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Das Leben ist kurz - brechen wir die Regeln (eBook)

Roman über die 68er
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
665 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7541-9293-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Leben ist kurz - brechen wir die Regeln -  Gabrielle Jesberger
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Nach der Entlassung aus dem Internat verliebt Annerose sich Hals über Kopf in einen Mann, der ihr den Himmel auf Erden ver-spricht. Beim Wiedersehen nach Anneroses Tod erkennen ihre Freundinnen die Besonderheit ihrer Freundschaft. Gisela erfährt durch den Ausdruck des feministischen Geistes in der Kunst ein Heilmittel für ihre Seele, um das Trauma der Vergewaltigung zu verarbeiten. Barbara findet nach ihrer Scheidung einen neuen Partner. Murielle entdeckt nach einer schweren Ehekrise die Liebe zu ihrem Mann neu. Verena folgt endlich den Spuren ihres Heimwehs nach ihren jüdischen Wurzeln und reist nach Kreta. Der grausame Mord durch die Stasi an Barbaras Cousin kommt erst nach dem Mauerfall ans Licht. Jede findet ihren Weg, wenn es dabei auch so manchen scheinbaren Umweg gibt. Der rebelli-sche Geist ihrer frühen Jahre wird sanfter. Visio-nen haben alle noch, doch auch diese veränder-ten sich im Laufe der Zeit. Das alte Motto hat ausgedient. Jetzt gilt: 'Das Leben ist kurz, machen wir es uns gegenseitig so schön wie möglich. Und Männer können kommen oder gehen, aber unsere Freundschaft bleibt!'

Aufgewachsen in einem Spessartdorf, mit 12 bei Klosterschwestern im Internat, mit 19 die Kindergartenliebe geheiratet und eine Familie gegründet, zuerst Lehrerin im Schuldienst, als Yogalehrerin aktiv. Mein Schreiben ist letztendlich ein Ringen, die Essenz des Lebens mit meinen eigenen Worten auszudrücken: 'Was wir am Ende unseres Lebens in Händen halten, sind nicht unsere Leistungen und unsere Werke. Wir werden uns zuerst und vor allem der Frage stellen, wie viel wir geliebt haben.' W. Jäger

Aufgewachsen in einem Spessartdorf, mit 12 bei Klosterschwestern im Internat, mit 19 die Kindergartenliebe geheiratet und eine Familie gegründet, zuerst Lehrerin im Schuldienst, als Yogalehrerin aktiv. Mein Schreiben ist letztendlich ein Ringen, die Essenz des Lebens mit meinen eigenen Worten auszudrücken: "Was wir am Ende unseres Lebens in Händen halten, sind nicht unsere Leistungen und unsere Werke. Wir werden uns zuerst und vor allem der Frage stellen, wie viel wir geliebt haben." W. Jäger

Teil 2


EIN NEUER HORIZONT



Zehn Jahre zuvor, im Juli 1967, trafen sich die fünf Freundinnen zum ersten Mal wieder. Als sie sich vor einem Jahr nach der Abschlussfeier in Aschaffenburg mit Umarmungen und Tränen trennten, war es für alle ein großer Schritt, nach der langen Zeit im Internat nun in die Freiheit entlassen zu werden. Mit Ungeduld und Neugierde fieberten sie seit Wochen diesem bedeutungsvollen Tag entgegen.

Jetzt fängt das Leben erst richtig an!“, jubelte Gisela, die zurück in ihre Heimatstadt gehen würde, um Jura zu studieren. Sie hatte sich schon eingeschrieben und einen Platz in einer Wohngemeinschaft. „Mein Kompass steht halt auf Berlin“, sagte sie, und es klang wie eine Entschuldigung. Doch vorher wollte sie für ein paar Wochen ihre Großmutter besuchen, die ganz alleine im Spessart in ihrem alten Bauernhaus in Hobbach lebt.

Annerose hatte bereits ihren Ausbildungsvertrag als Arzthelferin in der Praxis eines Internisten in Frankfurt in der Tasche und ein kleines möbliertes Zimmer in der Nähe bei einer älteren Witwe gefunden.

Murielle wollte Lehrerin werden, im Herbst auf die Pädagogische Hochschule nach Würzburg gehen und vorerst bei den Eltern in Wertheim wohnen.

Barbara konnte sich bis zuletzt noch nicht entscheiden. Die Mutter beschloss, sie solle vorläufig im Büro eines Bauunternehmers aus ihrem Bekanntenkreis mithelfen. Wie selbstverständlich bezog die Tochter wieder ihr Kinderzimmer in der kleinen Mietwohnung unter dem Dach eines Mehrfamilienhauses in Obernburg.

Verena hatte sich mit ihrer Mappe an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart um einen Studienplatz beworben, aber bisher noch keine Antwort erhalten. In den nächsten Wochen konnte sie sich mit einem Ferienjob als Aushilfe in einer Buchhandlung in Heilbronn etwas Geld verdienen und vorerst im Elternhaus wohnen.

Mindestens ebenso spannend wie die Berufsentscheidung aber war für alle: „Wer wird die erste sein, die sich auf eine Beziehung einlässt?“ Sie hatten eine Wette abgeschlossen.

Ich bin‘s ganz sicher nicht!“, rief Gisela, sich ihrer Sache absolut sicher. Keine zweifelte daran, denn sie zeigte in den Ferien nicht das geringste Interesse an Partys, zu denen Jungs eingeladen waren. Die fünf Mädchen hatten sich bald daran gewöhnt, bei ihren nachmittäglichen Touren durch die Stadt regelmäßig die Blicke junger Burschen auf sich zu ziehen. Belustigt und mit viel Gekicher kommentierten sie die Bewunderungen. Die einzige, die nie auf einen Pfiff oder den Ausruf „steiler Zahn!“ reagierte, war Gisela, und mit ihrer burschikosen Art schien sie auch vor jeglichen Anpöbeleien sicher. Nur einmal drehte sie kurz den Kopf, um danach in einer Lautstärke, die ihre Wirkung nicht verfehlte, den Freudinnen zuzurufen: „Was wollen denn diese Knilche von uns, die sind ja noch nicht einmal trocken hinter den Ohren!“


Jetzt saßen die fünf Freundinnen endlich wieder beisammen. Mit lautem „Hallo!“ „Endlich!“ und „wie schön!“, waren sie sich um den Hals gefallen, als wollten sie sich nie mehr loslassen. Auch nach dem Jahr der Trennung waren sie immer noch ein Herz und eine Seele. Sie jubelten, jauchzten und lachten, dass ihnen die Tränen kamen.

Niemals dürfen wir uns aus den Augen verlieren!“, hatte Murielle beim Abschied im vorigen Jahr gerufen.

Nie, nie!“, stimmten die anderen beinahe gleichzeitig mit ein.

Nun war die alte Vertrautheit wieder da, als hätten sie sich erst gestern getrennt. Im Hotel Wilder Mann mitten in der historischen Altstadt trafen sie sich am Abend gleich nach ihrer Ankunft im größten Zimmer, das Murielle, Gisela, Annerose und Barbara gemeinsam belegten, nur Verena bestand auf einem Einzelzimmer. Wie früher hockten sie nun barfuß im Schneidersitz auf den Betten und sahen sich gegenseitig erwartungsvoll an.

„Wow, Bärbel!, hast dich janz schön jemausert!“, meinte Gisela in vertrautem Berlinerisch. Allen fiel auf, wie schlank Barbara geworden war. Immer noch hatte sie eine Oberweite, um die Annerose sie beneidete.

Dieses rote Kleid betont deine Wespentaille“, bemerkte Verena bewundernd.

„Trägst du deine Haare jetzt öfter offen, Anne?“, fragte Murielle.

Du könntest immer noch – wie früher – die Jungfrau Maria im Krippenspiel sein!“, neckte Gisela sie. Annerose schüttelte ihre blonde Lockenmähne, machte einen Schmollmund und imitierte lieber – wie schon früher gern – Brigitte Bardot und brachte alle zum Kichern.

„Ick gloob, wia ham uns alle verändert“, sagte Gisela. Ihr extrem kurz geschnittener Bubikopf ließ sie jünger und beinahe knabenhaft erscheinen. Sie trug hautenge Jeans und ein übergroßes schwarzes T-Shirt, lässig über der Hüfte geknotet.

Ich hab euch alle kaum wiedererkannt“, sagte Barbara lachend. Murielle warf ihren übergroßen weißen Blazer hinter sich aufs Bett und zeigte ihr Minikleid in einem leuchtenden Gelb, dessen Saum im Sitzen hochrutschte, dass ihr schwarzer Slip zu sehen war.

„Toll!“, sagte Annerose, „das Kleid steht dir, Ella!“

„Bei deinen schönen Beinen!“, rief Gisela anerkennend. „Und dann die sexy Unterwäsche!“

„Wo hast du denn diesen tollen Einteiler her, Vera?“, fragte Barbara.

„Ach, der“, winkte sie ab, „ist noch vom letzten Urlaub in Italien.“

Das kräftige Blau passt so gut zu deinen Augen!“, rief Murielle bewundernd. Verenas dunkelbraunen Haare, am Oberkopf hochtoupiert, wurden mit einer silbernen Spange gehalten und fielen in weichen Wellen über ihre Schultern. Ein verräterisches Strahlen in ihren Augen weckte die Neugier der anderen. Sie hielt sich nicht lange zurück und platzte gleich heraus mit der Neuigkeit: „Ich hab einen festen Freund!“

Kaum hatte sie ausgeredet, überfielen die Freundinnen sie mit Fragen, nur Gisela blieb stumm. Annerose rief triumphierend: „Hab ich’s doch gewusst, dass du die erste von uns sein wirst!“

„Jetzt machen wir es uns wieder so gemütlich wie früher!“, unterbrach Murielle und packte ihren alten tragbaren Plattenspieler aus.

„Wie hast du ihn kennengelernt?“, wollte Barbara wissen.

„Du hast doch sicher ein Foto von ihm dabei!“

Wie heißt er?“ – „Wohnt er in deiner Nähe?“, bestürmten die Freundinnen sie.

Die brennendste Frage allerdings war: „Hast du schon mit ihm geschlafen?“ Dabei galt noch vor einem Jahr unisono: „Wir bleiben auf alle Fälle Jungfrauen bis zur Hochzeit!“ Verena verschlug es für einen Moment die Sprache.

„Du meine Jüte, jetzt ham se dich aber überrumpelt“, sagte Gisela, die sich die ganze Zeit zurückgehalten hatte, entschuldigend.

Verena schien ein wenig verlegen, doch sie lächelte, nickte nach einer Weile und schaute geheimnisvoll über ihre Köpfe hinweg.

„Und wie war’s?“, wollte Barbara wissen und mäßigte ihren Ton.

„Komm, erzähl schon“, bedrängte Annerose sie und nahm damit Murielle die Frage ab, die ihr so offen ins Gesicht geschrieben stand.

„Spann uns doch nicht so lange auf die Folter!“, forderte Barbara sie ungeduldig auf und stieß sie sanft mit dem Ellbogen an.

Verena schaute sie nur kurz an, senkte wieder den Blick und wippte nachdenklich mit dem Fuß, doch dann richtete sie sich auf und seufzte leise. Die Freundinnen ließen sie keine Sekunde aus den Augen.

„Hattest du auch einen Orgasmus?“, platzte Annerose jetzt heraus.

Verenas Gesicht lief rot an, dann sagte sie leise: „Beim ersten Mal hat ein scharfer Schmerz mir jede Lust genommen.“

„O je, wie furchtbar!“, entsetzte sich Barbara und verzog ihr Gesicht.

Gisela, die in diesem Moment von einer schmerzlichen Erinnerung eingeholt wurde, schaute zu Boden und biss die Zähne zusammen. Einen Augenblick später hatte sie ihre Gefühle wieder im Griff und strich Verena stumm über den Rücken.

„Und später?“, drängelte Annerose angespannt, „willst du nicht endlich die Katze aus dem Sack lassen?“

„Hmmm“, war alles, was Verena herausbrachte.

„Das ist aber nun echt unfair“, zischte Barbara und schob beleidigt ihre Unterlippe vor.

Und Murielle fragte leise: „Wie fühlt sich das denn an, wenn man einen Orgasmus hat?“

Verena schaute auf und ließ ihren Blick in die Runde schweifen, dann zuckte sie unsicher mit den Schultern. Als sie sah, wie die Freundinnen sie erwartungsvoll anschauten, atmete sie nochmal tief ein und wiegte den Kopf: „Was soll ich euch sagen? – Es ist wie ein Erdbeben und ein Feuerwerk gleichzeitig!“

Den Freundinnen verschlug’s die Sprache. Barbaras Augen wurden immer größer. Keine fand ein Wort und auch keine Frage mehr. Keine rührte sich, alle blieben tief in ihre Gedanken versunken, bis der Song Nights in white Satin von Moody Blues, den Verena ausgesucht hatte, den Raum erfüllte und Gisela, die die ganze Zeit geschwiegen hatte, nun leise mitsummte. Nur manchmal hatte sie unwillkürlich leise lachen müssen bei diesem unangenehmen Thema, so wie man manchmal lacht, wenn man verbergen will, dass einem etwas wehtut. Murielle schaute sie nachdenklich von der Seite an und machte sich ein wenig Sorgen um ihre Freundin.

Am nächsten Morgen beim Frühstück bemerkte Annerose es als erste: „Sag bloß, Bärbel, das ist ein Verlobungsring, der da an...

Erscheint lt. Verlag 29.5.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 68er • Emanzipation • Frauenfreundschaft • Kalter-Krieg • Liebesbeziehung • Religion • Revolution • sexuelle • Sinnsuche • Yoga-Philosophie
ISBN-10 3-7541-9293-0 / 3754192930
ISBN-13 978-3-7541-9293-1 / 9783754192931
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