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In tiefen Seen (eBook)

Spiegel-Bestseller
Ein Fall für Commissario Grauner
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
288 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30309-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

In tiefen Seen -  Lenz Koppelstätter
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Verschwundene Kunstwerke, sture Bergbauern und ein grotesk inszenierter Mord: Der neue Fall führt Südtirols beliebtestes Ermittlerduo ins Passeiertal. Am Rande eines Waldes stehen Commissario Grauner und sein neapolitanischer Kollege Saltapepe vor der grausam zugerichteten Leiche eines Mannes. Im nahegelegenen Dorf hüllen sich die Bewohner in Schweigen. Niemand will den Toten, einen verarmten Maler, näher gekannt haben. Erst ein Kunstexperte liefert den entscheidenden Hinweis: Die Inszenierung der Leiche ist einem Gemälde Botticellis nachempfunden, das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs als verschollen gilt: Venere nei boschi, Venus im Wald. Während Saltapepe bis nach Florenz fährt, um mehr über die Geschichte des Gemäldes herauszufinden, ermittelt Grauner in den Tiefen eines Bergwerks. Als ein dunkles Grollen ertönt, ahnt er, dass er dieses Mal zu viel riskiert hat.

Lenz Koppelstätter, Jahrgang 1982, ist in Südtirol geboren und aufgewachsen. Er arbeitet als Medienentwickler und als Reporter für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und Salon. 2015 startete bei Kiepenheuer & Witsch die Krimireihe um den Südtiroler Commissario Grauner, die ein großer Erfolg bei Leser:innen und Presse ist.

Lenz Koppelstätter, Jahrgang 1982, ist in Südtirol geboren und aufgewachsen. Er arbeitet als Medienentwickler und als Reporter für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und Salon. 2015 startete bei Kiepenheuer & Witsch die Krimireihe um den Südtiroler Commissario Grauner, die ein großer Erfolg bei Leser:innen und Presse ist.

2


Nein, man musste nichts von Fußball verstehen. Wirklich nicht. Ganz ehrlich, Saltapepe war es sogar lieber, wenn einer nichts von Fußball verstand. Damit kam er zurecht. Er selbst fand ein Leben ohne Fußball zwar sinnlos, aber bitte.

Menschen, die nichts von Fußball verstanden und demzufolge auch nicht über Fußball reden wollten, tolerierte er. Andere waren schlimmer.

Die Viertschlimmsten waren beispielsweise die, die nach Lust und Laune den Verein wechselten. Die Drittschlimmsten waren jene, die nur bei Welt- und Europameisterschaften Fußball schauten. Die dann schrien und weinten und drei Sekunden später schon alles vergessen hatten, das lustige Fan-Utensil, meist ein Partyhut in Nationalfarben, noch auf dem Kopf. Die Zweitschlimmsten waren die, die aus Süditalien kamen und zur Juve aus dem Norden hielten, weil die meist gewann. Die Allerschlimmsten waren aber die, die zu gar niemandem hielten, die einfach gerne schönen Fußball schauten, wie sie sagten, keinen Catenaccio, sondern Tiki-Taka, die dann von Fußballballett und falschen Neunen faselten. Idioten!

Alles Idioten, auch dieser Mann, der ihm nun gegenüberstand und ihn angrinste.

 

Sie waren mit Grauners Panda zum Dorf hinabgefahren. Sie hatten in der Bäckerei nach dem Haus des Dorfarztes gefragt, es befand sich auf der anderen Seite des kleinen Platzes.

Der Bauer, der den Toten gefunden hatte, lag auf einem Krankenbett, drei Männer standen um ihn herum. Den einen kannten sie bereits. Es war der Pfarrer, dem sie in der Nacht begegnet waren. Er war noch genauso blass wie vor wenigen Stunden, wirkte im Licht aber deutlich jünger. Blondes Haar. Er nickte ihnen zu und brummte: »Hochwürden Paul Windisch.«

Der Mann im weißen Kittel war der Dorfarzt. Der dritte Mann, der einen kleinen Bierbauch vor sich hertrug und in Bergschuhen, Jeanshose und einer neongelben Trainingsanzugsjacke steckte, drückte allen die Hand. »Kofler, Sebastian Kofler, der Bürgermeister bin ich.«

»Saltapepe, kein Südtiroler, oder?«, sagte er, als die Ermittler sich vorgestellt hatten.

Der Ispettore nickte und ärgerte sich sofort darüber.

»Mailand? AC oder Inter?«, fragte Kofler weiter.

Saltapepe schluckte. Ihm war noch immer ein bisschen übel. Ihm waren Tote abends lieber, morgens schlugen sie ihm immer auf den Magen. Besonders, wenn jemand auf so bestialische Art hingerichtet worden war. »Ich bin Neapolitaner«, sagte er schließlich.

»Ah, Napoli«, schrie der Mann beinahe. »Echt blöd gelaufen gestern Abend, nicht?« Er schien tatsächlich eine Antwort zu erwarten, quasselte aber nach einigen Sekunden weiter, als er kapierte, dass er keine erhalten würde. »Ausgerechnet Insigne. Ein weiterer Elfer. In der dreiundneunzigsten Minute. Es wäre das 2:1 gewesen. Der sichere Champions-League-Platz. An die Latte! Bitter, ganz, ganz bitter. Also Maradona hätte den gemacht. Bitter! Für euch. Gut für uns …«

Saltapepe runzelte die Stirn.

»Jetzt schaffen wir es hoffentlich, am letzten Spieltag an euch vorbeizuziehen. Ich bin Juventino. Seit ein paar Jahren. Früher war ich Milanista, als da noch die Holländer gespielt haben, aber aus Protest gegen den Berlusconi bin ich zur Juve gewechselt, die spielen auch einfach den schöneren Fußball. Aber am liebsten schaue ich natürlich die Weltmeisterschaften. Zu wem halten Sie denn da? Ich immer zu Kamerun, wenn sie dabei sind. Sonst zu Deutschland, die sind ja immer dabei. Ich will …«

Saltapepe war sicher nicht der abergläubischste aller Neapolitaner unter diesem Himmel, aber das musste er auch nicht sein, um zu wissen, dass er und nur er am Lattenschuss schuld war. Weil er nicht vor dem Fernseher gesessen hatte, weil er nicht, wie sonst immer beim Elfmeter, die Hände gefaltet und ein schnelles Vaterunser gebetet hatte.

Und jetzt auch das noch. Ein Südtiroler Talbürgermeister, der Juventino war. Wie um Gottes willen kam der auf die Idee, Juventino zu sein? Es war wie eine Seuche. Beinahe überall waren diese Juventini. Aber hier, am Ende der Welt, hätte Saltapepe sie nicht vermutet. Er bemerkte, dass der Mann noch immer redete.

»… immer Tore sehen, Tore, Tore, Tore! Ich habe eine kleine Schalsammlung und ein signiertes Trikot von Roberto Baggio, als der noch bei Brescia …«

»Können wir mit ihm sprechen?«, unterbrach der Ispettore ihn.

Der Mann im weißen Kittel trat zur Seite. Thomas Tretter, der Bauer auf dem Krankenbett, wirkte müde, die Haare hingen ihm nass ins Gesicht. Er begann zu erzählen, mit schwacher Stimme, aber so hastig, als wollte er so schnell wie möglich alles loswerden. Er habe in den frühen Morgenstunden den Hund bellen hören. Das passiere schon mal, da in jenen Stunden manchmal Rehe an den Waldrand kämen. Nein, nein, wegen der Rehe belle der Hund nicht, sondern wegen der Wölfe, die dann meist nicht weit seien.

Er sei dann, so erzählte Tretter weiter, irgendwann, als das Bellen nicht aufhörte, runter zu seinem Schäferhund, habe ihn losgebunden, das Viech sei knurrend zur Wiese gehastet, er hinterher. Beinahe gestolpert sei er über den Toten und den ganzen Krempel, der da gelegen habe. Deshalb seien sein Pyjama und der Schafwollmantel, den er nur schnell übergeworfen hatte, auch voller Blut.

»Das sage ich Ihnen gleich, ich habe sie auch nicht gewaschen, weil, das würde mich ja nur noch verdächtiger machen, oder?«

Er schaute fragend zum Bürgermeister. Der zuckte die Achseln, beide schauten sie zu den Ermittlern.

Saltapepe schwieg, er wusste, dass Grauner jetzt übernehmen wollte. Sie hatten lange gebraucht, um sich aufeinander einzuspielen. Ein paar Jahre sogar. Nun ging’s. Nun waren sie, das hätte er früher vehement verneint, ein gutes Team. Sie übernahmen abwechselnd die Rolle des bad cop, so wie Weltklasse-Mittelfeldspieler, die, aus Spaß und um den Gegner zu verwirren, mitten im Spiel die Position wechselten.

Und dann war da ja noch Tappeiner. Sie hielt sich im Hintergrund, doch im entscheidenden Moment trat sie nach vorne. Und brauchte oftmals nur wenige Worte, um ihr Gegenüber in Erklärungsnot zu bringen. Saltapepe war froh, dass sie dabei war. Es waren einige Monate vergangen, seitdem sie beide … Ja, was war da eigentlich geschehen? Er wusste es immer noch nicht. Er schaute zu ihr, sie schaute weg. Grauners Stimme riss ihn aus den Gedanken.

Der Commissario versuchte, all die Informationen und Eindrücke, die in der vergangenen Stunde auf ihn eingeprasselt waren, zu ordnen. Es passte ihm ganz gut, dass der Ispettore meist derjenige war, der das Gespräch einleitete. Er fand nicht, dass er es besonders gut machte, aber es verschaffte ihm etwas Zeit, die Gesprächspartner erst einmal zu beobachten. Diese Männer wussten etwas, das ganze Dorf wusste etwas, was ihnen, den Ermittlern, verschwiegen wurde. Da war er sich sicher.

Dorf-Omertà. Wie gut kannte er das. Er sprach das Wort nie aus, weil Saltapepe sich über ihn lustig machen würde. Grauner, Omertà, das Schweigen allen Schweigens, das gibt es hier nicht. Auch wenn die Menschen in den Tälern verschlossen sind. Sizilien ist das hier noch lange nicht. Grauner wusste nicht, wie es in Sizilien war, er war bei Gott froh, hier in Südtirol zu ermitteln. Hier, in den Dörfern und Tälern, ließ sich die Omertà durchaus durchbrechen, man musste nur wissen, wie. Ein Dorf, ein Tal, das war eine Schicksalsgemeinschaft. Wenn da einer von außen kam, hielten die Menschen zusammen. Blieb man aber lange genug dort, offenbarten sich uralte Konflikte. Grauner räusperte sich. Er hatte den Männern geduldig zugehört, nun war es genug.

»Haben Sie Kinder?«, fragte er den Bauern.

Der Mann schaute überrascht. »Einen Sohn, Anton«, sagte er dann.

»Spielt der kleine Anton mit Puppen?«

»Anton ist einunddreißig, der hilft lieber im Stall mit.«

»Und Ihre Frau, flicht die gerne Blumenkränze?«

Der Bauer schüttelte den Kopf.

Grauner brummte, er ahnte, dass das alles zu nichts führte. »Schwäne, haben Sie Schwäne?«

»Kühe, Schweine, Hühner, einen Hahn, einen Hund, zwei Katzen, aber Schwäne? Nein, keine Schwäne«, sagte Tretter.

»Und die Vögel, die Schwalben und Spatzen fallen bei euch im Tal einfach so vom Himmel herab?« Der Commissario sah den Mann unverwandt an.

Tretter, der Bürgermeister und der Arzt hoben und senkten beinahe synchron die Schultern. Der Pfarrer verharrte still. Schaute verlegen zu Boden.

»Die Sense?«, fragte Grauner schließlich.

»Die ist nicht von mir«, sagte Tretter sogleich. »Meine hängt im Stall. Sie können sie gerne haben, kein Problem, nehmen Sie sie mit, sie …«

»Hat jemand von Ihnen eine Idee, wem sie gehören könnte?«, fragte Grauner knapp.

Achselzucken.

»Gut, dann lassen Sie uns zum Toten kommen. Wie heißt er mit vollem Namen? Charly – ich nehme...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2022
Reihe/Serie Commissario Grauner ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2. Weltkrieg • Bei den Tannen • Botticelli • Commissario Grauner • Das dunkle Dorf • Krimi-Neuerscheinungen 2022/2023 • Nazi-Raubkunst • Regionalkrimi • Saltapepe • Sizilien • Südtirol-Krimi • Urlaubskrimi • Venus im Wald • vermisste Gemälde
ISBN-10 3-462-30309-0 / 3462303090
ISBN-13 978-3-462-30309-4 / 9783462303094
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