PARADIES GIBT'S NICHT! (eBook)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
9783991522768 (ISBN)
Wolfgang Godai, geb. 1957 in Wien, aufgewachsen in Klosterneuburg, begegnet im Alter von 21 Jahren dem Journalismus, der ihn sein ganzes Leben lang nicht mehr loslassen soll. Nach mehreren Jahren im Fachund Lokaljournalismus kommt er zum Kurier, wo er schließlich Wirtschaftsredakteur wird. Bald beginnt er, nebenberuflich Fotoreportagen über seine Reisen in Tageszeitungen und Magazinen zu veröffentlichen. 1996 wechselt er zum Fernsehen, wo er sich als Redakteur und Gestalter im ORF um Konsumentenschutz und Bürgerrechte kümmert, zuletzt in der Sendung 'Bürgeranwalt'. Für den ORF produziert er in 22 Jahren rund eintausend Magazinbeiträge. Nebenbei besucht er bei jeder Gelegenheit neue Ziele und Länder - mittlerweile sind es 166 - und publiziert Reisestorys. Vom Hauptberuf hat er sich mittlerweile zurückgezogen und lebt in der Seenregion Unterkärntens.
Flugzeug-Qualen:
TIEFGEFROREN, EINGEKLEMMT, AUSGELIEFERT
Warum Flugpassagiere gequält werden müssen, ist mir unklar. Vielleicht, damit sie für ihren CO2-Ausstoß bestraft werden. Sitzabstände, die körperliche Qualen implizieren. Klimaanlagen, die fast aus jeder Position Tiefkühlluft in die Gesichter aller Passagiere blasen – besonders sinnvoll, wenn man gerade erhitzt und verschwitzt aus einer tropischen Umgebung kommt. Pausenlos brüllende Babys und Kleinkinder, erwachsene Passagiere mit nervtötendem Gekreische von Youtube-Videos, die immer öfter ohne Headset angeschaut werden. Rückenlehnen knallen vorwarnungslos auf eingeklemmte Knie. Essen, das wir in jedem Lokal auf diesem Planeten empört zurückschicken würden. Dazu kommen oft unmenschliche Flugzeiten mitten in der Nacht, auch auf Strecken, die mühelos untertags geflogen werden können. Austrian Airlines meint dazu etwa, dass viele ja damit eine Hotelnacht sparen würden, oder dass man gute Umsteigezeiten brauche. Die sind offenbar fast immer nur frühmorgens möglich.
All diese Komponenten sorgen aber tatsächlich dafür, dass Fliegen gesundheitsgefährdend ist. Ein praktisches Beispiel: Hören Sie mal bewusst auf die Geräusche in der Kabine beim Start eines Langstreckenfluges. Und dann nochmal kurz vor der Landung. Hört man anfangs vor allem Stimmengewirr, entwickelt sich im Lauf des Fluges eine Kakophonie von Husten-, Schnupf- und Niesanfällen, wie man sie in keiner Arztpraxis während einer Grippeepidemie zu hören bekommt. Das kann nur dem menschenfeindlichen Gebläse eines Großteils der Flieger zu verdanken sein.
Airlines lässt das alles genauso kalt wie ihre ACs. Beschwert man sich über Lärm oder Kälte, murmelt die Crew im allerbesten Fall ein „wir werden unser Bestes versuchen“ (glatte Lüge), meistens aber heißt es, dass eh alles wunderbar sei, oder man wird einfach ignoriert. Im schlimmsten Fall von der Crew sogar mit teurer Zwischenlandung und Hinauswurf bedroht (siehe mein Erlebnis mit der sehr speziellen Airline KLM).
Hier ein kleiner Auszug von teils alltäglichen, teils speziellen Flugerlebnissen.
Seit vielen Jahren meine Standardausrüstung bei allen Flügen, die länger als zwei Stunden dauern: Skiunterwäsche, zwei Paar dicke Socken, warmer Pulli, winddichter Anorak und ebensolche Wollhaube, mit der man notfalls das ganze Gesicht bedecken kann. Die Alternative wären Husten, Halsentzündung, Fieber.
BRITISH TORTURE
British Airways gehören für mich zu jenen der großen Airlines, mit denen ich nur im äußersten Notfall fliegen würde. Die Sitze auf Interkontinentalflügen sind unglaublich eng und ungemütlich, sogar in der Business Class sind sie nicht viel größer. Dazu muss ich wie viele andere mein Handgepäck zwischen die Füße quetschen, weil die Fächer übervoll sind, offenbar dürfen die Passagiere bei BA ihren halben Hausrat an Bord nehmen. Das Onboard Entertainment auf meinem Flug von Nassau nach London 2014 ist unbrauchbar, weil das Bild ein Streifensalat und der Lautstärkeregler kaputt ist.
BA ist eine der Airlines mit den kältesten Klimaanlagen, die wie ein Sturm durch die Gänge blasen. Ich bekomme auf einem 9-Stunden-Flug ebenso viele Stunden eisige Luft direkt ins Gesicht, selbst Winterbekleidung mit Funktionsunterwäsche und Vollvisier-Wollhaube nützen nichts – am Tag danach bin ich krank, wie so oft nach einem Flug. Bitten an die Crew, das Gebläse wärmer zu stellen, sind sinnlos. Erstens gehören auch die Crews der BA zu den am wenigsten liebenswürdigen und warmherzigen aller Airlines, zweitens hört man dann höchstens die Bemerkung: „der Gast zwei Sitze vor Ihnen hat sich schon wegen der Hitze hier drin beklagt“. Der wiegt auch geschätzte 150 kg inklusive Ruderleiberl, mit dem er ausschließlich bekleidet ist. Während 90 Prozent der Restgäste dick vermummt husten und schnupfen.
Nur einer macht auf diesem Flug noch größere Geräusche. Ein streng orthodoxer Jude, der mit Kippa, Hütchen und Schleier zehn Stunden lang ununterbrochen am Sitz auf- und niederwackelt und in voller Lautstärke betet, als stünde er an der Klagemauer in Jerusalem. Fundamentalisten, völlig egal welcher Religion, gehören meiner Meinung nach nicht in ein Flugzeug. Dass die Flugbegleiterinnen den Typen nicht ein einziges Mal auffordern, wenigstens leise zu beten, ist Service à la BA.
Zur Sicherheit eine Anmerkung: ich bin definitiv kein Antisemit.
Dass der Bildschirm und die Kopfhörer defekt sind, wundert mich längst nicht mehr. Genauso wie eine der grausigsten Verpflegungen aller Airlines. Auf dem Flug von Fort Lauderdale nach London etwa gibt´s zum Abendessen eine teigige Masse, die eigentlich ein Nudelgericht sein sollte, einzig herausschmeckbare Zutat ist Ketchup. Das Frühstück besteht – der Raumtemperatur angepasst – aus einem eisgekühlten Kipferl mit je einem winzigen Päckchen Butter und Marmelade sowie Crackern. OK, Kaffee gibt es auch, zumindest nennen sie das Zeug so.
GULF-STRAFEXPEDITION
Apropos Fundamentalisten: Es geht noch schlimmer, nämlich bei einem Flug der sonst durchaus netten Gulf Air von Dhaka/Bangladesch nach Manama/Bahrain. Ich bin umzingelt von Mekka-Pilgern in weißen Laken. Natürlich verzögert sich der Start, weil die meisten einfach irgendwo Platz nehmen, egal was auf dem Boarding Pass steht. Die Herausforderung für die Crew ist weniger, alle zu ihren richtigen Plätzen zu führen. Denn jene, die schon sitzen, weigern sich, nochmals aufzustehen, und schon gar nicht, sich von einer Frau – die meisten Crewmitglieder sind weiblich – was sagen zu lassen. Es wird laut.
Noch lauter wird es beim Start. Zunächst stoppt der Pilot mitten auf dem Rollfeld, weil sich die Hälfte der Pilger weigert, ihr am Schoß liegendes Handgepäck in der Ablage zu verstauen. Und kaum hat das Flugzeug endlich ein paar Meter abgehoben, schnallen sich zahlreiche Vollbartträger schon ab, stehen auf, wollen ihr Handgepäck wieder holen oder aufs Klo. Die Crew, allen voran eine äußerst resolute Engländerin als Chefstewardess, brüllt übers Bordmikro, dass sich alle setzen sollen. Den Reaktionen zufolge verstehen aber die meisten der Pilger kein Wort Englisch. Dem Vernehmen nach erwägt der Pilot sogar umzukehren.
Lustig ist es auch, als das Essen serviert wird, übrigens Bangla-Food, also zertrümmerte Knochen mit Knorpelfleisch. Viele Leintuchträger frönen ihren Gewohnheiten und nehmen im Schneidersitz am engen Stuhl oder sogar am Boden Platz, um ebenso traditionell ihre Mahlzeit mit den Fingern einzunehmen. Für Crew und Passagiere ist der Gang somit eine gute Stunde lang versperrt. Danach muss man wieder durch Abfallberge waten, wenn man aufs Klo will. Wie es in den WC-Anlagen mittlerweile aussieht, überlasse ich den Fantasien der geschätzten LeserInnen. Dass während des langen Fluges zwei Filme gezeigt werden, lenkt auch nicht ab, da es im ganzen Flieger keine Kopfhörer gibt.
Als ich während des letzten Drittel des Fluges der gequält aussehenden britischen Chefstewardess mein Mitleid ausdrücke, nimmt sie dankbar kurz neben mir Platz. Eine kräftige, resolute Frau, mit der ich mich nicht anlegen würde, aber heute ist sie mit ihren Nerven am Ende. Meiner Vermutung, wonach das Gulf-Personal auf dem Flug Dhaka-Manama entweder strafversetzt ist oder auf seine Tauglichkeit in Notsituationen getestet wird, widerspricht sie nicht.
Als der Flieger zur Landung aufsetzt – die meisten Pilger haben sich natürlich schon davor abgeschnallt -, duckt man sich am besten, denn das Chaos bricht los. Zweihundert wild fuchtelnde Leintücher wollen mit ihren Taschen und Säcken alle gleichzeitig zu ihrem Anschlussflug nach Mekka. Wer da nicht wartet, bis sie alle draußen sind, würde niedergetrampelt werden. Als auch ich den Flieger verlasse und mich freundlich von der Crew verabschiede, haben manche ein Tränchen der Erschöpfung oder Erleichterung im Auge.
NACHRUF AUF MARTINAIR
Gut für mich und viele Reisende: Eine der schlimmsten Airlines für Fernflüge gibt es seit Jahren nicht mehr. MartinAir, eine KLM-Tochter, hat Passagierflüge seit langem eingestellt. Die schlechte Nachricht: KLM selbst ist meinen Erfahrungen zufolge fast genauso katastrophal (siehe Seite 40).
2008 habe ich das Vergnügen, mit Martinair von der Karibik nach Amsterdam zu fliegen. Für den fast zehn Stunden langen Nachtflug gönne ich mir gegen Aufzahlung von 49 Euro einen Sitz mit 10 Prozent mehr Beinfreiheit, was sich als überlebenswichtig herausstellt. Kleinere Sitze habe ich in meinem ganzen Leben in einem Großraumflugzeug kaum gesehen. Die Sitzbreite ist für Kinderhüften ausgelegt.
Weitere Highlights: Es gibt schlabbriges und völlig geschmackloses Essen in Mini-Portionen. Selbst für ein Bier dazu, so wie für jedes alkoholische Getränk, muss extra...
| Erscheint lt. Verlag | 26.4.2023 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur |
| ISBN-13 | 9783991522768 / 9783991522768 |
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Größe: 7,1 MB
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