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Der Käfig: Entkommen ist tödlich (eBook)

Psychothriller

*****

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
350 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98839-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Käfig: Entkommen ist tödlich -  Mike Chick
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Er wacht auf. Er weiß nicht, was passiert ist. Er weiß nicht, wo er ist. Er weiß nur, dass er diesem Käfig entkommen muss. Sofort. Denn bald schon kommt er wieder - der Mann mit den drei Gesichtern. »Da war Dunkelheit. Und da war Schmerz. Brennender, pochender Schmerz. Nicht lokalisierbar und doch mitten in ihm. Mehr wusste er nicht.« Marcus Nolte glaubt einen Schutzengel vor sich zu haben, als er Eddie Gal begegnet. Der alte Mann lässt ihn in sein Haus. Er bietet ihm Schutz vor dem Schneesturm, eine warme Mahlzeit - und setzt ihn unter Drogen. Als Marcus zu sich kommt, ist seine Welt ein Alptraum. Eingesperrt in einen Käfig, gibt es kein Entrinnen. Und er ist nicht allein. Eddie Gal beherbergt viele, Frauen wie Männer. Sogar ein junges Mädchen. Und das Schlimmste: Er hat etwas mit ihnen vor. Kann Marcus dem Grauen entkommen? »Die Geschichte finde ich hammermässig. So etwas habe ich noch nie gelesen.« ((Leserstimme auf Netgalley)) »Brutal, spannend, nichts für schwache Nerven!!! Für alle Chris Carter Fans zu empfehlen! Gerne mehr davon!« ((Leserstimme auf Netgalley)) 

Mike Chick, 1989 unter seinem bürgerlichen Namen Antonio Robinia in Mosbach geboren, studierte Malerei an der Karlsruher Kunstakademie, als er das Schreiben von Romanen für sich entdeckte. Schon im Alter von sechzehn Jahren schrieb der heutige Kunstlehrer Kurzgeschichten, vorwiegend im Horror-Genre. Düsteren Welten und Geschehnissen bleibt Chick bis heute treu. Daran faszinieren ihn vor allem die dunklen Ecken in der menschlichen Psyche, wo Geheimnisse ebenso lauern wie mörderische Fantasien. Der Autor lebt und arbeitet auf der Schwäbischen Alb.

Mike Chick wurde 1989 unter dem bürgerlichen Namen Antonio Robinia in Mosbach (Baden) geboren. Das Schreiben fantastischer Literatur entdeckte er für sich in seiner Ausbildung als Maler und Lackierer. Seine erste Publikation erfolgte 2017 während seines Studiums der Freien Kunst/Malerei an der Kunstakademie Karlsruhe.Der heutige Meisterschüler und Freie Künstler lebt auf der Schwäbischen Alb, wo er Bildende Kunst lehrt und doziert.

Kapitel II


Empathielos

1


Im Mai, rund einundfünfzig Jahre bevor Marcus Nolte an der Tür eines Bauernhofs irgendwo südlich von Karlsruhe klingelte und dreizehn Jahre vor seiner Geburt, befand sich besagter Bauernhof gerade im Aufbau. Die Dielen waren noch frisch getrocknet und geschliffen. Die Ziegel, die mit Schnüren zu mehreren Bünden zusammengezurrt auf dem Grundstück lagen, waren rot wie Blut und den Hühnerstall, etwa dreißig Meter vom Haus entfernt, konnte man allenfalls als wackliges Gerüst aus Latten und Brettern bezeichnen. Die Hühner, die später darin Eier legen und sich fett fressen sollten, sprangen noch in einem Maschendrahtgehege hinter der künftigen Scheune umher. Sie gackerten und pickten Körner vom Boden einer etwa hundert Quadratmeter großen Wiesenfläche mit saftig grünem Gras, das in der warmen Mittagssonne glänzte. Manche guckten dämlich in der Gegend herum – wie Hühner das nun einmal taten – und fragten sich vielleicht, was die Männer, die da werkelten, so sehr zum Lachen brachte.

Bei den Männern handelte es sich um Otto Gal und seinen Cousin Horst Richards. Otto stand gebückt auf dem Dach und empfing die Ziegel, die Horst ihm von der Leiter her zuwarf. Auch auf sie schien die Sonne, was die beiden gehörig ins Schwitzen brachte. Otto Gal trug nur ein weißes, mit Holzspänen und Flecken übersätes Unterhemd und eine Hose mit Hosenträgern, die sich straff über seine Schultern spannten. Seine Arme waren von der Arbeit auf dem Feld und am Haus sehnig und braun gebrannt. Sein Cousin gehörte schon seit Kindheitstagen zur fülligeren Fraktion. Sein Bauch hing über den Gürtel seiner Hose und sein schwarzes, kurzes Haar tropfte vom Schweiß seiner Anstrengung. Sie rissen Scherze über den einen oder anderen Landwirt, die Politik, diese Subkultur von arbeitsfaulem Gesindel, die sich an Lagerfeuern gegenseitig Lieder über den Frieden vorsangen – etwas, wovon Leute, die den Krieg nicht miterlebt hatten, so oder so zu wenig Ahnung hatten, um mitsprechen zu können, wie Otto fand –, und über sich selbst. Sie lachten, tranken eisgekühlte Limonade und deckten das Dach des Hauses, in dem alles im Aufbau und alles gut war. Das ganze Leben war zu diesem Zeitpunkt geradezu perfekt, und Otto Gal hätte es um nichts in der Welt eintauschen wollen.

Jedenfalls bis seine Frau zu schreien begann und das Unglück seinen Lauf nahm.

2


Wilma Gal saß in einem Sessel, lauschte, wie Heintje im Radio seine Mama darum bat, nicht um ihren Jungen zu weinen, und dem Getrampel ihres Mannes auf dem Dach. Sie strickte Socken. Winzig kleine. Dabei dachte sie an das Baby in ihrem Bauch, und ob das Mädchen (sie war sich sicher, es würde ein Mädchen werden, obwohl Doktor Gross das Gegenteil behauptete) wohl ihre Haarfarbe bekommen würde – das sonnige irische Rot ihrer Vorfahren. Es wäre ein so schönes Geschenk, ein wundervolles, ein perfektes. Es gab nichts, was sie sich sehnlicher wünschte, als ihrem eigenen Baby dabei zuzusehen, wie es von der Quelle Mama trank und mehr und mehr zu einer kleinen Wilma Junior heranwuchs, der sie zeigen konnte, wie man Puppen kleidete und wie man ein Teekränzchen abhielt. Und in ein paar Jahren würde sie ihrem Mädchen all die wichtigen Dinge im Leben, wie Kochen, Backen, den Herd schrubben und die Hühner füttern, beibringen. Ja, das alles würde sie, eine großartige Mama, mit ihrem Mädchen – und noch viel wichtiger für ihr Mädchen – tun. Alle Zeit der Welt und alle Zeit, die Wilma Gal bis zu ihrem Tod zur Verfügung stand, sollten ihr gehören, ihrer kleinen Dorothea.

Das sollte ihr Name sein. Dorothea. Das Geschenk Gottes.

Wilma glaubte nicht, dass Otto etwas gegen diesen Namen einzuwenden hatte; und selbst wenn, würde ihre Kleine diesen Namen bekommen, denn es war das Recht einer jeden Mutter, den Namen für die Frucht ihres Leibes, für die sie Stunde um Stunde Schmerzen erleiden würde, auszuwählen. Das konnte ihr niemand absprechen. Niemand.

Putz rieselte von der Decke, als einer der Ziegel auf das Dach krachte. Es machte Wilma nichts aus. Sie strickte weiter Masche um Masche und streichelte hin und wieder über ihren Bauch, der inzwischen so prall war, dass sich ihr Bauchnabel nach außen stülpte.

Gelegentlich trat das Baby zu. Auch das störte Wilma nicht weiter. Im Gegenteil, es fühlte sich so an, als wolle ihr Mädchen Kontakt zu ihr aufnehmen, als wolle Dorothea ihrer Mutter zeigen, dass sie lebte und kräftig genug war, um bald auf die Welt und in ihre Arme zu kommen.

Wieder krachte ein Ziegel aufs Dach. Wieder bröckelte Putz herab und zerstäubte auf den Holzdielen der Stube. Draußen lachten die Männer und Wilma dachte ganz plötzlich, dass Otto dieses Lachen sicherlich gern lieber mit einem Jungen als einem Mädchen teilen würde. Schließlich war es bekannt, dass Männer lieber kräftige Jungs hatten, die ihnen bei der harten Arbeit auf dem Feld und mit den Maschinen helfen konnten, statt Mädchen, die Schmetterlingen hinterherjagten und Blumen pflückten und solches Zeug, mit dem niemand wirklich etwas anfangen konnte. Wie sollte es auch anders sein?

Aber, dachte sie und lachte, Otto wird nicht bekommen, was er gern hätte. Nein, das wird er nicht. Er verlässt sich auf die Meinung von Doktor Gross. Nur liegen die beiden falsch, ja, meilenweit liegen sie daneben, denn ich bin eine werdende Mutter, und nur eine Mutter kann wissen, was für ein Menschlein in ihr gedeiht!

Sie spürte, wie sich Zorn in ihr entwickelte. Ihre Hände hatten zu zittern begonnen, zitterten noch. Die Spitzen der Stricknadeln stießen aneinander, was wie der Applaus einer Maus klang. Wilma wusste nicht, wie ihr geschah. Sie begriff nicht, woher ihre plötzliche Aufregung gekommen war. Und Zeit, darüber nachzudenken, blieb ihr nicht. Sie wollte sich gerade aufsetzen, um das Strickzeug und die Wolle auf die Kommode mit dem Radio zu legen, da platzten zwei Dinge fast gleichzeitig aus ihr heraus. Ein Schrei und jede Menge Blut.

3


Wilma Gal gehörte zu dem unglücklichen einen Prozent der Frauen, das unter einer Abruptio placentae litt, wie der Gynäkologe Dr. Martin Neureuther in der Frauenklinik des Diakonissenhauses Karlsruhe-Rüppurr mit wachsender Beunruhigung und gleichzeitiger medizinisch sachlicher Faszination feststellte.

»Die Plazenta Ihrer Frau hat sich vorzeitig von der Gebärmutterwand gelöst. Daher der Blutverlust. Weil die Wehen noch nicht eingesetzt haben, müssen wir sofort operieren und das Kind per Kaiserschnitt holen«, erklärte der Arzt dem gehetzt und unglücklich dreinblickenden Otto Gal, der neben dem Krankenbett und den Schwestern und seiner Frau herrannte; seiner Frau, die auf dem Bett lag, all das hörte und Nässe zwischen ihren Beinen sickern spürte.

Sie schrie nicht. Wilma, die Ottos Nachnamen zwar nunmehr seit elf Jahren trug, war ursprünglich eine Dannert, und wie alle Dannerts wusste Wilma, was sich gehörte und was nicht. Ihr Schrei, als sie das Blut zwischen ihre Füße tropfen gesehen hatte (es war eher ein ganzer Fluss aus Blut gewesen), war ihr unkontrolliert und aus reinem Entsetzen entkommen. Auf der Fahrt ins Krankenhaus hatte sie hingegen keinen Mucks von sich gegeben. Nicht einmal gewimmert hatte sie. Nur an ihre Tochter hatte sie gedacht, an die kleine Dorothea, an ihren Herzenswunsch. Und an Gott.

Bitte, o Herr, mach, dass es ihr gut geht, mach, dass sie gesund das Licht der Welt erblickt, die du für uns geschaffen hast, mach, dass … bitte … o Herr … o Herr …

Man fuhr sie in den OP. Sie konnte hören, wie Otto versuchte, mit in den Saal zu gelangen, und wie eine Frau ihn freundlich und bestimmt davon abhielt. Wilma konnte Desinfektionsmittel riechen. Der Kopf einer übergroßen Schreibtischlampe ragte über die Rolltrage, auf der sie lag, wie ein äußerst interessierter Gast, der sich alles ganz genau ansehen wollte. Das nervöse Getrappel von Kunststoffschuhen schallte durch den grün gekachelten Raum. Um sie – Stimmen. Frauen. Männer. Sie verstand kein Wort. Ihr Kopf spielte verrückt. Ein Mann oder eine Frau beugte sich über sie und versperrte dabei kurzzeitig den voyeuristischen Blick der Lampe. Sie oder er sagte etwas. Nur Fetzen davon drangen zu ihrem Verstand durch. Später würde man ihr erklären, dass sich die Wahrnehmungsstörung aufgrund ihres Blutverlustes eingestellt hatte. In diesem Augenblick glaubte Wilma allerdings, sie würde sterben. Sie und ihr Kind, das unter der Kuppel ihrer Bauchdecke (Gott, wie lange habe ich Dorothea nicht mehr strampeln gespürt) lag und das gar nicht wusste (Helft mir!), was mit ihm geschehen würde, wenn der Arzt seinen einzigen Schutz (Was will er mit dem Skalpell?) öffnete und es (nicht tot – darf nicht tot sein!) seiner Hülle ent…

Sie spürte den Einstich der Spritze nicht. Ihre Wahrnehmung beschäftigte sich mit der Dunkelheit, auf die sie hilflos zuraste.

»Drei … zwei …«, zählte eine Frau mit Maske dicht neben ihr. Dass die Operationsassistentin »eins« sagte, hörte Wilma Gal nicht mehr. Sie entschwand in eine tiefe Schwärze, die am anderen Ende der Nadel auf sie wartete.

4


Otto Gal konnte nicht anders, als ruhelos im Wartezimmer umherzumarschieren. Er lief auf und ab, um den kleinen Tisch mit den Zeitungen in der Mitte herum, setzte sich, versuchte sich an einem Magazin, warf es zurück auf den Stapel und begann von vorn. In seinem ganzen Leben hatte er sich nie so nach einem Drink gesehnt. Er war kein Säufer, trank unter der Woche allenfalls ein Bier zum Abendbrot, und kräftigere Dinge wie Schnaps oder Doppelkorn sowieso nur nach deftigeren Mahlzeiten wie Wilmas patentiertem Wildragout mit Knödeln und...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Baden • Bücher für Männer • Chris Carter • Der Augensammler • Ed Gein • Grusel • harte Spannung • Horror • Horror ab 16 • Käfige • Psychopath • Psychothriller • Psychothriller Deutschland • Psychothriller Romane • Serienkiller • spannende Bücher • Thriller
ISBN-10 3-492-98839-3 / 3492988393
ISBN-13 978-3-492-98839-1 / 9783492988391
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