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Zeitgenössinnen (eBook)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
629 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
9783754995556 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zeitgenössinnen -  Retif de la Bretonne
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Die Erotik ist in seiner eigentlichen Bedeutung die sinnliche Anziehung zweier oder mehr Menschen. Dazu gehört auch die künstlerische Darstellung, angefangen von Skulpturen über Bilder bis hin zum geschriebenen Wort. Die Beschreibung der Erotik, mal deftig, mal schamhaft umschrieben, ist das Ziel der Veröffentlichung dieser Texte aus dem Verlag Saphir im Stahl. Der Herausgeber legt jedoch den Schwerpunkt auf Texte, die zum Teil über 250 Jahre alt sind und bis heute von ihrer Faszination nichts verloren haben.

Restif de la Bretonne (auch Nicolas Edmonde Rétif de La Bretonne; * 23. Oktober 1734 in Sacy bei Auxerre; ? 3. Februar 1806 in Paris) war ein französischer Romancier. Im deutschen Sprachraum überwiegt die Schreibweise 'Retif'.

Restif de la Bretonne (auch Nicolas Edmonde Rétif de La Bretonne; * 23. Oktober 1734 in Sacy bei Auxerre; † 3. Februar 1806 in Paris) war ein französischer Romancier. Im deutschen Sprachraum überwiegt die Schreibweise "Retif".

Das Mädchen als Jüngling

 

Ich beabsichtige nicht, hier die Geschichte einer jener Tribaden zu schreiben, die dadurch von sich reden machten, dass sie sich nach Männerart kleideten und aufführten. Obwohl sie nicht alle verächtlich sind, stehe ich doch hinsichtlich ihrer auf dem Standpunkt Voltaires, der die zartsinnige Agnes Sorel der kriegerischen Jeanne d'Arc vorzieht. So sehr ich auch von Achtung für Letztere durchdrungen bin, möchte ich doch nicht ein ihr ähnliches Wesen gegen meine Süße Anna eintauschen, auch möchte ich ebenso wenig etwas von jener schönen Lothringerin wissen, von der erzählt wird, dass sie, in einen schmucken Grenadier verschossen, in dasselbe Regiment eintrat und eines schönen Tages – nein, es war in der Nacht – im Verfolg einer heftigen Kolik, der gegenüber die Ärzte am Ende ihres Lateins waren, einen kleinen Latulipe in die Welt setzte. Noch weniger gefällt mir dieses Tonnerreweib, ein wirklich zum Manne zugestutztes Weib, das Europa trotz ihrem Geschlecht nur ruhig hätte den Chevalier d'Eon nennen sollen. Die Dame, die die Heldin meiner Novelle ist, ist eine sanfte und zarte Schöne, die leider zu schüchtern ist, um auf Heroismus Anspruch zu machen.

In einer Provinzialstadt, ich glaube der ehemaligen Hauptstadt des Departements Sens, die heute nur noch ein elendes Nest ist, während Paris, das damals ein Nest war, heute die Türme seiner Kirchen und die Giebel seiner großartigen Paläste bis in die Wolken hineinragen sieht, – in Sens also lebte ein junges, reizendes Mädchen, Tochter eines Landedelmannes von der Sorte derer, die die Finanzwelt mit Unrecht Krautjunker getauft hat. Dieser Edelmann besaß ein Vermögen von einigen 40000 Franken an Grund und Boden, das ihm eine jährliche Rente von nur 800 bis 900 Franken abwarf, da ein Teil seines Besitztums aus Gestrüpp und wertlosem Gelände bestand. Mit diesen bescheidenen Mitteln hatte er eine Frau aus altadligem Geschlecht, die nichts mitgebracht hatte, und drei Kinder zu ernähren: Einen Sohn, der ein Stipendium bezog und ein Kolleg in Paris besuchte, und zwei Töchter, die arm an Geld, aber reich an körperlichen Reizen waren. Die Älteste besonders, Armida Judith Victoria des Troches, war das reizendste Mädchen, das man sich denken konnte, eine wahre Nymphe mit sanftem Augenaufschlag und feinem Lächeln, goldblonden Haaren, einem kleinen Mündchen Korallenlippen usw. Für wen glaubt man nun, wurde um die Hand dieses reizenden Geschöpfes angehalten? Man wird es niemals raten: für einen gewissen sogenannten Baron von T .... ci, noch ein halbes Kind und Sohn des Herrn ***, der nicht nur ein Bürgerlicher war, sondern dazu von so niedriger Stellung und so niedrigem Range, dass der letzte aller Bürger sich mit Recht für über ihm stehend halten durfte. Aber der Vater der schönen Armida des Troches war des Elends müde, sah diese Partie mit günstigen Augen an und meinte, sein unbefleckter Adel würde die unreine Quelle klären, aus der die Reichtümer seines zukünftigen Schwiegersohnes stammten, der noch dazu mit dem Titel Baron maskiert war. Armida konnte an ihren zukünftigen Gatten nicht ohne Schauder denken. Sie dachte daran, wie ihr Vater in ihrer Kindheit stets sein edles Blut gepriesen hatte und wie er sich über die Emporkömmlinge (wenn sie es nicht hörten) ausließ, deren geringster noch hoch über dem falschen Baron stand. Vielleicht würde sie trotz allem gehorsam gewesen sein. Aber da kam die Familie ihres Freiers nach Sens. Sie sah den Vater, eine Art von Bulldogge, die Mutter, dicker als die dickste Katharina, ihre zukünftigen Schwägerinnen, deren Züge an junge Gauklerinnen auf Jahrmarktsbühnen erinnerten, und da schien ihr, dass der Tod dem Schicksal vorzuziehen sei, das ihr bevorstehe. Sie warf sich ihrer Mutter zu Füßen, und beide vergossen bittere Tränen. Aber durch ihren Gatten geschult, der ein wahrer Haustyrann war, riet die Mutter ihr zum Gehorsam und ging noch weiter, als sie den Widerwillen Armidas bemerkte, indem sie ihr sagte, es müsse sein. Sich an ihren Vater zu wenden, dazu fehlte der Ärmsten der Mut. Inzwischen schritten die Vorbereitungen zur Hochzeit vorwärts. Armida entschloss sich, obwohl sie die Schwester des T...ci nicht ausstehen konnte, diese aufzusuchen in der Absicht, sich bei ihnen nach den Aussichten zu erkundigen, die ein junges Mädchen in Paris haben könnte. Die Damen N*** sprachen von gefügigen Mädchen, deren Glück reiche Männer begründeten, und von solchen, die Talent fürs Theater hätten und mit ihrer Person ihre Erfolge als Bühnenkünstlerinnen bezahlten, besonders diesen Stand priesen sie und rühmten die hohe Achtung, deren er sich erfreue. „Aber gibt es denn in Paris nichts anderes, als nur ausgehaltene Frauen oder Schauspielerinnen?“, fragte Armida enttäuscht. „Wir kennen nur solche. Es gibt wohl auch anständige Frauen, aber die sind reich, das sind Töchter von Finanzleuten oder aus vornehmer Familie.“ „Aber was könnte denn eine Unglückliche ohne Mittel, die anständig bleiben will, in Paris anfangen?“ „Die müsste eine Stellung als Dienstmädchen oder Arbeiterin suchen, Dienstmädchen wäre noch vorzuziehen, den Arbeiterinnen geht es zu schlecht. Aber beide sind noch mehr verachtet, als die ausgehaltenen Mädchen und leben dabei in Armut: Sie endigen schließlich, indem sie sich doch der Schande preisgeben oder in Elend verfallen.“ Armida konnte von ihren zukünftigen Schwägerinnen keine Auskunft über das erhalten, was ihr am Herzen lag. Sie erkundigte sich daher bei ihrer Mutter, die mit schwerem Herzen alle ihre Befürchtungen bestätigte und ihr vom Hörensagen ein noch schwärzeres Bild von all dem Elend und den Gefahren ausmalte, denen arme Mädchen, wenn sie schön sind, als Arbeiterinnen oder Dienstmädchen in einer Stadt wie Paris ausgesetzt sind. Doch der Entschluss des jungen Mädchens stand fest: Sie wollte die Flucht ergreifen. Nur sagte sie sich, das dürfe aus Sicherheit für ihre Ehre nicht in den Kleidern ihres Geschlechts geschehen, und traf demzufolge ihre Maßregeln. Eines Tages – drei Tage vor der Hochzeitsfeier – gingen Vater und Sohn des Troches mit dem jungen de T...ci, dem bulldoggenhaften Vater, der würdigen Mutter und den schämigen Töchtern, die als Amazonen gekleidet waren, auf die Jagd. Armida hatte sich geweigert, mitzugehen, was ihr viele scherzhafte Vorwürfe und faule Bemerkungen eingebracht hatte. Frau des Troches war entschuldigt, da sie am Vorabend der Hochzeit viel zu tun hatte. Armida war also frei. Sie zog sofort eines der wenigen guten Kostüme ihres Zukünftigen an, steckte ihre kleinen Ersparnisse ein, verließ das Haus, warf sich in den Postwagen von Villeneuve-la-Guiarre und fuhr bis Montereaufaût-Jonne, acht Meilen von ihrem Heimatort entfernt. Dort langte sie an, bevor man ihre Flucht bemerkt hatte. Eine andere Eilpost brachte sie nach Melun, wo sie das Marktschiff nahm, das sie in Paris absetzte. Kaum gelandet, beeilte sie sich, vom Hafen Saintpaul fortzukommen, nahm einen Fiaker und bat den Kutscher, sie nach einem Absteigequartier für Dienstboten zu fahren. Der Kutscher, der in der Rue de l'Artre Sec wohnte, fand es bequemer für sich, den jungen Mann nach dem Hôtel d'Alique in der rue Saint-Honoré zu bringen, wo er seinen Fahrgast absetzte. Armida, die ich von nun an einfach des Troches nennen werde, stand noch in der Einfahrt des Hotels, als eine glänzende Equipage in schneller Fahrt vorfuhr. Der vermeintliche junge Mann dreht sich um und zeigt den beiden Damen, die aus dem Wagen stiegen, eines der interessantesten Gesichter: Seine schönen blonden Haare, die er im Schiff geflochten hatte, wurden auf dem Kopf durch einen Kamm festgehalten und hingen in welligen Zöpfen auf die eine Schulter herab, sein natürlich sanfter Blick war schmachtend, der Gesamtanblick seiner Person war ganz dazu angetan, der tugendhaftesten der Frauen, einer Alkeste, einer Artemisia oder einer de Ch*** den Kopf zu verdrehen. Eine der Damen, die ältere, sagte zu der jüngeren und schönen: „Da haben sie ja, was sie brauchen, Marquise, wenn der junge Bursche eine Stelle sucht, sein Gesicht gefällt mir.“ Die junge Dame sieht ihn nachlässig an und meint: „Er ist zu jung.“

„Er wird älter werden ... Sagen sie, mein Freund, suchen sie eine Stelle? ...“

„Ach, Madame.“ „Dann engagiere ich Sie für die Marquise von M*** hier.“

„Haben sie jemanden, der für sie bürgt, mein Bester?“, fragte darauf die junge Marquise.

„Ich werde ihm als Bürgin dienen“, sagte darauf die erste Dame.

„Aber liebe Freundin, das ist doch unklug ...“

„Madame“, bemerkte des Troches, „ich treffe gerade im Augenblick aus der Provinz ein.“ „In diesem Augenblick?“, rief da die erste Dame, „dann hast du also Paris noch gar nicht gesehen?“ „Nein, Madame.“

„Den müssen sie nehmen, Marquise, sonst behalte ich selbst ihn ... Verständigen wir uns. Sie brauchen sofort einen Lakaien, nehmen sie ihn. Wenn er Ihnen in einigen Tagen nicht mehr passen sollte, dann werde ich Sie von ihm befreien und ihn zu mir nehmen. Aber nehmen sie ihn nur sofort mit ...“

Die junge Marquise wusste keinen Einwand mehr zu machen. Sie gab Des Troches ein Zeichen, hinten aufzusteigen. Er tat so, wurde von den anderen Dienern begrüßt, und die Equipage kehrte ins Hotel der Marquise zurück. Am selben Abend noch wurde Des Troches unter dem Namen Champagne dem Dienst der schönen Marquise zugewiesen, die an ihm ebenso viel Gefallen gefunden hatte, wie ihre Freundin. Sie sollte nicht enttäuscht werden: Nie hatte es einen eifrigeren Diener gegeben. Des Troches erriet jeden ihrer Wünsche, verstand jede Bewegung, jeden Blick, jeden Ausdruck ihrer Züge. Hatte der falsche Champagne sie gleich anfangs für sich einzunehmen gewusst, so wurde er nach Verlauf von acht Tagen geradezu von ihr...

Erscheint lt. Verlag 4.5.2023
Reihe/Serie Erotische Erzählungen
Erotische Erzählungen
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Erotik • Historische_Erotik
ISBN-13 9783754995556 / 9783754995556
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