Albenränke (eBook)
191 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7549-9779-6 (ISBN)
Gunnar Kunz hat vierzehn Jahre an verschiedenen Theatern in Deutschland gearbeitet, überwiegend als Regieassistent, ehe er sich 1997 als Autor selbstständig machte. Seither hat er etliche Romane und über vierzig Theaterstücke veröffentlicht, außerdem Kinderbücher, Hörspiele, Kurzgeschichten, Musicals und Liedertexte. 2010 wurde er für den Literaturpreis Wartholz nominiert.
Gunnar Kunz hat vierzehn Jahre an verschiedenen Theatern in Deutschland gearbeitet, überwiegend als Regieassistent, ehe er sich 1997 als Autor selbstständig machte. Seither hat er etliche Romane und über vierzig Theaterstücke veröffentlicht, außerdem Kinderbücher, Hörspiele, Kurzgeschichten, Musicals und Liedertexte. 2010 wurde er für den Literaturpreis Wartholz nominiert.
Albenränke
Krähen über Niflungenland, Teil 2
Impressum:
Copyright 2023 by Gunnar Kunz, Berlin
Tel. 030 695 095 76
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Alle Rechte vorbehalten
Einbandgestaltung: Rannug
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»Das Leben erkennt man an seiner Ekstase.«
Vilhelm Grønbech
Kalte Ekstase
1.
Vor den Gefolgsleuten hob Gunter seine zukünftige Frau vom Pferd. Zum ersten Mal spürte er ihren Körper, und es war, als würde die Wärme ihres Leibes den kalten Zauber brechen, der sein bisheriges Leben umklammert hatte. Er durfte diese wundervolle Frau den Rest seines Lebens in den Armen halten, das war mehr als genug Glück, um alles vergangene und zukünftige Leid aufzuwiegen. Unter den Freudenrufen der Menge trug er die Svawenkönigin über die Schwelle des Hauptgebäudes, unter der der Hausgeist wohnte, und führte sie einmal um das Herdfeuer, um sie in das Heil des Hauses einzuweihen.
Der Lärm verebbte, als die Kühle des Gebäudes sie umfing. Noch immer war Brünhild wie betäubt. Verschachert! Sigfrid hatte sie Gunter angeboten, um dessen Schwester zu bekommen! Die Königssippe kam herein. Brünhilds Blick glitt über die Gesichter hinweg und blieb auf der Gestalt einer jungen Frau liegen. Sie war schön. Und jung, verführerisch jung. Für diese Frau hatte Sigfrid sie also verkauft!
Grimhild versuchte, sich hinter den Rücken ihrer Brüder zu verstecken. Zwar freute sie sich über Gunters erfolgreiche Rückkehr, weil sie jetzt endlich mit Sigfrid verheiratet werden würde. Und sie war erleichtert, dass Thiotas Trank in ihrer Nähe nichts von seiner Wirkung einzubüßen schien. Doch es war etwas anderes, einer unbekannten Frau den Mann wegzunehmen, als ihr gegenüberzustehen und auf ihrem Gesicht den Schmerz zu erkennen, den sie ausgelöst hatte.
»Wir heißen Euch in Niflungenland willkommen«, sagte Oda freundlich.
»År ok friðr«, entgegnete die Svawenkönigin, doch ihre Augen blieben auf Grimhild haften.
Trotzig reckte die Niflunge das Kinn und trat vor. »Auch ich heiße Euch willkommen und wünsche Euch Glück an der Seite meines Bruders.«
Die beiden Frauen maßen sich stumm mit Blicken, ein kurzer, aber leidenschaftlich geführter Kampf, den Brünhild schließlich für sich entschied, als ihre Rivalin die Lider senkte. Statt einer Antwort nickte sie nur kühl.
Grimhild hatte sich die Svawenkönigin anders vorgestellt. Dass sie schön war, entsprach ihren Erwartungen. Aber die ruhige Würde, die die Sächsin ausstrahlte, war aus irgendeinem Grunde schwerer zu ertragen. Neben ihr kam sich Grimhild wie ein dummes Mädchen vor. Sie mochte sie nicht. Brünhild war eine kalte, arrogante Frau. Sigfrid wäre mit ihr sowieso nicht glücklich geworden.
Oda begegnete der Braut ihres Sohnes mit Wärme, um ihr das Gefühl zu geben, dass sie hier willkommen war. Die alte Königin erinnerte sich noch lebhaft daran, wie es war, aus der vertrauten Umgebung fortgerissen und in ein fremdes Land geführt zu werden, wo sie von einem Tag auf den anderen leben sollte. Sie war damals fast gestorben aus Angst, ihrer neuen Rolle nicht gerecht zu werden. »Kommt«, sagte sie, »ich zeige Euch erst einmal Euer Gemach. Und dann lasse ich Euch ein heißes Bad bereiten, das wird Euch guttun nach der langen Reise.«
Brünhild nickte dankbar. In mancher Hinsicht ähnelte die alte Frau Radegunde. Ein jäher Stich erinnerte die Svawenkönigin daran, dass sie ihre Sippe, ihre Heimat und alles, was ihr lieb und teuer war, hinter sich gelassen hatte. Mit Macht drängten die Tränen jetzt hervor, doch gelang es ihr auch diesmal, Siegerin zu bleiben und Oda aufrecht zu folgen.
Gunter sah seiner schönen Braut hinterher. Die Reise über hatte sie sich abgekapselt. Kein Scherz, keine Geste vermochte sie aus ihrem selbst gewählten Kokon zu locken. Ihr stumm getragenes Leid verunsicherte ihn. Waren nur Heimweh und die Angst vor dem, was sie hier erwartete, der Grund? Fürchtete sie sich vor ihm? Konnte sie nicht sehen, dass er alles, aber auch alles tun würde, um sie glücklich zu machen?
2.
Der Vollmond stand hell und klar am Himmel, ein gutes Omen. Die Verbindung zwischen Gunter und der Svawenkönigin würde fruchtbar sein. Die geladenen Gäste drängten sich in der Großen Halle, und selbst draußen war eine gewaltige Menge zusammengekommen, um dem Brautlauffest ihres Königs beizuwohnen. Jubelrufe wurden laut, als die beiden Paare aus dem Heiligen Hain kamen, wo sie Frija geopfert hatten, um Segen für ihre Ehe zu erbitten.
Gunter strahlte. Das trefflichste Weib, so weit Schiffe fuhren und Raben flogen, war sein. Mit Verlangen sah er Brünhild an und wünschte, das Fest wäre bereits vorüber. Er konnte es kaum erwarten, sie in seinen Armen zu halten
Die Svawenkönigin bewegte sich wie eine Marionette. Es ging alles so schnell, dass sie kaum zum Nachdenken kam. Vor zwei Wochen wähnte sie sich noch als Sigfrids Braut und erwartete sehnsuchtsvoll seine Rückkehr. Dann hatte sie zugleich ihre Liebe, ihre Heimat und ihr Vertrauen verloren, und plötzlich fand sie sich in einem fremden Land an der Seite eines Mannes wieder, der ihr nichts bedeutete. Bei Frija, was tat sie hier? Sie musste endlich aufhören, sich herumstoßen und Handlungen aufzwingen zu lassen! Alles, was sie brauchte, war ein bisschen Zeit. Zeit zum Nachdenken. Zeit, um wieder Klarheit zu gewinnen.
Es sah Sigfrid nicht ähnlich, sich berechnend zu verhalten. Ihr hugi sagte ihr, dass er ihr Vertrauen verdiente. Andererseits war er ein Knabe gewesen, als er sie verließ, und wer konnte sagen, auf welche Weise er sich seitdem verändert hatte? Vielleicht war er gegen seinen Willen gezwungen worden, Grimhild zu heiraten. Auch Männer waren nicht frei in der Wahl ihrer Gemahlin. Sie klammerte sich an diese Hoffnung und suchte in seinem Gesicht nach einem Zeichen, einem Wink, irgendetwas. Doch was sie fand, waren die verliebten Blicke, die Sigfrid und Grimhild einander zuwarfen. Brünhild sah rasch beiseite. Natürlich, in der Öffentlichkeit war er genötigt, die Form zu wahren! Sie musste Vertrauen haben! Wenn sie recht behielt, würde er sie heimlich aufsuchen, um ihr alles zu erklären. Bald. Sehr bald.
Die Unfreien kamen herein und trugen das Essen auf. Als Vorspeise gab es Muscheln und in Honig eingelegte Haselnüsse. Das Hauptgericht bestand aus Mastgeflügel in Teigkruste, Erbsen, Spargel, Fischfrikassee, gebratene Wildschweine und Purpurschnecken. Dazu wurde reichlich Bier und Wein gereicht.
Es gab manches, was Gunter an den Römern schätzte. Ihre Denkweise war ihm fremd, aber sie hatten es verstanden, sich das Leben durch ein paar Annehmlichkeiten zu versüßen. Und nicht die geringste davon war Garum, die pikante Fischsauce aus Sardellen und Wein. Der Niflungenkönig aß mit großem Appetit, und die Gäste eiferten ihm nach und tranken einander dabei lautstark zu.
Eckewart und Rodinger hatten ihre Wertschätzung füreinander entdeckt und unterhielten sich, was für Sigfrids Gefolgsmann nicht ganz einfach war, da er rechts von Rodinger saß und mit seinem tauben linken Ohr Probleme hatte, ihn zu verstehen. Die beiden hoben ihr stechal und gossen ein Trankopfer für das Glück der Paare auf den Boden.
An der linken Seite Rodingers saß Didrik von Bern. Der blonde Hüne mit der brummigen Stimme überragte alle um Kopfgröße. Er war bekannt für seine Kraft und Kühnheit. Im Augenblick allerdings bedrückten ihn Sorgen, weil sein Onkel ein Auge auf sein Reich geworfen hatte. Ein Krieg war nur allzu wahrscheinlich. Und obwohl Didrik den Kampf nicht fürchtete, so lag doch kein Heil darin, Krieg gegen die eigene Sippe zu führen.
Neben ihm saß der alte Hillebrand, sein Pflegevater. Trotz seiner arthritischen Hände konnte er besser mit dem Schwert umgehen als mancher Gesunde. Wenn er lachte, entblößte er Zahnstümpfe. Seit fünfzig Jahren aß er jeden Morgen einen Brei aus Körnern, die zwischen zwei Steinen zerrieben und mit Wasser oder Milch vermischt wurden. Der unvermeidliche Steinstaub hatte im Laufe der Jahre seine Zähne abgeschliffen.
Volker, der Skop, begann zu singen und unterhielt die Gäste mit Liedern, die er von umherziehenden Nordländern gehört hatte. Sie handelten von dem Gott Ullr, der auf seinem Schild die eisbedeckten Berge hinab fuhr und auf geglätteten Schenkelknochen eines Hirsches, auf die er starke Zauberlieder geritzt hatte, übers Meer lief.
Nachdem die Gäste ihrer Begeisterung über den Vortrag Ausdruck verliehen hatten, erhob sich Sigfrid. »König Gunter!«, begann er feierlich. »Wir haben vor diesem Fest nicht, wie es üblich ist, über den Muntschatz gesprochen, da du mir eine andere Bedingung für deine Schwester stelltest.«
Sein Blick streifte Brünhild beiläufig, und es war diese Beiläufigkeit, die ihr mehr weh tat als alles, was sie bislang erdulden musste. Sie fühlte sich, als müsse sie sich jeden Moment übergeben.
»Dennoch will ich deine Schwester nicht ohne Gegengabe zu meinem Weibe nehmen. Kein größeres Glück kann einem Mann widerfahren, als Grimhild sein Eigen zu nennen. Deshalb will ich dir und deiner Sippe heute einen Muntschatz überreichen.«...
| Erscheint lt. Verlag | 30.6.2023 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Krähen über Niflungenland | Krähen über Niflungenland |
| Verlagsort | Berlin |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Märchen / Sagen |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Drama • Fasntasy • High • Leidenschaft • Liebe • Nibelungen • Saga • Tragödie • Verrat |
| ISBN-10 | 3-7549-9779-3 / 3754997793 |
| ISBN-13 | 978-3-7549-9779-6 / 9783754997796 |
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