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Auf Wellen gehen -  Heiko Spilker

Auf Wellen gehen (eBook)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
234 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7541-9490-4 (ISBN)
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Komm, lass uns surfen gehen! Sylt, 19 Grad, Nieselregen: Viel erwartet der siebzehnjährige Flo nicht von diesen Ferien. Doch dann trifft er Nina! Sie bringt ihm in der graukalten Nordsee das Wellenreiten bei - und endlich beginnt sein Sommer. Zwischen Brandung, Sonne und Meer erlaubt sich Flo, von mehr Zeit mit Nina zu träumen. Wäre sie nur nicht mit Bas, dem Rich Kid, zusammen! Und auch ihr toter Bruder ist ständig so präsent. Die Tage auf Sylt nehmen immer mehr Fahrt auf, alles steuert auf die große Party am Ende der Ferien zu. Jetzt heißt es für Flo, endlich aufzuspringen, solange die Wellen auf ihn zurollen. Für alle Surfer, Kaltwasserbader, Meerjunkies. Ein moderner Surfroman über Liebe, Freundschaft, Tod und Leben.

Heiko Spilker, geboren 1972, lebt mit seiner Frau und den gemeinsamen Söhnen in der Nähe von Hamburg und arbeitet als Redakteur. 'Auf Wellen gehen' ist sein erster Roman - ein Surfroman, der auf Sylt spielt. Wenn er nicht schreibt, zieht es ihn immer wieder ans Meer, wo er gern selbst seine Zeit mit Wellenreiten verbringt.

Heiko Spilker, geboren 1972, lebt mit seiner Frau und den gemeinsamen Söhnen in der Nähe von Hamburg und arbeitet als Redakteur. "Auf Wellen gehen" ist sein erster Roman – ein Surfroman, der auf Sylt spielt. Wenn er nicht schreibt, zieht es ihn immer wieder ans Meer, wo er gern selbst seine Zeit mit Wellenreiten verbringt.

01 Start



Ich bin tot. Nein, ich lebe - oder zumindest irgendwas dazwischen. Blasen steigen neben mir auf. Überall ist Wasser durchmischt mit Luft. Es gurgelt um mich herum. Und immer wieder bricht eine neue Welle über mir, drückt mich runter, zerrt an mir. Endlich bin ich oben. Luft! Ich schmecke Meerwasser. Über mir schreien Möwen, als hätten sie im Wellendurcheinander einen riesigen Heringsschwarm entdeckt.

Ich brauche einen kurzen Moment, um zu wissen, wo ich bin. Schnell greife ich die Spitze des Surfbretts, drehe das Ding in Richtung Strand und paddle die nächste Welle an. Meine Augen brennen, meine Arme sind schwer. Seit schätzungsweise zwei Stunden bin ich im Wasser und inzwischen ziemlich erschöpft. Dennoch schaffe ich es, die Spitze des Boards leicht nach links auszurichten. Von rechts brechen die Wellen. Nach spätestens fünf Sekunden machen die Nordseeviecher zu wie eine alte Muschel, in die man Zitronensaft reingeträufelt hat. Und ich mitten drin. Immer wieder ein Vollwaschgang für mich.

Hinter mir in dem wogenden Grau muss irgendwo Nina sein. Wo Philip ist, weiß ich nicht. Ich paddele kräftiger. Das Board beginnt sich hinten zu heben, also gehe ich in Doppelzüge über. Die Welle ist direkt hinter mir und mich packt erneut der Ehrgeiz. Ich will es jetzt nicht versauen. Als das Board von sich aus schneller wird, springe ich auf. Links und rechts meiner Füße gleitet das Meeresgrau mit weißem Schaum entlang, immer schneller. Was für ein Gefühl! Ich auf dem Board. Über mir stahlblauer Himmel, dazwischen weiße Wolkenfetzen. Ein Sturm vor Schottland hat besten Swell gebracht. Vor Schottland! Hunderte Kilometer entfernt! Und ich? In Deutschland. Auf Sylt. Genauer: gute 80 Meter vom Wenningstedter Strand entfernt. Mitten drin in hüfthohen Wellen, während das Board über das graue Wasser schießt und mehr oder weniger das macht, was ich ihm vorgebe mit meinen weichen Beinen. Meine Arme habe ich für mehr Balance seitlich von mir gestreckt, als wäre ich ein Tiefflieger.

Der Ritt ist ein bisschen so, wie sich gerade mein ganzes Leben anfühlt: die Zeit hier auf Sylt, meine Verknalltheit in Nina, meine Freundschaft mit dem verrückten Philip. Warum verrückt? Manchmal denke ich eben, dass eine geschlossene Anstalt und das ein oder andere Medikament vielleicht besser für ihn wären als das ganze Geld und die viele Zeit zum Grübeln. Mist, wieder reißt es mich vom Brett! Die Welle hat mich und zieht mich runter, reißt an mir, wirbelt mich herum und dann wieder rauf - dennoch komme ich gar nicht richtig an die Oberfläche. Nun weiß ich überhaupt nicht mehr, wo oben und unten ist. Da ist wieder der Waschgang tief in der Welle, vor dem mich Nina gewarnt hat. Langsam habe ich keine Luft mehr. Etwas zerrt an meinem Fuß. Die Leash! Wenigstens verbindet mich die dünne Fangleine noch mit dem Surfbrett.

Schon wieder wirbelt es mich herum. Wie war das gleich? „Greif nach der Leash“, hat Philip gesagt. „Dein Board wird immer nach oben treiben. Also musst du nur nach der Leash greifen, um zu wissen, wo oben ist.“ Fuck, dass ich als Siebzehnjähriger in der Nordsee beim Wellenreiten umkomme, hätte ich mir vor meinem Sommerurlaub nicht in den wildesten Träumen vorstellen können. Aber da hatte ich noch nicht den Mund mit Meerwasser voll. Die nächste Walze wirbelt mich wieder herum als sei ich ein Pfannkuchen, der gewendet werden muss. Wie lange noch? Meine Gedanken laufen auf Hochtouren. Wie wäre es, jetzt zu sterben? Wäre das schlimm?

Ja, verdammt! Noch habe ich Nina nicht aufgegeben. Dafür denke ich schließlich einfach zu oft an sie. Und dann ist da noch die Party heute Abend. Und da will ich hin. Wie oft habe ich daran gedacht, wie es wohl ist, Nina zu küssen? Ich, Florian aus dem eher öden Hamburg-Eilbek küsse die Wellenreiterin Nina von Sylt. Wär’ nicht schlecht. Genau das wünsche ich mir doch die letzten zehn Tagen. Also halte ich jetzt unter Wasser mal besser ganz brav die Luft an.

Noch ein Waschgang und ich bin endlich wieder oben. Frische Luft und klare Geräusche sind der Beweis, dass ich es geschafft habe. Ich rotze das Salzwasser aus, sodass die Spucke als kleine blasige Schauminsel neben mir auf der Wasseroberfläche treibt. Richtig sehen kann ich immer noch nicht, alles ist wie hinter Schleiern. Erst als ich mit dem Handrücken ein paar Mal über die Augen wische, erkenne ich, dass mein Board zwei Armlängen neben mir treibt. Da kommt aber schon die nächste Welle und ich atme tief ein. Keinen Moment zu früh, denn die Wassermassen drücken mich schon wieder unter die Oberfläche. Alles wird dumpf.

Wieder Luftmangel. Ich schlucke trocken unter Wasser und denke erneut an die Party. Um 22 Uhr muss ich da sein. Das geht nicht anders. In knapp sieben Stunden. Fuck. Reiß dich zusammen, Flo! Du willst mit den anderen feiern, auch wenn es sich nicht vermeiden lassen wird, dass Bas und sein widerlicher Freund Lennart dabei sind. Auch wenn er versprochen hat, mir eins in die Fresse zu geben. Soll er doch!

Was kann der mir schon? Ich sollte das mit Nina wagen. Das kleine Problem: Nina wollte bis jetzt noch nicht so richtig was von mir wissen. Der Morgen am Strand zählt irgendwie nicht. Und der Nachmittag bei ihr auch nicht. Und ich? Ich bringe kaum einen sinnvollen Satz raus, wenn ich mal mit ihr allein bin. Von wagen kann da nicht die Rede sein.

Wieder an der Oberfläche, wieder Luft. Das Meer schäumt um mich herum, kocht nahezu. Blaue Wellen, wie sie in den ganzen Surffilmen zu sehen sind, gibt es hier nicht. Eher ein schmutziges Grau mit weißem brodelnden Schaum. Der Strand ist nur noch wenige Meter entfernt. Leider schießt er nach rechts davon: Die seitliche Strömung in Strandnähe hat mich gepackt. Einfach Trecker hier auf Sylt genannt – oder Riptide im Englischen! Nur noch wenige Augenblicke, dann geht die Strömung nicht mehr parallel zum Strand, sondern im Channel raus aufs Meer. Soweit sollte ich es möglichst nicht kommen lassen. Wo sind bloß die Buhnen?

Ich paddele wild mit der linken Hand, während ich rechts das Board packe und gleichzeitig versuche, den Kopf über Wasser zu halten. Zum Glück bin ich nicht mehr in den richtig großen Wellen, sondern nur noch im Weißwasser. Dann habe ich es geschafft. Mir ist kalt. Vor Erschöpfung oder vom Wasser? Ich weiß es nicht. Für einen Moment stoppe ich und mache, was alle anderen auch machen: Ich pinkele in meinen eigenen Neoprenanzug. Angenehme Wärme breitet sich rund um meine Körpermitte aus. Das tut gut.

„Alles okay bei dir?“, höre ich auf einmal von hinten.

Ich reiße meinen Kopf rum. Ist das peinlich. Nina ist direkt hinter mir. Wahrscheinlich hat sie alles gesehen, zum Glück aber nicht, dass ich mich mit meiner eigenen Pisse wärme wie ein Baby oder ein grenzdebiler Alkoholiker.

„Du bist ziemlich rumgewirbelt worden“, sagt sie, was ein bisschen wie eine Frage klingt.

Ich versuche in dem mittlerweile flacheren Wasser aufzustehen, trete aber in ein Sandloch und platsche sofort ungelenk ins Wasser zurück. Als ich mich wieder aufrichten will, sehe ich gerade noch, wie eine kleine Welle mein Surfboard seitlich voran direkt auf meinen Kopf zuschiebt. Bevor ich was sagen kann, trifft es mich auch schon am Kopf. Was mir bleibt, ist nur ein Rumms – und ich kippe wieder um. Erneut bin ich unter Wasser.

„Alles gut, Flo?“

Nina ist von ihrem Board gesprungen und hält es mit der rechten Hand fest, während sie mir mit der linken hochhilft. Ist das peinlich! Gemeinsam gehen wir die letzten Meter an den Strand.

Als der trockene Sand anfängt, lasse ich mein Board zu Boden fallen und setze mich drauf. Bin ich kaputt! Nina steht vor mir. Das Wasser tropft ihr aus den Haaren.

„Das sah' ziemlich übel aus.“ Ich nicke nur als Antwort.

„Lass es für heute gut sein. Chill ein bisschen!“ Noch während sie spricht, dreht sie sich um.

„Sehen wir uns heute Abend auf der Party?“, rufe ich ihr nach, als sie zum Meer läuft. Ich hoffe, dass sie es noch hört.

„Ja, klar. Freu' mich!“

Knapper hätte das Gespräch nicht ausfallen können. Dennoch: Vor Aufregung lässt mein Herzschlag meinen Hals rhythmisch erbeben. Heute Abend auf der Party sehe ich sie wieder! Schon ist sie wieder vorn im Weißwasser und paddelt raus, als wären da überhaupt keine Wellen. Den Rücken perfekt gespannt, die Bewegungen der Arme sicher - man sieht ihr sofort an, dass sie das schon seit Jahren macht.

„Fahr nach Hause!“, höre ich sie noch rufen, da ist sie schon wieder mitten in den Wellen.

Ich raffe schnell meine Tasche und mein Handtuch zusammen, die neben einem Strandkorb liegen, und werfe mir alles über die linke Schulter. Rechts trage ich das Board. Den Neo ziehe ich zu Hause aus, beschließe ich.

Auf dem Weg zu meinem Fahrrad, das mit der von mir selbst gebauten Surfboard-Halterung hinter den Dünen steht, komme ich bei der letzten Reihe der Strandkörbe an Lennart vorbei. Er kramt in seinen Sachen. Wie immer funkelt er mich finster wie ein Raubtier an, als ich Hallo sage. Warum rede ich Depp überhaupt noch mit ihm? Vor allem nach gestern Abend? Egal, wir werden keine Freunde mehr. Heute Abend also die große Party. Falls ich überhaupt eine Chance bei Nina haben sollte, muss ich sie heute Abend nutzen. Auch wenn mir Lennart die Nase bricht. Ich muss es versuchen – muss, muss, muss.

Als ich gerade das Fahrradschloss öffne, spüre ich eine Hand auf meiner Schulter und eine vertraute Stimme sagt: „Hej, für einen Anfänger wie dich war das gar nicht schlecht. Und jetzt zeig mal, was du wirklich draufhast. Ab zur Muschelbank!“ Ich zucke zusammen und erkenne, wer da spricht. Erfreut bin ich nicht, doch bevor ich...

Erscheint lt. Verlag 2.7.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Coming-of-age • Inselroman • Nordsee • Sommerferien • Sommerliebe • Sommerroman • Surfen • Surfroman • Sylt • Wellenreiten
ISBN-10 3-7541-9490-9 / 3754194909
ISBN-13 978-3-7541-9490-4 / 9783754194904
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