Deine Welt wird brennen (eBook)
304 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60513-7 (ISBN)
Susanne Mischke wurde 1960 in Kempten geboren und lebt heute in Wertach. Sie war mehrere Jahre Präsidentin der »Sisters in Crime« und erschrieb sich mit ihren fesselnden Kriminalromanen eine große Fangemeinde. Für das Buch »Wer nicht hören will, muß fühlen« erhielt sie die »Agathe«, den Frauen-Krimi-Preis der Stadt Wiesbaden. Ihre Hannover-Krimis haben über die Grenzen Niedersachsens hinaus großen Erfolg.
Susanne Mischke wurde 1960 in Kempten geboren und lebt heute in Wertach. Sie war mehrere Jahre Präsidentin der »Sisters in Crime« und erschrieb sich mit ihren fesselnden Kriminalromanen eine große Fangemeinde. Für das Buch »Wer nicht hören will, muß fühlen« erhielt sie die »Agathe«, den Frauen-Krimi-Preis der Stadt Wiesbaden. Ihre Hannover-Krimis haben über die Grenzen Niedersachsens hinaus großen Erfolg.
Kapitel 1 – Der Brand
Nacht von Mittwoch auf Donnerstag
Bodo Völxen sitzt in der ersten Bank und soll ein Gedicht aufsagen. Er hat es geübt, aber jetzt ist alles weg. Er beginnt zu schwitzen. Der alte Schafbock hinter dem Lehrerpult mustert ihn mit schrägen Pupillen und leckt sich hämisch grinsend über die gelben Zähne. Dann hebt er den Kopf mit dem schweren Gehörn und stößt ein schauerliches Geheul aus, denn er ist gar kein Schafbock, sondern ein Wolf, der heult und heult …
Völxen fährt aus den Kissen und reißt die Augen auf. Schwaches Mondlicht fällt durch die Ritzen der Jalousie. Langsam schälen sich die vertrauten Konturen des heimischen Schlafzimmers aus dem Dunkel. Er atmet tief durch. Was für ein Irrsinn, jetzt verfolgt ihn Amadeus, das alte Biest, sogar schon in seinen Träumen. Das darf er keinesfalls Sabine erzählen, die lacht ihn aus. Oder rät ihm zu einer Therapie.
Nicht alles war ein Traum, das Heulen ist echt. Es hält an und bohrt sich wie eine Schraube in seinen Kopf. Oscar, der Terriermischling, sitzt am Fußende des Bettes. Dem Fenster zugewandt jault er um die Wette mit den Sirenen, die von draußen zu hören sind.
»Still, Oscar. Verdammt noch mal!«
Zu spät, jetzt ist auch Sabine wach. Sie knipst die Nachttischlampe an, blinzelt und fragt: »Was ist denn los?«
»Feuerwehr«, konstatiert der Hauptkommissar, denn er muss es schließlich wissen.
Bei Westwind kann man ab und zu Polizei- oder Feuerwehrsirenen von der Bundesstraße hören, aber daran hat sich der Hund längst gewöhnt. Die Töne, die Oscar zum Jaulen animiert haben, waren lauter und näher. Soeben sind sie verstummt. Nicht so der Terrier.
»Oscar, Ruhe! Und runter vom Bett!«, schimpft Sabine.
Widerstrebend und in Zeitlupe wird der Befehl ausgeführt.
Die Leuchtziffern des Weckers zeigen 02:25. Schlaftrunken wankt Völxen durchs Zimmer, stolpert über den Hundekorb und flucht. Er zieht die Jalousie hoch und öffnet das zuvor gekippte Fenster ganz. Die Sommernacht ist angenehm kühl, frische Luft strömt ins Zimmer und streichelt seinen verschwitzten Nacken. Im Dorf scheint alles in Ordnung zu sein, nirgendwo ein Widerschein von Flammen oder Blaulichtern. Er hat das doch nicht geträumt, oder? Nein, Oscar ist sein Zeuge. Wo sind die Fahrzeuge denn dann hin? Sie waren doch ganz nah.
Sabine scheint sich ähnliche Gedanken zu machen. »Vielleicht ist was passiert, drüben, beim Hühnerbaron«, flüstert sie ängstlich, als könnte es sich bewahrheiten, wenn sie es nur laut genug ausspricht.
Die beiden schauen einander an. Eine Menge Unausgesprochenes liegt in diesem Blick, allem voran die Frage, wie gefährlich ein Feuer beim Nachbarn ihnen selbst werden kann. Ziemlich gefährlich, durchzuckt es Völxen. Je nachdem, wie stark und woher der Wind weht.
Er schlüpft in seinen gestreiften Bademantel, verlässt das Zimmer und überquert den Flur. Vom Badfenster aus hat man einen guten Blick auf das Wohnhaus und die Hühnerställe des Nachbarn.
Da ist etwas im Gange. Fast alle Fenster im Haus von Jens und Hanne Köpcke sind erleuchtet. Zwei Löschfahrzeuge bewegen sich hinter Köpckes Hof mit zuckenden Blaulichtern einen holprigen Feldweg entlang. Die Sirenen wurden abgeschaltet. Da draußen gibt es keine Verkehrsteilnehmer, die man warnen müsste, der Weg führt nur durch Rüben- und Kornfelder zu einer alten Feldscheune. Diese Scheune ist der Grund für den Einsatz. Sie steht in Flammen, Feuerzungen lodern hoch zum Dach hinaus in den Nachthimmel. Für einige Momente überlässt Völxen sich diesem Schauspiel, das ihn auf eine morbide Weise fasziniert.
»Es ist nicht Köpckes Hof«, sagt er zu Sabine, die nun ebenfalls ins Badezimmer kommt. »Da hat er Schwein gehabt, der Hühnerbaron.«
Jetzt schaut auch sie aus dem Fenster und spricht dann mit schriller Stimme aus, wovor ihr Ehemann seit Wochen die Augen verschließt: »Bodo! Wie kannst du das nur sagen? Da drin wohnt doch dieser Arnold!«
An Schlaf ist nicht mehr zu denken, also tauscht Völxen sein Lieblingskleidungsstück, den Bademantel, gegen seine Arbeitshose und ein T-Shirt. Vorsichtshalber steckt er auch noch seinen Dienstausweis ein. Zurück bleiben ein kläffender Terrier und Sabine, die hinuntergegangen ist in die Küche. Gähnend füllt sie den Wasserkocher, um sich einen Tee zuzubereiten, denn auch sie kann jetzt nicht einfach zurück ins Bett und weiterschlafen.
Der Hauptkommissar schnappt sich sein Rad und schiebt es durch den Garten in Richtung der Schafweide mit den Obstbäumen und dem Stall. Alles liegt friedlich im Dunkeln. Die vier Schafe und der Bock sind nachts im Stall eingeschlossen. Früher konnte man sie getrost draußen lassen, aber inzwischen gibt es in dieser Gegend immer wieder herumstreunende Wölfe. Völxen kann nur hoffen, dass der Lärm der Einsatzfahrzeuge die Schafe nicht in allzu große Panik versetzt hat. Er wird sich gleich morgen früh um seine Lieblinge kümmern, jetzt, mitten in der Nacht, würde sein Erscheinen sie nur noch mehr aufregen. Ächzend tritt er in die Pedale. Der Trampelpfad entlang der Schafweide ist Gift für seine Bandscheiben, aber der kürzeste und schnellste Weg zur Brandstelle führt über Köpckes Hof und den Feldweg dahinter. Man kann die Scheune zwar auch von der anderen Seite mit dem Auto erreichen, doch nur auf einem Riesenumweg über das Nachbardorf.
Da drin wohnt doch dieser Arnold. Der Satz von Sabine hallt als aufdringliches Echo in seinem Kopf nach. Natürlich hat er mitbekommen, dass der seltsame Kauz seit dem Frühjahr mit ziemlicher Regelmäßigkeit in der Scheune schläft. Jedenfalls brennt da drüben fast jeden Abend Licht. Strom gibt es dort nämlich, denn früher nutzte Jens Köpcke das Gebäude als Werkstatt für alte Traktoren, die er aufkaufte, herrichtete und teuer verkaufte. Irgendwann bekam das Finanzamt Wind von diesem lukrativen Hobby, und nach einer saftigen Steuernachzahlung verlor der Hühnerbaron die Lust daran. Von der Elektrizität abgesehen fehlt der Scheune jedoch jegliche Errungenschaft moderner Zivilisation. Vor allen Dingen eine Toilette. Aus diesem Grund mied Völxen die Umgebung der Scheune in letzter Zeit bei seinen Hundespaziergängen. Man weiß ja nicht, wie dieser Arnold das Problem handhabt, und Terrier Oscar hat eine ausgesprochen unappetitliche Angewohnheit …
Völxen verdrängt den Gedanken daran. Er hat Köpckes Hof erreicht, lässt Hühnerställe und Wohnhaus links liegen, biegt auf den Feldweg ein und nimmt Fahrt auf. Der Dynamo schnurrt, der Lichtkegel zittert über die Schlaglöcher. Jetzt kann er den Brand nicht nur sehen und riechen, sondern auch hören. Er hat fast vergessen, wie laut so ein Feuer sein kann. Vor langer Zeit, auf Streife und beim KDD, war Völxen häufiger unter den Ersten an einer Brandstelle. Während der letzten zwanzig Jahre, als Leiter des Kommissariats für Todesdelikte, kam er meistens nur noch zu bereits gelöschten oder leise vor sich hin schwelenden Brandorten. Doch dieses Feuer ist noch dabei, sich richtig auszutoben. Die Flammen führen einen wilden Tanz auf, fast wie ein lebendes Wesen, eine Bestie, die faucht und braust, dazwischen knackt es. Balken krachen in die Glut. Als würde das nicht genügen, gibt es hin und wieder eine kleine Explosion. Farbdosen vielleicht oder Terpentin, denn der Scheunenbewohner hat sich der Malerei verschrieben. Was vorhin, vom Fenster aus, noch eine gewisse archaische Faszination auf den Hauptkommissar ausübte, empfindet er nun als beängstigend und bedrohlich. Außerdem weckt es unangenehme Erinnerungen. Vor etlichen Jahren tauchte eine verbrannte Leiche im Osterfeuer auf dem Süllberg auf. Er hat den grässlichen Anblick bis heute nicht vergessen. Seither hat er es nicht mehr so sehr mit Feuer, abgesehen vom heimischen Kaminofen.
Von hinten nähern sich Scheinwerfer. Völxen muss absteigen und ins Rübenfeld ausweichen. Schon wird er überholt von einem LHF, was für Lösch-Hilfeleistungs-Fahrzeug steht, dem folgt ein größeres Tanklöschfahrzeug. Die Feuerwehren werden nicht allzu viel...
Erscheint lt. Verlag | 2.1.2024 |
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Reihe/Serie | Hannover-Krimis |
Hannover-Krimis | Hannover-Krimis |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Antoina Riepp • Bestseller • Bodo Völxen • britische Bestsellerautorin • cosy crime deutsch • Ermittler • Fracking • Hannover • Hannover-Krimi • Klima • Krimi Deutschland • Kriminalroman • Krimireihe • Mord • Mystery • Nele Neuhaus • Niedersachsen • Regionalkrimi • spannend • Susanne Mischke • Team • Umwelt • Umweltschutz • Umwelt-Thriller • Verbrechen • Völxen |
ISBN-10 | 3-492-60513-3 / 3492605133 |
ISBN-13 | 978-3-492-60513-7 / 9783492605137 |
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