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Im Schatten des Antinoos (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
686 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7549-8413-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Im Schatten des Antinoos -  Janina Lucien
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Taher, der parthische Sklave, und Callistus, Sohn eines reichen römischen Patriziers, sind seit frühester Kindheit die besten Freunde und mehr. Doch kann eine Freundschaft zwischen einem Sklaven und seinem Herrn in der römischen Kaiserzeit Bestand haben? Nicht einmal Kaiser Hadrian selbst war langes Glück mit seinem Geliebten Antinoos vergönnt. Der Kampf um Freundschaft und Liebe führt die beiden jungen Männer nach Athen, Ephesos und schließlich gemeinsam mit dem Kaiser und Antinoos nach Alexandria.

Janina Lucien wurde 1969 in Berlin geboren, wo sie ihr Studium zur Diplom-Übersetzerin absolviert. Nach Aufenthalten in Ägypten und Irland lebt sie seit 2001 mit ihrem französischen Mann und ihren zwei Kindern in Frankreich. 'Im Schatten des Antinoos' ist ihr erster veröffentlichter Roman.

Janina Lucien wurde 1969 in Berlin geboren, wo sie ihr Studium zur Diplom-Übersetzerin absolviert. Nach Aufenthalten in Ägypten und Irland lebt sie seit 2001 mit ihrem französischen Mann und ihren zwei Kindern in Frankreich. Dort arbeitet sie als technische Redakteurin in einem Unternehmen der Industriebranche. Ihre Liebe insbesondere zu Griechenland und der Antike wurde bei unzähligen Reisen bereits im Kindesalter geweckt. "Im Schatten des Antinoos" ist ihr erster veröffentlichter Roman.

Kapitel 2


Dank Callistus' bildreicher Berichterstattung wurde Taher als Held des Tages gefeiert. Von der Wunde auf dem Augenbrauenknochen würde eine kleine Narbe zurückbleiben. Er trug sie mit Stolz, denn sie erinnerte ihn daran, wie er mutig seinen Freund verteidigt hatte. Als Callistus die Geschichte erst Tahers Mutter Darya und den anderen Sklaven des Hauses Capanius erzählt hatte und später auch seinen Eltern, hatte er dick aufgetragen. Mit dramatischen Worten hatte er Taher als seinen persönlichen Helden dargestellt: »Stärker und mutiger als Praxis und Eolus zusammen.« Die Reaktion der beiden danebenstehenden Leibwächter konnte nicht unterschiedlicher sein: Eolus grinste gutmütig, Praxis machte ein finsteres Gesicht. Allerdings verging Eolus das Grinsen, als, wie Praxis befürchtet hatte, tatsächlich sie es waren, die der Hausherr Lucius Capanius Honorius für ihre Nachlässigkeit bestrafte.

Der aufregende Tag in der Subura lag nun ein paar Wochen zurück. Es war ein schöner milder Frühlingstag. Callistus war gerade von einem Besuch bei seinem Freund Faustinus zurückgekehrt, dem Sohn des bereits etwas betagten, aber angesehenen Senators Vestorius Falco. Nun hockte Callistus auf allen vieren auf dem Rasenstück des Peristylgartens und beugte den Kopf tief auf den Boden hinunter, sodass sein Hinterteil himmelwärts ragte.

Taher kam gerade den Säulengang entlang und mühte sich mit einer reichlich schweren Amphore Olivenöl ab, die er in den Vorratsraum bringen sollte. Makarios hatte ihm dies aufgetragen und zuvor seine Mutter gescholten, weil sie in einer kurzen Arbeitspause mit ihm wie so oft auf Parthisch von seiner Heimat erzählt hatte. Ausnahmsweise war Taher die rüde Unterbrechung des Hausverwalters nicht unrecht gewesen. Er sprach nicht mehr gern seine Muttersprache. Im Grunde wollte er sie sogar vergessen. Latein war die Sprache, die man sprach, und Griechisch musste er lernen. Aber parthisch? Niemand sprach diese Sprache außer seiner Mutter und Sahand, dem parthischen Sklaven des Töpfers, der ihm immer vom stolzen und mächtigen Partherreich und den dortigen Sitten und Gebräuchen vorschwärmte.

Taher grinste, als er seinen Freund sah: »Pff! Was machst du denn da? Betest du zum Gott der Regenwürmer?«

»Blödmann! Ich will, dass Cluni was isst.«

Jetzt erst sah Taher, dass Callistus sich zur Haus-Schildkröte hinuntergebeugte, die im Garten des Peristyls wohnte, und ihr ein Blatt vor die Nase hielt, welches sie schnöde ignorierte.

Taher stellte die Amphore vorsichtig ab. »Das ist ein Lorbeerblatt, was du da hast. Das mag sie nicht.«

Er pflückte etwas Majoran und kniete sich neben Callistus. Tatsächlich geruhte Cluni nun, den Kopf aus ihrem Panzer zu stecken und die Futtergabe gnädig anzunehmen.

»Das ist ja wieder mal typisch. Sie mag dich lieber als mich.« Callistus verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie die prächtige Stute von Chryses' Freund neulich. Von dir hat sie sich streicheln lassen von mir nicht. Wie immer. Mädchen stehen auf dich.«

»Idiot!« Taher knuffte Callistus an. Der knuffte zurück. Kurz darauf rauften sie sich auf dem gut gestutzten kleinen Rasenstück.

Callistus setzte sich rittlings auf Tahers Bauch. »Gibst du auf?«

»Nie im Leben. Ich hab dich absichtlich gewinnen lassen, weil ich die Amphore noch wegbringen muss.«

»Was für 'ne Amphore? Das ist doch eine Ausrede.«

»Ist es nicht. Und, nein, ich gebe nicht auf.« Taher hob ruckartig seine Hüften, sodass Callistus das Gleichgewicht verlor. In wenigen Sekunden war Taher es, der Callistus auf den Rücken gezwungen hatte und nun siegreich auf dessen Hüften saß.

»Wer gibt jetzt auf, hm?«

Callistus lachte, während er sich zwecklos aus Tahers Griff zu befreien versuchte. Als es ihm nicht gelang, rief er plötzlich: »Oh, Taher, guck mal! Das gibt’s doch nicht. Da hat irgendwer hier bei uns ein schweinisches Graffiti an die Wand gemalt!«

»Wo?« Die Finte ahnend, rührte Taher sich nicht vom Fleck, war aber dennoch einen Moment abgelenkt. Diesen nutzte Callistus, um Taher diesmal erfolgreich abzuwerfen.

»Na, warte!«

»Du kriegst mich nicht, du kriegst mich nicht!« Callistus rannte übermütig quer durch den gepflegten Ziergarten. Sein fröhliches Lachen hallte im Säulengang des Peristyls rund um den Garten wider. Er sprang über Beete mit Christrosen, Veilchen, Polsterthymian und Madonnenlilien, vorbei an prachtvollen Oleander-, Myrte- und Rosensträuchern, über kleine perfekt gestutzte Buchsbaumhecken und wich flink den hellenistischen Statuen aus, die den Garten schmückten.

Als er den alten Thaddaios anrempelte, der wie immer bei seiner Gartenarbeit war, hob der betagte Sklave drohend und vor sich hin wetternd den Arm.

»Holla! Pass doch auf, kleiner Herr!« Er würde sich hüten, den Sohn seines Herrn deutlicher zurechtzuweisen, auch wenn dem Kleinen ein bisschen mehr Zucht durchaus angestanden hätte.

Als jedoch kurz darauf Taher in rasantem Tempo dicht an Thaddaios vorbeirannte, sodass der Alte allein durch den Zugwind beinahe das Gleichgewicht verloren hätte, holte er zu einem Klaps auf dessen Hinterkopf aus, erwischte Callistus' Verfolger allerdings nur noch leicht. »Nicht so wild, Taher! Das gibt nur Ärger. Elender Lausbub! Geh lieber deiner Mutter in der Küche zur Hand!«

Taher beachtete den alten Sklaven nicht. Mit kindlicher Verbissenheit hatte er nur ein Ziel im Auge, nämlich sich Callistus zu schnappen. Anders als dieser lachte er nicht ausgelassen. Lediglich ein listiges Lächeln umspielte seine Lippen. Er wusste, dass er Callistus einholen würde, und dieser wusste das auch. Bei körperlichen Betätigungen war der athletische Taher Callistus stets überlegen, bei geistigen war es Callistus, der das parthische Sklavenkind in der Regel überflügelte, was weniger eine Frage der Intelligenz als eine der Konzentration war.

Immer wieder drehte Callistus sich nach Taher um, der ihm trotz des kleinen Zwischenfalls mit Thaddaios dicht auf den Fersen war. Taher hatte ihn fast eingeholt, als Callistus den Säulengang entlanglief und ins Haus rannte. Taher fluchte. Typisch, dachte er. Die feige Flucht in das großzügige Haus war die einzige Möglichkeit für Callistus, möglicherweise doch noch den Sieg davonzutragen. Im Haus traute Taher sich nicht, allzu schnell zu laufen oder gar alle Zimmer nach Callistus abzusuchen. Sie waren zwar beste Freunde. Aber während Callistus sich als Sohn des Hauses Capanius selbstverständlich nahezu ungeniert und frei im gesamten luxuriösen Stadthaus bewegen konnte, musste der Sklave Taher vorsichtig sein. Warum ging das nicht in Callistus' Kopf?

Zu Tahers Genugtuung hatte er Callistus im Atrium eingeholt und aufgespürt. Dieser hockte in seinem Versteck hinter der großen griechischen Vase mit Motiven der Mysterien von Eleusis. Taher tat, als hätte er ihn noch nicht entdeckt, und umrundete im menschenleeren Atrium das Becken des Impluviums mit dem hübschen Fischmosaik und dem Brunnen mit den Marmordelfinen, die auf ihren Schnauzen ein Bassin mit einer Nereide darin trugen. Mit einem plötzlichen Satz sprang er auf Callistus zu und warf sich bäuchlings auf ihn. »Hab dich!«

Callistus wich lachend zurück und fiel auf den Hintern. Als Taher sich hastig wieder aufrichtete und sich Callistus erneut schnappen wollte, stieß er aus Versehen gegen die große Vase. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen schlug das wertvolle Teil auf dem Marmorboden auf und zersprang in tausend Stücke. Wie vom Donner gerührt, blieb Taher stehen und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf sein Zerstörungswerk. Callistus eilte zu Taher, ergriff mit der einen Hand dessen Oberarm und blickte ebenfalls auf den großen Scherbenhaufen.

»Oh, oh!« Er hielt sich die andere Hand vor den Mund, musste nach dem ersten Schrecken jedoch schon wieder grinsen.

Taher war so entsetzt, dass er noch immer nicht reagierte. Sein sonst so gesunder olivfarbener Teint hatte einen blässlichen Ton angenommen.

Callistus knuffte den Freund in die Seite. »Wenigstens war es die blöde Eleusis-Vase und nicht die schöne mit den olympischen Spielen.« Callistus deutete mit einem Kopfnicken auf die gegenüberliegende Seite des Atriums zu einer zweiten Vase dieser Art, die mit griechischen Diskus- und Speerwerfern, Ring- und Faustkämpfern dekoriert war.

»Das ist nicht witzig, Callistus. Das gibt riesigen Ärger«, sagte Taher ernst, wobei ein panischer Unterton in seiner Stimme mitschwang. Mit nunmehr völlig überflüssiger Vorsicht fing Taher an, die Scherben einzusammeln. Callistus hockte sich neben seinen Freund, um ihm zu helfen, wobei er ihn sanft mit der Schulter anstieß.

»Ach, ich hab neulich auch einen von Mutters geliebten ägyptischen Parfumflakons kaputtgemacht. Sie hat mir eine kleine Ohrfeige gegeben und etwas geschimpft. Aber das war’s dann auch. Und Faustinus hat neulich eins von den neuen blauen Gläsern zerbrochen. Es war ihm todpeinlich. Da haben sie nicht mal geschimpft, sondern im Gegenteil gesagt, es sei gar nicht schlimm und er solle sich keine Sorgen machen.«

»Du bist ja auch ihr Sohn und Faustinus ist der Sohn eines Senators mit einem Stammbaum, der bis König Tarquinius Superbus, oder was weiß ich, zurückreicht, aber mir werden sie den Kopf abreißen.« Taher sah ernsthaft besorgt aus.

»Ach, Unsinn! Das macht doch kaum einen Unterschied. Kaputt ist kaputt. Du musst immer alles so dramatisieren. Ich würde ja sagen, dass ich es war, aber meine Eltern sagen, ich darf nicht lügen.«

Taher warf seinem Freund einen verärgerten Blick zu und stieß ihn unwirsch ein Stück von sich.

...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Antike • Antinoos • gay • Hadrian • historisch • Liebesgeschichte • Rom • Romance • Schwul • Sklave
ISBN-10 3-7549-8413-6 / 3754984136
ISBN-13 978-3-7549-8413-0 / 9783754984130
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