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Liebe ist das, was den ganzen Scheiß zusammenhält (eBook)

Spiegel-Bestseller
Der bekannte Schauspieler erzählt Familiengeschichten.
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
256 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491381-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Liebe ist das, was den ganzen Scheiß zusammenhält -  Kai Wiesinger
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Familie ist nichts für Weicheier Kai Wiesinger weiß, wovon er spricht. Ein Leben ohne Schlaf, zwischen harten Kitastühlen, chaotischen Kindergeburtstagen, Homeoffice und schlecht gelaunten Teenies. All das ist Familie. Aber auch befreiende Bäuerchen um Mitternacht, strahlende Augen und wohliges Kribbeln im Bauch. Kai Wiesingers Geschichten erzählen vom ganz normalen Alltagswahnsinn, von den grotesken, kuriosen und komischen Momenten aus dem Leben von Eltern, die auch ein Paar bleiben möchten. Das ist nicht immer einfach. Aber verdammt schön. Denn Liebe ist das, was den ganzen Scheiß zusammenhält. 

Kai Wiesinger (Jahrgang 1966)  ist seit »Kleine Haie«  und »14 Tage lebenslänglich«   nicht mehr aus der deutschen Film- und Fernsehwelt wegzudenken. Millionen Zuschauer verfolgen seine aktuelle Serie »Der Lack ist ab«. Der Schauspieler und Regisseur lebt mit seiner Frau, der Schauspielerin  Bettina Zimmermann, und seinen vier Kindern in Berlin.

Kai Wiesinger (Jahrgang 1966) wurde in Hannover geboren und erhielt bereits in jungen Jahren Schauspielunterricht. Seine ersten Auftritte fanden daher auch auf der Bühne statt. Seit »Kleine Haie« und »Der bewegte Mann« ist er nicht mehr aus der deutschen Film- und Fernsehwelt wegzudenken. Der Schauspieler, Regisseur und Autor lebt mit seiner Frau, der Schauspielerin Bettina Zimmermann, und seinen vier Kindern in Berlin. Mit ihr stand er auch gemeinsam vor der Kamera in der selbstentwickelten Webserie »Der Lack ist ab«, die ein riesiger internationaler Erfolg wurde. Mit seinem ersten Buch reüssierte Wiesinger 2019.

Lebensnahe, pointierte Dialoge

humorvoll

»Wie Opa Herzberg.«


Tanjas Mutter strahlte den kleinen Enno an.

Der Mensch, der meinem Leben einen völlig neuen Sinn gegeben hatte, der das Wertvollste auf der Erde war, unendlich süß, an dem ich immerzu riechen musste, weil ich noch nie so viel Liebe eingeatmet hatte wie an seinem kleinen Köpfchen, sollte aussehen wie der Uropa meiner Schwiegermutter?

Sicher nicht! Ganz im Gegenteil, er war wirklich niedlich, mit Abstand das hübscheste Baby, das ich je gesehen hatte.

Meine Mutter meinte, er ähnele besonders meinem Vater, und mein Vater sah in ihm eigentlich nur Onkel Horst.

Ich erkannte vor allem Tanjas Augen, zwar etwas verquollen, aber dafür tiefblau, wie ein klarer Bergsee. Einzig der etwas senioride Haarkranz erinnerte mich an unseren Postboten und machte mir Sorge. Nicht dass oben auf dem Kopf vielleicht gar keine Haare angelegt waren?

»Meinst du, oben wachsen auch noch welche?«

Ich strich dem Kleinen vorsichtig über den Bauch, während Tanja seine Beinchen hochhob, um die Windel zu wechseln.

»Na sicher, wir haben beide volles Haar, das kommt schon noch! Gib mir doch bitte mal die Creme aus der Schublade, ganz unten neben dem Beißring.«

Ich ging hinter Tanja um die Wickelkommode und reichte ihr die Dose. Sie machte einen Schritt zur Seite, um die Windel unter Enno zu schieben, als dieser plötzlich stöhnte und eine Ladung gelben Brei in einem kräftigen Strahl halb auf mein T-Shirt, halb an die Wand schoss.

Noch vor wenigen Tagen hätte der Gedanke an Exkremente auf mir oder unserer Badezimmerwand Ekel und Abscheu ausgelöst, doch Ennos erfolgreiches Geschäft versetzte uns in Entzücken. Lachend beugten wir uns über den kleinen Fratz und gratulierten ihm.

»Ja toll, mein Schatz, ganz toll hast du das gemacht! Da müssen Mama und Papa gar nicht mehr warten und das Bäuchlein massieren. Gaaaanz toll, so ein großer Junge!«

Während Tanja dem Erleichterten einen kuscheligen Frotteestrampler überzog, holte ich ein neues Hemd, wischte die Wand und dachte an Konrad Lorenz, der den Begriff »Kindchenschema« geprägt hatte. Ganz offensichtlich funktionierte es bei Männern ebenso gut wie bei Frauen, und ein verhältnismäßig großer Kopf mit großen, runden Augen, einer kleinen Stupsnase, zarter Haut und einem ganz speziellen Geruch weckten in mir nie geahnte Instinkte. Negative Gedanken wurden durch die Gegenwart unseres Sohnes ausgelöscht oder im Keim erstickt, sein Geschrei klang nach einer höflichen Bitte um Hilfe, und auch ohne Schlaf waren wir rundum einfach nur glücklich.

 

Leider verflüchtigte sich das Gefühl, Teil dieser einfach schwerelos auf Wolke sieben schwebenden Ursuppe zu sein, nach einigen Wochen zusehends, und Tanja und ich wurden wieder zwei Individuen, welche die Welt und sich unterschiedlich wahrnahmen. Hatte sie das Gefühl, unser Sohn würde schwitzen, hielt ich ihn noch für zu dünn angezogen, wollte sie ihm einen Rhythmus beibringen, war ich der Überzeugung, Enno müsste essen oder schlafen, wann immer ihm danach war. Und wenn ich es okay fand, dass er auf einer Decke lag, wollte sie ihn lieber in den Wagen legen.

Der Schlafmangel begann, an uns zu zehren. Die dauernde Müdigkeit machte uns dünnhäutig.

»Ich kann nicht mehr. Bitte nimm du ihn heute Nacht, ich muss einfach mal durchschlafen.«

Tanja war so blass wie noch nie. Sie drückte mir den schreienden Enno im Schlafsack in die Arme und ging ins Bad.

»Aber wenn er Hunger hat, muss ich dich ja sowieso wecken …«

»Ich habe Milch abgepumpt – steht im Kühlschrank.«

Ich sah auf.

»Kann er denn schon aus der Flasche trinken?«

»Versuch es!«

»Und wenn er nicht will?«

»Dann bring es ihm bei.«

Tanja putzte sich die Zähne und schloss die Schlafzimmertür hinter sich.

Enno weinte. Ich nahm ihn etwas näher an mein Gesicht und versuchte, leicht zu schunkeln, aber er wollte sich nicht beruhigen. Ich sah in Richtung Schlafzimmer, doch die Tür blieb geschlossen. Statt zu schunkeln, begann ich, vorsichtig hoch- und runterzuruckeln, doch die neue Bewegung schien ihm noch weniger zu gefallen, sein Schreien wurde lauter und lauter. Also hielt ich still. Enno blinzelte mit einem Auge. Ich lächelte in der Annahme, ihn verstanden zu haben, schmiegte meine Wange an die seine und summte ganz leise an das winzige Ohr. Offenbar ein Missverständnis, denn er begann, fürchterlich zu brüllen.

»Was ist denn mein kleiner Schatz? Hm, tut dir was weh?«

Er schrie und brüllte weiter, als hätte ich ihn nicht gefragt. Ich atmete tief durch und hob den Blick. Die Schlafzimmertür bewegte sich nicht. Ich wippte ein wenig in den Knien und machte »Schtscht«-Geräusche, legte ihn auf die andere Schulter und drehte mich sachte hin und her.

Leider erfolglos, Enno brüllte wie am Spieß.

Dann fiel mir die Hebamme ein. Sie hatte uns den »Fliegergriff« empfohlen, bei dem das Baby auf dem Unterarm liegt wie ein schlafendes Faultier. Das sollte selbst in schwierigen Situationen Entspannung bringen. Und da es sich gerade zweifelsohne um eine schwierige Situation handelte, nahm ich Enno von der Schulter und versuchte, ihn bäuchlings auf meinen Unterarm zu legen. Doch da er seine Arme und Beine nicht wie geplant links und rechts von meinem Unterarm hängen ließ, sondern sich nach hinten warf, den ganzen Körper anspannte, mit den Beinen zuckte und überhaupt nichts von einem Faultier an sich hatte, wäre er um ein Haar runtergefallen. Geschockt fing ich ihn auf halbem Wege auf, war glücklich, ihn wieder sicher in Händen zu haben, drückte ihn an mich und lief adrenalindurchflutet und wippend um das Sofa im Kreis. Aber egal ob links oder rechts herum, mit großen Schritten oder tippelnd, Enno beruhigte sich nicht, war knallrot und sabberte wütend vor sich hin, als wäre ich ein Fremder und würde mich nicht um ihn bemühen.

»Hallo, mein großer kleiner Schatz, ist es nicht gemütlich so bei Papi? Willst du denn gar nicht mal schlafen?«

Da er weiter nicht reagierte, legte ich ihn wieder über die Schulter und klopfte vorsichtig auf dem Po herum, vielleicht wartete er ja auf ein Bäuerchen. Und tatsächlich wurde nach zwei weiteren Sofarunden meine linke Schulter ganz warm. Hinter mir plätscherte es. Ich platzierte mehrere Kissen auf dem Boden als Polster um den Sessel herum und legte Enno auf die Sitzfläche, um Zewa aus der Küche zu holen und das Hemd schnell auszuziehen und gegen ein sauberes zu tauschen. Dann wischte ich über das Parkett und Enno den Mund ab, nahm ihn wieder auf den Arm, legte ein Mulltuch unter sein Kinn und schaltete eine CD von Disneys Mulan an. Zur Musik schunkelnd wanderte ich endlos gähnend Achten durch das Wohnzimmer, bis er sich langsam beruhigte, ab und an leise wimmerte und am Ende des dritten Aktes endlich einschlief. Vorsichtig beugte ich mich zum Sofa und kuschelte uns beide unter Tanjas großes Halstuch.

Mulan lief wohl noch eine Weile, doch irgendwann war es still. Ich war mir nicht sicher, ob ich schlief, schon geschlafen hatte oder nur träumte, ich wäre wach. Alle paar Minuten legte ich die Hand auf Ennos Bauch, um zu fühlen, ob er atmete.

Das Sofa war unbequem, die Straßenlaterne taghell. Mir wurde kalt, das Kissen war zu hoch, das Sofa viel zu schmal und meine Hüfte tat weh. Plötzlich schreckte ich auf. Enno röchelte. Ich fühlte seinen Bauch, der ging zwar auf und ab, aber das konnte kein normales Atmen sein.

»Tanja!«

Ich sprang auf, legte einige Kissen vor das Sofa, rückte den Sessel mit seiner breiten Lehne als Barriere näher ran und lief ins Schlafzimmer.

»Tanja, komm mal, der klingt ganz komisch!«

Tanja schreckte auf.

»Was ist?«

Sie lief schlaftrunken drauflos, schien mich nicht zu sehen und war vor mir im Wohnzimmer.

»Guck mal, wie das klingt!«

Gleichzeitig stürzten wir an das Sofa, fühlten den Bauch, legten das Ohr an die Nase, ich machte das Licht an.

Tanja drehte sich panisch zu mir.

»Die Nase ist völlig zu, die müssen wir frei kriegen!«

Ich lief in die Küche und holte ein Taschentuch.

»Hier.«

Sie sah mich entgeistert an.

»Der kann doch noch nicht schnupfen! Das muss anders raus!«

»Ich weiß nicht, vielleicht gibt sich das ja wieder von alleine.«

Tanja schüttelte den Kopf.

»Ich habe so ein Geräusch noch nie gehört!«

»Ob das Schnarchen ist?«

Ich schloss die Augen, um besser hören zu können.

»Das kommt nicht aus dem Mund. Da blubbert was in der Nase.«

»Ich finde, das rasselt mehr, vielleicht sind die Bronchien dicht?«

»Von außen kann ja nichts reingekommen sein.«

Wir sahen uns hilflos an.

»Aber wie soll er sich in der letzten Stunde erkältet haben?«

»Wie soll ich das wissen, du warst doch bei ihm!«

»Da war nichts, er ist ganz normal eingeschlafen.«

»Aber so kriegt er ja keine Luft!«

»Was soll ich machen? Kann man das vielleicht irgendwie absaugen?«

»Womit denn?«

»Guck mal in die Nase!«

Ich sprang auf und holte die Taschenlampe aus dem Schränkchen im Flur. Gemeinsam versuchten wir, etwas zu erkennen.

»Das ist ja alles zu, gleich vorne und verkrustet.«

»Ein Schlauch? Haben wir nicht einen Schlauch oder eine Spritze mit einer großen Öffnung?«

Tanja nahm Enno auf den Arm und schaukelte ihn.

»Ich hab’ keine Spritze!«

Ich ging in die Küche und öffnete alle Schubladen.

»Hier ist nichts!«

»Dann mach was anderes. Wir müssen es ja irgendwie rauskriegen!«

Ich lehnte mich in den Türrahmen und strich...

Erscheint lt. Verlag 31.8.2022
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Ablenkung • Amazon-Prime-Serie • beliebter Schauspieler • Bettina Zimmermann • Beziehung • Buchgeschenk für Männer • Der Lack ist ab • deutscher promi • Eltern • Empty Nest • Erste Liebe • Erziehungsbuch • Familengeschichte • Familie • Familiengeschichte • Fernsehen • Geschenk für Männer • Hamsterrad • Hoffnungsvoll • Illusion • Liebespaare • lustige Bücher für Frauen • Männerblick • Männliche Perspektive • Midlife-Crisis • Mut machen • Neuanfang • Neustart • Orientierung • Paarbeziehung • Paartherapie • Prominente • Pubertät • Trennung • Unterhaltung • zweiter Frühling
ISBN-10 3-10-491381-1 / 3104913811
ISBN-13 978-3-10-491381-0 / 9783104913810
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