Wie auf frischem Gras (eBook)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99152-016-0 (ISBN)
Geboren am 21.07.1964 in Österreich, zwei Kinder: Sohn Adrian - 20 Jahre alt, Tochter Doreen - 17 Jahre alt. Ich verbrachte elf Jahre mit wunderbaren Menschen als Laienschauspieler der Theatergruppe Reflexion in Österreich. Dort sog ich die Welt der Künste ein. Daraus entstand die Leidenschaft für das geschriebene Wort. Getrieben werde ich von Texten und Geschichten, die aufgeschrieben werden wollen. Viele Manuskripte und außergewöhnliche Autoren begleiten mich seit dieser Zeit. Schreiben ist Last und Lust zugleich für mich. Meine Dichtung 'Niemandsland' fand in der 2005er-Ausgabe der Frankfurter Bibliothek 'Jahrbuch für das neue Gedicht. 11. September.' seine Veröffentlichung.
Verführt
Es vermag zu Beginn der Geschichte verwundern, dass die Sichtweise des Schreibenden bei dieser Erzählung in die Handlung verwoben wurde. Dieser lässt aber genügend Freiraum für den Leser. Sein Urteil vergleichend, wenn man will. Gleichwohl mag es Unstimmigkeiten hervorrufen. Jedoch rate ich zur Vorsicht vor all zu schnellem moralischen Fingerzeig. Verführt zu werden, heißt nicht, unmittelbar gut oder böse zu sein.
Anmutig! Ihr Gesicht, gleichmäßig wie Ebenholz, das dunkle lange Haar, das sie zeitweise offen trug – naturgelockt oder streng nach hinten gekämmt. Aufregend, unnahbar, verführerisch. Nichts ahnend von all den hunderten Augenpaaren, die sie schon beim flüchtigen Vorbeigehen auszogen. Carmen musste sich solchen Wahrnehmungen erst gar nicht stellen, zu perfekt war ihr Dasein – und das sollte für eine geraume Weile so bleiben. Nur ein kurzer Moment der Achtlosigkeit konnte all das ins Wanken bringen. Unachtsamkeit, gegenüber ihren Gefühlen? Die Harmonie auf den Kopf gestellt? Erkennt man an dieser Passage als sorgsamer Beobachter die Lust, das Leben zu fühlen, mit all seinem süßen und bitteren Geschmack? Es ist keine Forderung der Zeit, vielmehr eine Seelenverwandtschaft, die ihr zu Füßen liegt!
Tausend Fragen und ebenso viele Antworten. Verschwommener Wirklichkeitssinn eines Hofnarren, dem es als Einzigem gestattet war, ihr Antlitz – das des Burgfräuleins – zu berühren. Geborgenheit verspüren – um jeden Preis. Kleinigkeiten, Gesten oder einfache Blicke, die Carmen unbewusst verteilte; diese gesammelt und in die richtige Reihenfolge gebracht, entpuppten sich als wunderbares Bildnis ihrer Wahrhaftigkeit. Beat kannte Carmen schon eine Weile. Von Anbeginn ihres Aufeinandertreffens fühlte er eine innere Zerrissenheit. Beats bisheriges Leben war bis zu dieser Begegnung unbeseelt und von fehlender Harmonie verhöhnt, seine Seele litt täglich mehr darunter. Es gab für ihn kein schlimmeres Zeichen, als unverstanden zu gelten. Alleingelassen, von all seinen Überzeugungen und Wünschen. Der Alltag hatte ihm sämtlichen Zauber entzogen und gab ihn nur mühevoll, stückweise wieder her. Beide standen in der Blüte ihres Lebens und ahnten nichts von ihrem Schicksal, das auf vielen Ebenen ineinander verwoben war.
Carmen leitete ein kleines bezauberndes Geschäft für Verliebte – Carmens Brautausstattungsladen – am Rande der Stadt.
Es ist nicht von Bedeutung, wo dieser Ort liegt. Da es um Gefühl und Liebe geht, kann dieser überall auf diesem Planeten sein. Freidenker heiße ich hier herzlich willkommen in dieser Geschichte, die ihre Wahrheit in sich trägt. Zweifler und Menschen, die bedingungslos alles in Regeln ersticken müssen, um nicht selbst verloren zu gehen, bitte ich, die vertrauten Worte als Treibgut zu betrachten. Zwingend daran festzuhalten, um nicht von den Fluten derer Zwingend daran festzuhalten, um nicht von den Fluten der Regeln verschlungen zu werden.
Wie jeden Mittwochnachmittag, gestaltete sie die Schaufensterauslage um. „Auf die Kleinigkeiten kommt es an“ – das war stets das Credo ihres Tuns. Ihre gute Laune konnte andere anstecken. So war es weiter nicht verwunderlich, dass sie selten allein im Geschäft stand. Zu gern verweilte man bei ihr, um ihre positiven Schwingungen mitzunehmen. Sie zu speichern und für den Rest des Tages zu eigen zu machen. Genau solch eine Situation suchte auch Beat unbewusst, als er vor einigen Monaten das Lokal – mehr zufällig als gezielt – aufsuchte. Er sah beim Vorbeigehen im Schaufenster dieses kleine Bärenpaar aus Perlmutt, das sich spielerisch an einem Bändchen eines Hochzeitsschuhs festhielt. Er betrat das Geschäftslokal, ohne Carmen anzuschauen. Diese war gerade damit beschäftigt, eine Engelsfigur – von einem ihrer schönen alten Holzkästen, die dem Laden erst diese unbefangene Harmonie verliehen – herunterzunehmen. Carmens Aufmerksamkeit war Beats Eintreten nicht entgangen und so bemerkte sie halb zu ihm gedreht: „Einen Moment bitte, ich bin in Kürze bei Ihnen.“ Augenblicke später brach der linke Absatz ihres roten, mit Strasssteinen verzierten Stöckelschuhs. Sie verlor das Gleichgewicht und ließ den Porzellanegel zu Boden fallen. Beat schaute erschrocken zu ihr und sah Carmen direkt in die Augen.
„Kann ich helfen?“, flüsterte er unsicher in ihre Richtung. Die Begegnung mit ihr überforderte ihn sichtlich. Sein Gefühl signalisierte ihm ein wohlvertrautes „ANGEKOMMEN“. Er wusste nicht, wie er mit dieser unvermuteten Wucht seiner Gefühlswelt umgehen sollte und verließ den Schauplatz fluchtartig. Wie ein Dieb, der seinem Häscher entkommen möchte, lief er nahe zum Hauptplatz, drehte aber gleich darauf wiederum um und stand erneut in dem Laden. Carmen war derweil bemüht, die Scherben zu beseitigen. Er ging zu ihr und bückte sich zu ihr hinab, um ihr die letzten Bruchstücke auf die Schaufel zu legen. Auf diese Weise verharrten sie, wenige cm entfernt, Angesicht zu Angesicht. Gemeinsam verspürten sie in diesem Moment eine Energie, die explosionsartig von ihnen selbst ausging. Im Bruchteil einer Sekunde betraten sie eine andere Welt. Unmöglich, es zu beschreiben, fühlte es sich so vertraut an, als verband sie eine Kette, die man seit seiner Geburt um den Hals trug. Von diesem Tag an besuchte Beat Carmen fast täglich im Geschäft und sie spürten eine Verbundenheit, die sich sonst nur nach vielen Jahren zeigt, wenn überhaupt. Beide schafften es, ihr Leben komplett aus den Fugen zu heben und nichts sollte je wieder so sein wie seit ihrem ersten Aufeinandertreffen.
Für jede Befindlichkeit gibt es den richtigen Zeitpunkt, sagt der Volksmund. Nur wer erkennt die Zeichen? Bedarf es eines Außenstehenden, der nicht ins Gefühlschaos der Betroffenen verstrickt ist? Es kann genauso gut der falsche Weg sein, sich um den präzisen Augenblick zu bemühen. Gefühlsdinge sind zum Glück nicht reglementierbar und unterliegen keiner, wie auch immer gearteten, rationalen Wahrnehmung, die unweigerlich zur Anwendung kommt, wenn ein Fremder dies tut.
Beat ließen solche Erkenntnisse Nacht für Nacht keine Ruhe finden. Er wusste, was zu tun wäre, unfähig danach zu streben. Zu unsicher bliebe Carmens Hinweise und intensiv betrachtet, waren sie deutlich genug, um der Hoffnung Nahrung zu geben. Der Traum könnte zerplatzen wie eine Seifenblase, die zu fragil zum Festhalten war. Nach Stunden des geistigen Martyriums fand er den ersehnten Schlaf.
„Papa, Papa, wach endlich auf! Die Sonne steht schon eine Ewigkeit am Himmel!“ Die ersten Wortfetzen, die Beat nach dieser kurzen Nachtruhe wahrnahm. Konstanz, sein sechsjähriger Sohn – mit blonden Haaren – stand neben dem Ehebett und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Beat öffnete die Augenlider, wand sich zur Seite und schaute hoffnungsvoll auf die leere Doppelbettseite. „Papa, mach schnell“, nervte sein Sohnemann. „Ich bin schon Millionen Minuten auf und mein Hunger ist unerträglich.“ Beat rieb sich die Augen und schleppte sich Richtung Küche.
„Die Sonne steht schon eine Ewigkeit am Himmel, sie versteckt sich schon hinter den dicken Wolken!“ Beim Aufstehen aus dem warmen Bett bemerkte er, dass es erneut einer dieser werden würde und drehte die Heizung hoch. So monoton begann fast jeder Tag in Beats Leben. Umgehend nach dem Frühstück brachte er Konstanz in die Schule und fuhr zur Arbeit. Konstanz‘ Opa holte ihn mittags vor dem Schulgebäude ab und Oma erledigte mit ihm die Aufgabe, bis seine Mutter ihn am Nachmittag abholte. Sie arbeitete als Bäckerin und musste sechs Tage in der Woche die Wohnung um vier Uhr morgens verlassen. Der stetige gleiche Trott und das Fehlen von jeglicher Zärtlichkeit der Eheleute machte das Zusammenleben nicht gerade einfacher und Beat hasste sich dafür.
Carmen fand ihren Alltag bis zu jenem magischen Zusammentreffen mit Beat in Ordnung. Wenngleich sie sich nach ihrer Scheidung vor zwei Jahren nicht mehr in der Lage sah, Gefühle zuzulassen und sich zu öffnen. Ihr neuer Freund war da, und das genügte. Unter keinen Umständen hatte sie damit gerechnet, emotional zu entgleisen und sich weiter aus ihrem Nest herauszuwagen als vorgenommen. Die Stunden ohne Beat empfand sie als verloren. Beide genossen den Ausblick, den ihnen ihr Schicksal zugedacht hatte. Sie gaben sich ein Gelöbnis, das sich rational nicht erklären ließ. Beat und Carmen spürten es, füreinander bestimmt zu sein und schworen, aufeinander zu warten. Beat hatte einen kleinen Sohn, für den er da sein musste und Carmen wollte ihm diesen Wunsch erfüllen.
Ich bin überzeugt, dass sich spätestens jetzt eine Vielzahl an Moralisten zu Wort melden:
Das kann man nicht verantworten, sich einem Versprechen vor dem Herrn zu entziehen und diese und anderen Phrasen sind ein zuverlässiges Versteck für jene Menschen, nicht selbst abzurutschen. Keiner von uns darf sich seiner selbst je sicher sein und die Wirklichkeit sieht nicht immer das...
| Erscheint lt. Verlag | 3.3.2023 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur |
| ISBN-10 | 3-99152-016-8 / 3991520168 |
| ISBN-13 | 978-3-99152-016-0 / 9783991520160 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 5,0 MB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich