusammengekauerten Schlafposition. Sie wollte diese verrückte Traumwelt mit dem Start in den realen Tag endgültig hinter sich lassen. Neben ihr lag Marc, ihr Freund. Er hatte von Marias Traum-Odyssee offenbar nichts mitbekommen. Er schlief tief und fest und hatte wohl auch die seltsamen Laute nicht gehört, die sie bestimmt von sich gegeben hatte.
Es war schön, ihn unversehrt und gesund zu sehen. Oft hatte Maria schon allerhand entsetzliche Dinge, wie Krankheiten, Entstellungen und den Tod ihres Liebsten, in ihren Träumen erlebt. Nach solchen Katastrophenszenarien war die Erleichterung beim Anblick ihres selig schlafenden Freundes stets unermesslich.
Doch jetzt hieß es zunächst, die Gedanken neu zu ordnen.
Heute war Samstag, zweifelsohne der schönste aller Wochentage. Das bestätigte sich für Maria Woche für Woche neu. Dieser Umstand würde sich auch nicht so schnell ändern. Ein Büro-Job mit klassischer Fünftagewoche, bei dem jemand auf einmal den Montag zum Lieblingstag erklärte, musste definitiv erst erfunden werden. Und Maria bezweifelte stark, dass es Menschen mit noch größerem Erfindergeist gab als Thomas Alva Edison, Alexander Graham Bell und die Gebrüder Wright. Oder gar die Sumerer, die zirka 2000 bis 3000 Jahre vor Christi mit dem Bier zweifelsohne die historisch wertvollste Erfindung auf den Weg gebracht hatten. Für die Erfindung eines »perfekten Jobs« reichte wohl das innovative Denken aller Superhirne zusammen nicht aus. Somit blieb der Samstag, als einziger Tag, an dem man als Büromensch zu Ehren der Sumerer ungeniert sowohl zum Früh- als auch Dämmerschoppen gehen konnte, Marias unangefochtene Nummer Eins der Wochentags-Hitparade.
Apropos Frühschoppen, heute war Hüttengaudi angesagt. Rolands Geburtstagsfeier stand endlich am Programm. Marc und Maria waren auf eine Anhöhe oberhalb der Alpe Schwende in eine urige Hütte eingeladen, um dort den Geburtstag ihres gemeinsamen Freundes zu feiern. Darauf freute Maria sich schon die ganze Woche! Rund dreißig Leute wurden erwartet, für das leibliche Wohl war bestens gesorgt und es gab dort ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten. Einem bahnbrechenden Party-Spaß stand nichts mehr im Wege.
Mit fröhlichen Gedanken über die heutige Tagesgestaltung beugte sich Maria zu Marc, küsste ihn sanft auf die Stirn und strich ihm dabei seine blonden, glatten Haare, die bis zur Mitte seiner Stirn reichten, aus dem Gesicht. Ihr Traumprinz blinzelte ihr mit einzigartigen, grünblauen Augen verschlafen entgegen. Wenn Marc müde war, stachen die blauen Farbakzente seiner Iris noch viel deutlicher hervor. Manchmal wähnte sie sich beim Blick in seine Augen an einem weißen Sandstrand mit Aussicht auf unvorstellbare Weiten des blau glänzenden Ozeans.
Genau wie beim Blick auf den endlosen Horizont konnte sie sich vollends in Marcs Augen verlieren. Sie spiegelten für sie aufregende Abenteuer und gleichermaßen wohlige Geborgenheit wider. Marc verkörperte eine märchenhaft glitzernde Einhornwelt und die faktenbasierte Realität in einem Paket. Mit ihm konnte sie zwischen Wattebauschwolken in realitätsfernen Kindheitsfantasien schweben, aber genauso ernste Dinge besprechen und wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommen, bevor ein unsanfter Aufprall drohte.
Marc war Marias perfekter Gegenpart. Er brachte die Unbekümmertheit mit, die ihr zumeist fehlte. Er stand für Humor und Frohsinn gepaart mit unbändigem Optimismus. Sie machte sich zu viele Gedanken über alle möglichen und unmöglichen Dinge und dachte dabei öfter im Kreis, als sich die Erde seit ihrer Entstehung um die eigene Achse gedreht hatte. Marc schaffte es stets, sie durch seine Lockerheit mit einem Ruck aus dieser seelischen Beklommenheit herauszuziehen. Seine charakterliche Vielfalt spiegelte sich auf faszinierende Weise in seinem funkelnden Blick wider. Maria entdeckte jedes Mal neue Details.
Gerade, als sie im Begriff war, sich emotional in den fantastischen Ozean zu werfen, der lockend vor ihr glitzerte, zog Marc sie mit einem Murren unter die Bettdecke. Nervensägenzeit war angesagt. Marc begann, Maria an allen möglichen Körperstellen zu zwicken. Nur nicht da, wo es womöglich angenehm gewesen wäre. Das Kitzeln und Blödeln endete in einer liebevolleren Kuss-Attacke, die zumindest einen Teil der vorangegangenen Neckereien wiedergutmachte. Nun war Maria wenigstens frisch wachgerüttelt und bereit für den anbrechenden Tag.
Endlich fühlte sie sich so richtig wohl. Maria ging zum Schlafzimmerfenster, schob das mit weißen Trompetenblumen bedruckte Plissee nach oben und öffnete den Fensterflügel.
Sie atmete tief ein, als eine frische Brise ihr Gesicht streichelte.
Sofort vernahm sie den süßlich-lieblichen Duft der frisch aufgeblühten Narzissen, Krokusse, Stiefmütterchen und Veilchen in der Wiese vor ihr. Ihr bot sich ein fröhlich leuchtendes Farbenspiel aus blauen, gelben, weißen und roten Farbtupfen. Unüberhörbar zwitscherten Blaumeise und Buchfink um die Wette, während der Buntspecht zum Gesang seiner Kollegen kurz den Takt eintrommelte. Die Sonne strahlte und nur in der Ferne verirrten sich ein paar vereinzelte, kleine Schäfchenwolken in das Blau des Bilderbuch-Himmels. Sie versuchte den Moment mit allen Sinnen einzusaugen. Am liebsten hätte sie ihn eingefangen und vakuumiert, sodass er ihr nie mehr abhandenkam. Immer, wenn sie ihn brauchte, könnte sie ihn frisch aus der sicher verschlossenen Verpackung holen. Der Anblick vor dem Fenster hatte rein gar nichts mit dem düsteren, tiefschwarzen Endzeitszenario ihres Traumes gemein. Es passte zu Maria. Selbst jetzt konnte sie sich nicht ganz von diesen negativen Bildern der Nacht lösen, obwohl schon längst klar war, dass es nur ein irrsinniger Traum gewesen war. Und dennoch, ihr Gehirn liebte es, sich ständig in Labyrinthen aus übertriebenen Ängsten zu verlieren.
Dieses Gefühl war die hektische Negativ-Variante des tiefenentspannten Treibenlassens in Marcs Augen-Ozean. Maria war ein richtiger Angsthase. Ein klassischer Hosenscheißer, wie er im Buche stand. Schon als Kind hatte sie massive Probleme. Sie bekam panische Schnappatmung, sobald es dunkel war und konnte daher nie ohne Licht im Zimmer einschlafen. Und als wäre das nicht schon genug, wurde sie zeitweise hysterisch, wenn sie im Malunterricht ein Bild mit Buntstiften malen sollte. Sie brach auch manchmal in Heulkrämpfe aus, wenn sie etwas Farbiges anziehen sollte. Dann wurde sie wütend und versuchte, die Kleidung zu zerreißen oder mit der Schere zu zerschneiden. Einfach nur aufgrund dieser völlig willkürlichen, erdrückenden Angstzustände.
Marias damalige Verhaltensauffälligkeit nannte sich Chromatophobie, die Angst vor Farben, wie sie später erfuhr, und war nur eine von vielen.
Da waren auch noch Angststörungen, wie zum Beispiel die Podophobie, die Angst vor Füßen, und eben die Lygophobie, ihre Angst vor der Dunkelheit.
Für die Angst vor Alf, dem Serien-Außerirdischen in Form eines braunen Stofftiers, gab es offenbar keinen medizinischen Fachbegriff. Maria nannte sie daher laienhaft einfach »Alfophobie«. Klaustrophobie und Höhenangst konnte schließlich jeder. Marias Auswüchse waren da schon etwas origineller. Sie hätte zu jener Zeit einen ganzen Zoo voller exotischer Phobien eröffnen können.
Sie war also immer schon der Inbegriff des fleischgewordenen Angstzustandes. Manche der außergewöhnlichsten Ängste, wie etwa dieses »Farbending« oder die Panik vor Alf trieben zum Glück nur über den beschränkten Zeitraum einiger Monate Wildwuchs in Marias Psyche. Zahlreiche Therapiesitzungen ließen diese kurzfristig aufgetretenen Auffälligkeiten schnell wieder unter ihrer zartbesaiteten Oberfläche verschwinden. Man stempelte ihr Verhalten letztlich als harmlose Irritationen ab. Von wegen »als Kind ist man viel mutiger und traut sich mehr als im Erwachsenenalter« oder »als Kind macht man sich noch nicht so viele Gedanken«. Wenn es nach Maria ging, waren das nur...
| Erscheint lt. Verlag | 7.9.2023 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| ISBN-10 | 3-99139-962-8 / 3991399628 |
| ISBN-13 | 978-3-99139-962-9 / 9783991399629 |
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