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Eva Effingham oder die Heimath -  James Fenimore Cooper

Eva Effingham oder die Heimath (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
711 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7541-9508-6 (ISBN)
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Mr. Effingham hatte, sobald er sich zur Heimkehr entschlossen, an seinen Geschäftsführer die Weisung ergehen lassen, seine Wohnung in New-York zu Aufnahme der Familie herzustellen; denn er gedachte den Winter in der Stadt zu verbringen und seinen Landsitz erst mit dem Beginne des Frühjahrs zu besuchen. Eva befand sich daher kaum eine Stunde am Lande, als sie sich bereits an der Spitze einer der größten Haushaltungen in Amerika's größter Stadt sah. Zum Glück für sie war ihr Vater viel zu billig, um die Gattin oder die Tochter blos als Oberdienerin zu betrachten, weßhalb er, um seinem Fleisch und Blut Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, mit seinem Einkommen nicht knausern, sondern gern einen schönen Antheil desselben aufwenden wollte, um sich jene höhere Art häuslicher Dienstleistung zu sichern, die allein im Stande ist, der Vorsteherin des Hauswesens eine Bürde abzunehmen, die ihr wohl zu schwer werden könnte.

James Fenimore Cooper (* 15. September 1789 in Burlington, New Jersey als James Cooper; ? 14. September 1851 in Cooperstown, New York) war ein amerikanischer Schriftsteller der Romantik.

James Fenimore Cooper (* 15. September 1789 in Burlington, New Jersey als James Cooper; † 14. September 1851 in Cooperstown, New York) war ein amerikanischer Schriftsteller der Romantik.

Zweites Kapitel.


»Ich kenne diesen Unhold; die letzten sieben Jahre
war er ein schnöder Dieb, und jetzt stolzirt er auf und
ab wie ein Gentleman.«

Viel Lärmen um Nichts.


Eva und ihre Muhme fanden Sir George Templemore und Kapitän Truck im Besuchszimmer, denn Ersterer war vorderhand noch in New-York geblieben, um seinen Freunden näher zu sein, und Letzterer stand im Begriffe, wieder seine regelmäßige Reise nach Europa anzutreten. Diesen Beiden müssen wir noch Mr. Bragg und die gewöhnlichen Insassen des Hauses beifügen, um dem Leser einen Ueberblick über die ganze Gesellschaft zu geben.

Aristobolus hatte nie zuvor an einer so prunkvollen Tafel Platz genommen, und sah zum ersten Mal in seinem Leben beim Diner angezündete Kerzen; aber er war nicht der Mann, der sich durch etwas Neues verblüffen ließ. Ein Europäer von seiner Abkunft und seinen Angewöhnungen würde wohl bis zum Erscheinen des Desserts fünfzigmal seine Verlegenheit kund gegeben haben; Mr. Bragg aber mit seiner Beobachtungsgabe hätte, abgesehen von einer gewissen aufdringlichen Höflichkeit, die er nicht lassen konnte, recht wohl unter dem namenlosen Gedränge der Welt durchkommen können, wenn er sich nicht durch die merkwürdige Art, wie er sich selbst bei Tisch bediente, ausgezeichnet hätte. Allerdings lud er seine Nachbarn ein, von Allem zu essen, was er herbeiholen konnte; aber er bediente sich seines Messers, wie ein Kohlenträger die Schaufel handhabt. Die Gesellschaft, in der er sich befand, benahm sich zwar fein, war aber doch über die Etikette der silbernen Gabeln erhaben, und so achtete man wenigstens nicht auf diesen Theil seines Verhaltens, wenn es auch nicht ganz unentdeckt hingehen konnte; anders verhielt sich's jedoch mit der bereits angedeuteten Eigenthümlichkeit, die, als charakteristisch für den Mann, eine ausführlichere Erwähnung verdient.

Das Diner wurde an Mr. Effingham's Tafel in der ruhigen und vollständigen Weise servirt, welche ein französisches Diner auszeichnet. Jede Schüssel wurde wieder weggenommen, von den Domestiken zerlegt, und der Reihe nach den Gästen angeboten. Aber der Aufschub, welchen diese Maßregel des Anstandes zur Folge hatte, sagte weder dem Eilsystem, noch der Consumtionskraft des Landagenten zu. Statt daher die geregelteren Bewegungen der Dienerschaft abzuwarten, begann er für sich selbst Sorge zu tragen und dabei eine Gewandtheit an den Tag zu legen, die er sich an den Wirthstischen ( ordinaries) zugeeignet hatte – eine Schule, welcher er, beiläufig bemerkt, alle seine Begriffe von Tafelanstand verdankte. Ein paar Schnittchen hatte er in der gewöhnlichen Weise vermittelst der regelmäßigen Bedingung an sich gebracht; dann aber begann er wie ein Mensch, der im Beginn seiner Laufbahn durch irgend einen Glücksfall den Grund zu einem Vermögen gelegt hat, nach rechts und links um sich zu greifen, wie sich eben Gelegenheit dazu darbot. Einige entremets oder leichte Gerichte, die ein eigenthümlich verlockendes Aussehen hatten, kamen zuerst unter seine Griffe, und er hatte sie bald durch Behelligung seiner Nachbarn auf Armsweite um sich her aufgehäuft; dann wagte er es, seinen Teller bald da, bald dorthin zu schicken, wo er überhaupt eine Speise sah, welche die Mühe zu lohnen schien. In dieser Weise, die er übrigens mit einer so ruhigen und unaufdringlichen Emsigkeit verfolgte, daß sie größtentheils der Beobachtung entging, gelang es ihm, seinen Teller zu einem Inbegriff des ganzen ersten Ganges zu machen. In der Mitte hatte er Fisch, Ochsenfleisch und Schinken; um diese Artikel herum waren Croquettes, Rognons, Ragouts, Gemüse und andere leichte Dinge aufgestapelt, so daß sie nicht nur den Teller vollständig bedeckten, sondern sogar doppelte und dreifache Lager bildeten, und die Randverzierung wurde durch Senf, kalte Butter, Salz und Pfeffer gebildet. Diese verschiedenen Erwerbungen waren das Werk der Zeit und der Gewandtheit, denn die meisten Anwesenden hatten schon wiederholt ihre Teller gewechselt, noch ehe Aristobulus, mit Ausnahme der Suppe, auch nur einen Bissen zu sich genommen. Der glückliche Augenblick, welcher ihm Belohnung seines Eifers versprach, war nun endlich gekommen, und der Landagent wollte eben den Kau- oder vielmehr Schlingprozeß (denn er behelligte sich wenig mit der ersteren Operation) beginnen, als das Knallen eines Stöpsels seine Aufmerksamkeit dem Champagner zulenkte. Dieser Wein kam für Aristobulus nie zur unrechten Stunde, denn er liebte den prickelnden Geschmack desselben, und hatte es in der Wissenschaft der Feinschmeckerei nicht weit genug gebracht, um den rechten Moment für diesen Genuß zu erfassen. Was die übrige Gesellschaft betraf, so war für sie dieser Augenblick jetzt da, obschon Mr. Bragg, wenn man einen geregelten Geschmack dabei zu Rathe zog, noch eben so weit dazu hin hatte, als zur Zeit seines Niedersitzens am Tische. Sobald er übrigens bemerkte, daß Pierre eingoß, bot er sein Glas dar, und goß in einem Nu des Genusses das köstliche Getränk hinunter. Ah, es war so unendlich trefflicher als Alles, was er je aus den verpichten und mit Blei belegten Flaschen hatte hervorgehen sehen, die unterschiedliche Schenken seiner Bekanntschaft zierten und wie eben so viele mit Kopfweh und Magenverderbniß beladene feindliche Batterien aufgepflanzt waren.

Aristobulus leerte sein Glas in Einem Zug und ließ beim Einathmen die Luft in behaglichem Zischen durch den gerundeten Mund ziehen. Dieß war ein unglücklicher Augenblick, da jetzt unversehens der beladene Teller mit allen seinen Schätzen weggenommen wurde. Der Diener, welcher dieses unfreundliche Amt übte, meinte nämlich, nur der Umstand, daß dem Gaste die Gerichte nicht geschmeckt hätten, sei der Grund einer Zusammenhäufung gewesen, wie sie ihm früher nie vorgekommen war.

Es war also nöthig, von Neuem zu beginnen, was aber natürlich mit dem abgetragenen ersten Gange nicht mehr thunlich war; mit desto größerem Eifer machte sich daher Aristobulus an das Wildpret. Die Nothwendigkeit zwang ihn jetzt, von den verschiedenen Gerichten zu essen, wie sie ihm angeboten wurden, und am Schlusse des zweiten Ganges hatte er, Dank sei es dem Wirthstischeifer seines Messers und seiner Gabel, wirklich weit mehr Nahrung versorgt, als irgend eine Person am Tische. Jetzt begann er gesprächig zu werden, und wir eröffnen die Unterhaltung genau mit dem Momente, in welchem es Aristobulus möglich wurde, am Gespräche Theil zu nehmen.

Ungleich Mr. Dodge legte er kein besonderes Interesse für einen Baronet an den Tag, denn er war ein zu verschmitzter, weltlicher Mann, um sein Herz an Kleinigkeiten irgend einer Art zu setzen, er nahm daher eben so wenig Anstand, auf Sir George Templemore's oder Mr. Effingham's Reden einzugehen, als er Bedenken getragen haben würde, seinem nächsten besten Kameraden zu antworten. Alter und Erfahrung galten für ihn nicht als besondere Ansprüche auf Gehör, und was den Rang betraf, so schwebten ihm wohl einige unbestimmte Ideen davon vor, sofern er beim Militär eine Stellung gab, aber ein Titel ohne Gehalt hatte in seinen Augen keine sonderliche Bedeutung. Sir George Templemore stellte eine Frage über die Urkunden-Archive, deren Einführung kürzlich in England Aufmerksamkeit erregt hatte, und eine von Mr. Effingham's Antworten enthielt eine nicht eben wesentliche Unrichtigkeit, deren Berichtigung Aristobulus als einen coup d'essai in dem allgemeinen Gespräch erfaßte.

»Ich bitte um Verzeihung, Sir,« schloß er seine Erklärung, »aber ich muß diese kleinen Umstände wissen, da ich einige Zeit als Countyschreiber functionirte, um eine Erledigung von Todes wegen auszufüllen.«

»Ihr wollt damit sagen, Mr. Bragg, Ihr seiet in dem Bureau eines Countyschreibers beschäftigt gewesen,« bemerkte John Effingham; denn jede Unwahrheit war ihm in einem Grade zuwider, daß er keinen Anstand nahm, eine vermeintliche oder wirkliche Lüge ohne Umstände zu rügen.

»Als Countyschreiber, Sir. Major Pippin starb ein Jahr vor Ablauf seiner Zeit, und ich erhielt das Amt. – Als ein so regelmäßiger Countyschreiber, Sir, wie es nur irgend einen in den 56 Counties von New-York gibt.«

»Als ich die Ehre hatte, Euch Mr. Effingham's Agentschaft zu übertragen, Sir,« entgegnete der Andere ein wenig streng, denn er fühlte, daß durch dieses Verhältniß des Gegenstandes seiner Wahl seine eigene Wahrheitsliebe in Schatten gestellt werden konnte, war't Ihr, wie ich glaube, allerdings als Schreiber in dem Bureau; ich wußte aber nicht, daß Ihr der Countyschreiber selbst war't.«

»Ganz richtig, Mr. John,« entgegnete Aristobulus, ohne die mindeste Verlegenheit blicken zu lassen. » Damals stand ich als Gehilfe in dem Dienste meines Nachfolgers, aber [einige Monate früher hatte ich dieses Amt selbst inne.]«

»Wenn es nach der regelmäßigen Beförderungsleiter gegangen wäre, mein theurer Sir, müßtet Ihr's inzwischen schon sehr weit gebracht haben,« bemerkte Kapitän Truck mit Schärfe.

»Ich glaube Euch zu verstehen, Gentlemen,« erwiederte der unbewegliche Mr. Bragg, als er des allgemeinen Lächelns gewahr wurde. »Ich weiß wohl, daß manche Leute darauf versessen sind, in den Aemtern so ziemlich dieselbe Höhe zu behaupten, aber ich halte mich an keinen derartigen Grundsatz. Wenn das eine gute nicht zu haben ist, so sehe ich keinen Grund ein, warum ich ein anderes zurückweisen soll. Ich bewarb mich damals um die Stelle eines Sheriffs, und als ich fand, daß ich nicht stark genug war, meine Erwählung in der Grafschaft durchzusetzen, so nahm ich das Erbieten meines Nachfolgers an, in seinem Bureau zu schreiben, bis sich allenfalls mit der Zeit etwas Besseres aufthat.«

»Wie ich glaube, habt Ihr diese...

Erscheint lt. Verlag 5.7.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7541-9508-5 / 3754195085
ISBN-13 978-3-7541-9508-6 / 9783754195086
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