DER FALSCHE KÖNIG (eBook)
422 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7549-9202-9 (ISBN)
Edgar Rice Burroughs (* 1. September 1875 in Chicago, Illinois; ? 19. März 1950 in Encino, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Zum Zeitpunkt seines Todes waren seine Werke bereits in 57 Sprachen übersetzt sowie allein in den USA mehr als 36 Millionen Mal verkauft worden..
Edgar Rice Burroughs (* 1. September 1875 in Chicago, Illinois; † 19. März 1950 in Encino, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Zum Zeitpunkt seines Todes waren seine Werke bereits in 57 Sprachen übersetzt sowie allein in den USA mehr als 36 Millionen Mal verkauft worden..
I. Ein entlaufenes Pferd
Ganz Lustadt war in Aufruhr. Der verrückte König war entflohen. Kleine Knäuel von aufgeregten Menschen standen an den Straßenecken und lauschten den neuesten Gerüchten über dieses aufregende Ereignis. Vor dem Palast war eine große Menschenmenge zusammengeströmt und wartete – worauf genau, wusste keiner.
Zehn Jahre lang hatte keiner von ihnen das Gesicht des jungen Königs gesehen, der nach dem Tod des alten Königs, seines Vaters, in die düstere Burg Blentz verbracht worden war.
Es hatte damals Gerüchte gegeben, als Fürst Peter von Blentz, der Onkel zweiten Grades des jungen Königs Leopold, das Volk von Lutha über die plötzliche Geisteskrankheit unterrichtet hatte, die seinen Neffen befallen hatte, und noch mehr Gerüchte, nachdem bekannt wurde, dass Fürst Peter zum Regenten ernannt worden war, zu Leopolds Lebzeiten »oder bis Gott in seiner unendlichen Gnade es für angebracht halten wird, dem geliebten Monarchen seine volle Geisteskraft zurückzugeben«.
Aber zehn Jahre sind eine lange Zeit. Der junge König war selbst für die Untertanen, die sich seiner überhaupt entsinnen konnten, zu einer vagen Erinnerung geworden.
Natürlich gab es viele in der Hauptstadt Lustadt, die noch immer ein Bild des hübschen Jungen vor Augen hatten, der fast jeden Morgen neben der großen, kriegerischen Figur des alten Königs, seines Vaters, aus dem Schlosstor in das weite Tal am Fuße von Lustadt ausgeritten war; aber auch diese hatten längst die Hoffnung aufgegeben, dass ihr junger König jemals seinen Thron besteigen würde, oder sogar, dass sie ihn wieder lebendig sehen sollten.
Peter von Blentz hatte sich nicht als guter und freundlicher Herrscher erwiesen. Die Steuern hatten sich während seiner Regentschaft verdoppelt. Exekutive und Justiz waren nach dem Vorbild ihres Chefs tyrannisch und korrupt geworden. Zehn Jahre lang gab es wenig Freude in Lutha.
Es gab Gerüchte, dass der junge König seit vielen Jahren tot sei, aber nicht einmal im Flüsterton wagten die Männer von Lutha, den Namen desjenigen zu nennen, der seinen Tod verursacht haben könnte. Schon für kleinere Vergehen waren Freunde und Nachbarn in die vormals ungenutzten Kerker des Königsschlosses geworfen wurden.
Und nun ging das Gerücht um, dass Leopold von Lutha aus der Burg Blentz entflohen sei und irgendwo in den wilden Bergen oder Schluchten auf der gegenüberliegenden Seite von Lustadt umherstreife.
Peter von Blentz war voller Wut und möglicherweise auch Angst.
»Ich sage Ihnen, Coblich«, rief er, an seinen Kriegsminister gewandt, »das alles ist kein reiner Zufall. Jemand hat uns verraten. Dass er am Vorabend der Ankunft des neuen Arztes in Blentz hätte fliehen sollen, ist höchst verdächtig. Keiner außer Ihnen, Coblich, wusste um die Rolle, die Dr. Stein in dieser Angelegenheit spielen sollte«, schloss Fürst Peter pointiert.
Coblich sah dem Regenten in die Augen.
»Euer Durchlaucht, Ihr beleidigt nicht nur meine Loyalität, sondern auch meine Intelligenz«, sagte er leise, »indem Ihr auch nur andeutet, dass ich irgendetwas mit Leopolds Flucht zu tun haben könnte. Mit Leopold auf dem Thron von Lutha, wo, glaubt Ihr, wäre der alte Coblich?«
Fürst Peter lächelte.
»Sie haben recht, Coblich«, sagte er. »Ich weiß, dass Sie nicht so dumm sind, aber wem haben wir dann zu danken?«
»Die Mauern haben Ohren, Durchlaucht«, antwortete Coblich, »und wir waren nicht immer so vorsichtig, wie wir es hätten sein sollen. Vielleicht ist dem alten von der Tann etwas zu Ohren gekommen. Ich bezweifle nicht einen Moment lang, dass er seine Spione unter den Dienern des Palastes oder sogar der Wache hat. Der alte Fuchs hat immer Wert darauf gelegt, sich bei den einfachen Soldaten beliebt zu machen. Als er Kriegsminister war, behandelte er sie besser als seine Offiziere.«
»Es kommt mir seltsam vor, Coblich, dass ein Mann, der so schlau ist wie Sie, bisher im politischen Leben des Fürsten Ludwig von der Tann keinen schwarzen Fleck hat finden können«, sagte der Fürst unzufrieden. »Er ist die größte Gefahr für unseren Frieden und unsere Souveränität. Ohne von der Tann gäbe es keinen, der mein Recht auf den Thron von Lutha infrage stellen könnte – nach dem Tod des armen Leopold.«
»Ihr vergesst, dass Leopold entflohen ist«, gab Coblich zu bedenken, »und dass es keine unmittelbare Aussicht auf sein Ableben gibt.«
»Er muss sofort wieder eingefangen werden, Coblich!«, rief Peter von Blentz. »Er ist ein gefährlicher Irrer, und wir müssen dem Volk diese Tatsache kundtun – dies und eine gründliche Beschreibung von ihm. Eine schöne Belohnung für seine sichere Rückkehr nach Blentz wäre vielleicht nicht das Schlechteste, Coblich.«
»Es soll geschehen, Durchlaucht«, antwortete Coblich. »Und was ist mit von der Tann? Ihr habt noch nie so – äh – unverblümt mit mir gesprochen. Er jagt viel im Alten Wald. Es könnte möglich sein – so was hat’s ja schon mal gegeben –, dass einen auf der Jagd ein Unfall ereilt, nicht wahr, Euer Durchlaucht?«
»Das stimmt, Coblich«, antwortete der Fürst, »und wenn Leopold es schafft, wird er versuchen, nach Tann zu gelangen, sodass sie in einem Tag oder so zu zweit auf die Jagd gehen könnten, Coblich.«
»Ich verstehe, Durchlaucht«, antwortete der Minister. »Mit Eurer Erlaubnis werde ich sofort Truppen losschicken, um den Wald nach Leopold zu durchsuchen. Rittmeister Maenck wird sie befehligen.«
»Gut, Coblich! Maenck ist ein sehr intelligenter und loyaler Offizier. Wir müssen ihn gut belohnen. Ein Ritterschlag, zumindest, wenn er diese Angelegenheit gut handhabt«, sagte Fürst Peter. »Es wäre vielleicht nicht schlecht, ihm so etwas in Aussicht zu stellen, Coblich.«
Und so kam es, dass kurz darauf Rittmeister Ernst Maenck, Kommandant einer Truppe der Königlichen Leibgarde von Lutha, in den Alten Wald aufbrach, der hinter den Bergen liegt, welche am Rande des Tals von Lustadt aufragen. Zur gleichen Zeit ritten andere Soldaten in viele Richtungen entlang der Haupt- und Nebenstraßen von Lutha, um Plakate an Bäumen und Zaunpfählen und neben den Eingangstüren jeder kleinen Landpost anzubringen.
Das Plakat erzählte von der Flucht des verrückten Königs und stellte eine große Belohnung für seine sichere Rückkehr nach Blentz in Aussicht.
Es war vor allem der letzte Absatz, der einen jungen Mann am nächsten Tag im kleinen Weiler Tafelberg zum Pfeifen veranlasste, als er ihn sorgfältig durchlas.
»Ich bin froh, dass ich nicht der verrückte König von Lutha bin«, sagte er, als er den Ladenbesitzer für das Benzin bezahlte, das er gerade gekauft hatte und sich in den grauen Roadster schwang, für dessen gierigen Schlund es bestimmt war.
»Warum, mein Herr?«, fragte der Mann.
»Diese Nachricht gibt demjenigen, der den König zur Strecke bringt, praktisch Immunität«, antwortete der Reisende. »Schlimmer noch, sie gibt einen solchen Eindruck von der Unberechenbarkeit des Flüchtigen, dass es gerechtfertigt erscheint, ihn sofort zu erschießen.«
Als der junge Mann sprach, hatte der Ladenbesitzer sein Gesicht zum ersten Mal genau unter die Lupe genommen. Ein scharfsinniger Blick trat in das normalerweise stumme Gesicht des Mannes. Er lehnte sich ganz nah an das Ohr des anderen.
»Wir Luthaner«, flüsterte er, »lieben unseren ›verrückten König‹ – keine Belohnung wäre groß genug, um uns dazu zu verleiten, ihn zu verraten. Selbst aus Selbstschutz würden wir ihn nicht töten – wir aus den Bergen, die ihn als Jungen in Erinnerung haben und seinen Vater und seinen Großvater vor ihm liebten.
Aber es gibt heutzutage den Abschaum aus der Ostprovinz in der Armee, der alles für Geld tun würde, und das ist es, wovor der König sich hüten muss. Ich konnte nicht umhin festzustellen, dass mein Herr ein zu perfektes Deutsch für einen Ausländer spricht. Wäre ich an Ihrer Stelle, würde ich hauptsächlich Englisch sprechen, und auch den ›vollen, rotbraunen Bart‹ abrasieren.«
Daraufhin zog sich der Ladenbesitzer hastig in sein Geschäft zurück und ließ einen verwirrten Barney Custer aus Beatrice, Nebraska, USA, zurück, der sich fragte, ob alle Bewohner von Lutha an einer Geistesstörung wie der des unglücklichen Herrschers litten.
»Ich wundere mich nicht«, monologisierte der junge Mann, »dass er mir geraten hat, dieses lächerliche Gewächs abzuschneiden. Zum Teufel mit diesen Wetten; wenn die Wahlen halbwegs richtig gelaufen wären, hätte ich dieses Abzeichen der Idiotie nicht tragen müssen. Und wenn man bedenkt, dass ich’s noch einen ganzen Monat ertragen muss! Ein Jahr ist bestenfalls eine lange Zeit, aber ein Jahr in Gesellschaft mit einem vollen Satz roter Schnurrhaare ist eine Ewigkeit.«
Der Weg aus Tafelberg schlängelte sich zwischen hohen Bäumen hinauf zum Pass, der ihn über das nächste Tal auf seinem Weg in den Alten Wald führen sollte, wo er hoffte, jagdbares Wild vor die Flinte zu bekommen. Sein ganzes Leben lang hatte sich Barney vorgenommen, eines Tages das Heimatland seiner Mutter zu besuchen, und nun, da er hier war, fand er es so wild und schön, wie sie es gesagt hatte.
Weder seine Mutter noch sein Vater waren jemals in das kleine Land zurückgekehrt, seit dem Tag vor dreißig Jahren, als der große Amerikaner seine Braut buchstäblich gekidnappt hatte und über die Grenze geflohen war, nur eine knappe halbe Stunde vor der Verfolgertruppe der luthanischen Kavallerie. Barney hatte sich oft gefragt, warum keiner von ihnen jemals von diesen Tagen oder vom frühen Leben seiner Mutter, Viktoria Rubinroth, sprach, obwohl Mrs. Custer niemals müde wurde, von den Schönheiten ihrer Heimat zu...
| Erscheint lt. Verlag | 3.3.2023 |
|---|---|
| Verlagsort | Berlin |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Schlagworte | Abenteuer • action • Apex-Verlag • Historisches • Klassiker • Romantik • Spannung • Weltkrieg |
| ISBN-10 | 3-7549-9202-3 / 3754992023 |
| ISBN-13 | 978-3-7549-9202-9 / 9783754992029 |
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