Säg Sälü, Jakobswäg! (eBook)
244 Seiten
Books on Demand (Verlag)
9783756284009 (ISBN)
Sabine oder auch Ansabine, mit bürgerlichem Namen Sabine Mirjam Gasser (*1988), wuchs in Kirchdorf BE in der Schweiz auf. Dank Leseunterricht durch ihre ältere Schwester verschlang sie schon früh die halbe Schulbibliothek. Sie träumte immer davon, Autorin zu werden, entschied sich aber vorerst für eine Lehre als Automechanikerin. Über Umwege fand sie dann Mitte zwanzig ihren Platz im Büro, wo sie dem Schreiben wieder näher kam. Dieses Reisetagebuch, das den Beginn einer längeren Auszeit dokumentiert, ist ihr erstes Werk.
6
Lungeren - Brienz, 14 km (400 Hm hoch, 550 Hm hinab)
Heute Abend treffen Tinu und ich wieder im Kanton Bern ein. Wir freuen uns auf das bekanntere Gebiet und sind gespannt, wo der Jakobsweg uns durchführen wird. Direkt aus unserer Wohnung pilgern wir an der Bahn entlang auf einem noch schattigen Kiesweg gen oben. Bald darauf stehen wir schon auf dem Brünig. Es herrscht Sonnenschein pur. Wir wandern auf der Strasse über die lang gedehnten, hügeligen Weiden und sehnen ungeduldig den ersten Blick auf den Brienzersee herbei. Nach dem höchsten Punkt auf dem Tschuggen (bei 1’100 Meter über Meer) neigt sich der wieder angenehme Weg langsam in Richtung Tal. Es wird immer steiler. Begleitet von Vogelgezwitscher, zeitweise auch Motorenlärm, geht es weiter durch einen grossen Wald. Hier hat eindeutig der Bärlauch die Überhand, man riecht ihn schon von Fern. Wieder über Felder pilgernd herrscht nun frischer Heuduft, bis wir an den See hinunter gelangen. Unser Hotelzimmer, die grosse Pilgerherberge ist wegen COVID geschlossen, wird wider Erwarten mit einem Upgrade versehen. Wir erfreuen uns über das eigene Bad und sogar einen kleinen Balkon. Wir sind die einzigen Gäste und alleine im Haus, was wir voll auskosten. Wir flanieren dem See entlang und tanken ordentlich Sonne.
Brienz - Interlaken (rechtes Seeufer), 18 km (900 Hm)
Heute sind wir früh unterwegs, es soll drückend heiss werden. Auf Naturwegen treibt es uns hoch durch den nebligen Wald. Über eine Hängebrücke, dann hinab an den See und wieder zurück auf die Hügel. Die Einsamkeit hier oben ist ein wahrer Genuss! Ab und an kreuzt ein Jogger unsere Bahn, ansonsten ist keine Menschenseele unterwegs. Dazu die geheimnisvollen Stimmungen im farbig-grünen Wald und immer wieder atemberaubende Aussicht auf den teils mit gelben Blütenstaubteppichen versehenen Brienzersee. Es ist herrlich! Der Nebel verzieht sich, die Sonne kommt immer mehr zum Vorschein. Wir ziehen an einem witzigen, handbemalten Schild vorbei, das uns rund 2‘000 Laufkilometer bis Santiago angibt. Hier wurde grosszügig abgerundet;)! Beim malerischen Schloss Ringgenberg verlassen wir den eindrücklichen Wald auf einen mit Steinmauer versehenen Pfad oberhalb der Bahnlinie. Mit letzter Kraft schleppen wir uns an der zum Baden einladenden, glitzernden Aare entlang auf Interlaken zu. Wir sind froh, endlich unser schmuckes Hostel zu erreichen. Es waren doch etliche Höhenmeter heute! Wieder erhalten wir ein Upgrade: Tinu und ich beziehen ein Zimmer mit Dusche/WC. Nach kurzer Erfrischung begeben wir uns in der Stadt auf Stempeljagd. Danach vertilgen wir das Nachtessen an der Sonne auf dem Vorplatz des Hostels und fallen alsbald erschöpft in unsere Betten.
Interlaken - Oberhofen, 20 km (600 Hm)
Mit einem Coffee to go starten wir erholt in den heutigen Tag. Am Kanal der Aare entlang wandern wir auf Kiespfaden mit Sicht auf den Niesen vom Brienzer- zum Thunersee. Der Weg führt uns direkt ins Naturschutzgebiet. Wir besichtigen eine darin gelegene Ruine und amüsieren uns ab den Wasservögeln. Dann geht es teils über alte Steintreppen hoch durch den Wald und wilde Erdbeeren mampfend vorbei an den Beatushöhlen. Wir versuchen, wegen des nahenden Unwetters, wie empfohlen dem See entlang abzukürzen. Leider erwischen wir unabsichtlich doch die Originalroute über Sigriswil, was uns vor dem Ziel nochmals arg herausfordert. Trotzdem schaffen wir es, mit nur leichtem Regen in Oberhofen einzutreffen. Die einladende, kleine, mit einer Muschel an der Tür markierte Pilgerwohnung in einem Einfamilienhaus oberhalb des Dorfes finden wir auf Anhieb. Tinu und ich profitieren auf der ganzen Linie. Wir sind entzückt, wieder selber kochen zu dürfen, und lassen den Tag gemütlich ausklingen.
Oberhofen - Thun (Uttigen), 5.5 km (Uttigen: 13.5 km)
Bei leichtem Nieselregen verlassen wir frühmorgens das auserlesene Logis. Die Kinder auf dem Schulweg amüsieren sich prächtig über unsere Ponchos. Auf dem Trottoir entlang des Sees landen wir innert Kürze in Thun. Unterwegs halten wir bei einem Spielplatz mit dicken Balanceseilen, die sich Tinu genauer ansehen muss. Und wir rasten, um die Pelerinen auszuziehen. Einige Hunde haben sehr argwöhnisch auf unsere raschelnden Anzüge reagiert. Schlagartig vermissen wir die Wärme darunter. Es ist deutlich kälter geworden. Zügig wandern wir abseits des Jakobswegs entlang der Aare weiter nach Uttigen. Wir gönnen uns ein paar Tage frei bei meiner Mutter und meinem Stiefvater, während das Wetter Kapriolen macht.
Thun - Blumenstein, 16.5 km
Herrliche, geniale und erholsame Tage voller Liebe, Freude, Spiel und feinem Essen liegen hinter uns. Alles abgerundet durch einen phänomenalen Überraschungsbesuch von meiner Schwester. Dennoch freuen wir uns darauf, weiter zu pilgern. Wir kurbeln am 17. Mai 2020 bei prachtvollem Wetter unsre Runde zwei an.
Der Jakobsweg führt uns ab Thun auf der Uferpromenade entlang durchs Naturschutzgebiet. Wir laben uns an den uralten, knorrigen Bäumen und extra am Seeufer angelegten Weihern voller Enten, Schilf und Holzstegen. In Gwatt entfernen wir uns endgültig vom See. Nun pilgern wir über den Zwieselberg durch Wiesen und Wälder, mit steter Sicht auf die Stockhornkette. Diese imposante Bergkette repräsentiert Heimat pur für mich. In meiner Kindheit hatte ich sie immer im Blick. Vorbei an der beeindruckenden Kirche von Amsoldingen und am Übeschisee, leider viel auf Asphalt, treffen wir alsdann in Blumenstein ein. Dort erwartet uns ein liebevoll eingerichtetes Zimmer im Keller eines Bauernhofes und eine ziemlich abgelegene Kirche. Leider können wir den erhofften Stempel doch nicht dort ergattern. Heute Abend liegt eine leichte Gereiztheit in der Luft. Dies ist auf das eher karge Abendessen zurückzuführen. Wir haben uns bitter verschätzt. Wir haben mit einem offenen Restaurant oder Laden gerechnet! Schliesslich ernähren wir uns aber nur von Riegeln, Tutti Frutti, Früchten und den im Zimmer vorhandenen Schokoladenherzen.
Blumenstein - Rüeggisberg, 15 km (300 Hm hoch)
Ein neuer Tag! Wir sind früh wach und packen eilig unsere Siebensachen. Unendlich gross ist unsre Freude über die frisch gemachten Sandwiches aus der nun offenen Bäckerei. Nach dem gestrigen Abendessen, wenn man dem überhaupt so sagen kann, ist es ein wahres Fest, herzhaft in ein Klappbrot zu beissen! Frisch gestärkt wandern wir auf schmalen Pfaden durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Entlang der Gürbe durch herrlich grüne, teils gemähte Felder und kleine Dörfer mit beträchtlich hoch gelegenen Kirchen. Kurz vor Rüeggisberg verweilen wir einen Moment im Gras und baden in der wärmenden Sonne. Ein Zimmer auf dem alten Heuboden, Wasser direkt vom Brunnen und verschiedene Wege zur Toilette und der Dusche - herrlich urchig! Die Klosterruine Rüeggisberg, die ich Tinu unbedingt zeigen wollte, ist momentan leider in Baugerüste gehüllt. Daher ist sie nur halb so eindrücklich. Wir geniessen dafür die Aussicht umso mehr. Auf einer Bank im Park nebenan futtern wir uns durch die neu aufgestockten Vorräte:).
Rüeggisberg - St. Antoni, 21.5 km (550 Hm)
Nach einer eher kühlen Nacht im Schlafsack und Käsebrot mit Tee ziehen wir bei schönstem Wetter weiter. Hinunter, über die Brücke beim Schwarzwasser und wieder hoch, durch Dörfer und Wälder. Stets begleitet von Heu mähenden Bauern, Kuhglocken und Schafherden. Unterwegs büssen wir leider eine unserer Wasserflaschen ein, weil sie mir nach dem Auffüllen am Brunnen aus der Hand fällt. Ein grosses Ärgernis, aber zum Glück nimmt Tinu das locker. Wir steigen vorerst auf Plastikflaschen um. Wir rasten bei einem supereingerichteten Platz am Rande eines Feldes mit genialer Aussicht. Den hätten wir im Nachhinein auch zum Übernachten nutzen können. Es ist ein aus Holz gemachtes Himmelbett vorhanden. Weiter geht’s teils auf Strassen, dann wieder auf prächtigen Waldpfaden und alten, gepflasterten Römer-Wegen. Wir überqueren die Sense über die historische, faszinierende Holzbrücke kurz vor Heitenried. Mit der Überquerung des Flusses betreten wir nun die Romandie, den französischsprachigen Teil der Schweiz. Es ist nicht mehr weit bis nach St. Antoni, wo wir unser Massenlager im uralten und kühlen, aber reizvollen Speicher beziehen. Dieser steht vis-à-vis eines grossen Hofladens, wo sich nebenan die Toilette mit Dusche befindet. Das Bad ist allerdings noch eine halbe Baustelle. Der Aufenthaltsraum ist leider coronabedingt geschlossen, obschon wir die einzigen Übernachtungsgäste sind. Wir nehmen unser Abendessen daher auf der Bank vor dem Speicher ein.
Herberge von St. Antoni
St. Antoni - Freiburg/Fribourg, 11.5 km
Gestern haben wir am Waldrand noch einem Platzregen zugeschaut. Heute herrscht wieder stahlblauer Himmel und eitel Sonnenschein. Schnell landen wir in Tafers und nehmen den empfohlenen Umweg über die Gorges de Gottéron. Das ist eine Schlucht mit grün überwachsenen Steinen, Urwaldfeeling und Einsamkeit pur. Sie lotst uns mit viel Auf und Ab direkt in die...
| Erscheint lt. Verlag | 13.6.2023 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Briefe / Tagebücher |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Abenteuer • Jakobsweg • Pilger • Touren • Weitwandern, wandern |
| ISBN-13 | 9783756284009 / 9783756284009 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich