Trinkwassersprudler (eBook)
246 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7534-7108-2 (ISBN)
Klaus Schmidt sorgte in den Jahren 2000 bis 2021 im deutschsprachigem Europa für Aufmerksamkeit. Zahlreiche Print-, Funk- und TV-Medien,von der FAZ über die Süddeutsche Ztg., NDR, WDR, Bayern 3 bis zu SAT1, mdr, ARD, ZDF, ORF und andere berichteten über seine Lebensgeschichte. Zeitungen in Luxembourg, Österreich und der Schweiz schrieben über Schmidt. Ein dpa-Artikel über ihn, wurde von mehr als 100 Zeitungen in Deutschland abgedruckt. In 36 TV-Auftritten, bei fast allen bekannten Talkshows, trat er als Gesprächsgast auf.
Bundesweite Akquise
Mittlerweile hat Vaddern sein Büro eingerichtet. Da kein Schreibtisch zur Verfügung steht, wird er mit dem zusammengezimmerten Europalettentisch vorliebnehmen müssen. Eine gewellte Sperrholzplatte und darauf das blauweis karierte Wachstischtuch. Fertig ist ein bayerischer Arbeitstisch. Wenn mein Vater dann auf dem geliehenen Küchenstuhl von Könner sitzt, stellt er seine Beine seitlich und dabei muss er den Oberkörper extrem vorbeugen. Was seinen Bandscheiben nicht wirklich bekommt.
Auf dem Schoß balanciert er die Thermoschreibmaschine und schreibt eine Seite voll. Dann lehnt er sich zurück, um seinem Rücken Erholung zu gönnen. Vorteile hat der Palettenstapel, Vaddern nennt ihn Eurotisch, dennoch. Die Größe ist bestens für seine Loseblattsammlung geeignet. Denn, die besteht oftmals aus wenig klugen Ideen für die Vermarktung des Gerätes. Darum hebt der Trinkwassersprudler GEMINI auch nicht so rasant ab, wie die Raketen der NASA.
Mittlerweile ist Vaddern nicht mehr überzeugt von einem Erfolg. Ein anderes Produkt haben die beiden Inhaber aber nicht. Da mein Vater im Moment eh arbeitslos ist, wird er es weiter probieren. Zwar verkauft Kautz manchmal ein paar Geräte an Handelsvertreter. Die Einnahmen daraus reichen aber gerade für die Pacht, die mittlerweile - fast - regelmäßig bezahlt wird. Erst im letzten Monat wurde das Telefon, nach einer 4-wöchigen Sperre, wieder angeschaltet. Eine Firma ohne Fernsprecher ist auf Dauer nicht überlebensfähig. Könner pumpte für die Telefonrechnung seine spanische Lebensgefährtin an. Verbunden mit dem Versprechen der Rückzahlung, da die Firma mit dem Berater bald in erfolgreiche Gewässer schippern wird, so Könner zu ihr. Die Erwartungshaltung meinem Vater gegenüber ist sehr hoch. Die Firmeninhaber glauben scheinbar, er kann zaubern.
Zurückblickend war Vaddern seit 1975, mit kurzen Unterbrechungen, erfolgreich selbstständig tätig. Zuerst mit einem Handwerksunternehmen dann mit einer Werbeagentur und einem Reisebüro. Warum die Plätze an der Sonne nie von Dauer waren, lag an seiner Unbeständigkeit. Wenn er eine Firma erst einmal etabliert hatte, verlor er das Interesse. Das tägliche, sich wiederholende Einerlei langweilte ihn. Diese Einstellung rächte sich in kürzester Zeit und die Unternehmen rutschten durch sein fehlendes Engagement in die Pleite. Mein Vater gründete immer wieder neue Firmen und baute sie erfolgreich auf. Bis zum voraussehbaren Ende. Wie in der Sage von Sisyphos, der zur Strafe einen Felsblock auf ewig einen Berg hinaufwälzen muss, der, fast am Gipfel, jedes Mal wieder in das Tal rollt.
Leider änderte Vaddern sein Verhalten nicht oder er konnte es nicht ändern. Die Geschehnisse wiederholten sich für ihn. Trotzdem fing er immer wieder von vorne an. Besonders reizten ihn dabei die Aufgaben, an denen Andere gescheitert waren. Oder aus Vernunftsgründen sich nicht weiter damit beschäftigten.
Erschwerend kam hinzu, dass es sich um Branchen handelte, von denen mein Vater oftmals keinen blassen Schimmer besaß. 1975 gründete er einen Malerhandwerksbetrieb. Obwohl er nur, als „fachliche“ Voraussetzung ein halbes Jahr auf der Nordseeinsel Norderney an einem Hotel die Fassaden gestrichen hatte. Es war der Freund seiner Mutter, der meinte, mit einem Malerbetrieb könne man gutes Geld verdienen. Also gründete Vaddern einen Malereibetrieb mit 250 Mark in der Tasche. Was für ein Leichtsinn. Wie unverschämt wagemutig, wie dreist und naiv er als junger Mensch doch war.
Aber seine Waghalsigkeit wurde belohnt. Nach einem Jahr beschäftigte er bereits 10 Gesellen, einen Meister und eine Angestellte. Doch nach 4 Jahren war Schluss damit. Mit der nächsten Gründung, einer Agentur, verlief es ähnlich. Nachdem er bei einer Bremer Werbeagentur nach 11 Monaten gekündigt hatte, weil es der Firma wirtschaftlich desaströs ging. Die Schecks kamen immer öfter uneingelöst zurück. Durch einen Zufall lernte Vaddern in einer Szenekneipe einen freundlichen Menschen kennen, mit dem er Schach spielte. Harvey hieß der und besaß, zusammen mit einem Geschäftspartner eine Spedition. Mit der betrieben sie einen lukrativen Transport von Wolle aus Italien nach Norddeutschland.
Harvey war ein angenehmer Zeitgenosse. Nicht nur, weil er schlecht Schach spielte; sodass Vaddern wenigstens dabei ein Erfolgserlebnis bekam. Denn, beruflich klappte bei meinem Vater damals nichts und das wenige Geld, das er besaß, neigte sich dem Ende zu.
„Warum hast du denn bei dem Rüller aufgehört“, fragte ihn Harvey eines Tages.
Sie saßen mal wieder am Schachbrett in der gemütlichen Eckkneipe Schalander zusammen.
„Harvey, der Rüller wird in ein paar Wochen pleite sein. Da will ich doch nicht mit den ehemaligen Kollegen beim Arbeitsamt im Wettstreit um einen neuen Job anstehen.“
„Das versteh´ ich. Wieso denn Arbeitsamt? Du hast mir erzählt, dass du früher selbstständig warst. Fang´ doch noch mal von vorne an.“
„Gute Idee Harvey. Das, was der Rüller mit seiner Werbeagentur vollbracht hat, krieg ich auch noch hin. Ich konnte mir vieles in den Monaten bei denen abgucken. Leider habe ich weder Geld noch ein Büro. Ergo - nix is mit eigener Firma.“
„Einen leeren Büroraum kannst du bei uns nutzen. Und einen Schreibtisch mit Telefon würden wir dir reinstellen. Dein Telefonaufkommen lesen wir dann am Zählwerk ab. Die Telefonkosten, das ist klar, müsstest du uns erstatten. Sonst mault mein Partner. Also Klaus, komm´ nächste Woche bei uns vorbei. Unsere Spedition FESCH findest du am Deich. Direkt an der Weser, bei Jacobs-Suchard gleich um die Ecke. Schild am Hauseingang. nicht zu verfehlen, Ok?“
Vater war sprachlos über das Angebot. Was für ein Glücksfall: „Harvey, ist das dein Ernst?“, schaute er ihn ungläubig an.
„Na klar, du bist doch gut drauf, bei uns kommst du bestimmt wieder auf die Beine.“
„Danke Harvey. Das nehm´ ich sofort an. Gleich am Montag um 10 Uhr bin ich bei euch, passt dir das?“
„Na klar. Aber du musst dich dann natürlich auf deinen neuen Job konzentrieren. Nicht so gedankenlos sein, wie hier beim Schachspiel. Du bist jetzt nämlich matt mein Lieber!“
Tatsächlich. Harvey hatte Vaddern mattgesetzt. Am Schachbrett und mit seinem großzügigen Angebot.
Das ist lange her und wirtschaftlich, nach ein paar Jahren, elendig ausgegangen. Wie seine Unternehmungen zuvor. Nun steht mein Vater wieder einmal am Anfang. Mit nichts und ohne jegliche Kenntnisse, wie ein neues Produkt in den Markt eingeführt wird. Weder verfügt er über eine Ausbildung als Kaufmann, noch hat er Kontakte zu Handelsunternehmen. Ebenso sind ihm das Prozedere einer Produktlistung im Handel nicht vertraut. Ob es dieses mal was wird? Dass sich die kleine GmbH mit den Kleinverkäufen über Wasser hält, daran glaubt mein Vater nicht mehr.
Gleich morgen wird er bei Oschude anrufen, die sitzen in Nehmen. Da braucht man kein Auto, um dort hinzukommen. Kautz ist zwar stolzer Besitzer eines alten CMWs, aber nicht selten fehlt dem Fahrzeug der nötige Treibstoff im Tank.
„Guten Morgen, mein Name ist Schmidt, von der Firma Sodastream in Schelmenhorst. Ich hätte gerne jemanden gesprochen, der für den Einkauf zuständig ist.“
„Und wen denn bitte?“, kommt die Frage der Telefonisten von der Kaffeefirma zurück.
„Na, den Leiter der Abteilung“, gibt Vaddern keck zur Antwort.
„Moment, ich verbinde sie mit dem Assistenten, von Herrn Dr. Lindes“, hört mein Vater sie gemessen, keinen Widerspruch duldend, sagen.
Das fängt nicht vielversprechend an. Mit einem Assistenten soll er sich zufriedengeben. Nicht das mein Vater überheblich ist, aber meistens zeigen diese jungen Leute wenig Interesse oder verstehen ihn nicht.
„Michels“, unterbricht die Stimme seine Gedanken.
„Oh, guten Tag. Schmidt von der Firma Sodastream in Schelmenhorst. Wir haben ein neues Produkt, das wir ihrem Unternehmen offerieren möchten.“, hört mein Vater sich sagen und empfindet seine Wortwahl als ausgesprochen gelungen.
„Sie wollen uns was verkaufen?“, stellt sein Gegenüber am Telefon kurz und knapp fest.
„Ja ich. Ich meine wir. Also wir, die Firma Sodastream. Nein es geht ja eigentlich um den GEMINI ...“
Oh Gott; was für ein Gestottere.
Und da wird mein Vater auch schon von der Gegenstimme unterbrochen: „Schicken sie mir ihr Angebot zu, unsere Adresse haben sie ja. Guten Tag.“
Da hockt Vaddern überrumpelt an seinem Eurotisch und hält den toten Hörer in der Hand. Das, mein lieber Vater, war gar nichts.
So kommst du nie voran, mit solch einem Gestammel und Gewürge. Zum Glück bekommen die beiden Inhaber, die vorne im „Hauptbüro“ sitzen, von seinen...
| Erscheint lt. Verlag | 26.4.2021 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| ISBN-10 | 3-7534-7108-9 / 3753471089 |
| ISBN-13 | 978-3-7534-7108-2 / 9783753471082 |
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