Krieger der Wahrheit (eBook)
441 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7549-8357-7 (ISBN)
Haakon Kodran ist ein Pseudonym
Haakon Kodran ist ein Pseudonym
Kapitel Eins
Diesmal starb ich gewiss. Meine Haut schien zu reißen. Nägel schlugen in die Knochen. Vier Vomen drückten mich mit der geheimnisvollen Krafft nieder. Sie lachten, weil ich machtlos war. Diese Menschengruppe freute sich, mit der Krafft zu foltern und zu lähmen, anderen Schmerzen zu bereiten.
„Haltet ihn still! Ich bestrafe ihn!“ Die Stimme knarzte in meinen Ohren und hörte sich alt an.
Den Sprecher sah ich nicht, spürte nur die Gefahr. Kräffter-Fesseln pressten mich zu Boden.
Hemd und Haut platzten auf. Das war echt. Schlimm.
Brennender Schmerz brüllte in mir. Kein Laut kam über meine Lippen. Drei blutende Furchen zogen sich über meine Brust. Unsichtbare Klingen schlitzten mich auf. Vomen schufen drei messerscharfe Krallen aus ihren Händen mit einem Kräffter. Kein Schild hielt diese Waffe auf. Die Wunden brannten, als wäre tödliches Naverengift in sie gedrungen. Lösbar.
„In den Belt mit ihm! Sollen die Schnapper ihn fressen!“, befahl der Unsichtbare. Ich hörte weder seine Schritte noch das Rascheln seiner bestimmt schwarzen Kleidung. Das schien unmöglich. Schwebte der Alte etwa? Das Brennen konnte ich ertragen, Schnappermäuler nicht. Sie rissen jeden Körper in kürzester Zeit in Stücke.
„Er beleidigte mich! Ich bestimme, was mit ihm geschieht!“ Eine Frau trat zwischen die Vier. Sie war der Grund für den Angriff. In Wahrheit konnte ich mein loses Mundwerk nie zurückhalten. Ich sollte besser ein paar Stunden vorher beginnen, als ich nichtsahnend ... langsam an einen Kraterrand kroch. Vor mir fiel die Wand senkrecht bis zum Boden. Mir schien, ein Riese hätte vor langer Zeit mit einem runden Stampfer in die Erde geschlagen und ein tiefes Loch hinterlassen, das gute sechs Kilometer Durchmesser hatte. Am Grund des Kraters lag die Stadt Tawa mit ihren bunten Häusern. Wenige Meter unter mir lachten drei Männer auf einem Felsabsatz, von dem aus Besucher über eine in die Wand gehauene Steintreppe hinabsteigen konnten. Die Wachen trugen schwarz und gehörten zur Gruppe der Vomen, mit denen ich meine größten Schwierigkeiten hatte. Sie schwatzten so laut, dass ich bereits von weitem durch meine empfindlichen Ohren gewarnt war und abseits der Straße hierher schlich.
Ich lag zwischen blühenden Lonabüschen, die hier überall wuchsen. Die großen graublauen Blüten und fleischigen Blätter verbargen mich vor Vögeln, die mir gefährlich werden konnten, wie die vierflügeligen Sturzkrallen oder die kleineren aber biestigen Ledergreife.
Etwas aufgeregt war ich. Schließlich betrat ich vor zehn Monaten das letzte Mal eine Stadt. Aus Padent, der Stadt nördlich der Wüste, kam ich einigermaßen glimpflich davon. Jedenfalls freute ich mich, wieder Menschen zu sehen, auch wenn es Wachen waren, die mir den Zugang verwehren würden. Auf den Straßen und Wegen in der Stadt gingen oder standen Bewohner unterschiedlicher Körpergrößen. Sie trugen braune, violette, vereinzelt rote und gelborange Hosen, Hemden oder Kleider. Sie gehörten Gruppen an, die mir weniger feindlich gesinnt waren. Ich hoffte nach wie vor - trotz meiner Erfahrungen - in einer Stadt aufgenommen und nicht mehr vertrieben zu werden. Dazu musste ich an den Wachen vorbei, um jemanden zu treffen, der mir endlich wohlgesonnen war, vielleicht ein grasgrün gekleideter Allmen oder eine in rot gekleidete Schlame.
Mich erstaunte, dass ich hier viel schwarz sah. Das fand ich bemerkenswert, weil die Vomen in anderen Städten die kleinste Gruppe war. Die Männer trugen schwarze Stiefel, weite schwarze Hosen, enge schwarze Hemden oder Pullover und vor allem schwarze Umhänge. Die Frauen trugen Stiefel oder Sandalen, enge Hosen oder Röcke und weite Oberteile, ebenfalls in schwarz. Sogar die Haare, Augen und Brauen waren schwarz. Vomen waren dürr. Ihre Rücken bogen sich nach vorne, dadurch schien es, als ob sie ständig gebeugt gingen. Die dünnen oft ledernen Hälse und kleinen Köpfe ragten nach oben.
Das glatte Felsgestein der umlaufenden senkrechten Wand leuchtete hellbeige in der hochstehenden Sonne. Eine Schlucht im Süden durchbrach die unnatürliche Glätte. Ein wasserreicher Strom aus dem Südgebirge teilte die Stadt in zwei Hälften und ergoss sich in ein Hafenbecken. Darin lag ein halb abgebranntes Schiffswrack. Hohe Klippen schützten den Hafen vor dem rauen Belt, der hier meterhohe Wellen gegen die Felsen schlug. Auf der Hafenseite waren die Klippen glatt, wie die beige Wand. Der Durchlass zum Meer war zwanzig Meter breit und lag im Norden rechts von mir. Die durchkommenden Wellen aus dem Belt prallten gegen die schiebenden Wassermassen des Stromes. Beide sorgten für ruhiges Hafenwasser. Mir gegenüber im Westen sah ich eine identische Treppe wie unter mir, die auf der anderen Seite des Kessels hinauf zu einer Straße führte. Auf dieser gelangte man zur nächsten Hafenstadt, die Gurwass hieß.
Hier oben pfiff steter Wind, während unten in der Stadt wohl kein Lüftchen wehte. Zahlreiche hölzerne und steinerne Brücken verbanden Tawas Stadthälften. Nach Farben getrennt verteilten sich bunte Häuser über das Zentrum. Um das Hafenbecken standen die gebogenen Dächer der blauen Delmenhäuser. Sie schienen verlassen und verwahrlosten. Gelbgrüne, rote und gelborange Gebäude führten in die Mitte zu schwarzen Dächern, die eine große Fläche einnahmen. Grasgrüne, wenige braune und viele violette Häuser schmiegten sich an die schwarzen Häuser an. Jede Farbe repräsentierte eine der acht Menschengruppen.
Ein breiter künstlich angelegter Pflanzengürtel umringte die Bauten bis zum Fuß des Kraterrands. Darin befanden sich Laub- und Nadelbäume, Fruchtbüsche und zahme Fleischlieferanten, alle durch die geheimnisvolle Krafft verändert. Das grüne Band ernährte die Menschen oder ergab Werkstoffe für die Handwerker, die meist aus der grasgrünen Gruppe der Allmen kamen.
Nie zuvor sah ich eine bewachte Stadt, als ob sie etwas zu verbergen hatte. Obwohl ich die Gesichter der Wachen nicht sah, vermutete ich, - freiwillig standen sie nicht herum. Tief in mir hatte ich Mitleid mit ihnen. Eine Konfrontation mit ihnen wäre dumm. Sie nutzten die Krafft, konnten mich lähmen, foltern. Ich war ihnen ausgeliefert. Ich musste auf anderem Wege in die Stadt gelangen und versuchen, möglichst keinem Schwarzen über den Weg zu laufen.
Ich entschied hier in Tawa mein Glück zu versuchen und zog mich in meine Welt, die Wildnis, zurück, die mich zu gerne töten wollte, wenn ich nicht aufpasste. Ich entfernte mich mehrere hunderte Meter vom Rand. Das bis zum Kinn reichende Steppengras hinderte mich am schnellen Vorankommen. Zwar bogen sich die verdrehten dreistängeligen Grashalme unter meinem Gewicht, aber es war, als ob ich durch einen Brei ging. Ich hielt auf eine Gruppe Lonabüsche zu, unter der ich meine beiden Taschen und den Stock verwahrt hatte. Dieser war ein geschnitzter Dorn des gewöhnlichen Nadelbaums. In der Wildnis wuchsen aus einem Samen vier Stämme. Aus jedem Stamm ragten neben Ästen die waagerecht und schräg wachsenden steinharten Dornen, die sich mit den anderen Stämmen verbanden. Dieser sturmsichere Stammverbund wuchs bis zu hundert Meter hoch. Manche sahen sogar wie Leitern aus. Die Dornen wurden bis zu zwei Meter lang, waren leicht und stahlhart.
Da ich ein Ausgestoßener war, besaß ich weder Werkzeuge noch Waffen aus Metall. Meine Schneiden schuf ich aus dem überall zu findenden Saramanth, einem durchsichtigen scharfkantigen Stein, härter als die Dornen. Erhitzte ich Saramanth im Feuer und schreckte sie mit Wasser ab, genügte ein Schlag mit einem Felsstein, um den durchsichtigen Stein zu zersplittern. Kalt war er nicht zu zerschlagen. Die scharf-schneidigen Splitter trennten Felle, Knochen und jedes Holz. Dornen und Saramanthen fand ich überall.
In diesem Teil der südlichen Lande trocknete die Sonne vieles aus. Daher überwogen knorrige Büsche und verschieden harte Gräser. In der näheren Stadtumgebung fehlten Grasfresser und Fleischfresser. Eine Gruppe Steppenenste, vierbeinige braunfellige Grasfresser, die so schnell Jungen bekamen, dass selbst ihre natürlichen Jäger, die Steppennaveren, kaum mit der Jagd nach kamen, sah ich in weiter Entfernung im Osten. Dort hielten sie das Gras niedrig. Hier gab es bis auf Vögel keine Tiere, die mich jagten. Die sechsbeinigen Raubtiere und zugleich meine größten Widersacher in der Wildnis, die Naveren, musste ich hier nicht fürchten. Andere kleinere Fleischfresser, Nestres, vierbeinige schwarz-weiß scheckige scharfzähnige Biester griffen in Rudeln an, wenn die Beute sich nicht wehren konnte oder tot war. Sie konnten mir nicht gefährlich werden.
Im Gegensatz zu den weiß-grau gestreiften dickfelligen Bergnaveren, die bis zu vier Meter lang wurden und mir bis zur Brust reichten, blieben ihre braunen samtenen Brüder in der Steppe kleiner, liefen aber schneller. Beider Krallen waren scharf wie Saramanthen und zudem giftig. Glücklicherweise war das Gegenmittel sofort verfügbar, wenn man an den Speichel im Mund herankam.
Da ich weit genug vom Rand entfernt durch das Gras stapfte, konnten die Menschen im Kessel mich nicht sehen. Ich erreichte die Schlucht, als die Sonne merklich nach Westen gewandert war. Ich musste weiter stromaufwärts, bis ich einen geeigneten Abstieg hinunter zum Wasser fand. Neben dem Strom lief ein Felsenband, mal einen Schritt, mal einen Fuß breit, bis sich die Schlucht zum Kessel öffnete. Wie ich mir dachte, stand hier keine Wache. Die Menschen dieser seltsamen Stadt rechneten nicht mit Besuch aus dieser Richtung. Tatsächlich begegnete ich in den fünf Jahren meiner Wanderung niemals einem Menschen in der Wildnis.
Keine Wachen sagten viel über das Selbstverständnis der Bewohner aus. Die Wildnis, mein Lebensraum,...
| Erscheint lt. Verlag | 8.11.2022 |
|---|---|
| Verlagsort | Berlin |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
| Schlagworte | bildgewaltig • Phantastik • Wahrheitszauber |
| ISBN-10 | 3-7549-8357-1 / 3754983571 |
| ISBN-13 | 978-3-7549-8357-7 / 9783754983577 |
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