Aaka, ein Pharao zum Verlieben (eBook)
336 Seiten
Books on Demand (Verlag)
9783756295920 (ISBN)
Peter Lukasch wurde 1942 in Wien geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft trat er in den Staatsdienst ein, wo er bis zu seiner Pensionierung im Bereich der Strafjustiz tätig war. Seinem Interesse für Geschichte und Kriminalistik folgt der Autor in mehreren Zyklen historischer Kriminalromane, er hat aber auch Fantasieerzählungen und in Fachkreisen anerkannte Bücher zum Thema Kinder- und Jugendliteratur veröffentlicht.
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Ihre Welt war neun Quadratmeter groß, drei Meter im Geviert und durch Schnüre abgegrenzt. Mitten drin hockte Lilo und scharrte mit einer Spatel in der harten, trockenen Erde, ohne große Hoffnung, dass sie mehr finden werde als ein paar undefinierbare Tonscherben, wenn überhaupt. Sie befand sich jetzt die zweite Woche im Camp, und obwohl sie von eher duldsamem Gemüt war, bereute sie ihren Entschluss, an diesem Abenteuer teilzunehmen, bereits bitter. Die heiße Sonne Ägyptens brannte auf sie nieder und es kam ihr vor, als ob ihr Gehirn unter dem breiten Hut schön langsam zu verdampfen begann. Man hatte zwar über die Ausgrabungsstätte Sonnensegel aufgespannt, für die Ecke, die Lilo zugewiesen worden war, reichten sie aber nicht mehr. Als sich Lilo darüber beschwerte, war Abdalla, der einheimische Vorarbeiter, tief betroffen über diesen Missstand und versprach ihr sofortige Abhilfe. Natürlich geschah nichts und Lilo hockte weiterhin in der Sonne. Sie wusste nicht, was ihr mehr weh tat, die Knie, der Rücken oder der Kopf. Im Zweifel entschied sie sich für den Rücken. Sie hielt das ganze Unternehmen inzwischen für weitgehend sinnlos. Irgendetwas würde man sicher finden. Im Sand Ägyptens fand sich meist etwas, das die Jahrtausende währende Kultur der alten Ägypter hinterlassen hatte, aber sicher nicht den Tempel des Aaka, von dem Professor Roullé geschwärmt hatte, als er im großen Hörsaal unbedarfte Studenten als billige Arbeitskräfte für sein Unternehmen anwarb. Wie er überhaupt darauf kam, an der Stelle, an der sie jetzt gruben, zu suchen, hatte Lilo trotz Nachfrage nicht herausgefunden. Sie vermutete, dass die ägyptische Altertumsbehörde Roullé diesen Platz zugewiesen hatte, ein gutes Stück von den Claims anderer Teams entfernt, damit es nicht zu ärgerlichen Auseinandersetzungen zwischen den Ausgräbern kam. Auch Aaka selbst, für den Lilo zunächst ein romantisch verklärtes Interesse empfunden hatte, war ihr inzwischen höchst gleichgültig geworden. Sie erwog ernsthaft, vorzeitig abzureisen, um dieser sinnlosen Beschäftigung zu entgehen. Alles, was sie bisher in ihrem Loch – so bezeichnete sie es – gefunden hatte, waren eine Münze und eine zerdrückte Bierdose gewesen. Die Münze war alt, ptolemäisch, wie Professor Roullé sachkundig feststellte, zwar in schlechtem Zustand, aber trotzdem gut zehn Dollar wert. In seiner Großzügigkeit überließ er Lilo die Münze. Lilo war bereits so frustriert, dass sie die Münze nicht einmal als Andenken behalten wollte, und sie verkaufte sie an Abdalla, der ihr nach einem herzzerreißenden Handel, in dem er häufig auf seine große Familie hinwies, die er zu erhalten habe, drei Dollar dafür gab. Die Bierdose war nicht so alt. Abdalla vermutete, dass sie von einem deutschen Ausgräberteam stammte, das hier vor fünf Jahren gegraben hatte. Das bestärkte Lilo in der Ansicht, dass man hier nichts finden werde, wenn die Stelle bereits mit deutscher Gründlichkeit, aber ergebnislos durchwühlt worden war.
Um sich zu trösten, stellte sich Lilo vor, wie tausende Jahre zuvor ägyptische Arbeiter riesige Steinblöcke durch die Wüste gezerrt hatten, um ihrem König ein angemessenes Grabmal zu errichten. So gesehen, dachte sie, war sie noch relativ gut dran. Ob man den Ärmsten wenigstens eine Mittagspause gegönnt hatte?
Sie wurde durch ein lautes Scheppern aus ihren Gedanken gerissen. Jemand schlug mit einem Hammer gegen das Blechstück, das bei einem mit Sonnensegel überspannten Ruheplatz aufgehängt war. Es war endlich Mittagszeit. Sie stand auf, hörte ihre Knie knacken und wurde leicht schwindlig. Trotz der Ermahnungen von Professor Roullé, auf das Werkzeug gut aufzupassen, es sei teuer, ließ Lilo ihr Zeug einfach in der Grube liegen. Wenn jemand an ihrer Stelle weitergraben wollte, so sollte er es ruhig tun. Mit steifen Schritten stelzte Lilo zum Rastplatz.
Das Mittagessen war bereits auf einem langen Holztisch angerichtet. Man saß auf Bänken, die keine Lehnen hatten, an denen man seinen schmerzenden Rücken ausruhen konnte. Professor Roullé präsidierte selbstverständlich am Kopfende des Tisches. Er war auch der einzige, der einen Sessel hatte. Lilos ständiger Platz befand sich zu seiner Rechten, was keinesfalls ein Privileg war, sondern eher ein Missgeschick, weil es Lilo verabsäumt hatte, sich rechtzeitig einen anderen Platz zu sichern. Roullé legte nämlich Wert darauf, bei Tisch Konversation zu pflegen und erwartete von seinen Tischnachbarinnen, dass sie diese Vorliebe teilten und mit möglichst geistreichen Beiträgen bereicherten.
Zu seiner Linken und Lilo gegenüber saß Beatrice, die von den anderen kurz Bea genannt wurde. Sie musste dort sitzen, es blieb ihr gar nichts anderes übrig, denn sie war Roullés Assistentin. Beatrice war einige Jahre älter als Lilo und eine exotische Schönheit. Das glatte schwarze Haar umrahmte ein rundes Gesicht mit großen Augen, die Lilo an die einer Katze erinnerten. Sie war der erklärte Schwarm der meisten männlichen Studenten. Lilo, die keinerlei Vorbehalte gegen Frauen hatte, die besser als sie aussahen, mochte sie.
Insgesamt waren zwölf Personen um diese provisorische Tafel versammelt. Die einheimischen Arbeiter hatten ihr eigenes Lager und blieben lieber unter sich. Lediglich der Koch und zwei Ordonnanzen, die servierten, waren zum Dienst bei den Expeditionsteilnehmern eingeteilt worden.
Zum Mittagessen gab es Kuscharī, ein einheimisches Gericht, das aus gekochten Nudeln, Reis und Linsen bestand, über die man Tomatensoße, vermischt mit kleinen Fleischstückchen gegossen hatte.
Roullé nahm dies zum Anlass, um sich über die ägyptische Küche und ihre Wurzeln zu verbreitern, worüber er zum Glück sehr gut Bescheid wusste und das Gespräch dadurch weitgehend zum Monolog wurde. Lilo konnte sich darauf beschränken, an den passenden Stellen Geräusche von sich zu geben, die man als Zustimmung, Staunen oder Bewunderung deuten konnte. Bea sah sie lächelnd an und zwinkerte ihr zu.
Nach dem Essen war eine Ruhepause angeordnet, bis sich die sengende Mittagshitze etwas gelegt hatte. Man saß im Schatten, in bequemen Korbstühlen, endlich mit Rückenlehne. Lilo hatte kurz nach ihrem Eintreffen gefragt, warum man diese Stühle nicht auch für den Esstisch verwendete, sie seien doch viel bequemer als die Holzbank. Das war von Roullé mit Befremden zurückgewiesen worden. Es sei nicht üblich, hatte er erklärt, ohne dies näher zu begründen.
Lilo trank eine Tasse Kaffee und eine große Menge Wasser, dann fühlte sie sich besser. Sie schnorrte von Rouland eine Zigarette, lehnte sich zurück und sog genüsslich den Rauch ein. Das Rauchen hatte sie eigentlich schon vor zwei Jahren aufgegeben und war seither nur selten rückfällig geworden. Aber an diesem elenden Tag konnte sie jeden Trost brauchen, den sie bekommen konnte, und dazu gehörte auch Tabakrauch.
„Wie geht es dir?“, fragte Rouland und sah sie besorgt an. Er war einer ihrer Kommilitonen. Er war ein netter Kerl. Viel mehr konnte man über ihn nicht sagen, weil es nichts gab, das ihn besonders auszeichnete. Lilo mochte seine unkomplizierte Art und ohne dass es ihr selbst auffiel, suchte sie häufig seine Gesellschaft.
„Geht so“, antwortete Lilo. „Die Hitze macht mir zu schaffen. Was meinst du? Glaubst du, dass das, was wir hier machen, einen Sinn ergibt?“
„Lass das bloß nicht den alten Roullé hören“, lachte Rouland. „Natürlich macht es Sinn. Rouland hat zwar noch nie etwas Bedeutendes gefunden, aber keiner der Studenten, die ihn auf seinen Expeditionen begleitet haben, ist je bei ihm durchgefallen. Andere schon, bei denen ist er gnadenlos. Betrachte das Ganze einfach als Investition in deine nächsten Prüfungen.“
„So habe ich das noch nicht gesehen“, bekannte Lilo. „Ich glaube, du bist ein arger Opportunist, mein Lieber.“ Sie kratzte sich ausgiebig über ihrer Arbeitshose an der Wade und stöhnte leise.
„Was hast du?“, fragte Rouland.
„Ich weiß auch nicht“, sagte Lilo. „Es juckt und tut weh, wenn man ankommt.“
„Lass sehen“, forderte Rouland. „Hier heraußen muss man aufpassen. Da können sich selbst kleine Verletzungen übel entzünden.“
„Wird schon nichts sein.“ Widerwillig zog Lilo ihre Arbeitshose über dem Bein hoch. An ihrer Wade war eine stark gerötete Schwellung zu sehen, mit einem blutigen Punkt in der Mitte. „Schaut so aus, als habe mich etwas gebissen oder gestochen. Was das wohl gewesen sein mag?“
„Schwer zu sagen“, meinte Rouland. „Hier gibt es eine Menge Mistviecher, die so etwas anrichten können. Das Beste wird sein, ich gebe dir zunächst eine Salbe drauf. Wenn es bis morgen nicht besser ist, bekommst du Antibiotika.“
Rouland fungierte für die Expeditionsteilnehmer als Sanitäter, weil er ehrenamtlich für eine Hilfsorganisation gearbeitet und dort eine...
| Erscheint lt. Verlag | 23.3.2022 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
| ISBN-13 | 9783756295920 / 9783756295920 |
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