Von meinen Besitztümern
Das Wunderhorn (Verlag)
978-3-88423-697-0 (ISBN)
Der Jiddisch-russische Schriftsteller Pinchas Kahanovitsch, bekannt unter seinem Pseudonym Der Nister (Jiddisch: Der Verborgene), wurde 1884 in Berditschew (Ukraine) geboren. 1907 veröffentlichte er sein erstes literarisches Werk, arbeitete in Moskau und verbrachte Teile seines unsteten Lebens Mitte der 1920er Jahre auch in Berlin und Hamburg. Im Rahmen der stalinistischen Verhaftungswellen gegen jiddische Schriftsteller ab Mitte der 1930er Jahre war Der Nister einer der letzten, der 1949 von der Geheimpolizei in den Gulag verbracht wurde, wo er 1950 starb. Bis dahin konnte er zwei Sammlungen Erzählungen (Gedacht und Fun mayne Giter) und einen Familienroman (Die Brüder Maschber) veröffentlichen. Außerdem erschienen Geschichten für Kinder (illustriert von Marc Chagall), Gedichte und Berichte, auch zum Holocaust.
Daniela Mantovan (PhD in Yiddish Studies an der Columbia University New York) war Leiterin eines Forschungsprojekts über jiddische Publizistik am Slavischen Institut der Universität Heidelberg. Als Dozentin für jiddische Literatur und Sprache an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg hat sie zu jiddisch-sowjetischer Literatur veröffentlicht, einige Bände jiddisch-literarischer Studien herausgegeben und Werke jiddischer Schriftsteller, u.a. von Der Nister und Dovid Bergelson, ins Italienische und Deutsche übersetzt.
»Woher das geflogen kam, ich weiß es nicht – aber plötzlich spürte ich mitten auf meiner Stirn einen feuchten Batzen Lehm. Wer konnte das gewesen sein? Ich schaute mich um. Wer hatte das geworfen? Ich sah niemanden und als ich schnell mit der Hand den Lehm abwischte, bemerkte ich: es war eine Münze! Und weil ich mich schon so lange Zeit ziellos herumgetrieben hatte, nichts gegessen und keine rechte Bleibe gehabt hatte, wollte ich mir jetzt etwas Gutes gönnen. Ich ging in ein feines Restaurant und aß mich satt, und nachdem ich gesättigt war, ging ich mit dem Restgeld in der Tasche noch ein wenig spazieren. Und weil der Tag so schön gewesen war und nichts mein Herz bedrückte, schlenderte ich am schönen Park der Stadt vorbei. Dort waren Buden und Zelte aufgebaut, in denen Bücher verkauft wurden, und viele Menschen, Erwachsene und auch Kinder kauften ein, denn im ganzen Land war die »Woche des billigen Buches« ausgerufen worden. In den Buden wurden Bücher verlost und jedes Los, so stand dort, sei ein Gewinn! So stellte auch ich mich an und wagte ein Los zu ziehen. Als der Verkäufer der Bude das Los auseinandergewickelt hatte, händigte er mir ein Büchlein aus: Autor: Der Nister Titel: Schriften eines Irren. Auch ein Bild war auf dem Titelblatt: ein blasser Verrückter stand dort in einem langen Anstaltshemd. Ich blätterte um, und das Buch begann so: Der Nister beklagte sich, denn er hatte zehn Bären als Kostgänger. Die Bären fraßen ihm die letzten Haare vom Kopf und machten ihn bettelarm. Und als er schon gar nichts mehr hatte, keinen roten Heller mehr, und selbst schon herumgehen musste, um zu betteln, da ließen sie dennoch nicht von ihm ab.«
| Erscheinungsdatum | 15.10.2023 |
|---|---|
| Übersetzer | Daniela Mantovan |
| Verlagsort | Heidelberg |
| Sprache | deutsch |
| Maße | 135 x 208 mm |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Schlagworte | Erzählungen • Groteske • Jiddisch • Sowjetunion • Symbolismus |
| ISBN-10 | 3-88423-697-0 / 3884236970 |
| ISBN-13 | 978-3-88423-697-0 / 9783884236970 |
| Zustand | Neuware |
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