Walzer mit der widerspenstigen Gouvernante (eBook)
256 Seiten
CORA Verlag
9783751520201 (ISBN)
Eine Gouvernante muss her! Um seine ungestümen Nichten und Neffen zu bändigen, stellt Sir Nicholas Denny die sittsame Pfarrerstochter Mary Smith ein. Doch er hat nicht mit ihrem Temperament und Widerspruchsgeist gerechnet, mit denen sie seinen Haushalt durcheinanderwirbelt. Als er auf einem Ball mit ihr Walzer tanzt, begreift Nicholas, dass Mary nicht nur in seinem Zuhause, sondern längst auch in seinem Herzen den Takt angibt. Aber eine Bürgerliche wie sie kann er nie zum Traualtar führen! Bleibt ihnen nur die Erinnerung an eine unvergessliche Ballnacht?
2. KAPITEL
Stiffkey Hall, Norfolk
Und Sie wollen mir sagen, dass meine Schwester plant, ihren gesamten Nachwuchs mitzubringen? Alle fünf?“
Sir Nicholas Denny funkelte seinen bedauernswerten Sekretär erbost an.
„Genau, Sir. Sie hat es Ihnen in ihrem Brief geschrieben.“ Der Sekretär wedelte mit einem Blatt Papier vor Nicholas’ Nase herum. Darauf war Susan Dennys, jetzt Mrs. Fenhursts ausladende Handschrift deutlich zu erkennen. In dem fehlgeleiteten Versuch, ihm Porto zu sparen, hatte seine Schwester das Blatt kreuz und quer beschrieben, was die Lektüre zu einer mühseligen Angelegenheit werden ließ.
„Ich will die Einzelheiten gar nicht sehen. Dafür bezahle ich doch Sie, Bramber“, erwiderte er offen und schnörkellos. „Sagen Sie mir das Schlimmste. Wie lang will sie diesmal bleiben?“
Bramber schluckte. „Ähm … von Anfang Februar bis … bis zum Beginn der Saison. Ein etwas längerer Frühlingsbesuch als üblich, Sir.“
„Sie betrüben mich, Bramber! Muss ich ihre Gesellschaft länger als zwei ganze Monate ertragen?“
Darauf hatte sein Sekretär keine Antwort.
„Nun gut, anscheinend bleibt mir keine andere Wahl. Ich weiß, was ich meiner Familie schuldig bin. Der Besuch meiner Schwester muss stattfinden, und ich muss ihn hinnehmen, so ungelegen er mir auch kommt.“ Nicholas runzelte die Stirn. „Lassen Sie mich kurz nachdenken.“ Er trommelte mit den langen Fingern auf den Schreibtisch. „Ah, ich hab’s! Bramber, erinnern sie sich an das alte Märchen vom versteckten Schatz und wie der rechtmäßige Besitzer ihn zurückbekam?“
Bramber wirkte angesichts dieses Themenwechsels ein wenig erstaunt. „Ähm … nein, Sir.“
„Also“, sagte Nicholas, „der Mann schleppte den Dieb auf das Feld, wo der Schatz vergraben lag, und zwang ihn, das Versteck zu offenbaren. Dann band er sein Taschentuch an einen Stecken, markierte damit die Stelle, und der Dieb musste unter Androhung einer Haftstrafe das Versprechen geben, den Stecken nicht wieder wegzunehmen.“
„Ja, Sir?“ Bramber machte einen reichlich verwirrten Eindruck.
„Der Dieb überlistete ihn. Als der Mann mit einer Schaufel zurückkehrte, stand das Feld voller Stecken mit Taschentüchern. Das spezielle Taschentuch ging in der Menge unter, verstehen Sie?“
„Ah. Demnach haben sie also vor, hier eine Menge Gäste zu versammeln?“
Nicholas lächelte. „Allerdings. Stellen Sie mir eine Liste von Freunden und Nachbarn zusammen, die passende Ablenkung bieten könnten. Bis zum Frühling ist es noch eine Weile hin, die Leute werden gern herkommen. Solange meine Schwester da ist, können wir auch weibliche Gäste einladen. Bitten Sie die üblichen Familien zu allerlei Abendunterhaltungen – Sie wissen schon, wen ich alles meine, Bramber. Den Squire. Sir Harold. Die Reeves. Ach, und den neuen Pfarrer aus Houghton St Giles. Ich habe ihn kürzlich kennengelernt, er erschien mir recht vernünftig.“
„Jawohl, Sir. Und …“, Bramber runzelte die Stirn, „… ich werde ein paar zusätzliche Dienstboten einstellen, wie immer, wenn Ihre Schwester zu Besuch kommt. Wenn wir ein großes Haus führen wollen, brauchen wir Lakaien, Zimmermädchen, Stallburschen … Vielleicht sollte ich dieses Jahr auch noch ein paar Kindermädchen und eine Gouvernante engagieren, nachdem diesmal auch die Kinder mitkommen?“
„Prima Idee, Bramber! Meine Schwester bringt sicher dieses armselige Wesen mit, das ihr als Gouvernante dient. Besser, wir holen uns angesichts von Susans Nachwuchs noch etwas Unterstützung.“ Er grinste. „Gott helfe der armen Gouvernante, auf die meine Nichten und Neffen losgelassen werden – eine weniger verheißungsvolle Kinderschar habe ich selten gesehen. Da bin ich froh, dass ich nicht geheiratet habe.“ Plötzlich kam ihm ein Gedanke, und er warf seinem Sekretär einen neugierigen Blick zu. „Sie sind ein junger Mann, Bramber, etwas jünger als ich selbst. Haben Sie vor, sich Ehefesseln anlegen zu lassen?“
Bramber lächelte angespannt. „Ich habe keine Vorbehalte gegen die Ehe, aber ich bin noch nicht … also, will sagen … dergleichen kann sich schwierig …“ Seine Stimme verklang.
„Vielleicht findet sich ja unter unseren Gästen eine passende junge Dame für Sie, Bramber. Noch ein Grund, dieses Frühjahr einen Massenauflauf zu veranstalten!“ Nicholas grinste ihn an. „Und nun rufen mich meine Studien.“ Er wies auf den griechischen Text vor sich. „Auf, auf! Füllen Sie das Haus mit Menschen, damit ich mich vor meinen Verwandten verstecken kann.“
Bramber ging hinaus.
„Miss Plumpton möchte Sie sehen, Miss. In ihrem Salon.“
Bei der Nachricht des Hausmädchens beschleunigte sich Marys Herzschlag.
Was habe ich nun schon wieder verbrochen?
Seit der Konfrontation im Klassenzimmer in der Vorwoche hatte Mary sich nach Kräften bemüht, folgsam zu erscheinen. Oft hatte sie sich auf die Zunge gebissen und klaglos an unsinnigen Dingen wie Tanzstunden, Benimmunterricht und Vorleseübungen teilgenommen.
Bei Letzteren waren zumindest Bücher ins Spiel gekommen. Echte Bücher. Für eine Schule wies das Plumpton-Pensionat für Höhere Töchter erstaunlich wenige Bücher auf.
Allerdings überlegte sie, während sie Miss Plumptons Salon entgegenstrebte, wird Bücherwissen hier auch kein großer Wert beigemessen.
Ganz im Gegenteil, Miss Plumpton brachte die jungen Damen tatkräftig davon ab, in irgendeiner Weise gelehrsam zu wirken.
Mary, die mit den Büchern und dem lebhaften Geist ihres Vaters aufgewachsen war, fühlte sich hier wie in einer fremden Welt. Doch Papa hatte gewollt, dass sie herkam. Und so hatte sie beschlossen, nicht mehr gegen Miss Plumpton aufzubegehren und die Zeit im Pensionat als weiteren Schritt auf ihrem Bildungsweg zu begreifen. Es war schließlich nur ein Jahr. Seit September war sie nun schon hier, ein Drittel hatte sie also schon hinter sich. Und der Schulaufenthalt kostete Papa viel Geld. Sie hielt inne, dachte an ihre Streitigkeiten deswegen. Sie hatte sich bis zum Ende gewehrt, aber er war fest entschlossen gewesen.
„Es war selbstsüchtig von mir, dich bei mir zu behalten“, hatte er erklärt. „Deine Mutter hätte gewollt, dass du deine Weiblichkeit genießt. Dass du deine ganze Zeit mit deinem alten Papa und Diskussionen über Bücher verbringst, ist einfach nicht richtig für eine junge Dame. Du musst nach London, tanzen, lachen, die Jugend genießen.“
„Ich vermisse dich, Papa“, flüsterte Mary nun. Weihnachten vor ein paar Wochen hatte sie zu Hause verbracht, aber vor Ende der Fastenzeit würde sie ihren Papa nicht wiedersehen. Sie schrieben einander alle vierzehn Tage, und Mary freute sich auf jeden seiner Briefe. Er hatte sich in einer neuen Gemeinde im Kreis Walsingham in Norfolk niedergelassen und schien sich dort gut eingelebt zu haben. Die Schulzeit dehnte sich schier endlos vor ihr, und Mary zählte die Tage bis Ostern.
Vor dem Salon angekommen, klopfte sie an und trat dann auf Miss Plumptons Aufforderung ein.
„Miss Smith.“ Miss Plumpton wirkte noch strenger als sonst. „Setzen Sie sich.“
Wortlos ließ Mary sich auf einen satinbezogenen Stuhl sinken.
Miss Plumpton wies auf einen vor ihr liegenden Brief. „Ich habe soeben reichlich betrübliche Nachrichten erhalten.“ Sie sah Mary direkt an. „Es betrifft Ihren Vater.“
Mary spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Plötzlich schien sich alles um sie zu drehen. „Was … was für Nachrichten?“ Sie umklammerte die Seiten des Stuhls mit beiden Händen, als könnte sie sich damit in der Wirklichkeit verankern.
„Dieser Brief …“, Miss Plumptons Stimme triefte vor Verachtung, „… ist von einer gewissen Miss Sarah Lutton. Sagt Ihnen dieser Name etwas?“
„Was? Ich … nein. Ich kann mich an niemanden dieses Namens erinnern.“
„Der Brief ist konfus, voller Tintenflecken und auf billigem Papier geschrieben, aber ich habe ihn entziffert. Anscheinend ist diese Miss Lutton Haushälterin in der Pfarrei von Houghton St Giles, in die Ihr Papa vor Kurzem versetzt wurde.“
„Ach so. Was ist mit Papa? Ist er … ist er krank?“ Mary hörte das Zittern in ihrer Stimme.
„Schlimmer!“
Mary keuchte auf. „Nein!“ Papa!
Miss Plumpton schnalzte mit der Zunge. „Bitte kein Getue und keine Hysterie, Miss Smith. Er ist nicht von uns gegangen.“ Ihr Ton war knapp, ihre Miene missbilligend.
„Aber … Sie haben gesagt, es sei schlimmer als eine Krankheit. Ich …“
„Es wäre auch besser gewesen, wenn er einfach krank geworden wäre. Oder sogar gestorben, meiner bescheidenen Meinung nach. Das hier ist viel, viel übler.“
Mary hatte es aufgegeben, ihre Lehrerin verstehen zu wollen. Völlig verwirrt bat sie nur: „Bitte sagen Sie mir, was in dem Brief steht.“
„Ihr Papa – der als Pfarrer doch so ehrbar schien – wurde von den Konstablern abgeführt.“
„Unmöglich!“
„Und doch haben wir hier den Beweis.“ Miss Plumpton hielt den Brief hoch. „Die Haushälterin schreibt, dass sie ihn wegen nichts Geringerem als Landesverrat verhafteten.“
„Landesverrat? Landesverrat? Zeigen Sie mir den Brief!“
Die Lehrerin gab ihn ihr, und Mary las ihn rasch durch. Ihre Gedanken rasten. Anscheinend war Papa im Besitz von Papieren angetroffen worden, die eigentlich ins Kriegsministerium gehörten, saß nun im örtlichen Gefängnis...
| Erscheint lt. Verlag | 18.7.2023 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Historical MyLady | Historical MyLady |
| Übersetzer | Petra Lingsminat |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Adel • Aristokratie • Autor • Ballsaal • Belletristik • beste • Buch • bücher für frauen • Cora • cora bücher • cora historical • cora liebesromane • cora neuerscheinungen • cora romane • Cora Verlag • cora verlag kindle • Deutsch • eBook • ebook liebesroman • Ehefrau • Erfolgsautor • Familie • Feind • Fiktion • Frauen • Frauenliteratur • Frauenroman • Freundin • für • Gemütlich • Geschichte • Geschichten • Gouvernante • Heirat • Herrenhaus • herzerwärmend • Historical MyLady • Historische • Historische Liebesromane • Historischer • historisch roman • Klassenunterschied • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Liebhaber • Mädchen • Mama • Mutter • Muttertag • Neffen • Nichten • Onkel • Pfarrerstochter • Regency • Roman • romantisch • Romantische Bücher • Romanze • SIE • Tanz • Top • Top-Titel • verbotene • viktorianisch • Viktorianischer • vom • Walzer • züchtiger • ZUM |
| ISBN-13 | 9783751520201 / 9783751520201 |
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